ZZ_broschuere2008_fuerdruck:Layout 1 - Ziegel Zentrum
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2. Einschätzungen und Warnungen eines Denkmalpflegers<br />
Bereits im Jahr 2000 erklärte Thomas Will, Professor für Denkmalpflege und Entwerfen<br />
an der TU Dresden, in einem Vortrag, dass es sich beim Wiederaufbau<br />
des Gebiets nicht um eine denkmalpflegerische Aufgabe handele, weder nach<br />
seinem Verständnis als Denkmalpflegelehrer noch nach dem öffentlichen Willen<br />
– wie er sich im Denkmalschutzgesetz niedergeschlagen hat. Allenfalls Umgebungsschutz<br />
könne reklamiert werden, wobei dieser – da ja keine Umgebung<br />
mehr da war – über wichtige und gut dokumentierte ehemalige Einzelgebäude,<br />
die im Rahmen der Neubebauung wieder erstehen sollten, eher indirekt hergeleitet<br />
werden könne.<br />
Er warnte vor der positivistischen Auffassung, Kulturgüter seien mit Hilfe heutiger<br />
Technik reproduzierbar, kopierbar, aus denkmalpflegerischer Sicht sei eine solche<br />
Haltung sogar gefährlich, da sie die leichtfertige Beseitigung verbliebener<br />
Reste – im Bewusstsein ihrer Wiederherstellbarkeit – eher fördere. Wichtig waren<br />
ihm allerdings die historischen Keller, deren Erhaltung und Einbeziehung er<br />
als Chance sah. Er sah in ihnen Zeugen der Stadtgeschichte, die als städtebauliches<br />
Potenzial begriffen werden sollten und durch deren Einbeziehung eine<br />
wahrhafte Architektur des Ortes und der Erinnerung entstehen könnte. Im Übrigen<br />
sollte die Frage der Wiederbebauung weniger gereizt und mit Gelassenheit<br />
und Toleranz geführt werden, schließlich ginge es ja nicht um ein einzelnes<br />
Kunstwerk, das mit unbeirrbarer Konsequenz vollendet werden müsste, sondern<br />
um ein Stück Stadt, für die man zwar auch ein Leitbild brauche, jedoch keine<br />
fertige Ideallösung.<br />
Will sah – die bereits getroffene Entscheidung für eine Rekonstruktion voraussetzend<br />
– zwei alternative Szenarien, wobei er keinen Hehl aus der Bevorzugung<br />
der zweiten macht (sinngem. und gekürzt):<br />
- die statische, vermeintlich „historische“ Lösung: Rekonstruktion mit selektiven<br />
historischen Formen, bei der das nicht minder selektive Bild einer vergangenen<br />
Epoche beschworen wird; Reduzierung der Altstadt auf den musealen<br />
Nachbau, mit der Gefahr einer kunstgewerblichen Stadtattrappe und vermutlich<br />
Preisgabe der alltäglichen städtischen Funktionen; oder<br />
- Rekonstruktion als Reurbanisierung, als unmissverständliche Reparatur;<br />
Möglichkeit der Mischung unterschiedlicher Ansätze auf der Basis überlieferter<br />
städtebaulicher Regeln und materieller Strukturen; Zugeständnisse an städtisches<br />
Leben unter Verzicht auf Planungsziel des großen, fertigen Kunstwerks;<br />
Bereitschaft zum Risiko der architektonischen Einfühlung, aber auch zur Banalität,<br />
anstelle des verordneten Idealbilds.<br />
Blick vom Rathaus in Richtung Prager Straße direkt<br />
nach dem Krieg und zu Beginn des Wiederaufbaus