UM UTZU G N N - Restaurator im Handwerk eV
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Das schlechte Beispiel<br />
CHriStian MetzerOtH<br />
Soll die Vergabe- und Vertragsordnung für<br />
Bauleistungen (VOB) Auslegungssache sein?<br />
� Nicht <strong>im</strong>mer sind mangelhafte <strong>Handwerk</strong>erleistungen<br />
der Grund für ein schlechtes Arbeitsergebnis. Das<br />
folgende Beispiel zeigt, wie auch Arbeitsorganisation<br />
und Planungsleistungen ein schlechtes Beispiel abgeben<br />
können, wenn sie mangelhaft und ungenügend sind.<br />
Die Fassade eines 290 Jahre altes mehrstöckiges Bürgerhauses<br />
<strong>im</strong> Zentrum einer Stadt in Sachsen-Anhalt<br />
stand seit Anfang 2011 zur Restaurierung an. Die Arbeiten<br />
wurden wegen der bedeutenden barocken Fassade<br />
vom Landesamt für Denkmalpflege intensiv betreut. Die<br />
restauratorischen Arbeiten an dem über zwei Etagen angelegten<br />
Erker der Straßenfassade durften nach Vorgabe<br />
des Amtes nur von einem <strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> ausgeführt<br />
werden. Mit der Restaurierung der Fassade insgesamt<br />
einschließlich des bauzeitlich erhaltenen Stucks<br />
wurde ein in der Stuckrestaurierung erfahrenes Unternehmen<br />
beauftragt. Im Einvernehmen mit der oberen<br />
Denkmalbehörde und dem bauleitenden Architekten<br />
wurden von dieser Firma die allgemeinen Malerarbeiten<br />
an der Fassade an einen Malerrestaurator vergeben. Für<br />
die Restaurierung der zu einem Großteil in Eichenholz<br />
ausgeführten Bauzier an dem Erker und die Farbfassung<br />
der gesamten Holzteile des Erkers wurde ein <strong>Restaurator</strong><br />
<strong>im</strong> Holzhandwerk aus Glauchau als zweiter Subunternehmer<br />
des Stuckateurs verpflichtet.<br />
Durch die gesamte Bauzeit hindurch bewährte sich<br />
die vertrauensvolle Zusammenarbeit der drei ausführenden<br />
Firmen. Weshalb ist dies dann ein „schlechtes<br />
Beispiel“? Dies gründet sich auf den Umgangsstil und<br />
das offensichtlich ungenügende Wissen des bauleitenden<br />
Architekten, der die Bedeutung des Wortes Architekt<br />
(altgriechisch: architéktos = Oberster, erster <strong>Handwerk</strong>er<br />
(Z<strong>im</strong>mermann), Baukünstler, Baumeister) wohl eher<br />
als oberster Heerführer interpretierte.<br />
Wie so oft bei einem unter völlig unrealistischer<br />
Zeitplanung begonnenen Bauvorhaben kam es zur Zusammendrängung<br />
des Malergewerkes auf einen so verkürzten<br />
Ausführungszeitraum, dass die Arbeiten an der<br />
Fassade und am Erker kaum noch fachgerecht auszuführen<br />
waren. Dies spielte für den Bauleiter aber offensichtlich<br />
keine Rolle.<br />
Auch so mancher der beteiligten <strong>Handwerk</strong>er hatte<br />
sich wohl gedacht, der Fertigstellungs- und Abnahmetermin<br />
sei ohnehin nicht haltbar, und so hatten offensichtlich<br />
Dachdecker und Z<strong>im</strong>merer noch unerledigte<br />
Restleistungen an einer Gaupe und an der Traufe auszuführen.<br />
Für den Anstrich des Erkers mit langsam trocknender<br />
Ölfarbe wurde von den drei <strong>Handwerk</strong>ern noch ein<br />
Zeitfenster gefunden. Von der ausführenden Firma wurde<br />
vorher nochmals speziell auf die von der Bauleitung<br />
zu sichernde Baufreiheit verwiesen, die auch für die Zeit<br />
der beiden Grundanstriche hergestellt wurde.<br />
Aber nur einen Tag nach dem Schlußanstrich war von<br />
der Bauleitung die Schlussabnahme für alle Gewerke gelegt<br />
worden, und auch das Gerüst sollte zwingend weitere<br />
zwei Tage später fallen. Das hat be<strong>im</strong> Dachdecker zu<br />
plötzlich erhöhter Aktivität geführt. Zeitgleich mit dem<br />
Schlußanstrich wurden deshalb plötzlich Kettensäge<br />
und Winkelschleifer geschwungen, Späne flogen umher<br />
und setzten sich in die frische Ölfarbe. Eine Abplanung<br />
des Gerüstes war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich<br />
genausowenig wie das Abwischen der Späne, ohne<br />
dabei den gesamten Anstrichaufbau zu gefährden. Was<br />
sollte der Subunternehmer tun? Es erfolgte zumindest<br />
eine Meldung an den Hauptauftragnehmer.<br />
Die Abnahme erfolgte am nächsten Tag mit einem<br />
Vertreter des Bauleiters in Anwesenheit der Denkmalbehörde<br />
und des Auftraggebers mängelfrei mit der Bitte,<br />
die schl<strong>im</strong>msten Bereiche nachzuarbeiten. Ansonsten<br />
wurden die gute Zusammenarbeit der drei Fachfirmen<br />
und die gelungene Arbeit sehr gelobt. Bis hierher kein<br />
„schlechtes Beispiel“.<br />
Kurz darauf erhielt der Hauptauftragnehmer Stuck<br />
eine vom Bauleiter, der bei der Abnahme selbst nicht an-<br />
<strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> – Ausgabe 4/2011 63<br />
Die Baustellensituation<br />
be<strong>im</strong><br />
Schlußanstrich,<br />
<strong>im</strong> Vordergrund<br />
die Erkerspitze<br />
und <strong>im</strong> Hintergrund<br />
beginnt<br />
der Dachdecker<br />
mit Nachbesserungen.<br />
Ein kleiner Ausschnitt<br />
mit den<br />
markant sichtbaren<br />
Schäden<br />
durch anhaftende<br />
Späne.