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<strong>Pädagogische</strong> <strong>Hochschule</strong> <strong>Karlsruhe</strong><br />

<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Bewegungserziehung und Sport<br />

Wissenschaftliche Hausarbeit<br />

Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit:<br />

Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Fach: Sport<br />

Betreuende Dozenten:<br />

Tag der Abgabe: 30. Januar 2007<br />

Vorgelegt von: Stella Dellwo<br />

Studiengang: GHS<br />

Gültige Prüfungs- GHPO 2003<br />

ordnung:


Inhaltsverzeichnis<br />

Einleitung.................................................................................................................. 1<br />

1 Bewegung in der Grundschule ......................................................................... 2<br />

1.1 Bezug zum Bildungsplan von Baden-Württemberg im Fach Bewegung,<br />

Spiel und Sport und Teilrahmenplan von Rheinland-Pfalz im Fach Sport ... 3<br />

1.1.1 Baden-Württemberg........................................................................ 3<br />

1.1.2 Rheinland-Pfalz .............................................................................. 4<br />

1.2 Eine Definition der Bewegten Schule .......................................................... 5<br />

1.3 Konzepte der Bewegten Schule .................................................................. 6<br />

1.4 Zehn Argumente einer Bewegten Schule .................................................... 7<br />

1.5 Das lernpsychologische Argument .............................................................. 8<br />

2 Gehirnphysiologische Grundlagen ................................................................ 10<br />

2.1 Wie sich das Gehirn entwickelt.................................................................. 10<br />

2.2 Wie unser Gehirn lernt............................................................................... 14<br />

2.3 Wirksamkeit der Bewegung im Gehirn ..................................................... 19<br />

3 Konstrukte der Aufmerksamkeit und Konzentration .................................... 21<br />

3.1 Begriffliche Unterscheidungen................................................................... 22<br />

3.2 Aufmerksamkeit..........................................................................................25<br />

3.2.1 Merkmale der Aufmerksamkeit nach Rapp ................................... 25<br />

3.2.2 Formen der Aufmerksamkeit......................................................... 27<br />

3.3 Konzentration ............................................................................................ 32<br />

3.3.1 Konzentration als Facette des Arbeitens ...................................... 34<br />

3.3.2 Wesentliche Merkmale der Konzentration nach Westhoff............. 35<br />

3.3.3 Das Sechs-Punkte-Programm <strong>für</strong> ein erfolgreiches und konzentriertes<br />

Arbeiten....................................................................... 36<br />

3.3.4 Messen von Konzentration durch Konzentrationstests ................. 38<br />

3.3.5 Darbietung von Konzentrationstests ............................................. 40<br />

4 Die Bewegungstreatments .............................................................................. 41<br />

4.1 Auswahl der Treatments ........................................................................... 41<br />

4.2 Brain-Gym ® ............................................................................................... 42<br />

4.3 Energieübungen ........................................................................................ 42<br />

4.4 Mittellinienbewegungen ............................................................................. 44<br />

II


4.5 Längungsbewegungen .............................................................................. 44<br />

4.6 Beschreibung der Treatments ................................................................... 45<br />

4.6.1 Energiegähnen.............................................................................. 45<br />

4.6.2 Liegende Acht ............................................................................... 46<br />

4.6.3 Wadenpumpe................................................................................ 48<br />

5 Methoden .......................................................................................................... 50<br />

5.1 Der Aufmerksamkeits-/Konzentrationstest (Test d2) ................................. 50<br />

5.1.1 Testmaterialien ............................................................................. 52<br />

5.1.2 Einsatzbereiche ............................................................................ 52<br />

5.1.3 Zuverlässigkeit .............................................................................. 52<br />

5.1.4 Gültigkeit....................................................................................... 52<br />

5.1.5 Normen ......................................................................................... 53<br />

5.1.6 Bearbeitungsdauer........................................................................ 53<br />

5.2 Schul-/Klassenwahl ................................................................................... 53<br />

5.3 Untersuchungsdesign.................................................................................56<br />

5.3.1 Testtage........................................................................................ 56<br />

5.3.2 Stundenplan der Untersuchungsklassen ...................................... 57<br />

5.3.3 Untersuchungszeitpunkte des Tests d2 und der Treatments........ 57<br />

5.3.4 Testdurchführung.......................................................................... 59<br />

6 Auswertung und Interpretation....................................................................... 61<br />

6.1 Schul-, Klassen- und Altersspezifische Rahmenbedingungen................... 61<br />

6.1.1 Die Untersuchungsschule ............................................................. 61<br />

6.1.2 Klasse ........................................................................................... 61<br />

6.1.3 Alter .............................................................................................. 62<br />

6.2 Vom ersten Kontakt bis zum Ende der Studie ........................................... 62<br />

6.2.1 Erfahrungen während der Testeinführung mit dem Vortest .......... 63<br />

6.2.2 Erfahrungen während der Testdurchführung an den Untersuch-<br />

ungstagen ..................................................................................... 64<br />

6.3 Auswertung und Veranschaulichung der Ergebnisse ................................ 65<br />

6.3.1 KL-Werte beider Klassen in der Treatment- und Kontrollklasse ... 65<br />

6.3.2 KL-Werte von Mädchen und Jungen in der Treatmentklasse ...... 67<br />

6.3.3 KL-Werte von Mädchen und Jungen in der Kontrollklasse ........... 67<br />

6.3.4 Darstellung der KL-Werte in Bezug auf das Alter.......................... 68<br />

6.3.5 KL-Mittelwerte von Mädchen und Jungen in Bezug auf das Alter<br />

und Klasse .................................................................................... 68<br />

6.4 Diskussion der Ergebnisse ........................................................................ 72<br />

III


7 Literaturverzeichnis ........................................................................................ 74<br />

8 Abbildungsverzeichnis ................................................................................... 78<br />

9 Anhang ............................................................................................................. 80<br />

IV


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Einleitung<br />

Kann durch Bewegung die Lern- und Leistungsfähigkeit nachhaltig gefördert<br />

werden?<br />

Mit dieser Fragestellung beschäftigt sich seit Oktober 2006 das wissenschaftliche<br />

Forschungsprojekt „Unterrichtliche Ansätze und Diagnostik zur<br />

Förderung der Lernbereitschaft durch Bewegung - Das Lebe-Projekt“ des<br />

<strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> Bewegungserziehung und Sport an der pädagogischen <strong>Hochschule</strong><br />

in <strong>Karlsruhe</strong>. Bis Juni 2007 soll bei circa 900 Schülerinnen und<br />

Schülern unterschiedlichen Alters überprüft werden, wie sich die Konzentrationsleistungen<br />

im Laufe eines Schulvormittags entwickeln und ob sie<br />

sich durch Bewegungstreatments steigern lassen.<br />

Die Bedeutung von Sport und Bewegung erschöpft sich nicht nur hinsichtlich<br />

Fitness und Leistungserziehung, sondern scheint auch den Lernerfolg<br />

von Kindern und Jugendlichen positiv zu beeinflussen zu können.<br />

Im Rahmen dieses Projekts ist die vorliegende Arbeit „Gehirnphysiologische<br />

Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung“<br />

im Wintersemester 2006/2007 entstanden. Kapitel 1 steht unter<br />

der Thematik der „Bewegten Schule“. Es werden Bewegungsangebote in<br />

der Grundschule dargestellt, die über Konzeptualisierungen der „Bewegten<br />

Schule“ entwickelt wurden und inzwischen eine gewisse Verbreitung<br />

erfahren haben sowie Bezug genommen zu den Bildungsrahmenplänen<br />

<strong>für</strong> das Fach Sport in Baden Württemberg und Rheinland-Pfalz. Kapitel 2<br />

beschäftigt sich mit den gehirnphysiologischen Grundlagen von Lernen<br />

und Bewegung. Hieran schließt sich in Kapitel 3 die Darstellung von Konstrukten<br />

der Aufmerksamkeit und Konzentration an. Es wird versucht zu<br />

zeigen, dass in neueren Ansätzen Aufmerksamkeit und Konzentration als<br />

veränderbare und beeinflussbare Fähigkeiten eines Individuums gesehen<br />

werden. In Kapitel 4 folgt die Darstellung der theoretischen Fundierung der<br />

in dieser Untersuchung durchgeführten Bewegungstreatments. Der Darstellung<br />

der Methodik dieser Untersuchung ist Kapitel 5 gewidmet, an das<br />

sich in Kapitel 6 die Auswertung und Interpretation der Ergebnisse anschließt.<br />

1


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

1 Bewegung in der Grundschule<br />

In der wissenschaftlichen Fachdiskussion besteht Konsens dahingehend,<br />

dass Schülerinnen und Schülern der Grundschule ausreichend Gelegenheit<br />

gegeben werden sollte, das in dieser Altersstufe ausgeprägte Bedürfnis<br />

nach Bewegung ausleben zu können, denn<br />

je mehr bei einem Lehrvorgang das Ineinandergreifen von<br />

Wahrnehmen und Empfinden, Fühlen und Denken, Handeln<br />

und Bewegen berücksichtigt wird, umso nachhaltiger wird das<br />

Ergebnis des Lernprozesses sein. Wissen kann umso besser<br />

und langfristiger gespeichert werden, je mehr Kanäle <strong>für</strong> die<br />

Wahrnehmung genutzt werden (Zimmer, 2005, ohne Seitenangabe).<br />

Im Bereich der Grundschule finden sich in Lehrplänen und Handreichungen<br />

bereits seit längerem Verweise auf mehr Bewegungsaktivitäten. Neben<br />

dem in der Regel zwei Wochenschulstunden umfassenden Sportunterricht<br />

sind dies Bewegungsaktivitäten wie das „Bewegte Sitzen“, „Bewegungspausen“<br />

und „Bewegte Pause“.<br />

Unter „Bewegtem Sitzen“ wird die physiologisch richtige Sitzhaltung während<br />

des Unterrichts verstanden, die durch die Verwendung von Sitzbällen<br />

und/oder Anpassungen des Schulmobiliars an die dieser Altersgruppe entsprechenden<br />

