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soziale verantwortung.titelthema<br />
Die sexuelle Ausbeutung von Kindern durch Touristen ist in der Branche kein Tabuthema<br />
mehr. Die Touristik versucht, durch Aufklärung Straftaten entgegenzuwirken.<br />
Hinschauen<br />
statt wegsehen<br />
Nicht jeder Kunde will davon hören«,<br />
sagt Karola Krohne. Für sie steht<br />
dennoch außer Frage: Das Thema<br />
sexuelle Ausbeutung von Kindern gehört<br />
an den Counter. »Und wenn man nur auf<br />
Hilfsprojekte hinweist«, betont die Geschä�sführerin<br />
von Kleine Fluchten in Bielefeld<br />
und ergänzt: »Manche sprechen das<br />
Problem aber auch von sich aus an.«<br />
Wie die Reisebürochefin beschä�igen<br />
sich viele ihrer Kollegen immer mehr mit<br />
einer der Schattenseiten des Tourismus.<br />
Insbesondere Agenturen, die sich mit<br />
Nachhaltigkeit auseinandersetzen, überlegen,<br />
wie sie Missbrauch von Minderjährigen<br />
in Urlaubsländern thematisieren können.<br />
Sie gliedern sich damit in die Reihe<br />
der Touristiker ein, die ein Ziel verfolgen:<br />
Sie wollen präventiv tätig sein und Kinder<br />
vor Sextouristen schützen.<br />
Potenzielle Täter zu erkennen oder gar<br />
vor Reiseantritt herauszudeuten – darum<br />
geht es nicht. Auch soll der Hinweis auf<br />
die Delikte keiner Unterstellung gleichkommen.<br />
»Die Kunden sollen vielmehr für<br />
das Thema sensibilisiert werden«, unterstreicht<br />
Andreas Müseler. Als Vorsitzender<br />
des DRV-Ausschusses Nachhaltigkeit vertritt<br />
der Rewe-Manager die Branche in der<br />
Arbeitsgemeinscha� zum Schutz der Kinder<br />
gegen sexuelle Ausbeutung, kurz Ecpat.<br />
Der Verein appelliert an die Öffentlichkeit,<br />
die Augen nicht zu verschließen. »Wir<br />
brauchen eine Kultur des Hinsehens«, sagt<br />
Mechtild Maurer, Ecpat-Geschä�sführerin<br />
in Deutschland. Egal wo: Die Täter sollen<br />
sich unwohl fühlen.<br />
Hohe Dunkelziffer.<br />
Weltweit werden Jungen und Mädchen Opfer<br />
des Geschä�s mit Sex. Unicef spricht<br />
von jährlich rund zwei Millionen Minderjährigen.<br />
Vor allem in armen Ländern gehört<br />
Kinderprostitution zum Alltag. Die<br />
Täter sind o�mals Urlauber und Geschä�sreisende.<br />
Fern der Heimat nutzen sie die<br />
Anonymität, um unbehelligt ihre Fantasien<br />
ausleben zu können. »Sie suchen sich<br />
Ziele mit geringem Aufdeckungsrisiko«,<br />
weiß Maurer. Nur jedes tausendste von Europäern<br />
im Ausland begangene Delikt werde<br />
strafrechtlich verfolgt.<br />
Viele Pädophile zieht es nach wie vor<br />
nach Thailand. Laut Ecpat bieten sich dort<br />
allein in aller Öffentlichkeit rund 60.000<br />
Minderjährige an – obwohl Prostitution<br />
verboten ist. Doch trotz Korruption und laxer<br />
Verfolgung fühlen sich Sextouristen in<br />
Thailand offenbar nicht mehr so sicher. Die<br />
Kinderschutzorganisation berichtet, dass<br />
die Behörden nun härter durchgreifen und<br />
die Täter daher häufig nach Kambodscha,<br />
Laos und Vietnam ausweichen.<br />
Den traurigen Ruf, als Top-Destinationen<br />
in Sachen Sex zu gelten, haben auch<br />
Indien, Brasilien, Mexiko und die Dominikanische<br />
Republik. Die südafrikanische Organisation<br />
Fair Trade in Tourism befürchtet,<br />
dass Südafrika ebenfalls bald auf dieser<br />
Liste steht. Rund 30.000 Kinder gehören<br />
Ecpat<br />
in Kürze<br />
Bei Ecpat (End Children Prostitution,<br />
Child Pornography &<br />
Trafficking of Children) handelt<br />
es sich um ein internationales<br />
Netzwerk. Hauptsitz der 1990<br />
gegründeten Organisation ist<br />
das thailändische Bangkok. Sie<br />
ist mit 80 Gruppen in rund 70<br />
Ländern vertreten.<br />
Der deutsche Zweig von Ecpat<br />
sitzt in Freiburg. Dem Verein<br />
gehören 29 Institutionen und<br />
Gruppen an, darunter etwa Terre<br />
des Hommes (die Reisebürokooperation<br />
AER unterstützte<br />
drei Jahre lang deren Projekt<br />
»Kinder in Reiseländern schützen«<br />
mit Spenden und Aufklärungsarbeit).<br />
Er kooperiert mit<br />
der deutschen Touristik.<br />
www.ecpat.de<br />
Kunst gegen Kindesmissbrauch:<br />
Studenten entwarfen für die Hotelkette<br />
Accor Plakate (Fotos links)<br />
Rund zwei Millionen Kinder werden<br />
jährlich Opfer von Sextourismus<br />
travel.one 13.1.2012 11