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horizonte - der Koordinierungsstelle - Hochschule Mannheim

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Messung <strong>der</strong> Wärmeproduktion von Bakterien im Bioreaktor: Kalorimetrische Regelung<br />

von Bioprozessen zur Herstellung von rekombinanten Proteinen<br />

Richard Biener, Anne Steinkämper, Thomas Horn, Johannes Hofmann, <strong>Hochschule</strong> Esslingen<br />

Rekombinante Proteine wie z.B. Insulin o<strong>der</strong> Interferone gehören zu den wichtigsten Produkten <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Biotechnologie.<br />

Hergestellt werden rekombinante Proteine mit gentechnisch verän<strong>der</strong>ten Organismen (GVO). Hier kommen<br />

neben den Mikroorganismen (E.coli o<strong>der</strong> Hefezellen) auch tierische Zellkulturen zum Einsatz. Zur Erhöhung <strong>der</strong> Produktivität<br />

und <strong>der</strong> Reproduzierbarkeit des Kultivierungsprozesses ist eine automatisierte Prozessführung erfor<strong>der</strong>lich. Im Beitrag<br />

wird gezeigt, wie mit Hilfe kalorimetrischer Methoden die spezifi sche Wachstumsrate von Mikroorganismen während <strong>der</strong><br />

Kultivierung in einem Standard-Bioreaktor geregelt werden kann. Diese Automatisierungsstrategie führt zu einer deutlichen<br />

Steigerung <strong>der</strong> Produktivität und Reproduzierbarkeit des Prozesses.<br />

Bedeutung <strong>der</strong> Hochzelldichtekultivierung<br />

in <strong>der</strong> pharmazeutischen Industrie<br />

Gentechnisch hergestellte Proteine,<br />

so genannte rekombinante Proteine,<br />

werden in <strong>der</strong> pharmazeutischen Industrie<br />

mit Hilfe gentechnisch verän<strong>der</strong>ter,<br />

leben<strong>der</strong> Mikroorganismen o<strong>der</strong> Zelllinien<br />

hergestellt. Allgemein werden<br />

diese als Biopharmazeutika bezeichnet.<br />

Beispiele für diese unverzichtbar<br />

gewordenen Arzneimittel sind Insuline,<br />

monoklonale Antikörper o<strong>der</strong> Erythropoetine.<br />

Beim Herstellungsprozess<br />

eines Biopharmazeutikums produzieren<br />

diese gentechnisch modifi zierten<br />

Bakterien, Hefen o<strong>der</strong> Säugetierzellen<br />

in einem Bioreaktor das entsprechende<br />

Protein. Zur Erhöhung <strong>der</strong> Proteinausbeute<br />

werden in <strong>der</strong> biopharmazeutischen<br />

Industrie Hochzelldichte-Fed-<br />

Batch-Prozesse eingesetzt [1, 2]. Um<br />

hohe Zelldichten zu erzielen, wird bei<br />

diesen Prozessen mit Hilfe einer Pumpe<br />

dem Bioreaktor ein konzentriertes<br />

Nährmedium kontinuierlich zugeführt.<br />

Über diese Zufütterung kann direkt<br />

das Zellwachstum und die Produktion<br />

stören<strong>der</strong> Nebenprodukte beeinfl usst<br />

werden. Nebenprodukte sind in diesen<br />

Prozessen unerwünscht, da sie das<br />

Wachstum <strong>der</strong> Zellen inhibieren, woraus<br />

auch eine geringe Proteinausbeute<br />

resultiert.<br />

Insulin, Interferon und weitere Arzneistoffe<br />

werden weit verbreitet von<br />

gentechnisch verän<strong>der</strong>ten Escherichia<br />

coli Bakterien hergestellt. Um die Produktivität<br />

von rekombinanten Proteinen<br />

in E. coli zu maximieren, muss<br />

die Zufütterung des Nährmediums mit<br />

<strong>der</strong> wachstumslimitierenden Kohlenstoff-Quelle<br />

(z.B. Glucose) so erfolgen,<br />

dass die Wachstumsrate <strong>der</strong> Bakterien<br />

unter einem kritischen Wert gehalten<br />

wird. Damit kann die Produktion von<br />

wachstumsinhibierenden Nebenprodukten<br />

(z.B. Acetat) minimiert werden<br />

und die Bakterien können ungehin<strong>der</strong>t<br />

wachsen. Durch diese Zufütterungs-<br />

strategie können Biotrockenmasse-<br />

Konzentrationen von mehr als 100 g/l<br />

erreicht werden [1]. Diese hohen Zelldichten<br />

führen wie<strong>der</strong>um zu hohen<br />

Proteinkonzentrationen. Die eingestellte<br />

Wachstumsrate sollte allerdings<br />

nicht zu klein sein, um die Prozessdauer<br />

möglichst kurz zu halten.<br />

Prozessführungsstrategien<br />

Für Hochzelldichte-Kultivierungsprozesse<br />

sind unterschiedliche Strategien<br />

in <strong>der</strong> Literatur beschrieben. Eine<br />

häufi g angewandte Methode ist die<br />

Zufütterung mit einem vorab festgelegten<br />

Profi l. Nachdem die Kohlenstoff-<br />

Quelle (z.B. Glucose) im Nährmedium<br />

verbraucht ist, wird dabei die Feeding-Rate<br />

exponentiell erhöht, um die<br />

spezifi sche Wachstumsrate näherungsweise<br />

konstant zu halten [3]. Ein fest<br />

vorgegebenes Zufütterungsprofi l hat<br />

im Wesentlichen den Nachteil, dass es<br />

bei einer falschen Abschätzung <strong>der</strong> Parameter<br />

o<strong>der</strong> bei einer Prozessstörung<br />

zu einer Überfütterung des limitierenden<br />

Substrats Glucose und damit auch<br />

zu einer erhöhten Acetatproduktion<br />

kommen kann. Daher ist es von Vorteil,<br />

eine geregelte Zufütterung vorzunehmen.<br />

In <strong>der</strong> Praxis werden oft indirekte<br />

Messgrößen für die Einstellung<br />

<strong>der</strong> Feedrate verwendet. Beispielsweise<br />

wird bei <strong>der</strong> DO-stat Methode die<br />

Feedrate über die Messung <strong>der</strong> Gelöstsauerstoffkonzentration<br />

(pO 2 ) geregelt.<br />

Wenn die wachstumslimitierende C-<br />

Quelle verbraucht ist, führt dies zu einem<br />

Anstieg des pO 2 und die Feedrate<br />

muss entsprechend angepasst werden,<br />

um den Substratmangel auszugleichen<br />

[4, 5]. Beim pH-stat wird die Feedrate<br />

aufgrund von Verän<strong>der</strong>ungen des pH-<br />

Werts bei einem Substratmangel eingestellt<br />

[6]. Bei beiden Strategien wird<br />

die spezifi sche Wachstumsrate indirekt<br />

durch den pH o<strong>der</strong> den pO 2 geregelt.<br />

Folglich ist eine konstante spezifi sche<br />

Wachstumsrate schwierig zu verwirklichen<br />

[7].<br />

Prof. Dr.-Ing. R. Biener<br />

Dipl. Biol. t. o. A. Steinkämper<br />

Dipl.-Ing. (FH) T. Horn<br />

Dipl.-Ing. (FH) J. Hofmann<br />

<strong>horizonte</strong> 40/ September 2012 - 3 -

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