Bedürfnisse hergestellt werden kann.<br />

„Bewegungspausen“ beinhalten die Möglichkeit, regelmäßige Bewegungsaktivitäten<br />

während des Unterrichts im Klassenzimmer - mit oder<br />

ohne Materialeinsatz - anzubieten.<br />

Mit „Bewegter Pause“ ist zu verstehen, dass im Schulhof beziehungsweise<br />

auf dem Schulgelände den Schülerinnen und Schülern Materialen und<br />

Gerätschaften zur Verfügung gestellt werden, um damit den Kindern Anreize<br />

zum Sich-Bewegen zu geben. Geeignet hier<strong>für</strong> wäre auch die Zonierung<br />

des Pausengeländes (vgl. Regensburger Projektgruppe, 2001, S.<br />

148-151).<br />

2


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

1.1 Bezug zum Bildungsplan von Baden-Württemberg im<br />

Fach Bewegung, Spiel und Sport und Teilrahmenplan<br />

von Rheinland-Pfalz im Fach Sport<br />

Im Folgenden werden die Rahmenbedingungen <strong>für</strong> Bewegungsmöglichkeiten<br />

in der Grundschule vor dem Hintergrund des derzeit gültigen Bildungsplans<br />

von Baden-Württemberg und des sich in Überarbeitung befindenden<br />

Teilrahmenplans von Rheinland-Pfalz näher erläutert.<br />

1.1.1 Baden-Württemberg<br />

Im Bildungsplan Baden-Württembergs ist dargelegt, dass zu den zentralen<br />

Aufgaben im Fächerverbund Bewegung, Spiel und Sport die Bewegung<br />

zählt. Sie wird als elementares Prinzip jeglichen Lernens verstanden, wodurch<br />

sie den Schülerinnen und Schülern den Zugang zur Welt ermöglicht<br />

und in einem ganz allgemeinen Sinne ihr Wohlbefinden fördert.<br />

Die Kinder sollen in einer bewegungsgerecht gestalteten Lernumgebung<br />

im rhythmisierten Schultag den Wechsel von konzentriertem Arbeiten und<br />

notwendigen Erholungsphasen erleben und dabei Spiel- und Bewegungsräume<br />

in den Pausen nutzen. Dies soll dazu beitragen, Aggression und<br />

Gewalt im Schulalltag zu vermeiden und bei den Schülern ein differenziertes<br />

Verstehen fördern.<br />

Für Bewegungshandlungen und <strong>für</strong> die Bewegungssicherheit sind die im<br />

Grundschulalter erworbenen koordinativen Fähigkeiten von großer Relevanz.<br />

Die Schulung der koordinativen Fähigkeiten und der Wahrnehmung<br />

wird vor dem Hintergrund, dass ein sicheres Bewegen auf dem Zusammenhang<br />

von Wahrnehmen, Entscheiden und Handeln basiert, eine wichtige<br />

Bedeutung beigemessen.<br />

Im Bildungsplan Baden-Württembergs stellen die Bewegung und der Ausdruck<br />

wichtige Bausteine im Rahmen einer ästhetischen Erziehung dar.<br />

Ziel des Bewegungs-, Spiel- und Sportunterricht ist es, den Kindern selbsttätig<br />

und im Dialog mit ihrer Umwelt Gelegenheit zu geben, die Bewegungspotentiale<br />

ihres Körpers kennen zu lernen und weiter zu entwickeln.<br />

3


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Es sollen fachliche und übergreifende Kompetenzen in den Bewegungsund<br />

Erfahrungsfeldern „Grundformen der Bewegung“ und „Spielen und<br />

Spiel“ vermittelt werden. Der Bildungsplan betont, dass regelmäßige Bewegung<br />

im Sportunterricht elementare physiologische Reize setzt. Die<br />

Kinder erlernen durch das Miteinander-Bewegen soziale Kompetenzen,<br />

sammeln essentielle körperliche und sinnliche Erfahrungen und bilden ein<br />

Körper- und Bewegungsgefühl aus. Zusätzlich erfahren die Kinder durch<br />

bewegende Aktivitäten Übungserfolge, die dazu ihre eigene Persönlichkeit<br />

stärkt und weiterentwickelt. Darüber hinaus leistet die Bewegung einen<br />

beträchtlichen Beitrag zur altersgemäßen Gesundheitserziehung (vgl.<br />

MKJS BW, 2004, S. 112-113).<br />

1.1.2 Rheinland-Pfalz<br />

Der Teilrahmenplan Sport des Landes Rheinland-Pfalz befindet sich seit<br />

2004/05 in Überarbeitung. Eine Steuergruppe ist derzeit mit grundlegenden<br />

Konzeptionsarbeiten befasst und hat bislang Entwurfsfassungen zu<br />

den einzelnen Bewegungsfeldern „Miteinander und gegeneinander spielen“,<br />

„Bewegen im Rhythmus und zur Musik“, „Bewegen an Geräten“,<br />

„Bewegen mit Geräten“, „Bewegen im Wasser“ und „Laufen, Springen,<br />

Werfen/Stoßen“ vorgelegt. Die in die Pilotgruppe Teilrahmenplan Sport<br />

einbezogenen Grundschulen werden Positionen der Bewegungsfelder und<br />

noch zu entwickelnde Bereiche des Teilrahmenplans in die Unterrichtspraxis<br />

übertragen und die gewonnenen Erkenntnisse in der Fortsetzung der<br />

Konzeptionsarbeiten mit der Steuergruppe kommunizieren.<br />

Ziel der Konzeptentwicklung ist die Formulierung von Standards <strong>für</strong> Basiskompetenzen,<br />

die am Ende der Primarstufe von Grundschulkindern erwartet<br />

werden. Die Bewegungsentwicklung wird als originäre Aufgabe der<br />

Primarstufe gesehen.<br />

In der Konzeptionalisierung des Teilrahmenplans wird Bewegung als wesentliche<br />

Voraussetzung <strong>für</strong> die aktive Auseinandersetzung des Kindes mit<br />

sich und seiner dinglichen, medialen, räumlichen, sozialen und personalen<br />

Umwelt verstanden. Das Angebot der oben genannten verschiedenen<br />

Bewegungsfelder wird als wichtig <strong>für</strong> die Leistungsentwicklung des Kindes<br />

gesehen. Die Steuergruppe hat die Aufgabe, Standards zu entwickeln, die<br />

4


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

verbindliche Ziele von Lern- und Vermittlungsleistungen innerhalb des<br />

Sportunterrichts benennen. Dieser Prozess dauert derzeit an (vgl. MBWJK<br />

RLP, 2006).<br />

Der Bildungsplan Baden-Württembergs und der Teilrahmenplan Sport des<br />

Landes Rheinland-Pfalz verfolgen im Fach Sport im Wesentlichen dieselben<br />

Leitgedanken hinsichtlich der Zielsetzungen <strong>für</strong> den Erwerb wichtiger<br />

motorischer Kompetenzen in der Grundschule (dies scheint sich <strong>für</strong> den<br />

noch in der Überarbeitung befindenden Rahmenplan von Rheinland-Pfalz<br />

abzuzeichnen).<br />

Die Realisierung des Konzepts Bewegte Schule bleibt dem pädagogischen<br />

Freiraum der Schulen im Rahmen der hier<strong>für</strong> vorhandenen Ressourcen<br />

überlassen.<br />

1.2 Eine Definition der Bewegten Schule<br />

Der Begriff „Bewegte Schule“ wird in der Fachliteratur sehr heterogen<br />

verwendet und erscheint als Sammelbegriff <strong>für</strong> unterschiedlichste Konzeptionen.<br />

Balz, Kößler und Neumann schlagen vor, den Begriff Bewegte Schule als<br />

„jene Einrichtung, die Bewegung in den Unterrichtsfächern und im Schulalltag<br />

zum Prinzip des Lernens und Lebens macht“ (Balz et al., 2001, S.<br />

41) zu definieren. Aus dieser weit gefassten Definition wird deutlich, dass<br />

Bewegte Schule weit über den Rahmen, der durch einen Sportunterricht<br />

vorgegeben ist, hinausgeht: Bewegung soll in einem umfassenden Sinne<br />

den Alltag des Schullebens ergänzen. Es geht „durchweg [...] um das programmatische<br />

Ziel, mehr Bewegung in die Schule zu bringen“ (Balz et al.,<br />

2001, S. 41).<br />

1.3 Konzepte der Bewegten Schule<br />

5


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Wissenschaftliche Erkenntnisse zum Beispiel aus der Neurophysiologie<br />

(vgl. ausführlich dazu Kapitel 3) zeigen auf, dass Bewegung einen positiven<br />

Effekt auf das Lernen hat. Die von verschiedenen Autoren vorgelegten<br />

Ergebnisse haben besonders seit dem letzten Jahrzehnt zu einer umfassenden<br />

Reflektion des Selbstverständnisses von schulischem Lehren und<br />

Leben geführt (z. B. Kahl, 1993; Müller, 2000).<br />

In der Fachliteratur findet sich eine Vielfalt von Konzepten zur Bewegten<br />

Schule, in denen die Autoren ihr Verständnis einer Bewegten Schule darlegen.<br />

Die „Kompensatorische Gesundheitserziehung“ von Urs Illi (1995) -<br />

der als Begründer der Bewegten Schule gilt - setzt sich in einem umfassenden<br />

