Verantwortung@step21.de Spendenkonto - Roland Berger
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p industry-report transportation<br />
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Erachtens nicht davon ab, welches technische<br />
System sich schlussendlich durchsetzt. In Europa<br />
hat sich jedoch die Erkenntnis gefestigt, dass<br />
für die Finanzierung der stark wachsenden<br />
Infrastruktur, vor allem in den Beitrittsländern<br />
in Ostmitteleuropa, eine streckenabhängige<br />
Straßennutzungsgebühr nötig ist. Unsere<br />
Technologie bietet Möglichkeiten, Verkehrsströme<br />
zu lenken, indem etwa die Mauthöhe<br />
abhängig von der Uhrzeit bestimmt wird.<br />
Halten Sie es für sinnvoll, Ihr Mautsystem<br />
auf Pkws auszuweiten?<br />
Auch diese Frage muss die Politik beantworten.<br />
Rein technisch wäre eine solche Maut wohl<br />
machbar, aber wir haben in dieser Richtung<br />
bisher weder einen Auftrag noch selbst Überlegungen<br />
angestellt.<br />
Ist es denkbar, über das System außer der<br />
Abrechnung der Lkw-Maut künftig auch andere<br />
Dienste bereitzustellen?<br />
Toll Collect konzentriert sich ausschließlich<br />
auf die Mauterhebung. Mehrwertdienste sind<br />
nicht unser Thema. Da die On Board Unit ...<br />
... das sind die elektronischen Mauterfassungsgeräte,<br />
die im Lkw installiert sind ...<br />
... funktioniert wie ein vernetzter Computer,<br />
kann sie als Plattform für alle möglichen<br />
Mehrwertdienste von Drittanbietern genutzt<br />
werden. Denkbar sind ein satellitengestütztes<br />
Flottenmanagement oder ein international<br />
wirksamer Schutz vor Fahrzeugdiebstahl.<br />
Derzeit ist aber noch unklar, wer solche<br />
Dienste entwickelt und anbietet und wie man<br />
damit Geld verdient. Wie schwer sich diese<br />
Entwicklung vorhersehen lässt, können Sie<br />
am Mobilfunkmarkt sehen. Die heutigen<br />
Killerapplikationen wie SMS und Klingeltöne<br />
sind eher zufällig entwickelt worden.<br />
Wann wird mit diesen Anwendungen<br />
zu rechnen sein?<br />
Damit solche Innovationen umgesetzt werden,<br />
braucht es erst einen Markt, der groß genug<br />
ist. In Deutschland sind mittlerweile deutlich<br />
über 400 000 On Board Units im Einsatz.<br />
Das ist zwar eine ansehnliche Zahl, doch die<br />
Attraktivität dieses Marktes wird erst dann<br />
dramatisch zunehmen, wenn auch andere<br />
Länder dieses System etabliert haben und die<br />
Zahl der Endgeräte noch weit höher liegt.<br />
Welche Staaten haben bisher Interesse an<br />
der deutschen Lösung angemeldet?<br />
Das Interesse ist sprunghaft angestiegen, seit<br />
das System läuft. In Europa denken mehrere<br />
Länder über eine Einführung unseres Systems<br />
nach, darunter Tschechien, Großbritannien,<br />
Schweden oder die Niederlande. Aber auch in<br />
den USA, in Taiwan oder China wird die<br />
Toll-Collect-Lösung aufmerksam beobachtet.<br />
Der tschechische Ministerpräsident Milan<br />
Simonovsky allerdings schätzt das deutsche<br />
Mautsystem als zu kompliziert ein. Was entgegnen<br />
Sie ihm?<br />
Die Mauterhebung und Abrechnung erfolgt<br />
zum überwiegenden Teil über das automatische<br />
Verfahren, also über die On Board Units<br />
in den Lkws. Dieses Verfahren kommt ohne<br />
bauliche Infrastruktur aus – also ohne viele<br />
tausend Erhebungsbrücken auf der Autobahn.<br />
Das System basiert auf ausgereiften und<br />
millionenfach angewandten Technologien und<br />
Standards: Mobilfunk – GSM – und Satellitenortung<br />
– GPS. Unsere Innovation liegt dabei in<br />
der Kombination in einem Gerät. Wir haben<br />
das Potenzial neuer Technologien samt ihren<br />
möglichen Anwendungsgebieten erkannt und<br />
daraus eine marktreife Innovation gemacht.<br />
Vergleichbar ist das mit der Erfindung des<br />
Walkmans, bei dem ja auch nur Kassettenspieler<br />
und Kopfhörer zu einer neuen Einheit verschmolzen<br />
wurden.<br />
Manche Kritiker wenden aber ein, das satellitengestützte<br />
Mautsystem sei zu teuer.<br />
Ich scheue in dieser Frage keinen Vergleich.<br />
Auf die tatsächliche Fahrleistung bezogen,<br />
betragen die Systemkosten in Deutschland nur<br />
zwei Drittel der vergleichbaren Kosten in<br />
Österreich. Bei uns sind es 0,022 Euro je Kilometer,<br />
die alte Mikrowellentechnologie in<br />
Österreich verschlingt 0,033 Euro je Kilometer.<br />
Außerdem kommt unsere Technologie weit<br />
gehend ohne eine dauerhaft zu unterhaltende<br />
Infrastruktur aus.<br />
Nahezu zeitgleich mit dem Start der Lkw-<br />
Maut wurde der Airbus A380 vorgestellt –<br />
auch ein Projekt, das schon einmal als technischer<br />
Dinosaurier verspottet wurde.<br />
Sehen Sie, bei allen fundamentalen Unterschieden,<br />
Ähnlichkeiten zwischen den<br />
beiden Vorhaben?<br />
Wenn diese beiden Großprojekte etwas gemeinsam<br />
haben, dann ist es ein konsequentes<br />
Festhalten an einer guten Idee, auch wenn sie<br />
nicht gleich funktioniert. Airbus wurde in den<br />
achtziger Jahren als Auslaufmodell angesehen.<br />
Bei der Maut haben noch vor eineinhalb Jahren<br />
Fachleute empfohlen, einfach damit aufzuhören<br />
und eine Vignette auf die Windschutzscheibe<br />
zu kleben. Jetzt haben wir ein<br />
System, das international Maßstäbe setzt.<br />
So schnell kann sich das Blatt wenden.