93. Sitzung - Bayerischer Landtag
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Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe in den<br />
vergangenen Tagen und Wochen lange darüber<br />
gegrübelt,<br />
(Oh! bei der SPD)<br />
welches die eigentlichen Gründe für die SPD und die<br />
GRÜNEN sein könnten, den Senat abzuschaffen. Was<br />
sind denn die Gründe? Es heißt, er sei überholt, man<br />
brauche ihn nicht mehr, er sei überflüssig.<br />
(Zuruf von der SPD: So ist es! Es gibt ein<br />
Volksbegehren!)<br />
Wenn Sie dies meinen, den Senat also für überflüssig<br />
halten, dann können Sie auf der anderen Seite nicht gut<br />
sagen: Er ist ein Organ zur Unterstützung der Staatsregierung;<br />
er ist ein Bollwerk der konservativen Kräfte;<br />
(Zuruf von der SPD: Wir reden von Vergangenheit<br />
und Zukunft!)<br />
er tut immer das, was die Regierung und die Fraktion der<br />
CSU wollen.<br />
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Ja, dann können Sie nicht gut sagen: Wir brauchen ihn<br />
nicht, er ist überflüssig. Dann könnten Sie allenfalls sagen:<br />
Er dient nicht uns, er dient anderen. Aber Sie können nicht<br />
seine generelle Nützlichkeit in Frage stellen. Sie können<br />
nur sagen: Er ist nützlich für andere, nicht für uns - das<br />
zieht sich wie ein roter Faden durch Ihre gesamte<br />
Argumentation: Er dient nicht uns, nicht der Opposition,<br />
nicht der SPD und natürlich nicht den GRÜNEN, sondern<br />
er ist vorwiegend ein Organ der Regierung und der<br />
Fraktion der CSU. Dabei lassen Sie ganz und gar die<br />
Frage außer acht: Warum ist es eigentlich so? Im Senat<br />
sind, wie Sie alle wissen, die unterschiedlichsten<br />
politischen und gesellschaftlichen Gruppierungen<br />
vertreten. Es ist verwunderlich, daß angesichts dieser<br />
Zusammensetzung der Senat Positionen und Haltungen<br />
zugunsten der Staatsregierung oder der Fraktion der CSU<br />
einnehmen sollte, wie Sie behaupten.<br />
Das könnte damit zusammenhängen, daß der Senat in der<br />
Tat etwas anderes ist als das, was Sie sich vorstellen,<br />
nämlich durchaus eine unabhängige Körperschaft, deren<br />
Mitglieder aufgrund ihres Sachverstands, ihrer politischen<br />
und persönlichen Erfahrung zu Ergebnissen kommen, die<br />
dann, wenn es sein muß, auch einmal der Staatsregierung<br />
und der CSU nützlich sind, die aber auch da und dort Ihrer<br />
Position, nämlich der Opposition nützlich sind. Ich habe<br />
mir die Drucksachen des Senats zu den Fragen, zu denen<br />
ich Berichterstatter war, stets genau angesehen,<br />
(Zuruf von der SPD: Was haben Sie damit<br />
gemacht?)<br />
um zu sehen, was der Senat denkt.<br />
Das heißt, daß Sie von der Opposition andere Gründe<br />
haben, den Senat abzuschaffen. Sie wollen, daß es den<br />
Senat, den es anderswo nicht gibt, auch in Bayern nicht<br />
<strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 13. Wahlperiode Plenarprotokoll 13/93 v. 13.11.97<br />
gibt. Nur in Bayern gibt es einen Senat, anderswo gibt es<br />
ihn nicht, also soll es ihn auch in Bayern nicht geben.<br />
(Zuruf von der SPD: Aber begründen Sie<br />
doch besser, warum Sie dafür sind!)<br />
Allein die Tatsache, daß Bayern etwas hat, was andere<br />
nicht haben, ist in Ihren Augen schon ein Makel.<br />
(Zuruf von der SPD: Warum beschäftigen Sie<br />
sich nicht mit der CSU?)<br />
Ich muß Ihnen sagen, daß ich viele Besucher aus dem<br />
Ausland - aus Kanada und aus allen Teilen der Welt -<br />
habe, die sich außerordentlich für die Rolle des Senats<br />
interessieren.<br />
(Zuruf von der SPD: Gott sei Dank interessiert<br />
sich mal jemand!)<br />
Ich kann die Geringschätzung des Eigenen, ich will sogar<br />
sagen, den Haß auf das, was das Eigene und Besondere<br />
ist, nicht verstehen.<br />
(Zu rufe von der SPD: Verstehen Sie die<br />
Position der CSU? - Das ist Ihre Wortwahl!)<br />
Es ist eine Geringschätzung der eigenen Identität, die in<br />
Ihrer Haltung zum Ausdruck kommt. Das ist es tatsächlich.<br />
Der Bayerische Senat ist natürlich Bestandteil der bayerischen<br />
Verfassungswirklichkeit und des bayerischen<br />
Volkes. So ist es.<br />
(Zuruf: Aber Ihnen sind die Argumente ausgegangen,<br />
weil Sie nur mit der SPD diskutieren!)<br />
Wenn Ihnen die politische Richtung des Senats nicht<br />
gefällt, müßten Sie folgerichtig sagen: Wir sind zwar für<br />
den Senat, aber wir wollen eine andere Zusammensetzung.<br />
Sie haben Gelegenheit, dazu Ihren Beitrag einzubringen.<br />
Das tun Sie aber nicht.<br />
(Zuruf von der SPD: Wer zu spät kommt, den<br />
bestraft das Leben!)<br />
Wenn Sie also den Senat als Institution abschaffen wollen,<br />
Herr Kollege Ritzer, dann muß etwas anderes dahinterstecken.<br />
Sie sagen: „Er ist überholt; wir wollen ihn nicht<br />
mehr haben; er ist nicht demokratisch legitimiert; alle<br />
Staatsgewalt geht vom Volke aus“, so als ob es beim<br />
Senat um Gesetzgebung ginge, die sich allein durch das<br />
Staatsvolk legitimieren ließe.<br />
Nein, Sie haben andere Gründe. Ihnen gefällt die ganze<br />
Richtung nicht. Ich erkenne dahinter - das habe ich auch<br />
im Ausschuß gesagt - ein geschichtlich verspätetes<br />
Jakobinertum. Sie wollen nichts Ungleiches haben, keine<br />
Besonderheiten. Welch ein entsetzlicher Jakobinismus!<br />
Sie gehen mit der Axt der Egalität durch die Landschaft,<br />
und alles, was nicht ganz gleich ist, wird niedergemacht,<br />
wird abgeholzt. Ungleichheiten darf es nicht geben;<br />
Egalität hat zu herrschen in unserer Gesellschaft. Das ist