Sinne mit der Gesundheits-, Entwicklungs- und Lernförderung im<br />

Schulalltag auseinander. Müller legt 2001 eine Konzeption der Bewegungserziehung<br />

vor, die parallel zum Schulsport steht und nennt sie<br />

„Sportergänzenden Bewegungserziehung“.<br />

Klupsch-Saalmann (1999) formulierte das Konzept „Bewegung, Spiel und<br />

Sport im Schulprogramm“; Hildebrandt (1996) plädiert <strong>für</strong> eine „Bewegungsorientierte<br />

Schulkultur“. Diese beiden Ansätze legen den Schwerpunkt<br />

auf die Bewegung als integrativen Teil von Bildung und Erziehung<br />

zur Gestaltung von Schule, Unterricht und Lernen.<br />

Ingesamt erscheint die Literatur zur dieser Thematik als sehr facettenreich.<br />

Thiel (2002) weist daraufhin, dass bislang kaum systematische Untersuchungen<br />

vorliegen, die die Frage aufgreifen, welche Elemente eine<br />

Bewegte Schule eigentlich haben sollte, welchen Beitrag Schulen prinzipiell<br />

hierzu leisten und wie diese Elemente in die Praxis umgesetzt werden<br />

können (vgl. Thiel, 2002, S. 65).<br />

1.4 Zehn Argumente einer Bewegten Schule<br />

Balz, Kößler und Neumann weisen daraufhin, dass „es die Theorie der<br />

bewegten Schule mit stimmigen Begründungsmustern (noch) nicht gibt“<br />

(Balz et al., 2001, S. 43). Die Regensburger Projektgruppe (2001) formu-<br />

6


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

lieren 10 Argumente <strong>für</strong> die Bewegte Schule, die in der folgenden Abbildung<br />

1 aufgelistet werden.<br />

Legende<br />

Medizinisch-<br />

gesundheitliche<br />

Begründungsmuster<br />

1. Ergonomisches Argument<br />

2. Anthropologisches Argument<br />

3. Gesundheitspädagogisches Argument<br />

4. Schulökologisches Argument<br />

5. Sicherheitserzieherisches Argument<br />

6. Physiologisches Argument<br />

7. Lebensweltliches Argument<br />

8. Entwicklungspsychologisches Argument<br />

9. Bildungstheoretisches Argument<br />

10. Lernpsychologisches Argument<br />

Schul-<br />

programmatische<br />

Begründungsmuster<br />

Entwicklungs- und<br />

lerntheoretische<br />

Begründungsmuster<br />

Abb. 1: Zehn Argumente der Bewegten Schule (nach Regensburger Projektgruppe)<br />

Die blau unterlegten Felder - das anthropologische, entwicklungspsychologische<br />

und lernpsychologische Argument - gehören zur Gruppe der entwicklungs-<br />

und lerntheoretischen Begründungsmuster, wie aus der Abbildung<br />

1 hervorgeht. In Hinblick auf die spezielle Fragestellung des Lebe-<br />

Projekts, ob Bewegung die Lern- und Leistungsfähigkeit nachhaltig fördern<br />

kann, wird nun das lernpsychologische Argument etwas näher betrachtet<br />

und erläutert.<br />

7


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

1.5 Das lernpsychologische Argument<br />

Das lernpsychologische Argument besagt, dass „mehr Bewegung [..] sowohl<br />

die geistige Leistungsfähigkeit und den Lernerfolg als auch die Lernbereitschaft<br />

und das Lernklima fördern [kann]“ (Balz et al., 2001, S. 43).<br />

Diesen Sachverhalt führen die Autoren der Regensburger Projektgruppe<br />

(2001, S. 83) näher aus. Sie weisen daraufhin, das Bewegungshandeln<br />

und Wahrnehmung eng mit dem Gedächtnis zusammenhängen. Sie illustrieren<br />

dies an einem Beispiel: ein zu Boden fallendes Objekt versucht man<br />

unwillkürlich aufzufangen. Je häufiger dieser Ablauf trainiert wird, umso<br />

besser gelingt diese Bewegung. Diesen Effekt nennt man auch Rückkopplungseffekt.<br />

Zimmer (1981, zitiert nach Regensburger Projektgruppe, 2001, S. 84)<br />

konnte zeigen, dass Vorschulkinder mit gut entwickelten Bewegungsfähigkeiten<br />

intelligenter sind beziehungsweise einen höheren Intelligenzquotienten<br />

haben, als Kinder mit weniger gut ausgeprägten motorischen Fähigkeiten.<br />

Diem (1976, zitiert nach Regensburger Projektgruppe, 2001, S.<br />

84) konnte ebenfalls positive Effekte zwischen gezielter motorischer Bewegungsförderung<br />

und der Konzentrationsfähigkeit feststellen. Gage und<br />

Berliner (1986, zitiert nach Regensburger Projektgruppe, 2001, S. 85) sehen<br />

die motorische Aktivität als eine Strategie des Kindes, dessen Aufmerksamkeit<br />

aufrecht zu erhalten. Im Frontalunterricht können motorische<br />

Bewegungen bei Schülerinnen und Schülern <strong>für</strong> eine Entspannung mit<br />

dem Ziel sorgen, dass das Kind dem Unterricht wieder konzentriert und<br />

aufmerksam folgen kann. Gage und Berliner führen fort, dass der Zusammenhang<br />

zwischen Bewegung und besserer Gedächtnisleistung auf die<br />

aktivierende Instruktionsmethode darin zu sehen ist, dass so die Aufmerksamkeit<br />

der Lernenden länger wach gehalten werden kann.<br />

Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen belegen den positiven Zusammenhang<br />

zwischen Bewegung, Lernerfolg und Stabilisierung der Leitungsvoraussetzungen<br />

der Schülerinnen und Schüler. „Gezielte und vielfältige<br />

Bewegungserziehung sowie variable Bewegungsmöglichkeiten, wie<br />

sie die bewegte Schule vorsieht, [fördern] die Entwicklung und Ausprägung<br />

intellektueller Fähigkeiten im Kindesalter“ (Regensburger Projekt-<br />

8


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

gruppe, 2001, S. 85). Bruner (1974, zitiert nach Regensburger Projektgruppe,<br />

2001, S. 87) unterscheidet zwischen drei Ebenen bei der Aneignung<br />

von Wissen: die symbolische, die bildhafte und die handelnde Ebene.<br />

Diese Aneignungsmöglichkeiten existieren nebeneinander, weshalb es<br />

möglich ist, dass Handeln, Darstellen und Abstrahieren im Lernprozess<br />

nebeneinander vollzogen werden können. Bei der Übertragung des eben<br />

Dargestellten auf die Lernprozesse von Kindern, wird ersichtlich, dass „alle<br />

drei Ebenen der Aneignung von Lernstoffen berücksichtigt werden sollen“<br />

(Klupsch-Sahlmann, 1995, S. 6). Diese drei Stufen können unabhängig<br />

voneinander ausgewählt werden. Später können die Erfahrungen der einen<br />

Ebene in eine andere überführt werden.<br />

Grundschulkinder haben entwicklungsbedingt noch einen sehr starken<br />

Bewegungsdrang. In diesem Alter erfolgt der Wissenserwerb der Schüler<br />

zunächst über eine handelnde, dann eine bildliche und erst in einem weiteren<br />

Schritt eine symbolische Ebene. Nach Klupsch-Sahlmann (1995)<br />

sollte diese Reihenfolge in der Grundschule auch eingehalten werden.<br />

Größere und differenziertere sprachliche und kognitive Fähigkeiten besitzen<br />

die Kinder in der Sekundarstufe I. Hier ändert sich das Durchlaufen<br />

dieser Ebenen: erst wird das Wissen auf der bildhaften Ebene erworben,<br />

danach in die symbolische Ebene übertragen und abschließend auf der<br />

handelnden Ebene im praktischen Tun einer genaueren Überprüfung unterzogen.<br />

Wichtig hierbei ist zu beachten, dass in der Sekundarstufe II die<br />

handelnde Ebene nicht vernachlässigt wird, da diesbezüglich jede Übertragung<br />

von einer in die andere Ebene das erworbene Wissen festigt und<br />

erweitert (vgl. Regensburger Projektgruppe, 2001, S. 87).<br />

9


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

2 Gehirnphysiologische Grundlagen<br />

Als Teilgebiet der Physiologie untersucht die Neurophysiologie die Leistungen<br />

des Nervensystems bei der Aufnahme, Weiterleitung und Verarbeitung<br />

von Umweltreizen und bei der Reaktion des Organismus auf eben<br />

diese Reize (vgl. Der Brockhaus Psychologie, 2001, S. 400). In den vergangen<br />

20 Jahren hat sich das Wissen auf diesem weiten Forschungsfeld<br />

um ein Vielfaches erweitert - bedingt auch durch die Entwicklung so genannter<br />

bildgebender Verfahren - und führte außerdem in der Sportmedizin<br />

zur Entwicklung eines neuen Wissenschaftszweiges, den Hollmann<br />

und Löllgen (2002) als „Bewegungs-Neurowissenschaft“ bezeichnet haben<br />

(vgl. Hollmann & Löllgen, 2002, S. 1380). Zu diesen bildgebenden Verfahren<br />

zählen vor allem die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und<br />

die funktionelle Magnet-Resonanz-Tomographie (fMRT) (vgl. Hollmann &<br />

Strüder, 2000, S. 53).<br />

2.1 Wie sich das Gehirn entwickelt<br />

Schaltzentrale all unseres Denkens und Handelns ist das Gehirn. Es steht<br />

mit dem Körper und den Sinnesempfindungen in unmittelbarer Verbindung<br />

und entwickelt sich stetig weiter. Desgleichen werden von Geburt an im<br />

Entwicklungsprozess bestimmte Funktionen und Strukturen des Gehirns<br />

ausgebildet, <strong>für</strong> die die Verarbeitung der von den Sinnessystemen aufgenommenen<br />

