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UM UTZU G N N - Restaurator im Handwerk eV

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nen Kanne unter Zugabe von Bleiglätte (PbO) erzeugt,<br />

welche <strong>im</strong> Warmen stehend regelmäßig geschüttelt und<br />

gewendet wurde. Unzählige derartige Rezepturen alter<br />

Maler sind verschollen, die hier und da noch schriftlich<br />

überlieferten aber sehr selten vollständig und verständlich.<br />

Eine Ausnahme ist die aus dem Werkstattbuch des<br />

Johan Arendt Müller zu Quakenbrück aus der Zeit des<br />

18. Jahrhunderts (siehe gesonderte Spalte). Dieses gut<br />

vorbereitete Standöl, zur Heißbehandlung der Teile erneut<br />

erhitzt, erreicht nun <strong>im</strong>mer noch fast die gleiche<br />

Viskosität wie neues Leinöl, aber es führt dennoch mehr<br />

Linoxyn-Substanz in die Holzsubstanz ein, die be<strong>im</strong><br />

Erkalten wesentlich besser füllende Eigenschaften hat.<br />

Schließlich wollen wir ja dem Holz etwas von seiner<br />

verlorenen Substanz wiedergeben. Das ist das Hauptziel<br />

auch bei der hier beschriebenen Arbeit.<br />

Die unzähligen Risse und kleinen stehenden Spalten<br />

<strong>im</strong> Holz waren in der letzten Zeit, als die Teile der Witterung<br />

