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93. Sitzung - Bayerischer Landtag

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6630<br />

(Beifall bei der CSU)<br />

Präsident Böhm: Als nächster hat Herr Kollege Dr.<br />

Hahnzog das Wort.<br />

Dr. Hahnzog (SPD): Herr Präsident, liebe Kolleginnen<br />

und Kollegen! Lieber Herr Dr. Matschl, es gelingt Ihnen<br />

öfter, in ernsthaftere Diskussionen relativ humoristische<br />

Züge hineinzubringen. Bei dem Trauerspiel des Versuches<br />

einer Legitimierung des Senats ist Ihnen dies aber<br />

nicht gelungen.<br />

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)<br />

Sie fragten, was die SPD eigentlich gegen diesen Senat<br />

hat. Sie wollten wissen, warum wir die Axt an historische<br />

Entwicklungen in unserem Lande Bayern anlegen. In<br />

diesen Fragen liegt einer Ihrer Ansatzpunkte. Am Schluß<br />

Ihrer Rede haben Sie dann so sehr auf geschichtlichen<br />

Traditionen bestanden. Sprechen Sie doch aus, woher<br />

sich der Senat ableitet. Nach der Bayerischen Verfassung<br />

von 1818 gab es in diesem Lande zwei Kammern. Eine<br />

davon war die Kammer der Reichsräte. Diese Kammer<br />

soll für diejenigen, die nach historischen Wurzeln suchen,<br />

das Vorbild für den Senat sein. Das ständische Element in<br />

der Kammer der Reichsräte war so klar wie sonst in keiner<br />

anderen Institution. Dieser Kammer gehörten unter<br />

anderem die königlichen Prinzen an. Daraus leiten Sie<br />

offensichtlich die Legitimation für den Senat her.<br />

Freistaat Bayern bedeutet aber doch, daß dieser Staat<br />

eine Republik und keine Monarchie ist. In der Hinterhand<br />

wollen Sie offensichtlich noch ein bißchen Monarchie<br />

betreiben. Hier sieht man, welch Geistes Kind Sie sind.<br />

(Beifall bei der SPD)<br />

Wenn der Senat schon zum Profil des Freistaats Bayern<br />

gehören soll, wäre es interessant zu wissen, warum die<br />

neuen Bundesländer, die sich auch Freistaat nennen,<br />

nicht sagen: zu einem Freistaat gehört auch so etwas wie<br />

ein Senat. Wir Bayern haben schließlich nicht mehr das<br />

Monopol, uns Freistaat nennen zu dürfen; es gibt auch<br />

noch den Freistaat Sachsen und den Freistaat Thüringen.<br />

Keine Sekunde haben diese beiden Länder an einen<br />

Senat gedacht, weil er für einen demokratisch verfaßten<br />

Staat völlig absurd wäre.<br />

Ein weiterer Grund, weshalb wir gegen den Senat sind: Es<br />

gab einmal einen hier schon namentlich genannten<br />

Senatspräsidenten, der mit seinen Äußerungen wirklich<br />

vor- und antidemokratische Ressentiments zum Ausdruck<br />

gebracht hat. Ich denke nur daran, was er über die Frauen<br />

in unserer Gesellschaft und über die Rolle des Volkes als<br />

eigentlicher Souverän in einer Demokratie gesagt hat. Wo<br />

blieb denn da der Aufschrei des runden Tisches Senat? Er<br />

war nicht zu hören. Er kam etwas später, als man gemerkt<br />

hat, daß solche Gedanken die Institution des Senats<br />

beschädigen könnten. Dann aber hat sich der Senat nicht<br />

gegen die Aussagen des Präsidenten verwahrt, sondern<br />

nur gegen seine Person und ihn klammheimlich, auf eine<br />

<strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 13. Wahlperiode Plenarprotokoll 13/93 v. 13.11.97<br />

etwas peinliche Art und Weise zur Seite geräumt. Wenn<br />

Sie sich auf diese geschichtliche Entwicklung berufen<br />

wollen, ist diese Debatte nur mehr ein Trauerspiel und<br />

weist keinerlei humoreske Züge auf.<br />

Das setzt sich fort. Zur neuen Zusammensetzung haben<br />

wir im Ausschuß für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen<br />

etliche Petitionen von Organisationen<br />

behandelt, die dem Senat angehören möchten. Der Hotelund<br />

Gaststättenverband, der Verband für Musikpflege und<br />

Trachtenvereine möchten ein Mitglied in den Senat<br />

entsenden. Ein Ausschnitt davon wird hineinkommen.<br />

Auch Verbände und Organisationen, deren Geschäftsführung<br />

in einem Staatsministerium angesiedelt ist, sollten in<br />

den Senat kommen. Nichts gegen solche Verbände und<br />

ihre Wirkungsweise, aber die Vermengung von verschiedenen<br />

Staatsgewalten ist nicht vorstellbar.<br />

Zuletzt etwas zum Bild des runden Tisches: Der Tisch ist<br />

so rund, daß diejenigen die draußen bleiben müssen, als<br />

Büchsenspanner in der zweiten und dritten Reihe dahinter<br />

sitzen müssen, so daß er sich selbst ad absurdum führt.<br />

(Dr. Spänle (CSU): Das wäre als Spirale<br />

denkbar!)<br />

Wann sind wichtige gesellschaftspolitische Initiativen zur<br />

Meinungsbildung gekommen? - Ich darf als Beispiel<br />

ausführen: Als ich Bürgermeister in München war,<br />

(Dr. Spänle (CSU): Eine glückliche Zeit!)<br />

haben wir einen runden Tisch gebildet zum Problem von<br />

Menschen mit verschiedenen Staatsangehörigkeiten, die<br />

aber schon lange zusammenleben. Wir haben mit den<br />

Gewerkschaften, dem Kreisjugendring, den Wohlfahrtsverbänden,<br />

den Kirchen, dem Ausländerbeirat und<br />

dem Rathaus eine Institution für Ausländer geschaffen.<br />

Damit wurde etwas erreicht. Solche Fragen spielen überall<br />

in Bayern eine Rolle. Wo haben wir zu diesem beispielhaft<br />

herausgegriffenen Problem etwas von dem runden Tisch<br />

Senat gehört? - Kollege Dr. Ritzer hat ausgeführt, im<br />

Senat würden viele sitzen, die sich nicht schizophren<br />

verhalten wollten; denn sie könnten nicht vergessen, daß<br />

sie das Parteibuch der CSU in der Tasche haben. Das<br />

erschwert die Konsensbildung, und es kommt nichts<br />

heraus.<br />

(Zurufe von der CSU - Kaul (CSU): Er denkt<br />

an die hessischen Verhältnisse!)<br />

Der nächste Punkt zum runden Tisch: Ich erinnere an die<br />

berühmte Tafel des König Artus. Die Ritter und Könige,<br />

die ihr angehörten, haben sich mit der Zeit in alle Winde<br />

verstreut, und dann war der Tisch nur noch ein Ausstellungsstück.<br />

Vor diesem Schicksal wollen wir den Senat<br />

bewahren. Es muß ein Schlußstrich gezogen werden.<br />

Dazu ist es jetzt an der Zeit. Das wird am 8. Februar 1998<br />

auch geschehen.<br />

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten<br />

des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

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