Reize ausschlaggebend ist. Denkstrukturen und Wahrnehmungsleistungen<br />

sind sehr eng an die Motorik gebunden (vgl. Zimmer,<br />

2004b). Heute gilt als gesichert, dass ein enger Zusammenhang zwischen<br />

der motorischen Entwicklung des Kindes und der Ausbildung bedeutender<br />

geistig-seelischer Funktionen besteht. Hierzu zählen die Wahrnehmung,<br />

die Sprache, das Denken und das Fühlen. Jedes sichtbare Verhalten eines<br />

Menschen beinhaltet gleichzeitig bewusste oder unbewusste Bewegungsabläufe<br />

(vgl. Der Brockhaus Psychologie, 2001, S. 383).<br />

10


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Das menschliche Gehirn entwickelt sich in der aktiven Auseinandersetzung<br />

des Kindes mit seiner Umwelt. In diesem Prozess kommt es nach<br />

der Geburt zu einer umfassenden Nachreifung des Gehirns, die sich primär<br />

auf den frontalen Kortex (Gehirnrinde) erstreckt, wie Abbildung 2 veranschaulicht.<br />

Im frontalen Kortex sind die höchsten geistigen Fähigkeiten<br />

des Menschen repräsentiert (vgl. Spitzer 2007, S. 235).<br />

Abb. 2: Übersicht über das menschliche Gehirn, von links<br />

betrachtet. Man sieht die in Windungen zusammengefaltete<br />

Oberfläche der Gehirnrinde (Kortex). Man teilt die<br />

Gehirnrinde einer Gehirnhälfte grob in vier Areale, die als<br />

Frontallappen, Parietallappen, Temporallappen und Occipitallappen<br />

bezeichnet werden (Spitzer, 1996, S. 96).<br />

Bei einem Gewicht von circa 1,4 Kilogramm macht das menschliche Gehirn<br />

- Abbildung 3 zeigt zur Veranschaulichung verschiedene Ansichten<br />

des Gehirns - circa 2 Prozent des Körpergewichts aus - verbraucht jedoch<br />

mehr als 20 Prozent der Energie des gesamten Körpers, d. h. von jeder<br />

Nahrung, die der Mensch seinem Körper zuführt, wird ein Fünftel dem Gehirn<br />

zugeführt. Im Unterschied zu Tieren kann sich der Mensch auf die<br />

verschiedensten Umgebungen, Aufgaben und Probleme einstellen, er<br />

kann lernen und verdankt diese Fähigkeit dem Gehirn (vgl. Spitzer 2007,<br />

S. 13 ff.).<br />

11


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Abb. 3: A Ansicht im Schädel; B Ansicht von der linken Seite gesehen; C Ansicht<br />

von oben; D Schnitt zwischen den Hemisphären; E Ansicht von unten; F Schnitt<br />

in der waagerechten Ebene (Miram, W. & Scharf, K.-H., 2002, S. 317).<br />

12


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Die moderne Hirnforschung konnte zeigen, dass eine kleine, tief im Temporallappen<br />

des Gehirns gelegene Struktur <strong>für</strong> das Lernen neuer Inhalte<br />

von großer Bedeutung ist (zur Veranschaulichung siehe Abb. 4 und 5).<br />

Über bildgebende wissenschaftliche Verfahren konnte gezeigt werden,<br />

dass diese Struktur, der so genannte Hippocampus (wörtlich übersetzt:<br />

Seepferdchen), zum Beispiel <strong>für</strong> das Lernen von Vokabeln eine wichtige<br />

Bedeutung hat (vgl. Spitzer, S. 37).<br />

Abb. 4: Ansicht der linken Seite eines Gehirns. Lage der<br />

Temporallappen und des Hippocampus wird hier verdeutlicht<br />

(nach Springer & Deutsch).<br />

Entgegen früheren Annahmen, wonach das menschliche Gehirn sich ab<br />

dem Zeitpunkt der Geburt kaum noch verändert, gilt heute als gesichert,<br />

dass es sich beim menschlichen Gehirn nicht um ein statisches Organ<br />

handelt, sondern dass es vielmehr über eine enorme Fähigkeit verfügt,<br />

sich den Bedingungen und Gegebenheiten der Umgebung anzupassen.<br />

Man bezeichnet diese Fähigkeit des Gehirns als Neuroplastizität (vgl.<br />

Spitzer, 2007, S. 94). Es ist in der Lage, in Abhängigkeit vom zu verarbeitenden<br />

Input, sich ständig umzubauen und neue neuronale Verbindungen<br />

zu knüpfen (vgl. Spitzer, 2007, S. 119).<br />

13


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Abb. 5: Lage des Hippocampus im menschlichen Gehirn,<br />

schematisch gezeichnet (oben). Ein Schnittbild in der<br />

oben angedeuteten Ebene verdeutlicht die Lage des Hippocampus<br />

im unteren inneren Bereich des Temporallappen<br />

(Schläfenlappen) (Spitzer, 1996, S. 215).<br />

2.2 Wie unser Gehirn lernt<br />

Im Wesentlichen besteht das menschliche Gehirn aus Nervenzellen, den<br />

Neuronen, sowie aus Faserverbindungen zwischen den Neuronen. Abbildung<br />

6 zeigt ein frisch entstandenes Neuron. Die im Gehirn eintreffenden<br />

14


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Informationen werden zuerst vom limbocorticalen System einer Verträglichkeitsprüfung<br />

unterzogen (vgl. Teuchert-Noodt, 2000, S. 49ff.) und emotional<br />

beurteilt. Danach wird die <strong>für</strong> die Informationsweiterverarbeitung und<br />

Gedächtnisbildung erforderliche Aufmerksamkeit hergestellt. Erst bei erfolgter<br />

bzw. erfolgreicher Aktivierung der physiologischen Aufmerksamkeit<br />

kommt es zum Lernerfolg und vice versa (vgl. Teuchert-Noodt, 2000, S.<br />

49ff.).<br />

Abb. 6: Frisch entstandene Nervenzelle (grün) (Quelle: Internet)<br />

Neuronen oder Nervenzellen sind spezialisierte Zellen, die <strong>für</strong> die Übermittlung<br />

elektrischer Botschaften durch den ganzen Körper speziell angepasst<br />

sind. Ihre Aufgabe besteht darin, Informationen zu speichern und<br />

weiterzuverarbeiten. Abbildung 7 zeigt eine schematische Darstellung einer<br />

Nervenzelle. Es heißt, dass das menschliche Nervensystem aus 10 11<br />

Neuronen besteht und keine davon der anderen ähnelt. Es werden drei<br />

Nervenzellen-Typen unterschieden: sensorische, intermediäre und motorische<br />

Neuronen (vgl. Hannaford, 2004, S. 21). Der Mensch verfügt über<br />

diese große Anzahl der Neuronen aber erst, wenn durch Sinnestätigkeit<br />

und körperliche Aktivität sie sinnvoll miteinander verknüpft worden sind,<br />

erst dann sind sie voll funktionstüchtig (vgl. Zimmer, 2005).<br />

15


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Abb. 7: Schematische Darstellung eines Neurons. Es erhält über<br />

dünne Fasern (Dentriten) Impulse von anderen Neuronen, verarbeitet<br />

diese und schickt dann über sein Axon (nur eins pro Neuron)<br />

entweder selbst eine Impuls weg oder nicht (Spitzer, 1996, S. 19)<br />

Diese Nervenzellen kommunizieren mittels Botenstoffen (so genannten<br />

Neurotransmittern, wie z.B. Dopamin oder Acetycholin), die Reize bzw.<br />

Signale senden. Dadurch verändert sich der Gleichgewichtszustand der<br />

Partnerzellen. Die erhöhte Aktivität der Neuronen bewirkt eine Veränderung<br />

an den Synapsen (vgl. Abb. 8). Dieser Sachverhalt ist entscheidend<br />

<strong>für</strong> das Lernen: neue Verbindungen werden beim Lernen erschaffen bzw.<br />

verändert. Wenn nun eine Kontaktstelle (Synapse) in einem kurzen Zeitraum<br />

oft aktiviert wird, „so `erinnert´ sie sich an die vorherige Stimulation<br />

und passt sich der Beanspruchung an. Die Verbindung wird nachhaltiger<br />

und stabiler“ (Teuchert-Noodt, 2000, S. 49ff.).<br />

16


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Abb. 8: Rasterelektronische Aufnahme von Synapsen.<br />

