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p industry-report einzelhandel<br />
38<br />
Prozent den chinesischen Markt. Eine derartig<br />
wacklige Führungsposition lässt Angreifern<br />
eine Menge Raum. Schon im Anmarsch<br />
ist Baumarktgigant Home Depot, drittgrößter<br />
Einzelhändler der Welt. CEO Bob Nardelli<br />
sieht sein Unternehmen auf Grund des<br />
Wachstumspotenzials bei preiswertem<br />
Wohnraum in China „strategisch gut positio-<br />
„HEUTE GEBEN DIE HANDELSRIESEN<br />
ZU, DASS NUR DER ERFOLG HAT, DER SICH<br />
AN LOKALE BEDÜRFNISSE ANPASST“<br />
niert“. Orient Home, Chinas größter heimischer<br />
Anbieter, spricht derzeit mit diversen<br />
Interessenten, darunter Home Depot, über<br />
den Verkauf einiger Konzernbereiche.<br />
Selbst wenn sich die Handelsriesen vorrangig<br />
auf China stürzen, sondieren sie auch<br />
anderswo die Lage. Als besonders vielversprechend<br />
gelten Indien und Russland, wo<br />
B&Q im Jahr 2006 starten will. Die Metro<br />
Group ist inzwischen der international<br />
aktivste Handelskonzern der Welt und testet<br />
sein Cash-and-carry-Konzept bereits in<br />
Indien und Serbien. Fast die Hälfte des<br />
Umsatzes wird im Ausland erzielt.<br />
Überraschender Nebeneffekt der Internationalisierung<br />
ist der Zwang zu differenzieren.<br />
„In der Branche gab es früher zwei eherne<br />
Grundsätze: Dass es im Einzelhandel auf<br />
jede Kleinigkeit ankommt (,retail is detail‘)<br />
und dass die lokale Anpassung besonders<br />
wichtig ist (,retail is local‘)“, sagt Berater Bauer.<br />
Während Regel eins heute noch unbestritten<br />
gelte, hätten die Einzelhändler<br />
Regel zwei im vergangenen Jahrzehnt<br />
immer weniger beachtet. Zu Unrecht: „Nach<br />
Desastern wie dem Markteintritt von Wal-<br />
Mart in Deutschland geben die Großkonzerne<br />
zu, dass nur der Anbieter Erfolg haben<br />
wird, der sich an die Kultur und die Bedürfnisse<br />
vor Ort anpassen kann.“<br />
SIR TERRY LEAHY (links), CEO<br />
von Tesco, setzt auf Flexibilität:<br />
„Größe schützt nicht vor Wettbewerb,<br />
weil der Kunde immer die Wahl hat.“<br />
GERRY MURPHY (rechts),<br />
CEO von Kingfisher, sät jetzt und erntet<br />
später: „Die Investitionen in die<br />
internationale Expansion zahlen sich<br />
erst in zehn Jahren aus.“<br />
Weltweit gibt es mehr als sechs Milliarden<br />
Konsumenten – Herausforderung genug für<br />
die Handelsriesen, jene Kundengruppen zu<br />
definieren und anzusprechen, die ihre<br />
Produkte am ehesten kaufen werden. Konsumenten<br />
unterscheiden sich in ihrem Kaufverhalten<br />
ganz klar nach Produktkategorien,<br />
weiß die Branche: Manche Kunden sind ausschließlich<br />
auf Niedrigpreise geeicht. Andere<br />
agieren in ausgewählten Produktkategorien<br />
wie Luxuskäufer und empfinden<br />
etwa den Kauf einer teuren Designerjeans<br />
oder einer exklusiven Flasche Whisky als<br />
völlig normal.<br />
Vor allem Wechselkäufer mit divergierenden<br />
Konsumneigungen bedeuten für breit<br />
aufgestellte Handelskonzerne eine Herausforderung.<br />
So verbuchten auf dem britischen<br />
Markt Spezialanbieter wie die Modehäuser<br />
New Look und Ted Baker im Weihnachtsgeschäft<br />
hohe Umsätze, während Konkurrenten<br />
wie Marks & Spencer und Next Mühe<br />
hatten, ihren Anteil zu halten.<br />
Auch Tesco-Chef Leahy singt das Hohelied<br />
der Flexibilität: „Größe schützt nicht vor<br />
Wettbewerb, weil der Kunde immer die<br />
Wahl hat. Es kommt stets nur darauf an, ob<br />
der letzte Einkauf gut oder schlecht war.“<br />
Die Bedürfnisse vieler Lifestyle-Zielgruppen<br />
PRODUKTZENTRIERTES DENKEN<br />
WAR GESTERN – JETZT RÜCKT DER<br />
KUNDE IN DEN MITTELPUNKT<br />
werden aber vom Mainstream gar nicht<br />
mehr erfasst. So entstehen Angriffsflächen<br />
für die Spezialisten. Konzepte wie Whole<br />
Foods Markets zeigen die Chancen echter<br />
Differenzierung.<br />
Glaubt man der Deloitte-Studie „The Global<br />
Powers of Retailing“, geben die Handelskonzerne<br />
ihre produktzentrierte Denkweise<br />
langsam auf. Stattdessen rückt der Kunde<br />
selbst ins Zentrum. Das erfordert jedoch ein<br />
präzises Wissen über dessen spezifische<br />
Eigenschaften wie Generationszugehörigkeit,<br />
Geschlecht und besondere Vorlieben.<br />
Um die Bedürfnisse der Verbraucher besser<br />
einschätzen zu können, setzen alle großen<br />
Handelskonzerne Technologien wie Data-<br />
Mining ein. Hinzu kommen ein zielgruppenspezifisches<br />
Marketing und Loyalitätsprogramme.<br />
Neue Erkenntnisse ergeben sich<br />
manchmal nebenbei: Tesco nutzt die Clubcard,<br />
um Kauftrends auszuloten und neue<br />
Kampagnen zu entwickeln.<br />
DAS INTERNET IST WIEDER DA<br />
UND ENTWICKELT SICH ZUM<br />
WICHTIGEN VERTRIEBSWEG<br />
Überhaupt wird Technologie zum zentralen<br />
Strategiebaustein im Kampf um Marktanteile.<br />
Sie erhöht die Effizienz der Lieferkette,<br />
ermöglicht mehr Service und verbessert<br />
das Einkaufserlebnis. Gerade RFID (Radio<br />
Frequency Identification) – eine Technik,<br />
die per Funketikett Produkte identifiziert<br />
und nachverfolgbar macht – wird dabei eine<br />
zentrale Rolle spielen. Handelsriesen wie<br />
Wal-Mart und Tesco setzen die Technologie<br />
bereits seit einem Jahr ein.<br />
Die deutsche Metro Group hat RFID sogar<br />
schon in die Supply-Chain integriert. Im<br />
Extra Future Store in Rheinberg (nahe Düsseldorf)<br />
testet sie, wie Funktechnik Einkauf<br />
und Logistik unterstützen kann. So sind die<br />
Regale „intelligent“ und erkennen, wenn<br />
Ware ausverkauft ist oder falsch einsortiert<br />
wurde. Der Vorzeigesupermarkt verfügt zudem<br />
über Einkaufswagen mit Touchscreens,<br />
die Preise oder Produktinfos anzeigen, und<br />
eine Waage mit integrierter Kamera, die<br />
Gemüsesorten auseinander hält und von<br />
selbst den Preis berechnet. „3000 Kunden<br />
sind täglich im Extra Future Store – 20 Pro-