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horizonte - der Koordinierungsstelle - Hochschule Mannheim

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Abb. 1: Lifelogging-Kamera SenseCam, in<br />

<strong>der</strong> Ausführung Vicon Revue. (Foto: Markus<br />

Tralls)<br />

mehreren Projektstudien die Grundlagen<br />

gelegt wurden, konnte 2011 ein<br />

Forschungsteam bestehend aus vier<br />

Studierenden (Christian Mohr, Steffen<br />

Hin<strong>der</strong>er, Markus Tralls, Hatto Knittel)<br />

ein Karl-Steinbuch-Stipendium (Medien-<br />

und Filmför<strong>der</strong>anstalt Baden-<br />

Württemberg) gewinnen. Dieses Stipendium<br />

wurde erstmals an ein Team<br />

<strong>der</strong> HFU vergeben. Die vom Autor<br />

fachlich betreute Studie verfolgt das<br />

Ziel, Lifelogging zu einer bisher nicht<br />

erreichten Praxistauglichkeit zu verhelfen<br />

und für konkrete Anwendungsfel<strong>der</strong><br />

zu adaptieren. Gegenwärtig wird<br />

dieses Lifelogging-System für den Bereich<br />

des Spitzensports und die Biografi<br />

earbeit mit Alzheimer-Patienten weiter<br />

entwickelt. Das hierbei entwickelte<br />

Lifelogging-System ist modular aufgebaut<br />

(vgl. Abb. 2).<br />

Für die Datenerfassung wird eine<br />

Smartphone-App genutzt, die für das<br />

Betriebssystem Android auf Basis <strong>der</strong><br />

objektorientierten Programmiersprache<br />

JAVA erstellt wurde. In diesem Modul<br />

geht es darum, möglichst viele unterschiedliche<br />

Daten zu erfassen, sowie<br />

den Vorgang <strong>der</strong> Datenerfassung so<br />

einfach, automatisch und unbewusst<br />

wie möglich zu machen, um keine Verhaltensän<strong>der</strong>ungen<br />

bei <strong>der</strong> datenerfassenden<br />

Person (o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Umfeld) zu<br />

provozieren. Neben <strong>der</strong> im Smartphone<br />

integrierten Kamera kommen verschiedene<br />

externe Lifelogging-Kameras zum<br />

Einsatz. Beson<strong>der</strong>s hervorzuheben ist<br />

dabei <strong>der</strong> konzeptionelle Entwurf von<br />

Markus Tralls im Rahmen seiner Thesis<br />

„Konzeption eines alltagstauglichen<br />

Lifeloggingsystems auf Basis aktueller<br />

Technologien“. Hier sind bereits zukünftige<br />

Lösungen wie stereoskopische<br />

Aufnahmen o<strong>der</strong> Panoramaaufnahmen<br />

angedacht (vgl. Abb. auf <strong>der</strong> Titelseite:<br />

- 66 -<br />

Innovatives Design für das Capturing-<br />

Tool einer Lifelogging-Einheit mit Panoramafunktion<br />

(Thesis Markus Tralls.<br />

Ren<strong>der</strong>ung: Bennet Schlenk)).<br />

Nach dem Speichern <strong>der</strong> Daten in<br />

einer Offl ine-Mediathek beginnt die<br />

Phase des Data-Managements. Auch<br />

die Back-End-Lösung (Mediathek) wird<br />

in JAVA umgesetzt. In dieser Phase werden<br />

die Daten segmentiert, sortiert und<br />

mit weiteren Daten (z.B. aus dem Web)<br />

angereichert. Um die Lifelogs für Monitoring-Prozesse<br />

nutzen zu können,<br />

müssen diese nutzerspezifi sch gefi ltert<br />

und wie<strong>der</strong> aufgerufen werden können.<br />

Gerade <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>aufruf <strong>der</strong> Lifelogs<br />

ist stark von domänenspezifi schen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen abhängig. Gleiches<br />