Eine Nervenzelle kann 10 3 bis 10 4 Synapsen auf ihrer<br />

Oberfläche vereinigen. Vergegenwärtigt man sich,<br />

dass das Großhirn allein 10 11 Neuronen enthält, so<br />

wird die Zahl der Synapsen mit 10 14 bzw. 10 15 unvorstellbar.<br />

Dem entspräche ein Computer mit 10 Billionen<br />

oder zehn Millionen mal eine Million Lötstellen zwischen<br />

den Schaltelementen. Diese unvorstellbaren<br />

Zahlen sind mit ein Grund da<strong>für</strong>, dass man bisher so<br />

ungenaue Vorstellungen über die Funktion des Gehirns<br />

hat (Miram, W. & Scharf, K.-H., 2002, S. 309).<br />

Das Gleichgewicht innerhalb dieses sensiblen Interaktions- und Botenstoffssystems<br />

kann zum Beispiel infolge Drogenkonsums und Bewegungsmangel<br />

sehr gestört werden (vgl. Gasse & Dobbelstein, 2003, ohne<br />

Seitenangabe). Neuronen können in mehreren Netzwerken organisiert und<br />

so am Behalten und Erinnern verschiedener Inhalte beteiligt sein.<br />

Die Entwicklung der Nervennetze (vgl. Abb. 9) stellt einen lebenslangen<br />

Prozess dar. „Dentriten schaffen zunehmend komplexe, zusammenhängende<br />

Netzwerke von neuronalen Pfaden, über die Reaktionen und Gedanken<br />

in Form elektrochemischer Impulse weitergeleitet werden“ (Hannaford,<br />

2004, S. 27). Solange die sich stetig verzweigenden Pfade stimuliert<br />

werden, verzweigen sich die Dentriten immer mehr, sodass das sich das<br />

17


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Nervennetz beim Erlernen neuer Sachverhalte immer stärker verdichtet<br />

und seine Verbindungen weiter modifiziert.<br />

Abb. 9: Neurale Netze (bei der Geburt und mit zwei Monaten.<br />

Diese Graphik zeigt die Veränderung des Nervennetztes<br />

im Verlauf von zwei Monaten und veranschaulicht die<br />

Verästelung der Dentriten (Hannaford, 2004, S.26).<br />

18


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

2.3 Wirksamkeit der Bewegung im Gehirn<br />

Nach Fischer, Dickreiter und Mosmann (1998) lässt sich der Forschungsstand<br />

hinsichtlich der Auswirkungen von Bewegung im Gehirn wie folgt<br />

zusammenfassen:<br />

• Bewegung führt zu einer verbesserten Gehirndurchblutung<br />

• Bewegung fördert die Ausschüttung von Hormonen und Stoffwechselprodukten,<br />

die das Wohlbefinden steigern können<br />

• Bewegung aktiviert bestimmte Gehirnregionen (z.B. Großhirnrinde)<br />

• Bewegung führt zu einer Vermehrung von Synapsen (Kontaktstellen)<br />

im Gehirn<br />

• In funktioneller Hinsicht gilt unter dem Einfluss von Bewegung eine<br />

Verbesserung in den Bereichen Wachheit, Allgemeine Aktivität,<br />

Kommunikation, Geistige Leistungsfähigkeit, Gedächtnisleistung,<br />

Wohlbefinden, Selbsteinschätzung, Stresstoleranz und Beweglichkeit<br />

als gesichert (vgl. Fischer et al., 1998, S. 134).<br />

Bewegung optimiert die Funktion von Gehirnzellen und kann deshalb als<br />

Aktivationsoptimierer betrachtet werden. Ein niedriges Aktivationsniveau<br />

herrscht zum Beispiel bei Müdigkeit vor, die geistige Leistungsfähigkeit ist<br />

minimiert; ein zu hohes Aktivationsniveau ist bei Aufregung gegeben und<br />

kann mit Panik einhergehen. In diesem Fall ist die geistige Leistungsfähigkeit<br />

ebenfalls minimiert (vgl. Fischer et al., 1998, S. 134).<br />

Lernen mit Bewegung führt zu einer besseren Durchblutung des Gehirns<br />

und unterstützt die Aus- und Weiterbildung neuronaler Netze. (vgl. Hollmann<br />

et al., 2004, zitiert nach Gasse, 2005, ohne Seitenangabe). Außerdem<br />

werden durch die Bewegung hormonelle Prozesse beeinflusst, die<br />

zum Abbau von Stress führen und insgesamt das psychische Wohlbefinden<br />

steigern (vgl. Hollmann & Löllgen, 2002, S. 1380).<br />

19


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Abb. 10: Die wichtigsten sensorischen und motorischen Regionen<br />

der Großhirnrinde des Menschen (nach Bayrhuber, H. et al.)<br />

Abbildung 10 dient der Veranschaulichung. Die motorischen Regionen des<br />

menschlichen Gehirns sind direkt mit der Kontrolle von Bewegung befasst.<br />

Eccles (1975, S 136) weist daraufhin, dass die motorische Rinde eine ungeheuer<br />

wichtige Struktur darstellt, die als die letzte Relaisstation zu <strong>für</strong><br />

das zu sehen ist, was sich in den weit verstreut liegenden Gehirnregionen<br />

abspielt. Bewegung stellt einen hochkomplexen Vorgang dar, in den das<br />

ganze Gehirn mit einbezogen ist.<br />

20


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

3 Konstrukte der Aufmerksamkeit und Konzentration<br />

Intakte Aufmerksamkeitsleistungen sind eine wichtige Voraussetzung <strong>für</strong><br />

die Bewältigung alltäglicher Anforderungen. Überall dort, wo wir es nicht<br />

mit hoch überlernten Routinehandlungen (Gewohnheitsbildungen) zu tun<br />

haben, ist Konzentration und konzentrierte Kontrolle unseres Handelns<br />

erforderlich. Ihre Aufgabe ist nicht nur die Selektion der Reize, die auf das<br />

Gehirn einwirken, sondern auch derjenigen internen Areale, die sie verarbeiten.<br />

Nur das, worauf die Aufmerksamkeit fällt, kann auch bewusst und<br />

dann erinnert werden. Aufmerksamkeit ist die primäre Ressource der Informationsgesellschaft.<br />

Aufmerksamkeit ist ein Auswahlverfahren. Es wird<br />

ausgewählt, was man wahrnimmt, was also ins Bewusstsein kommt, und<br />

was nicht. Die wenigsten Sinnesreize, die in der Umwelt vorhanden sind,<br />

gelangen ins Bewusstsein.<br />

Konzentration ist eine Fähigkeit, die sich in vielen Leistungen des täglichen<br />

Lebens widerspiegelt, so zum Beispiel bei der Arbeit, in der Schule,<br />

beim Führen eines Fahrzeugs oder beim Lesen eines Buches. Jeder kann<br />

an sich selbst beobachten, ob es ihm leicht fällt, sich zu konzentrieren,<br />

oder ob Probleme beim konzentrierten Arbeiten auftreten. Probleme beim<br />

konzentrierten Arbeiten können nicht nur als störend und behindernd erlebt<br />

werden, sondern auch schwerwiegende Folgen, wie z.B. Unfälle, haben.<br />

Wenn wir unaufmerksam, "unkonzentriert" sind, entgeht uns eine Vielfalt<br />

von Dingen, die sich um uns ereignen, wir schweifen ab, wir erinnern uns<br />

anschließend nicht an Einzelheiten. Bei praktischen Tätigkeiten "gehen<br />

uns die Dinge nicht von der Hand" und es unterlaufen uns Fehler. Einschränkungen<br />

der Aufmerksamkeitsfunktionen haben daher weit reichende<br />

Folgen in Bezug auf nahezu jeden Lebensbereich.<br />

Der Begriff Aufmerksamkeit hat schon seit Beginn der wissenschaftlichen<br />

Psychologie verschiedenste Bedeutungen, denen aber gemein ist, dass es<br />

sich bei Aufmerksamkeit darum handelt, dass von vielen gleichzeitigen<br />

Informationen nur eine beschränkte Anzahl verarbeitet werden kann. Konzentration<br />

als ein Aspekt des Arbeitens ist immer dann notwendig, wenn<br />

21


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

man bewusst Informationen verarbeiten muss. Dabei werden nicht beliebig<br />

viele Informationen genutzt, sondern eine Auswahl von zu einem bestimmten<br />

Zeitpunkt zu verarbeitenden Informationen (vgl. Westhoff, 1995;<br />

Westhoff & Hagemeister, 2005, S. 16).<br />

3.1 Begriffliche Unterscheidungen<br />

Nach Westhoff (1991) werden die Begriffe Aufmerksamkeit und Konzentration<br />

im Alltag nicht klar voneinander unterschieden und oft synonym<br />

verwendet (vgl. Westhoff, 1991, S. 47). Für die weitere Beschäftigung mit<br />

der Thematik der vorliegenden Arbeit erscheint es aber als notwendig,<br />

beide Begriffe voneinander zu unterscheiden. Daher soll hier zunächst auf<br />

diese beiden in der wissenschaftlichen Fachliteratur beschriebenen Konstrukte<br />

näher eingegangen werden.<br />

Freyberg (1989, zitiert nach Westhoff, 1991, S. 47) stellte ausgehend von<br />

einer etymologischen Analyse fest, dass Aufmerksamkeit sich immer auf<br />

das Wahrnehmen und Konzentration immer auf das Arbeiten bezieht.<br />

In einer Untersuchung von Schwalbach aus dem Jahr 2001 (vgl. Schmidt-<br />

Atzert, Büttner & Bühner, 2004, S. 4-5; Berg & Westhoff, 2006, S. 21) geht<br />

es um das Laienverständnis der Konstrukte Aufmerksamkeit und Konzentration.<br />

Die Autorin bat 68 Psychologiestudierende im Alltag auf Situationen<br />

zu achten und zu berichten, bei denen die Studenten selbst oder jemand<br />

anderes aufmerksam bzw. unaufmerksam oder konzentriert bzw. unkonzentriert<br />

waren. Der Sachverhalt Lesen und Prüfung galt bei 38 Testpersonen<br />

als typischste Situation der Konzentration. Sie gaben an, dass hier<br />

„besonders im Fall der Prüfung `Denkarbeit´ verlangt wird“ (Schmidt-Atzert<br />

et al., 2004, S. 4). Bei der Aufmerksamkeit waren die häufigsten genannten<br />

Begriffe ein Vortrag (N=25), die Verkehrsteilnahme (N=27) und Gespräch<br />

(N=8). Eine weitere Aufgabe in der Untersuchung war den Grad<br />

der Konzentration, Unkonzentriertheit, Aufmerksamkeit und Unaufmerksamkeit<br />

in der jeweiligen Situation einzustufen. Schwalbachs Erwartung,<br />

dass Aufmerksamkeit und Konzentration <strong>für</strong> die Probanden weitgehend<br />

