WERDE COMPANION DER dOCUMENTA (13) - StadtZeit Kassel
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gesund leben:SANFT HEILEN<br />
Bleifuß, 200 km/h auf der Autobahn,<br />
Tunnelblick: Vor Ihnen ein LKW, dahinter<br />
ein Auto, das noch vor Ihnen<br />
an dem LKW vorbei will. Der vorausschauende<br />
Fahrer handelt angemessen,<br />
indem er frühzeitig den Fuß vom<br />
Gas nimmt, um das andere Auto vorbeizulassen.<br />
Der beschleunigte muss<br />
ganz stark auf die Bremse steigen und<br />
läuft durch diese schnelle, unachtsame<br />
Entschleunigung Gefahr, ins<br />
Schlingern zu geraten.<br />
Uns passiert das nicht nur auf der<br />
Autobahn - auch beruflich wie privat<br />
12<br />
Entschleunigen<br />
Intensität und Zahl von<br />
„Schleunigungen“ verringern<br />
Von Norbert Lange<br />
Entschleunigung ist eine achtsame Bewegung gegen das bisherige eigene, beschleunigte<br />
Verhalten - hin zu umfassender Wahrnehmung und angemessenem Handeln.<br />
„Weniger“ ist das Zauberwort.<br />
Gesundheitszentrum<br />
Marbachshöhe<br />
Therapiegemeinschaft<br />
für anthroposophisch<br />
erweiterte Medizin<br />
Dr. med. Sabine Schäfer:<br />
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IAKCHOS Kinder- und<br />
Jugendhaus:<br />
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Telefon (05 61) 3 14 97 06<br />
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www.gzm-kassel.de<br />
stehen wir ständig in einem Spannungsfeld<br />
von „Schleunigungen“ - Beschleungungen,<br />
Abbremsungen und<br />
Schleudermanövern, deren Zahl und<br />
Heftigkeit durch umfassende Wahrnehmung<br />
und angemessenes Handeln<br />
verringert werden kann. Drei Beispiele<br />
aus der Coachingpraxis:<br />
Die leidende leitende Ärztin<br />
Sie ist zu einem zweitägigen Gruppencoaching<br />
angemeldet und hat eigentlich<br />
gar keine Zeit mehr. So viele<br />
überraschende Termine strömen auf<br />
sie ein. Schon als wir Donnerstagmorgen<br />
beginnen, kündigt sie an, wegen<br />
dringender Patiententermine früher<br />
gehen zu müssen. „Kein Problem“, sage<br />
ich, „da nehmen wir sie mit Ihrem<br />
Anliegen als Erste dran und besprechen<br />
es morgen früh weiter.“<br />
Aus der Mittagspause kommt sie nur<br />
zurück, um mitzuteilen, dass nun<br />
morgen Vormittag ein wichtiger Pressetermin<br />
angesetzt sei. Sie wisse<br />
nicht, wie lange er dauere. „Kein Problem“,<br />
sagte ich, „dann kommen sie<br />
eben im Laufe des morgigen Nachmittags<br />
dran.“<br />
Sie kommt Freitag gegen 14 Uhr wieder<br />
- mit der Hiobsbotschaft, zuhause<br />
stünde das gerade renovierte Bad unter<br />
Wasser. Ich biete ihr an, sofort mit<br />
ihrem Anliegen „work-life-balance“ zu<br />
beginnen und verspreche, sie sei in einer<br />
Stunde hier raus. Sie nimmt an<br />
und ich beschleunige die Arbeit mit<br />
ihr: Kein Gruppencoaching, sondern<br />
Einzelcoaching in Anwesenheit der<br />
Gruppe, gesteuert auf 45 Minuten,<br />
auf dass sie mit einem Zeitgewinn<br />
nach Hause gehe. Mein ruhiges aktives<br />
Zuhören führt flott auf ihre Sehnsucht<br />
nach Wellness, auf ihre seit Monaten<br />
verschleppte Bronchitis und ihre<br />
Delegationsmacht im Ärzteteam,<br />
