93. Sitzung - Bayerischer Landtag
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In den Senat sollen neue Gruppen kommen. Sie<br />
behaupten, daß dies das Gegenteil von Gruppenegoismus<br />
sei. Das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen.<br />
Sie holen mehr Gruppen und Organisationen in den<br />
Senat, damit über den Gruppenegoismus das Volk beim<br />
Volksentscheid ruhiggestellt wird.<br />
Was haben Sie vor? Herr Kollege Welnhofer, im Senat<br />
wird künftig ein Vertreter des Sports sitzen. Wird dieser<br />
Vertreter nun den Fußballverband, den Handballverband,<br />
die Leichtathletik, die Schwimmverbände oder die Tennisspieler<br />
vertreten? Werden Sie im Winter einen Vertreter<br />
des Skiverbandes in den Senat entsenden und im<br />
Sommer einen Vertreter des Schwimmverbandes oder der<br />
Leichtathletik?<br />
(Beifall bei der CSU)<br />
Herr Kollege Ritter, wenn es um Fragen der Leichtathletik<br />
geht, bin ich dafür, daß dazu ein Leichtathlet und nicht<br />
irgendein Präsident Stellung nimmt.<br />
(Beifall bei der SPD - Sinner (CSU): Ihr seid<br />
Leichtathleten! So seht ihr aus!)<br />
Wir haben in den Verbänden Gott sei Dank eine große<br />
Vielfalt. Sie werden mit Ihren Vorstellungen dieser Vielfalt<br />
überhaupt nicht gerecht. Dies gilt auch für den Vertreter<br />
der Hilfsorganisationen. Wer soll in Zukunft die Feuerwehren,<br />
das Technische Hilfswerk oder die Rettungsorganisationen<br />
vertreten? Wir wollen nicht den Feuerwehrmann<br />
hören, wenn es um die Änderung des Rettungsdienstgesetzes<br />
geht. Zu dieser Frage müssen die Rettungsdienstverbände<br />
Stellung nehmen. Auch die Tatsache, daß<br />
es die Union nicht fertig bringt, den Städten, Gemeinden,<br />
Landkreisen und Bezirken eine Sonderstellung einzuräumen,<br />
ist für diesen Entwurf bezeichnend.<br />
Das Gefährliche an diesem Entwurf ist der Umstand, daß<br />
sich die CSU-Fraktion auf eine „gehobene Verfassungslyrik“<br />
eingelassen hat. Für den Senat werden jetzt<br />
Begriffe verwendet, die bei anderen Verfassungsoganen<br />
nicht verwendet werden. Die CSU hat beispielsweise<br />
geschrieben: „Er vereint vielfältige Erfahrungen aus diesen<br />
Lebensbereichen und orientiert seine Meinungsbildung am<br />
Gemeinwohl.“ Eine solche Bestimmung fehlt beim<br />
<strong>Landtag</strong>. Ich frage Sie: Sind wir denn Hanswursten?<br />
Orientieren wir uns nicht am Gemeinwohl? Wieso haben<br />
Sie diese Unterscheidung festgeschrieben?<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Sie vertreten hier eine komische Linie.<br />
(Sinner (CSU): Sie haben überhaupt keine<br />
Linie!)<br />
In Ihrer Euphorie, den Senat zu beweihräuchern, sind Sie<br />
weit über das Ziel hinausgeschossen. Zur parteipolitischen<br />
Neutralität des Senats möchte ich folgendes bemerken:<br />
Hat es in diesem Lande Bayern je einen Senatspräsidenten<br />
gegeben, der nicht der CSU angehört hätte?<br />
<strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 13. Wahlperiode Plenarprotokoll 13/93 v. 13.11.97<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Wird nicht peinlich darauf geachtet, daß selbst die Vizepräsidenten<br />
des Senats Ihrer Partei angehören? Auch bei<br />
der Zusammensetzung des Senats wird immer peinlich<br />
darauf geachtet, daß die CSU eine Mehrheit hat, damit der<br />
Senat der Regierung Stoiber Beifall zollen kann.<br />
(Sinner (CSU): Wer so über den Senat redet,<br />
verdient keinen Präsidenten!)<br />
Meine Damen und Herren, Sie halten den Bürger für einfältig,<br />
wenn Sie glauben, daß er Ihrer Argumentation folgen<br />
wird.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Sie haben ein Zitat ausgegraben, wonach Herr Dr. Hoegner<br />
im milden Licht des Alters den Senat gönnerhaft<br />
beschrieben hat. Ich habe mir die Reden von Wilhelm<br />
Hoegner und Albert Roßhaupter im Jahre 1946 im Verfassungsausschuß<br />
angesehen. Dort haben beide ihre<br />
Grundsätze klargemacht. Ich würde Ihnen empfehlen, das<br />
Lehrbuch von Dr. Wilhelm Hoegner zum Bayerischen<br />
Verfassungsrecht zu lesen. Dort steht etwas anderes als<br />
in der von Ihnen zitierten Biographie, die spät geschrieben<br />
wurde.<br />
Für uns bleibt es dabei, daß der Senat ein verfassungswidriges<br />
Verfassungsorgan ist. Er schafft es nicht, die<br />
Gruppen zu integrieren und die gesellschaftliche Vielfalt<br />
zu repräsentieren. Er ist letztlich ohne Wirkung. Laßt uns<br />
dem Volk nicht in die Arme fallen. Wir sollten den Senat<br />
am 8. Februar abschaffen.<br />
(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS<br />
90/DIE GRÜNEN)<br />
Präsident Böhm: Der nächste Redner ist Herr Kollege Dr.<br />
Magerl.<br />
(Alois Glück (CSU): Wollen Sie über Ihren<br />
Frust oder über den Senat reden?)<br />
Dr. Magerl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident,<br />
meine Damen und Herren! Herr Kollege Glück, ich habe<br />
überhaupt keinen Frust. Sie hätten wesentlich mehr<br />
Grund, frustriert zu sein, wenn Sie sich einmal den<br />
„Saustall“ ansehen, der in Bonn herrscht. Über den<br />
Scherbenhaufen, den Ihre Politik hinterlassen hat, könnten<br />
wir uns länger unterhalten.<br />
(Beifall bei der SPD und beim BÜND-<br />
NIS 90/DIE GRÜNEN – Frau Renate Schmidt<br />
(SPD): Die CSU hat die Bonner Regierung als<br />
„Irrenhaus“ bezeichnet!)<br />
Herr Kollege Glück, wir diskutieren heute über die Zukunft<br />
des Senats. Wir vertreten die Auffassung, daß der<br />
Bayerische Senat keine Zukunft hat. Wir wollen die<br />
Abschaffung dieses Gremiums erreichen. Ich möchte das<br />
im folgenden begründen.