22


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

dieselbe Bedeutung hätten, wurde nicht bestätigt. Die Korrelationen zwischen<br />

„aufmerksam“ und „konzentriert“ lagen bei den Studenten zwischen<br />

r > .03 und .34.<br />

Schwalbach interpretierte die Ergebnisse dahingehend, dass Personen im<br />

Alltag tatsächlich zwischen Aufmerksamkeit und Konzentration unterscheiden.<br />

So ordneten die Probanden Gegebenheiten wie Prüfung oder<br />

Lesen ganz deutlich als typische Konzentrationsleistungen ein, in welcher<br />

eine Informationsverarbeitung im Vordergrund steht. Andere Gegebenheiten<br />

wie beispielsweise ein Vortrag, die Teilnahme am Straßenverkehr oder<br />

ein Gespräch wurden eher in den Bereich der Aufmerksamkeit eingeordnet,<br />

da es hier primär um die Informationsselektion geht. Ebenso stellte sie<br />

fest, dass Aufmerksamkeit mit Verhaltensweisen wie ausgerichtetem Blick,<br />

guter Mitarbeit und zustimmenden Gesten einhergeht, was darauf schließen<br />

lässt, dass Aufmerksamkeit mit Wahrnehmung assoziiert wird. Konzentration<br />

dagegen kann als Aspekt des Arbeitens bezeichnet werden.<br />

Konzentriert sind Personen, wenn sie mit ihren Gedanken bei einer Sache<br />

sind, unkonzentriert, wenn ihre Gedanken abschweifen und die Personen<br />

sich unabsichtlich anderen Tätigkeiten zuwenden (vgl. Schmidt-Atzert et<br />

al., 2004, S. 4-5).<br />

Schmidt-Atzert, Büttner und Bühner (2004, S. 10) zeigen, dass der wesentliche<br />

Unterschied zwischen Aufmerksamkeit und Konzentration darin<br />

besteht, dass sich die Aufmerksamkeit ausschließlich auf Wahrnehmungsprozesse<br />

bezieht und nur der Reiz- oder Informationsauswahl dient.<br />

Bei der Konzentration dagegen müssen Informationen weiter verarbeitet<br />

werden, was unter erschwerenden Bedingungen stattfinden kann. Aufmerksamkeit<br />

und Konzentration können daher als unabhängige Gebilde<br />

bezeichnet und wie in Abbildung 11 dargestellt werden.<br />

23


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Aufmerksamkeit Konzentration<br />

Reiz Wahrnehmung Weiterverarbeitung Reaktion<br />

Abb. 11: Aufmerksamkeit und Konzentration als unabhängige Konstrukte (nach<br />

Schmidt- Atzert et al., 2004, S.11)<br />

Nach Schmidt-Atzert, Büttner und Bühner (2004) kann „die Aufmerksamkeit<br />

[...] als das selektive Betrachten relevanter Reize oder Informationen<br />

definiert werden. Sie wird damit als ein wahrnehmungsnahes Phänomen<br />

konzipiert“ [Hervorhebungen durch die Verfasser] (Schmidt-Atzert et al.,<br />

2004, S. 5). Sie führen weiter fort, dass „in der allgemein oder neuropsychologisch<br />

orientierten Aufmerksamkeitsforschung [, die] [..] Aufmerksamkeit<br />

[..] als ein wahrnehmungsnahes Konstrukt aufgefasst [wird], das eng<br />

mit der Selektion von Informationen in Verbindung gebracht wird“ (vgl.<br />

Schmidt-Atzert et al., 2004, S. 3). Als Unterteilungen werden sowohl<br />

pragmatische (selektive, gerichtete, fokussierte, geteilte Aufmerksamkeit,<br />

Daueraufmerksamkeit, Vigilanz), als auch neuropsychologisch begründete<br />

(Alertness, Reizselektion und räumliche Orientierung), vorgeschlagen.<br />

Spitzer (2007, S. 155) führt aus, dass Aufmerksamkeitsprozesse als abhängig<br />

zum Material zu verstehen ist. Das Speichern der Inhalte des Materials<br />

steht in nahem Zusammenhang mit der dementsprechenden Materialauseinandersetzung.<br />

Handelt es sich um einen intensiven Grad der<br />

Beschäftigung, so ist die Wahrscheinlichkeit umso größer, dass diese Inhalte<br />

auch gespeichert und behalten werden können. Er differenziert zwischen<br />

zwei Prozessen der Aufmerksamkeit: zum einen, der selektiven<br />

Aufmerksamkeit, bestimmt auf einen speziellen Aspekt, Ort oder Gegenstand<br />

der Wahrnehmung und zum anderen der allgemeinen Wachheit (Vigilanz).<br />

Die selektive Aufmerksamkeit ist ein räumlicher und die Vigilanz ein zeitlicher<br />

Prozess, welche unabhängig voneinander korrelieren. Die Vigilanz<br />

24


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

besitzt die Fähigkeit, das Gehirns zu aktivieren, wogegen die selektive<br />

Aufmerksamkeit eine Zunahme der Aktivierung genau der Gehirnareale<br />

mit sich bringt, die aufmerksame und somit bevorzugt behandelte Informationen<br />

verarbeitet. Spitzer erklärt das an folgenden Beispielen. Achtet der<br />

Mensch beispielsweise auf eine bestimmte Farbe, wird besonders unser<br />

Farbareal angeregt. Achtet eine Person auf eine Bewegung, so geht hiermit<br />

die Aktivierung von Bewegungsverarbeitungsarealen im Gehirn einher.<br />

Er führt weiter aus, dass „der Effekt der zusätzlichen Aktivierung von Gehirnarealen<br />

durch die selektive Aufmerksamkeit eine wesentliche Rolle bei<br />

der Einspeicherung von Gedächtnisinhalten spielt.“ (Spitzer, 2007, S.156).<br />

3.2 Aufmerksamkeit<br />

Die im Folgenden dargstellten Ausführungen zu den Merkmalen und Formen<br />

der Aufmerksamkeit sollen verdeutlichen, dass der Begriff in der wissenschaftlichen<br />

Literatur mit unterschiedlichen Inhalten verwendet wurde<br />

und insgesamt in verschiedenen Teilbereichen eine Weiterentwicklung<br />

erfahren hat.<br />

3.2.1 Merkmale der Aufmerksamkeit nach Rapp<br />

Es gibt nach Rapp (1982) insgesamt sechs verschiedene Merkmale der<br />

Aufmerksamkeit, auf die in diesem Abschnitt näher eingegangen wird.<br />

Als erstes Merkmal ist zu nennen, dass Aufmerksamkeit keine gesonderte<br />

Funktion darstellt, die losgelöst von anderen psychischen Funktionen auftritt.<br />

Sie verändert und begleitet vielmehr Handlungsabläufe und spezifische<br />

Prozesse. Das allgemeine und undeutliche Wahrnehmen wird eher<br />

durch die Aufmerksamkeit auf gewisse Gegenstände ausgerichtet und<br />

verstärkt. Aufmerksamkeit führt „vom unscharfen Empfinden zum bewussten,<br />

klaren Wahrnehmen“ (Rapp, 1982, S. 20). Aufmerksamkeit ist kein<br />

Gebilde, was <strong>für</strong> sich allein steht, sondern ist zweifelsfrei „immer an eine<br />

Tätigkeit und an einen Gegenstand gebunden“ (Kahnemann, 1973, zitiert<br />

25


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

nach Rapp, 1982, S. 20), durch die sie und die damit gekoppelte Beanspruchung,<br />

aufrechterhalten werden.<br />

Das zweites Kennzeichen der Aufmerksamkeit ist die Selektion: aus der<br />

Anzahl all der auf die Sinnesorgane eintreffenden Einflüsse werden nur<br />

ganz wenige herausgesucht und willkürlich wahrgenommen. Die Auswahl<br />

der Reize hängt von der Reizintensität, dem affektiven Wert dem Grad der<br />

Neuigkeit der Information ab, die neben Einstellung und Ausrichtung der<br />

Motive die Selektion festlegen (vgl. Berlyne, 1974, zitiert nach Rapp, 1982,<br />

S. 20).<br />

Ein drittes Merkmal der Aufmerksamkeit stellt die Intensität dar. Mit der<br />

Intensität ist das Ausmaß der Aufmerksamkeit, die der Organismus dem<br />

Reizfeld gegenüber aufbringt, gemeint (vgl. Berlyne, 1970, S. 29, zitiert<br />

nach Rapp, 1982, S. 20-21).<br />

Als viertes Merkmal der Aufmerksamkeit sieht Rapp (1982, S. 21) die Optimierung<br />

von Handlungsabläufen, die wiederum mit einer Verbesserung<br />

der Koordination von psychischen Funktionen als in Zusammenhang stehend<br />

gesehen werden.<br />

Des weiteren verändert Aufmerksamkeit - als fünftes Merkmal - psychische<br />

Prozesse wie Denken und Wahrnehmen in der Bedeutung <strong>für</strong> das<br />

