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NEIN<br />

SEAMUS PHAN<br />

: Als der Boxer John versucht, sich aufzurappeln,<br />

schlägt sein Gegner Larry immer<br />

wieder auf Kopf und Oberkörper ein.<br />

Aus Johns Nase strömt Blut, die Augen sind<br />

verschwollen. Doch in seinen Ohren dröhnen<br />

die Sprechchöre des Publikums, das ihn<br />

anfeuert: „John! John! John!“ Vielleicht<br />

lösen diese Rufe einen Adrenalinschub aus,<br />

vielleicht ist es sein Glaube an sich, ein<br />

eiserner Wille, der ihn vorwärts treibt –<br />

John schafft es, seine Fäuste hochzuneh-<br />

DAS ARBEITSLEBEN GLEICHT<br />

NUR AN DER OBERFLÄCHE EINEM<br />

STÄNDIGEN BOXKAMPF<br />

men, er schützt sich gegen das Trommelfeuer<br />

von Larrys Schlägen, kontert, schlägt<br />

zurück. John zwingt sich, in die Mitte des<br />

Rings zurückzukehren – und kämpft weiter.<br />

Gleichen Leben und Arbeit nicht manchmal<br />

einem Boxkampf? Statt der Sprechchöre geben<br />

Morgenappelle oder Motivationsmails<br />

unserer Vorgesetzten den Rhythmus vor:<br />

„Wir sind die Nummer eins, und jetzt gehen<br />

Sie hinaus und verkaufen, verkaufen, verkaufen!“<br />

Wie im Boxkampf müssen wir<br />

Rückschläge einstecken – Projekte laufen<br />

aus dem Zeitrahmen, Budgets werden überzogen,<br />

wir verlieren Kunden. Genau wie<br />

John, der Boxer, zwingen wir uns weiterzumachen<br />

– oder werden gezwungen.<br />

Jedoch hält eine Motivation aus Willenskraft<br />

– sei es der eigene Wille oder ein fremder<br />

– in der Regel nicht vor. Die Frage ist<br />

doch: Sind Mitarbeiter überhaupt durch<br />

Willenskraft zu motivieren? Ist der Wille<br />

überhaupt die richtige Quelle der Motivation?<br />

Alte asiatische Philosophen haben verblüffend<br />

aktuelle Lösungen für Motivationsprobleme<br />

moderner Manager parat: Es gibt<br />

bessere Wege als bloße Willenskraft.<br />

Der Philosoph Menzius, ein Anhänger der<br />

konfuzianischen Lehre, formulierte schon<br />

im dritten Jahrhundert vor Christus: „Nur<br />

wohlwollen und weisheit müssen im führungsstil zueinander kommen business-culture f<br />