die durchaus eine mehrtägige Abwesenheit<br />
zuließe. Nach 40 Minuten findet<br />
sie selber die Lösung: Sie organisiert<br />
sich unverzüglich ein langes<br />
freies Wochenende in einem Wellnesshotel.<br />
Nach 45 Minuten stürmt<br />
sie mit den Worten „Ich bin geheilt!“<br />
aus dem Raum.<br />
Die schlaflose Redakteurin<br />
Da ist die Redaktionsleiterin, die meinen<br />
Vortrag über „Entschleunigung<br />
als Strategie in Zeiten der Beschleunigung“<br />
hört. Sie nimmt wahr, dass es<br />
angesichts ihrer Schlaflosigkeit Zeit<br />
ist, zum Arzt zu gehen. Und sie gewinnt<br />
die Energie, dies sofort zu tun.<br />
Gerade noch rechtzeitig vor dem totalen<br />
Burn-Out-Zusammenbruch!<br />
Auch so schon braucht ihr Herzschlag<br />
Wochen, um sich wieder zu normalisieren.<br />
Und für Monate arbeitet sie<br />
nur reduziert. „Entschleunigung“<br />
wird ihr „Wort des Jahres“.<br />
Der zeitschlüssellose<br />
Projektmanager<br />
Da ist der Projektmanager, der eine<br />
„Zeitschlüsselsuche“ bucht, um seinen<br />
Umgang mit Zeit „durchzuchecken“.<br />
Wir finden, dass sich erste Risse<br />
in seiner Lebensstruktur nicht etwa<br />
im Beruf, sondern in der Familie zeigen.<br />
Und im Ineinander-Gewachsen-<br />
Sein seiner Berufs- und Familiensphäre<br />
finden wir dann auch seinen Zeitschlüssel:<br />
Er hat das Zeitgefühl für seine<br />
samstagige E-Mail-Bearbeitung<br />
verloren. Aus den mit der Familie einst<br />
verabredeten zwei Stunden sind<br />
schleichend dauerhaft fünf bis sechs<br />
Stunden geworden. Es ist leicht, nun<br />
ein Programm zu entwickeln, wie er<br />
das sofort auf zwei bis drei Stunden<br />
zurückfahren kann.<br />
Entschleunigung heißt nicht<br />
„langsamer“<br />
Das „Zauberwort“ der Entschleunigung<br />
heißt nicht „langsamer“:<br />
Hohes Tempo in der Arbeit mit der<br />
Ärztin an genau dem einen entscheidenden<br />
ihrer vielen Work-Life-<br />
Balance-Zusammenhänge; der zeitna-<br />
he Gang der Redakteurin zum Burn-<br />
Out-Arzt, um sich in der Vielzahl der<br />
Redaktions- und Lebensprozesse auf<br />
die eine Handlung konzentrieren, die<br />
jetzt dran ist; die schnellere E-Mail-<br />
Bearbeitung des Projektmanagers,<br />
seine E-Mails ohne Qualitätsverlust<br />
schneller zu bearbeiten, in dem weniger<br />
Nachrichten geöffnet werden,<br />
weil jedes Öffnen eine Beschleunigung,<br />
Abbremsung oder Querversetzung<br />
bedeutet.<br />
Alles nicht auf der Hand liegend, aber<br />
durch die achtsame Bewegung hin zu<br />
umfassenderer Wahrnehmung und<br />
angemessenerem Handeln gut machbar.<br />
Beim „Entschleunigen“ wird also nicht<br />
das Tempo an sich verringert, sondern<br />
die Zahl und Intensität der „Schleunigungen“:<br />
also der Beschleunigungen<br />
und Abbremsungen und „Querversetzungen“<br />
durch Seiteneinflüsse und<br />
des ständigen Hin- und Her-Wechselns<br />
zwischen verschiedenen Handlungszusammenhängen.<br />
„Weniger“ heißt das Zauberwort.<br />
Der Autor<br />
Norbert Lange ist Führungskräftetrainer.<br />
Durch praktizierte Entschleunigung<br />
gelingt es ihm, über die Rückgewinnung<br />
des Zeitgefühls bei seinen<br />
Kunden Erkenntnis- und Heilungsprozesse<br />
in Gang zu bringen.