Erleben.<br />

Als sechstes Merkmal der Aufmerksamkeit weist Rapp (1982, S. 21) darauf<br />

hin, dass es sich hierbei um ein theoretisches Konstrukt handelt. Da<br />

sie nicht direkt von außen beobachtet muss sie (wie beispielsweise auch<br />

andere wissenschaftliche Konstrukte wie Angst, Intelligenz usw.) aus Verhaltensänderungen<br />

erschlossen werden.<br />

Rapp (1982) hat die oben beschriebenen Merkmale der Aufmerksamkeit in<br />

einer kurzen und prägnanten Definition zusammengefasst:<br />

Aufmerksamkeit kann bezeichnet werden als der Prozess der<br />

Auseinandersetzung mit realen oder vorgestellten Objekten, der<br />

durch externe Reizmerkmale (Neuigkeit, Überraschung) oder<br />

durch interne Prozesse (Einstellungen, willentliche Entschei-<br />

26


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

dungen) ausgelöst wird und der die Funktion der Auswahl (aus<br />

dem Reizangebot), der Intensivierung der realen oder kognitiven<br />

Tätigkeiten und eine Verbesserung ihrer Produkte hat<br />

(Rapp, 1982, S. 21).<br />

Er betont die Wichtigkeit des Prozesscharakters von Aufmerksamkeitsvorgängen.<br />

Rapp (1982) wandte sich damit gegen die damals vertretene<br />

These, dass Aufmerksamkeit eine nicht veränderbare Konstante der<br />

Persönlichkeit und ein „individuelles Vermögen“ (Rapp, 1982, S. 21) darstelle.<br />

Damit sieht er Aufmerksamkeit als einen Prozess, in dem Lernprozesse<br />

bedeutsam sind und die somit durch gezielte Interventionen veränderbar<br />

sind und gefördert werden können.<br />

3.2.2 Formen der Aufmerksamkeit<br />

Rapp (1982, S. 12 ff.) benennt sechs unterscheidbare Formen der Aufmerksamkeit:<br />

Geistige Konzentration, Orientierungsreaktion, Aktivierung,<br />

Einstellung, selektive Aufmerksamkeit und Vigilanz (Daueraufmerksamkeit).<br />

Im Folgenden soll hier auf diese begriffliche Differenzierungen eingegangen<br />

werden.<br />

• Geistige Konzentration<br />

Unter geistiger Konzentration versteht Rapp, dass eine Person sich<br />

auf die Lösung einer Aufgabe konzentriert. Dies kann zum Beispiel ein<br />

komplexer Bewegungsablauf oder eine schwierige mathematische<br />

Aufgabe sein. Man konzentriert sich auf diese Tätigkeit und alle anderen<br />

Reize, die diese stören könnten, werden ausgeschaltet.<br />

• Orientierungsreaktion<br />

Rapp führt aus, dass Pawlow im Umgang mit seinen Tieren, besonders<br />

an seinen Hunden, eine Reaktion beobachtete, die immer dann<br />

auftrat, wenn dem Tier ein ungewohnter Reiz in seiner Umgebung neu<br />

auftauchte. Er nannte ihn anschaulich den „`Was-ist-das-Reflex´“<br />

27


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

(Rapp, 1982, S. 13). Durch eine häufige Wiederholung des identischen<br />

Reizes stellte sich schon bald eine Gewöhnung, auch Habituation<br />

genannt, ein. Diese Reaktion des klassischen Konditionierens findet<br />

sich bei allen höheren Tieren und auch beim Menschen.<br />

• Aktivierung<br />

Als Aktivierung bezeichnet er einen Zustand der neuro-psychischen<br />

Wachheit (engl.: arousal = die Erregung). Die Person soll bereit und<br />

aktiviert sein, sich mit dem zu beschäftigen, was als nächstes kommt.<br />

Die in der Schule oft gehörte Aufforderung, sich auf seinen Platz zu<br />

setzen und Acht zu haben, soll genau diese physische Verfassung<br />

herbeiführen. Die Aktivierung stellt einen Zustand zwischen Tiefschlaf<br />

und Erregtheit dar. Sie kann auch manipuliert werden durch Rauschmittel,<br />

wie beispielsweise Koffein oder Nikotin.<br />

• Einstellung<br />

Eine Person ist vorbereitet und erwartet ein spezielles Ereignis, um<br />

darauf zu reagieren. Dieser Habitus kann sich sowohl auf motorische<br />

Reaktionen, als auch auf den kognitiven Bereich oder die Wahrnehmung<br />

beziehen. Im motorischen Bereich kann sich z.B. ein Volleyballspieler<br />

darauf einstellen, einen vom Partner gespielten Ball zu übernehmen<br />

oder eine gegnerische Aktion optimal zu parieren. Ein anderes<br />

Beispiel wäre der Spaziergänger am Strand, der den Sand mit der<br />

Einstellung und der Erwartung absucht, schöne Muscheln oder Bernsteine<br />

zu finden.<br />

• Selektive Aufmerksamkeit<br />

Eine weitere Form der Aufmerksamkeit stellt die selektive Aufmerksamkeit<br />

dar. Verschiedene Nachrichten strömen parallel - sprich zur<br />

selben Zeit - auf eine Person ein, welche nun diejenige Information<br />

auswählen muss, auf die sie mit einer Reaktion antwortet. Als Veranschaulichung<br />

des Sachverhalts findet sich da<strong>für</strong> das „`Cocktail-Party-<br />

28


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Phänomen´“ (Rapp, 1982, S. 12). Ein Gast ist gezwungen seine Aufmerksamkeit<br />

nur auf einen Redner zu richten, um einer Unterhaltung<br />

folgen zu können, obwohl nebenbei verschiedene Botschaften ans<br />

Ohr dringen. Dies verweist zugleich auch auf die besondere Fähigkeit<br />

des menschlichen Informationsaufnahmesystems und Informationsverarbeitungssystems,<br />

Störgeräusche (z.B. auch Baustellenlärm) unterdrücken<br />

zu können.<br />

Westhoff und Hagemeister (2005, S. 16) differenzieren bei der selektiven<br />

Aufmerksamkeit nochmals zwischen einer fokussierten Aufmerksamkeit<br />

- die bedeutet, auf relevante Reize richtig zu reagieren und<br />

nicht von irrelevanten Faktoren einer Angelegenheit oder von Störreizen<br />

abgebracht zu werden, welche wiederum schnelle Selektionsprozesse<br />

auf der Reiz- und oder auf der Reaktionsseite erfordern - und<br />

zwischen der geteilten Aufmerksamkeit, die beim „Cocktail-Party-<br />

Problem“ (Westhoff & Hagemeister, 2005, S. 16) in der Weise auftritt,<br />

wenn in nebenläufigen Gesprächen anderer Personen plötzlich der eigene<br />

Name auftaucht, den man unwillkürlich raushört ohne davor dem<br />

Gespräch gelauscht zu haben.<br />

Als letzte Form der Aufmerksamkeit nennt Rapp (1982, S. 12) die<br />

• Vigilanz (Daueraufmerksamkeit).<br />

Diese Form tritt bei Personen in relativ reizarmen Situationen auf. Die<br />

Person befindet sich beispielsweise auf einer langen Nachtfahrt im Auto<br />

oder überwacht als Luftlotse einen Radarschirm. Bei dieser Beschäftigung<br />

ist gleich bleibende Wachheit und ständige Bereitschaft<br />

zur Reaktion erforderlich, obwohl vielleicht augenblicklich insgesamt<br />

wenig passiert.<br />

Westhoff und Hagemeister (2005, S. 16) machen auch bei diesem<br />

Begriff einen Unterschied. Bei der Vigilanz, sowohl als auch bei der<br />

Daueraufmerksamkeit, geht es demnach auch bei ihnen um die aufrechtzuerhaltende<br />

Aufmerksamkeit über einen längeren Zeitraum. Jedoch<br />

kommt es aber bei der Vigilanz in seltenen Fällen zu Reaktionen<br />

auf gewisse Ereignisse, wogegen diese Reaktionen bei der Daueraufmerksamkeit<br />

häufiger auftreten.<br />

29


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Schmidt-Atzert, Büttner und Bühner (2004, S. 6) differenzieren bei der<br />

Aufmerksamkeit die Bereiche der fokussierten, gerichteten und geteilten<br />

Aufmerksamkeit sowie die Bereiche der Vigilanz und der Daueraufmerksamkeit.<br />

• Fokussierte Aufmerksamkeit<br />

Die fokussierte Aufmerksamkeit verdeutlichen sie mit der „Scheinwerferlicht-Metapher“<br />

(Schmidt-Atzert et al., 2004, S. 7). Gegenstände oder<br />

Sachverhalte, die sich in einem Lichtkegel befinden, werden fokussiert.<br />

Alles was sich daneben - im Dunkeln - abspielt hat keine Relevanz<br />

und wird nicht näher betrachtet.<br />

• Gerichtete Aufmerksamkeit<br />

Die gerichtete Aufmerksamkeit geht von der Begrifflichkeit in eine ähnliche<br />