„Ein Sieg aus purer Willenskraft<br />

hinterlässt langfristig nur Wunden.“<br />

die Wohlwollenden sollten hohe Stellungen<br />

erreichen. Wenn jemand sich in einer hohen<br />

Stellung befindet, der ohne Wohlwollen ist,<br />

verbreitet sich seine Schlechtigkeit unter<br />

allen seinen Untergebenen.“ Auf Wohlwollen<br />

basierende Führung steht nicht für<br />

Mitleid oder herablassende Sympathie. Wer<br />

im konfuzianischen Sinne wohlwollend<br />

führt, strebt das Beste für andere anstatt für<br />

sich selbst an, stellt die Bedürfnisse seiner<br />

Mitarbeiter über seine eigenen – ein in den<br />

meisten westlichen Unternehmen eher seltenes<br />

Führungsprinzip.<br />

Wohlwollen allein genügt jedoch noch<br />

nicht. In einem Klassiker aus dem 13. Jahrhundert,<br />

dem „Sanzi Jing“ („Drei Zeichen“),<br />

verdichtet der konfuzianische Gelehrte<br />

Wang Yinglin die Lehren des Konfuzius auf<br />

nur 1200 Zeichen, in Versen zu jeweils drei<br />

Zeichen. Kurz und knapp steht dort: „Die<br />

fünf Tugenden Wohlwollen, Pflicht, Höflichkeit,<br />

Weisheit und Verlässlichkeit dürfen<br />

nicht gefährdet werden.“ Anders gesagt: Von<br />

Anfang an müssen die fünf Tugenden im<br />

Führungsstil zusammenkommen, so dass<br />

ein Manager für seine Mitarbeiter ebenso<br />

wie für sein Unternehmen wahre Weisheit<br />

und Stärke gewinnt.<br />

Meine Erfahrung ist, dass nur die wenigsten<br />

diese Kunst meistern, wie ein „Junzi“ zu führen.<br />

Ein „Junzi“, ein „Edler“, muss nicht bei<br />

SEAMUS PHAN, 41, ist einer der maßgebenden<br />

Management- und Führungsexperten Asiens. Sein<br />

2003 erschienenes Buch „DotZEN Business<br />

Leadership“ war innerhalb weniger Wochen ausverkauft<br />

(Neuauflage 2004). Phan studierte Informationstechnik<br />

und Betriebswirtschaft in Singapur<br />

und lehrte an der Akamai University auf Hawaii. Er<br />

wurde vom Irvine Campus der University of<br />

California in die „500 Profiles of Excellence“ aufgenommen;<br />

das US-Wirtschaftsmagazin Barron’s<br />

wählte ihn unter die „500 Leaders of the New<br />

Century“. Seit seiner Jugend beschäftigt sich Phan<br />

mit asiatischer Philosophie und trainiert Karate.<br />

allen Entscheidungen gewinnen, er muss<br />

den Erfolg nicht erzwingen, er kann auch<br />

verlieren – scheinbar. Denn dadurch verdient<br />

er sich immer Hochachtung und<br />

gewinnt langfristig Einfluss, Ansehen und<br />

Erfolg. Daher steht das Konzept des Junzi<br />

für Nachhaltigkeit und langfristiges Überleben<br />

statt für kurzfristige oder sofortige<br />

Gewinne. Ein Manager, der wie ein Junzi<br />

führt, wird von seinen Mitarbeitern respektiert<br />

und bewundert. Das wiederum motiviert<br />

die Mitarbeiter aus sich selbst heraus.<br />

Wer führt, sollte sich immer wieder die<br />

Szene des Boxkampfs vor Augen führen.<br />

Man kann einmal durch die Willenskraft<br />

gewinnen, man kann den Adrenalinschub<br />

ausnutzen, man kann sich selbst und die<br />

anderen zu Höchstleistungen anfeuern.<br />

Jedoch hinterlässt ein Kampf wie dieser<br />

nach dem Sieg schwere Wunden, von denen<br />

FÜHRUNGSVERANTWORTUNG ZU<br />

ÜBERNEHMEN HEISST, EINE LANGE<br />

REISE DURCHS LEBEN ANZUTRETEN<br />

einige sich langfristig negativ auswirken<br />

können. Genauso wenig können Mitarbeiter<br />

langfristig motiviert werden, indem ein<br />

Manager einen Ein-Aus-Schalter umlegt. Es<br />

wäre unsinnig, sie an einem Wochenende zu<br />

einem Ausbildungskurs nach dem Motto<br />

„Lächelt und seid glücklich“ zu versammeln<br />

und dann eine lebenslange Transformation<br />

zu effizienten, kooperativen und glücklichen<br />

Mitarbeitern zu erwarten.<br />

Führungsverantwortung ist nun einmal<br />

keine Auszeichnung, die ein Manager sich<br />

erkämpft, um dann zum nächsten Wettbewerb<br />

und zur nächsten Herausforderung<br />

aufzubrechen. Führung gleicht vielmehr<br />

einer fortgesetzten Reise durch das Leben,<br />

nicht nur durch das berufliche. Je höher<br />

eine Führungskraft die Leiter hinaufklettert,<br />

umso mehr der fünf Tugenden verlangt<br />

diese Position von ihm.<br />

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