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93. Sitzung - Bayerischer Landtag

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6624<br />

(Zurufe von der SPD)<br />

Der Sinn dieser Frage ist mir verschlossen geblieben. Ich<br />

frage Sie: Wo gibt es denn das, daß der Ratsuchende<br />

seinen Ratgeber beraten soll?<br />

(Dr. Ritzer (SPD): Sind wir Ratsuchende? -<br />

Unruhe)<br />

Ein solcher Ansatz ist zumindest in hohem Maße erklärungsbedürftig.<br />

Unfreundlich könnte man sagen: Er ist<br />

Unsinn.<br />

Nun komme ich zur Zusammenfassung. Sperren wir doch<br />

nicht die gesellschaftlichen Gruppen und ihre Verbände<br />

von der beratenden parlamentarischen Mitwirkung aus!<br />

Nutzen wir ihren Sachverstand und ihre am Gemeinwohl<br />

orientierte Kompromißfähigkeit und auch Kompromißbereitschaft<br />

am bayerischen runden Tisch. Es steht fest:<br />

Im Bayerischen Senat sitzen die gesellschaftlichen Gruppierungen<br />

an einem runden Tisch. Das Ringen um eine<br />

gemeinsame Position, das Ringen zwischen den Verbänden<br />

aus Landwirtschaft, Gewerkschaften, Industrie,<br />

Handel, Handwerk, Kirchen, Wohlfahrtsorganisationen<br />

und anderen Gruppen dient erheblich dem Gemeinwohl,<br />

wie auch der verehrte Herr Kollege Schösser aus den<br />

Reihen der SPD dankenswerterweise geäußert hat.<br />

Die bayerische Vielfalt lebt im Senat und wirkt an den<br />

bayerischen Gesetzen mit. Wir brauchen einen reformierten<br />

Senat mit mehr Verbänden bei gleichbleibender<br />

Größe, mit mehr jungen Menschen und mit mehr Frauen.<br />

Deshalb sage ich: Der Senat ist als ein Stück bayerischer<br />

Identität zu erhalten. Er repräsentiert Einigkeit in der<br />

Vielfalt. Wir brauchen auch in Zukunft den Konsens der<br />

gesellschaftlichen Kräfte. Der Senat fördert diesen<br />

Konsens.<br />

Das gesellschaftliche Klima in Bayern ist besser als<br />

anderswo, und zwar deshalb, weil bei uns eben die Träger<br />

verschiedenster Interessen am runden Tisch zusammensitzen.<br />

Dies soll so bleiben. Der Vorstoß von ÖDP,<br />

GRÜNEN und SPD stärkt Einzel- und Gruppenegoismen.<br />

Kämpfen wir deshalb gemeinsam für eine reformierte<br />

Zweite Kammer, für den neuen Senat, für Bayerns Vielfalt<br />

an einem runden Tisch.<br />

(Beifall bei der CSU)<br />

Präsident Böhm: Als nächster hat Herr Kollege Dr. Ritzer<br />

das Wort. Bitte, Herr Kollege Dr. Ritzer.<br />

Dr. Ritzer (SPD): Herr Präsident, meine sehr verehrten<br />

Kolleginnen und Kollegen! Auch nach Ihrer Rede, Herr<br />

Kollege Welnhofer, bleibt es dabei: Der Senat ist überholt,<br />

Repräsentant verkrusteter Strukturen, und deswegen ist<br />

es klug, bei einer Verfassungsreform auch darüber<br />

nachzudenken, ob ein solches Organ wirklich gebraucht<br />

wird. Die Antwort der Sozialdemokraten ist ein klares<br />

Nein.<br />

(Beifall bei der SPD - Hofmann (CSU): Dann<br />

müßten wir die SPD auch abschaffen!)<br />

<strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 13. Wahlperiode Plenarprotokoll 13/93 v. 13.11.97<br />

Es gibt ein italienisches Sprichwort, das heißt: Die Zeit ist<br />

eine geräuschlose Feile. Das Ergebnis unserer Beobachtungen<br />

ist, daß das Fundament des Bayerischen Senats<br />

weggebrochen ist. Er hat keine Basis mehr. Nichts macht<br />

dies deutlicher als der Umstand, daß der Senat noch nicht<br />

einmal seine eigene Reform bewältigen konnte, jetzt<br />

eingeknickt ist und seinen Reformgesetzentwurf<br />

geräuschlos aus dem Verkehr gezogen hat.<br />

(Beifall bei der SPD)<br />

Wenn das der Senat ist, den Sie uns in so prächtigen<br />

Farben geschildert haben, dann kann ich nur sagen: Gute<br />

Nacht, Bayern.<br />

(Beifall bei der SPD - Dr. Matschl (CSU): Da<br />

werden sich die Gewerkschaften aber freuen,<br />

Herr Kollege!)<br />

Das Modell des Bayerischen Senates ist nirgends übernommen<br />

worden. In der Zwischenzeit haben wir neben<br />

Bayern 15 Bundesländer, aber keines dieser Bundesländer<br />

braucht eine Zweite Kammer, geschweige denn einen<br />

Senat. Das heißt: Es ist endgültig vorbei.<br />

Ich bleibe bei meiner Einschätzung, daß der Senat ein<br />

verfassungswidriges Verfassungsorgan ist. „Alle Staatsgewalt<br />

geht vom Volke aus“, heißt es im Grundgesetz. Die<br />

obersten Staatsorgane können nicht losgelöst von<br />

jeglicher demokratischer Wahl sein.<br />

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)<br />

Da gibt es Leute, die sagen, natürlich seien sie auch<br />

gewählt. Das ist unbestritten. Aber selbst Landräte und<br />

Oberbürgermeister sind als Verwaltungschefs ihrer Körperschaften<br />

gewählt, nicht aber als Teil der Legislative.<br />

Der Senat ist und bleibt ein Affirmativorgan für die jeweilige<br />

Staatsregierung. Kritische Einwendungen des Senates<br />

sind so rar, daß niemand recht ein Beispiel dafür weiß,<br />

wann der Senat die Staatsregierung überhaupt einmal<br />

wirklich kritisiert hätte.<br />

(Beifall bei der SPD)<br />

In den 15 Jahren, seit denen ich diesem Hohen Haus<br />

angehöre, war es ein einziges Mal, daß der Haushalt<br />

abgelehnt worden ist.<br />

(Hofmann (CSU): Das hat euch gefallen!)<br />

Die berühmte Schlagfallenentscheidung des Senates, die<br />

der CSU die Möglichkeit gegeben hat, wieder auf die<br />

Jägerlobby einzuschwenken, haben wir auch in Erinnerung,<br />

aber sonst ist vom Senat nichts herübergekommen.<br />

(Beifall bei der SPD)<br />

Meine Damen und Herren, herübergekommen ist, daß der<br />

Senat für diese Staatsregierung einen wirklich genialen<br />

Kombattantenstatus hat.<br />

(Beifall bei der SPD)

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