ausgesetzt waren, ein regelrechtes Reservoir für<br />

Wasser. So konnten sich auch in dem Eichenholz Mikroorganismen<br />

ansiedeln, die trotz des säurehaltigen Milieus<br />

zum Verzehr der Lignin-Substanz führten und so zur<br />

Beschleunigung des weiteren Verfalls Schritt für Schritt<br />

beitrugen. Die vor der Behandlung vorliegende Struktur<br />

des Verzehrs lässt erkennen, wie die morbiden Reste aus<br />

Zellulosefasern, als Überbleibsel des früheren Holzes,<br />

die veränderte Oberfläche bilden. Wenn die strukturellen<br />

Verluste ersetzt werden, kann das Holz noch einmal<br />

290 Jahre als Original erhalten bleiben. Vorausgesetzt, es<br />

wird zukünftig wieder eine mit Sachverstand vorgenommene<br />

Anstrichpflege in regelmäßigen Abständen vorgenommen.<br />

Daran hege ich allerdings echte Zweifel, weil<br />

die heutige Finanzpolitik der öffentlichen Haushalte<br />

viel zu stark auf langfristige Grunderneuerungen als auf<br />

laufende Unterhaltung von Bauwerken ausgerichtet und<br />

systematisiert ist. Auch ist es sehr schwer, Verwaltungsleuten<br />

und Parlamentariern klar zu machen, dass es bei<br />

diesen Dingen der Anstrichpflege auf Kontinuität, auch<br />

<strong>im</strong> Hinblick auf das grundsätzliche Farbverständnis des<br />

Malers, ankommt. Das zwingt zum Beispiel oft dazu,<br />

eine Vorauswahl bei der Auftragsvergabe zu praktizieren<br />

oder sogar eine kontinuierliche feste Beziehung zu einem<br />

<strong>Handwerk</strong>er zu pflegen, der den Wissensstand aus<br />

dem Auftrag <strong>im</strong>mer weiter bewahrt und darum durch<br />

Kontinuität den systematischen Verfall zumindest stark<br />

verzögert.<br />

In der Gegenüberstellung des unbehandelten Holzes<br />

mit dem durch mehrmaliges Tauchen für den eigentlichen<br />

Anstrich vorbehandelten Holz wird die Wirkung<br />

der Methode sehr gut sichtbar. Allerdings erfordert sie<br />

Zeit, denn wenn der vorausgehende Firniseintrag noch<br />

nicht einen best<strong>im</strong>mten Trocknungsgrad erreicht hat,<br />

bringt der darauffolgende eine geringere Wirkung. Zwischen<br />

jedem Tauchgang sollten mindestens eine Woche,<br />

möglichst sogar zwei Wochen liegen. Auf die so erfolgte<br />

Grundierung folgt dann der aus mindestens nochmals<br />

drei Anstrichen bestehende pigmentierte Farbauftrag.<br />

Bei diesem handelt es sich logischerweise ebenfalls um<br />

ein System auf Leinölbasis. Hier können die ausgezeichneten<br />

Leinölfarben aus der darauf spezialisierten nordeuropäischen<br />

Fabrikation angewandt werden. Ein Maler<br />

mit Erfahrung in der Selbstherstellung derartiger Farben<br />

und ausgerüstet mit der unbedingt dazu erforderlichen<br />

Farbmühle kann dies auch in eigener Werkstatt<br />

selbst vollziehen. Aber bitte beachten: nur mit Standöl<br />

ansetzen.<br />

Die Bilder des fertigen Erkers ergeben einen guten<br />

Eindruck von der Besonderheit der Gestaltung und<br />

Erhaltung dieser Fassade. Die Farbgebung ist dabei<br />

durchaus ein Aspekt, der Anlaß zur Disputation liefern<br />

kann. Das heutige durchgehende Verständnis von barocker<br />

Farbigkeit erscheint mit persönlich als zu kraftlos.<br />

Ein mutigerer Einsatz, zum Beispiel des vorgefundenen<br />

kräftigen Grün, hätte eine noch größere Ausdrucksstärke<br />

der Formensprache erzeugt und wäre in dem Fall ja<br />

eindeutig zu belegen gewesen. Hier erschreckt vielleicht<br />

mancher Entscheider unserer Tage vor der mutigen<br />

Komposition der alten Malermeister, die diese Farbigkeit<br />

ja in aller Regel nach einem kleinen auf Karton erstellten<br />

Muster an die Fassade angelegt haben. Hier schärft<br />

natürlich die Übung den Blick. Und wie oft werden heute<br />

Fassaden in barocker Farbgebung in unsren Städten<br />

praktiziert? Darum sei hier mit Nachsicht geurteilt. �<br />

Christian Metzeroth<br />

ist Tischlermeister und <strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong>.<br />

E-Mail: info@metzeroth.de<br />

Auszüge aus dem Werkstattbuch des Fassmalers Johann<br />

Arendt Müller zu Quakenbrück.<br />

Die Originalschrift lässt sich auf 1798 datieren, aus den<br />

Inhalten wird aber erkenntlich das die Erkenntnisse auf<br />

frühere Zeit zurückgreifen, somit also als auf das gesamte<br />

18. Jahrhundert sicher einzuordnen sind. Der Text<br />

wurde zum besseren Verständnis von Helmut Ottenjann<br />

<strong>im</strong> Jahre 1979 in eine dem heutigen Sprachverständnis<br />

nähere Form der deutschen Sprache übertragen und<br />

letztlich wurde er von Frau Prof Jirina Lehmann Hildeshe<strong>im</strong><br />

<strong>im</strong> Jahre 2001 nochmals fachlich durchgearbeitet.<br />

Aber auch der Originaltext liegt in einer entsprechenden<br />

Schrift vor.<br />

„Dieser Firnis wird deswegen Malerfirnis genannt, weil<br />

ihn die Maler am gemeinlichsten (am meisten) gebrauchen.<br />

Er wird gekocht von gutem holländischen Leinöl,<br />

auf 1 Pfund holländisches Leinöl 3 Lot Silberglätte, 1<br />

Lot rotes Mennige, 1 Lot Umbra. Dieser Einsatz (Ansatz)<br />

ist zu viel, auch ein eiserner Topf wohl gut.<br />

NB: Es macht nichts, wenn man ein wenig mehr oder<br />

weniger von den Species (Zutaten) hinein tut. Tue solches<br />

mit dem Leinöl in einem gut glasiertem Pott uns<br />

setze es auf Kohlen und lasse es solange kochen, bis der<br />

gelbe Schaum vergangen ist und der Schaum nunmehr<br />

graubraun geworden ist und das Öl nicht mehr so geil<br />

grösig riecht, sondern bernhaftig, dann ist er gar (fertig).<br />

Man setzt ihn ab und lässt ihn kalt werden und verwahrt<br />

ihn zum Gebrauch. ………………….. Dieser Fürnis<br />

wird gebraucht in allen Ölmalerein. Er wird auch gebraucht<br />

zu dem in Punkt 1 beschriebenen Bernsteinlack,<br />

man kann ihn auf unterschiedliche Art machen und es<br />

kommt auf die Dosis nicht so genau an. Zum Beispiel,<br />

wenn man es nicht anders haben kann, so n<strong>im</strong>mt man<br />

nur 1 Pfund Leinöl 3,4 oder 5 Lot Silberglätte und kocht<br />

es damit, wie vorher beschrieben.“<br />

<strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> – Ausgabe 4/2011 41

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