93. Sitzung - Bayerischer Landtag
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(Beifall bei der CSU)<br />
Präsident Böhm: Als nächster hat Herr Kollege Dr.<br />
Hahnzog das Wort.<br />
Dr. Hahnzog (SPD): Herr Präsident, liebe Kolleginnen<br />
und Kollegen! Lieber Herr Dr. Matschl, es gelingt Ihnen<br />
öfter, in ernsthaftere Diskussionen relativ humoristische<br />
Züge hineinzubringen. Bei dem Trauerspiel des Versuches<br />
einer Legitimierung des Senats ist Ihnen dies aber<br />
nicht gelungen.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)<br />
Sie fragten, was die SPD eigentlich gegen diesen Senat<br />
hat. Sie wollten wissen, warum wir die Axt an historische<br />
Entwicklungen in unserem Lande Bayern anlegen. In<br />
diesen Fragen liegt einer Ihrer Ansatzpunkte. Am Schluß<br />
Ihrer Rede haben Sie dann so sehr auf geschichtlichen<br />
Traditionen bestanden. Sprechen Sie doch aus, woher<br />
sich der Senat ableitet. Nach der Bayerischen Verfassung<br />
von 1818 gab es in diesem Lande zwei Kammern. Eine<br />
davon war die Kammer der Reichsräte. Diese Kammer<br />
soll für diejenigen, die nach historischen Wurzeln suchen,<br />
das Vorbild für den Senat sein. Das ständische Element in<br />
der Kammer der Reichsräte war so klar wie sonst in keiner<br />
anderen Institution. Dieser Kammer gehörten unter<br />
anderem die königlichen Prinzen an. Daraus leiten Sie<br />
offensichtlich die Legitimation für den Senat her.<br />
Freistaat Bayern bedeutet aber doch, daß dieser Staat<br />
eine Republik und keine Monarchie ist. In der Hinterhand<br />
wollen Sie offensichtlich noch ein bißchen Monarchie<br />
betreiben. Hier sieht man, welch Geistes Kind Sie sind.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Wenn der Senat schon zum Profil des Freistaats Bayern<br />
gehören soll, wäre es interessant zu wissen, warum die<br />
neuen Bundesländer, die sich auch Freistaat nennen,<br />
nicht sagen: zu einem Freistaat gehört auch so etwas wie<br />
ein Senat. Wir Bayern haben schließlich nicht mehr das<br />
Monopol, uns Freistaat nennen zu dürfen; es gibt auch<br />
noch den Freistaat Sachsen und den Freistaat Thüringen.<br />
Keine Sekunde haben diese beiden Länder an einen<br />
Senat gedacht, weil er für einen demokratisch verfaßten<br />
Staat völlig absurd wäre.<br />
Ein weiterer Grund, weshalb wir gegen den Senat sind: Es<br />
gab einmal einen hier schon namentlich genannten<br />
Senatspräsidenten, der mit seinen Äußerungen wirklich<br />
vor- und antidemokratische Ressentiments zum Ausdruck<br />
gebracht hat. Ich denke nur daran, was er über die Frauen<br />
in unserer Gesellschaft und über die Rolle des Volkes als<br />
eigentlicher Souverän in einer Demokratie gesagt hat. Wo<br />
blieb denn da der Aufschrei des runden Tisches Senat? Er<br />
war nicht zu hören. Er kam etwas später, als man gemerkt<br />
hat, daß solche Gedanken die Institution des Senats<br />
beschädigen könnten. Dann aber hat sich der Senat nicht<br />
gegen die Aussagen des Präsidenten verwahrt, sondern<br />
nur gegen seine Person und ihn klammheimlich, auf eine<br />
<strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 13. Wahlperiode Plenarprotokoll 13/93 v. 13.11.97<br />
etwas peinliche Art und Weise zur Seite geräumt. Wenn<br />
Sie sich auf diese geschichtliche Entwicklung berufen<br />
wollen, ist diese Debatte nur mehr ein Trauerspiel und<br />
weist keinerlei humoreske Züge auf.<br />
Das setzt sich fort. Zur neuen Zusammensetzung haben<br />
wir im Ausschuß für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen<br />
etliche Petitionen von Organisationen<br />
behandelt, die dem Senat angehören möchten. Der Hotelund<br />
Gaststättenverband, der Verband für Musikpflege und<br />
Trachtenvereine möchten ein Mitglied in den Senat<br />
entsenden. Ein Ausschnitt davon wird hineinkommen.<br />
Auch Verbände und Organisationen, deren Geschäftsführung<br />
in einem Staatsministerium angesiedelt ist, sollten in<br />
den Senat kommen. Nichts gegen solche Verbände und<br />
ihre Wirkungsweise, aber die Vermengung von verschiedenen<br />
Staatsgewalten ist nicht vorstellbar.<br />
Zuletzt etwas zum Bild des runden Tisches: Der Tisch ist<br />
so rund, daß diejenigen die draußen bleiben müssen, als<br />
Büchsenspanner in der zweiten und dritten Reihe dahinter<br />
sitzen müssen, so daß er sich selbst ad absurdum führt.<br />
(Dr. Spänle (CSU): Das wäre als Spirale<br />
denkbar!)<br />
Wann sind wichtige gesellschaftspolitische Initiativen zur<br />
Meinungsbildung gekommen? - Ich darf als Beispiel<br />
ausführen: Als ich Bürgermeister in München war,<br />
(Dr. Spänle (CSU): Eine glückliche Zeit!)<br />
haben wir einen runden Tisch gebildet zum Problem von<br />
Menschen mit verschiedenen Staatsangehörigkeiten, die<br />
aber schon lange zusammenleben. Wir haben mit den<br />
Gewerkschaften, dem Kreisjugendring, den Wohlfahrtsverbänden,<br />
den Kirchen, dem Ausländerbeirat und<br />
dem Rathaus eine Institution für Ausländer geschaffen.<br />
Damit wurde etwas erreicht. Solche Fragen spielen überall<br />
in Bayern eine Rolle. Wo haben wir zu diesem beispielhaft<br />
herausgegriffenen Problem etwas von dem runden Tisch<br />
Senat gehört? - Kollege Dr. Ritzer hat ausgeführt, im<br />
Senat würden viele sitzen, die sich nicht schizophren<br />
verhalten wollten; denn sie könnten nicht vergessen, daß<br />
sie das Parteibuch der CSU in der Tasche haben. Das<br />
erschwert die Konsensbildung, und es kommt nichts<br />
heraus.<br />
(Zurufe von der CSU - Kaul (CSU): Er denkt<br />
an die hessischen Verhältnisse!)<br />
Der nächste Punkt zum runden Tisch: Ich erinnere an die<br />
berühmte Tafel des König Artus. Die Ritter und Könige,<br />
die ihr angehörten, haben sich mit der Zeit in alle Winde<br />
verstreut, und dann war der Tisch nur noch ein Ausstellungsstück.<br />
Vor diesem Schicksal wollen wir den Senat<br />
bewahren. Es muß ein Schlußstrich gezogen werden.<br />
Dazu ist es jetzt an der Zeit. Das wird am 8. Februar 1998<br />
auch geschehen.<br />
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten<br />
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)