gilt für die Präsentationsphase. Noch<br />

völlig unbearbeitet ist hierbei das Feld<br />

<strong>der</strong> Monitoring-Instrumente, die sich<br />

aus einer speziellen Kombination von<br />

Wie<strong>der</strong>aufruf und Präsentation ergeben<br />

sowie <strong>der</strong> institutionenabhängigen<br />

Monitoringprozesse.<br />

Insgesamt sichert dieser modulare<br />

Aufbau die Adaptionsfähigkeit des<br />

HFU-Lifelogging-Systems. Unabhängig<br />

davon, ob Lifelogging im Bereich des<br />

Sportler-Monitoring, <strong>der</strong> Überwachung<br />

von Soldaten o<strong>der</strong> lediglich als persönlicher<br />

Erinnerungsspeicher genutzt<br />

wird – die technologischen Grundlagen<br />

und Schnittstellen bleiben stets<br />

gleich.<br />

‚Learning by doing’ statt Kulturpessimismus<br />

Lifelogging ist nicht nur eine technische<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung, son<strong>der</strong>n auch<br />

mit zahlreichen psychologischen,<br />

rechtlichen, ethischen sowie sozialen<br />

Problemdimensionen verbunden [1,<br />

3]. Exemplarisch stellt sich hierbei die<br />

Frage nach <strong>der</strong> Sinnhaftigkeit technologischer<br />

Entwicklungen [4]. Bleibt<br />

also am Ende die Frage, ob Lifelogging<br />

zu einer Art digitalem Exhibitionismus<br />

o<strong>der</strong> eher zu einer produktiven Verän<strong>der</strong>ung<br />

unserer Lebenswelt und Lebensweise<br />

führen wird. Zwar ist beim<br />

gegenwärtigen Entwicklungstand <strong>der</strong><br />

Ausgang <strong>der</strong> mit Lifelogging verbundenen<br />

Entwicklungen ergebnisoffen.<br />

Es reicht aber nicht aus, allein gebrauchsethische<br />

Bedenken anzuführen<br />

o<strong>der</strong> die mit Lifelogging verbunden<br />

Entwicklung reaktiv abzulehnen. Statt<br />

sich dem Phänomen lediglich kulturpessimistisch<br />

und technikfeindlich zu<br />

nähern, wird hier abschließend eine<br />

Haltung vertreten, die darauf abzielt,<br />

zukünftige Entwicklungen selbst mit<br />

zu gestalten. Gerade die <strong>Hochschule</strong><br />

Furtwangen bietet hierfür ein ideales<br />

Umfeld, da sie einerseits technische<br />

und mediale Entwicklungen för<strong>der</strong>t<br />

und gleichzeitig die Möglichkeit zur<br />

gesellschaftswissenschaftlichen Refl exion<br />

ermöglicht.<br />

Die Beson<strong>der</strong>heit des Zugangs zum<br />

Thema Lifelogging an <strong>der</strong> HFU kann<br />

am besten mit <strong>der</strong> „Umgangsthese“ des<br />

Technikphilosophen Bernhard Irrgang<br />

[5] illustriert werden: Neue Techniken<br />

sollten ausprobiert und erprobt werden.<br />

Nur so lässt sich über sie lernen,<br />

was man über sie wissen muss. „Nicht<br />

alles wird gelingen, schon gar nicht<br />

wird alles glücken, nicht alles lässt sich<br />

vorhersehen und schon gar nicht im<br />

Vorhinein denkerisch erfassen und be-<br />

Abb. 2: Modularer Aufbau des Lifelogging-Systems. (Grafi k: Markus Tralls)<br />

gründet ausschließen o<strong>der</strong> möglicherweise<br />

verbieten. [...] Meist reicht nur<br />

eine technische Lösung – und sei es ein<br />

Verbot – nicht aus, son<strong>der</strong>n es bedarf<br />

menschlicher, gesellschaftlicher und<br />

politischer Begleitung o<strong>der</strong> Lösungen“.<br />

Wenn in diesem Sinne <strong>der</strong> Beitrag<br />

darauf neugierig gemacht hat, Lifelogging<br />

selbst auszuprobieren, dann wird<br />

es gelingen, gemeinsam das notwen-<br />

<strong>horizonte</strong> 40/ September2012

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