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Schliesslich waren wir alle jung und lebenslustig - Spinnenwerk

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Humor, geistvoll <strong>und</strong> frei von Zynismus<strong>und</strong> Bösartigkeit, mit den Dingenumzugehen. Ich hoffe von ganzemHerzen, daß dieser Humor ihn bis zuseinem Ende in Theresienstadt nichtverlassen hat!Meine Mutter hingegen war einezarte, sehr empfindsame Frau vollerCharme. Es <strong>wir</strong>d mich bis ans Endemeiner Tage schmerzen, daß es mirnicht gelungen ist, meine Eltern vordem grausamen Schicksal zu bewahren.Während mein Vater, vierzehnJahre äher als meine Mutter, an Unterernährung<strong>und</strong> seinem alten Herzleidenin den Armen meiner Mutterstarb, wurde sie noch im Jahre 1944wahrscheinlich weiter nach Ostentransportiert <strong>und</strong> wohl in die Gaskammergeschickt. Jede Spur von ihrist bisher verloren. So berichtete unseretreue, christliche Kinderfrau nachdem Krieg.Mein größtes Glück ist es, daß meineeinzige Schwester, mit der ich engverb<strong>und</strong>en bin, mit ihrem Mann auchhier in Israel <strong>und</strong> in meiner Nähe lebt.Sein Tod letztes Jahr hat uns sehrtraurig gemacht. Mit ihr bin ich fasttäglich in Kontakt.KINDHEIT IN BERLIN - WEDDINGMein Vater, Richard Gattel, entstammteiner alteingesessenen Berlinerjüdischen Familie; meine GroßmutterBertha Gattel, geborene Sternberg,war bereits um 1845 in Spandaubei Berlin zur Welt gekommen <strong>und</strong>aufgewachsen. Mein Großvater,Borchard Gattel, gründete um 1865mit seinen Brüdern eine Herrenmützenfabrikation,die er später starkvergrößerte. In den Jahren 1890 <strong>und</strong>1891 ließen sie eine geräumige Fabrikim Norden Berlins, im Bezirk Weddingerbauen. Das direkt anschließendeVorderhaus bewohnte dieFamilie. In ihrer Blütezeit <strong>waren</strong> inder Fabrik bis zu 175 Arbeiter <strong>und</strong>Angestellte beschäftigt. Allein dieFabrikgebäude umfaßten drei Höfe.Das schöne Wohnhaus war im Patri-Zierstil erbaut. Dort verlebten meineSchwester Lotte <strong>und</strong> ich den größtenTeil unserer w<strong>und</strong>erbaren Kindheit.Hinter dem letzten Fabrikgebäudeöffnete sich ein großes Scheunentor<strong>und</strong> gab den Blick auf einen ein<strong>und</strong>einhalbMorgen großen, gepflegtenGarten frei. Dieser Garten war einegroße Seltenheit inmitten des industrialisiertenNordens von Berlin.Große Wollb<strong>alle</strong>n, die ständig untereinem Dach in einem der Fabrikhöfegelagert <strong>waren</strong>, bildeten ein idealesVersteck für uns Kinder, <strong>und</strong> imGarten verbrachten <strong>wir</strong> fast den ganzenSommer. Er war zum Teil mit10

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