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Soziale Unsicherheit im Kindesalter

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Theoretischer Hintergrund<br />

2 Theoretischer Hintergrund<br />

2.1 Klinische Symptomatik, Klassifikation und Epidemiologie<br />

2.1.1 Das Erscheinungsbild der <strong>Soziale</strong>n <strong>Unsicherheit</strong><br />

Ängstlichkeit und Gehemmtheit in sozialen Situationen kann funktionalen Charakter<br />

haben, wenn sie zur Vorbereitung auf zukünftige schwierige Situationen motiviert (Hyson, &<br />

Izard, 1986) oder ein Zusammenleben in einer Gruppe ermöglicht, da sozial inakzeptable<br />

Verhaltensweisen vermieden werden (Ford, 1987). Weiten sich Ängstlichkeit und<br />

Gehemmtheit jedoch auf eine Vielzahl sozialer Situationen aus und verhindern so eine<br />

effektive Auseinandersetzung mit der Umwelt, hat dies erhebliche Beeinträchtigungen be<strong>im</strong><br />

Aufbau von Freundschaften, in Leistungssituationen und bei der Entwicklung<br />

altersangemessener <strong>Soziale</strong>r Kompetenzen für das betroffene Kind zur Folge. Diese sollen<br />

in diesem Kapitel <strong>im</strong> Einzelnen dargestellt werden.<br />

Sozial unsichere Kinder sind unauffällig. Sie können Kindergarten und Schule<br />

durchlaufen, ohne dass jemand bemerkt, dass sie Ängste oder Probleme haben. Da<br />

<strong>Soziale</strong> <strong>Unsicherheit</strong> mit dem Bemühen, nicht aufzufallen, einher geht, wird der Großteil<br />

sozial unsicherer Kinder weder von den Eltern, noch von Lehrkräften oder anderen<br />

Professionellen als solche erkannt (Kashdan & Herbert, 2001). Sie gelten als still und<br />

zurückhaltend, oft auch als angenehme Schüler. Im Klassenraum scheinen sie „unsichtbar“<br />

zu sein und werden leicht übersehen (Strauss, Lahey, Frame & Hynd, 1988). Sie erzeugen<br />

in ihrem sozialen Umfeld keinen Leidensdruck, wie es etwa bei aggressiven Kindern der<br />

Fall ist (Petermann und Petermann, 1996). Sie verursachen auch keinen finanziellen<br />

Schaden. Nur sie selbst und eventuell ihre Eltern leiden unter den Folgen der <strong>Soziale</strong>n<br />

<strong>Unsicherheit</strong>.<br />

Die betroffenen Kinder weisen in verschiedenen Bereichen Defizite auf. Sie haben<br />

Angst, von anderen negativ bewertet zu werden, sich zu blamieren oder zu versagen. Sie<br />

fürchten sich vor Begegnungen mit mehreren Menschen oder Begegnungen mit Fremden<br />

(Asendorpf, 1993). Sie können sich in sozialen Anforderungssituationen schlecht oder gar<br />

nicht behaupten. Sie vermeiden oder verweigern Sozialkontakte. Es fällt ihnen schwer,<br />

Freundschaften aufzubauen und zu erhalten (Asendorpf, 1993). Der soziale Status<br />

innerhalb der Gleichaltrigengruppe ist bei sozial unsicheren Kindern niedriger als bei<br />

Kindern ohne Ängste und Hemmungen in sozialen Situationen (LaGreca & Stone, 1993),<br />

und be<strong>im</strong> Aufbau neuer Freundschaften sind diese durch weniger Int<strong>im</strong>ität und<br />

gegenseitige Unterstützung geprägt (Vernberg, Abwender, Ewell, & Beery, 1992). Die<br />

Kinder haben Angst, vor einer Gruppe zu sprechen (Petermann, 1996). Sie zeigen eine<br />

deutlich erhöhte Zahl kindlicher Ängste, sie sind beispielsweise nicht in der Lage, alleine<br />

zur Schule, in Geschäfte oder zur Toilette zu gehen. Weiterhin haben sozial unsichere<br />

Kinder deutlich mehr Prüfungsängste (Silvermann & LaGreca, 1992) und Angst vor Kritik<br />

und Versagen (Strauss & Last, 1993) als Kinder ohne <strong>Soziale</strong> <strong>Unsicherheit</strong>.<br />

Sie zeigen depressive Symptome: sie fühlen sich traurig, ganz anders als alle<br />

anderen, hässlich oder einsam (Epkins, 1996; Blechman, McEnroe, Carella & Audette,<br />

1986; LaGreca & Stone, 1993; Inderbitzen & Hope, 1995). Kinder mit Hemmungen in<br />

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