Richtung, mit dem Unterschied, dass hier eine Zielvorstellung angenommen<br />

wird und eine Person etwas ganz spezielles im Lichtkegel<br />

beobachtet und „den `Scheinwerfer´ [nicht] ziellos herumschweifen“<br />

lässt (Schmidt-Atzert et al., 2004, S. 7).<br />

• Geteilte Aufmerksamkeit<br />

Die geteilte Aufmerksamkeit beschreiben die Verfasser als die Menge<br />

der gleichzeitig beobachteten Gegenstände. Schmidt-Atzert et al.<br />

(2004, S. 7) illustrieren dies am Beispiel eines Autofahrers, der eine<br />

Verkehrsdurchsage hört und gleichzeitig den Gegenverkehr beobachtet,<br />

um eine Lücke zum Überholen zu finden. Ihr aufgeführtes Beispiel<br />

gleicht den Ausführungen Rapps (1982, S. 12). Dieser fasste jedoch<br />

die geteilte Aufmerksamkeit unter dem Begriff - wie im obigen Abschnitt<br />

erläutert - der Vigilanz (Daueraufmerksamkeit) zusammen und<br />

erläuterte dies am Beispiel des Autofahrers, der über längere Zeit<br />

nachts mit dem Auto fährt.<br />

30


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

• Vigilanz und Daueraufmerksamkeit<br />

Hinsichtlich der Vigilanz und der Daueraufmerksamkeit unterscheiden<br />

Schmidt-Atzert et al. (2004, S. 7) den zeitlichen Aspekt. Sie verstehen<br />

darunter, dass die Aufmerksamkeit über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten<br />

bleibt. Als Beispiel <strong>für</strong> eine typische Vigilanzaufgabe<br />

nennen sie - wie Westhoff und Hagemeister (2005, S. 16) - das Beispiel<br />

der Radarschirmüberwachung eines Fluglotsen: wenn sehr selten<br />

ein Flugobjekt auf dem Radarschirm erscheint, bezeichnen sie dies als<br />

Vigilanz.<br />

Unter Daueraufmerksamkeit verstehen die Autoren im Grunde nichts<br />

anderes als Aufmerksamkeit über einen längeren Zeitraum hinweg,<br />

wobei - im Gegensatz zur Vigilanz, eine höhere Ereignisdichte gegeben<br />

ist. Ein Fluglotse, bei dem viel am Radarschirm passiert, muss<br />

Daueraufmerksamkeit aufbringen.<br />

Zusammenfassend gesehen, umfasst Aufmerksamkeit ein breites Spektrum<br />

von Teilleistungen. Es handelt sich um ein komplexes System von<br />

zum Teil hochspezifischen, zum Teil umfassenderen Teilleistungen des<br />

menschlichen Gehirns. Aufgrund seiner Komplexität stellen die mit Aufmerksamkeitsleistungen<br />

in Zusammenhang stehenden Prozesse ein sehr<br />

verwundbares (vulnerables) System dar. Die Ausfälle können dabei in<br />

sehr unterschiedlichen, zum Teil sehr spezifischen Formen auftreten. Es<br />

handelt sich bei der Aufmerksamkeit um eine Basisfunktion in dem Sinne,<br />

dass jede nicht automatisierte praktische oder intellektuelle Tätigkeit eine<br />

intakte Aufmerksamkeitssteuerung voraussetzt. Insofern können Störungen<br />

der Aufmerksamkeitsleistung Einschränkungen in allen Lebensbereichen<br />

zur Folge haben.<br />

3.3 Konzentration<br />

Krowatschek (1994) beschreibt Konzentration als die Fähigkeit, einem<br />

Lernstoff über einen gewissen Zeitraum eine ungeteilte Aufmerksamkeit<br />

31


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

zu schenken. Konzentration wird als ein besonderer Zustand der Aktivierung<br />

verstanden. Sie verfolgt das Ziel der präzisen Wahrnehmung, des<br />

Denkens, Speicherns und Erinnerns, filtert zwischen wichtigen und unwichtigen<br />

Dingen die interessantesten Aspekte aus, ist zeitlich begrenzt<br />

und stellt einen willentlich steuerbaren Vorgang dar.<br />

Für Lehrerinnen und Lehrer ist ein konzentriert arbeitendes Kind an folgenden<br />

Verhaltensweisen erkennbar:<br />

� „Arbeitet sorgfältig“<br />

� „Meldet sich, um an die Tafel zu kommen“<br />

� „Meldet sich im Unterricht“<br />

� „Schreibt leserlich“<br />

� „Achtet auf den Unterricht, auch wenn andere stören“<br />

� „Hört aufmerksam zu“.<br />

Unkonzentriertes Verhalten zeigt sich <strong>für</strong> sie an folgenden beobachtbaren<br />

Verhaltensweisen von Schülerinnen und Schülern:<br />

� „Kann nicht ruhig sitzen“<br />

� „Wenn es ein Geräusch hört, schaut es sofort hin“<br />

� „Macht Fehler zum Ende der Stunde hin“<br />

� „Ärgert andere“<br />

� „Träumt vor sich hin“<br />

� „Es fällt ihm schwer, Fragen des Lehrers richtig zu beantworten“<br />

� „Spielt herum“<br />

� „Streicht viel Geschriebenes wieder durch“<br />

(vgl. Westhoff, Rütten & Borggrefe, 1990, zitiert nach Berg & Westhoff,<br />

2006, S. 21).<br />

32


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Irrgang & Westhoff (2003, zitiert nach Berg & Westhoff, 2006, S. 21) stellten<br />

in anderen Untersuchung fest, dass sich Personen besonders bei der<br />

Arbeit als konzentriert erleben. Typische Äußerungen der befragten Untersuchungsteilnehmer<br />

hinsichtlich ihrer Konzentrationsfähigkeit waren:<br />

� „Es gut vorwärts und leicht von der Hand geht“<br />

� „Keine oder wenige Fehler auftreten“<br />

� Wenn es unterbrechungsresistent ist<br />

� „Man beim Thema ist, die Zeit unbemerkt vergeht“<br />

� „Das Ergebnis stimmt“.<br />

Die Studienteilnehmer beschrieben unkonzentriertes Verhalten speziell mit<br />

folgenden Ausdrücken:<br />

� „Wenn man an etwas anderes denkt“<br />

� „Etwas noch einmal machen muss“<br />

� „Das Arbeiten länger dauert“<br />

� „Man mehr Fehler macht“<br />

� „Man etwas vergisst“<br />

� „Man seine Tätigkeit unterbricht“<br />

� „Man Ablenkung sucht“.<br />

Westhoff (1995, S. 389) benennt Konzentration als einen zentralen Koordinationsmechanismus<br />

und kennzeichnet ihn wie folgt: „Der Mechanismus<br />

Konzentration ist ein neuronal begründetes System, mit dem ein Individuum<br />

Aktionsmuster bewusst und absichtsvoll koordiniert. Dazu wählt es<br />

bereitliegende Aktionsmuster aus und versorgt sie mit Energie und kontrolliert<br />

ihren Ablauf über die Wahrnehmung“ (Westhoff, 1995, S. 389).<br />

33


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Diese Arbeitsweise ist mit einem Akku vergleichbar, weshalb er auch vom<br />

Akku-Modell der Konzentration (vgl. Westhoff & Hagemeister, 2005, S. 20;<br />

Westhoff, 1991, S. 47) spricht, durch welches sich Tempo und auch Fehler<br />

beim konzentrierten Arbeiten erklären lassen. Konzentration wird von den<br />

verschiedensten situativen und individuellen Besonderheiten beeinflusst,<br />

beispielsweise durch das Alter, körperliche Faktoren, Motivation, Emotionen,<br />

Geübtheit und Strategien, sowie durch die Tageszeit und Ablenkungsreize.<br />

Westhoff und Hagemeister (2005) definieren Konzentration „als „die absichtsvolle<br />

nicht automatisierte Koordination von Handlungsteilen und deren<br />

kontrollierte Ausführung“ (Westhoff & Hagemeister, 2005, S. 20).<br />

Schmidt-Atzert, Büttner und Bühner (2004) beschreiben Konzentration als<br />

„die Fähigkeit, unter Bedingungen schnell und genau zu arbeiten, die das<br />

Erbringen einer kognitiven Leistung normalerweise erschweren“ (Schmidt-<br />

Atzert, Büttner & Bühner, 2004, S. 9).<br />

Vor dem Hintergrund der oben genannten Ausführungen lässt sich feststellen,<br />

dass Konzentration als eine Steigerung der Aufmerksamkeit betrachtet<br />

wird.<br />

3.3.1 Konzentration als Facette des Arbeitens<br />

Westhoff und Hagemeister (2005) unterscheiden beim konzentrierten Arbeiten<br />

zwei Gesichtspunkte, zum einen die möglichst zügige Auswahl und<br />

Bearbeitung von Informationen und zum anderen die Fehler in bewusst<br />

und absichtsvoll auszuführenden Handlungen, die man eigentlich gut beherrscht.<br />

Dabei können Störungen von innen und von außen auftreten und<br />

dazu führen, dass einerseits die Auswahl und Bearbeitung von Informationen<br />

gestört wird oder länger dauert und andererseits Konzentrationsfehler<br />

auftreten.<br />

Äußerliche Störungen sind beim Arbeiten oft unumgänglich, teilweise entstehen<br />

sie aufgrund des Verhaltens einer Person und werden durch sie<br />

selbst gefördert. Deshalb muss sich beispielsweise eine Person, die jederzeit<br />

ansprechbar ist, nicht wundern, durch ständige äußerliche Einflüsse<br />

vom konzentrierten Arbeiten abgelenkt zu werden.<br />

34


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Konzentration kann als Aspekt des Arbeitens angesehen werden, denn es<br />

werden hierbei bewusst Informationen verarbeitet, zu einem bestimmten<br />

Zeitpunkt eine Auswahl von Informationen betrachtet und kombiniert. Dabei<br />

werden irrelevante Informationen in diesem Augenblick von tieferer<br />

Verarbeitung ausgeschlossen (vgl. Westhoff & Hagemeister, 2005, S. 17).<br />

3.3.2 Wesentliche Merkmale der Konzentration nach Westhoff<br />

Westhoff (1992, zitiert nach Westhoff und Hagemeister, 2005, S. 20) charakterisiert<br />

das konzentrierte Handeln eines Menschen wie folgt:<br />

Eine konzentriert handelnde Person wählt sich bewusst und mit<br />

voller Absicht Aktionsmuster aus und koordiniert sie. Dabei<br />

werden bereitliegende Aktionsmuster ausgewählt, energetisiert<br />

und ihr Ablauf über die Wahrnehmung kontrolliert. Die konzentriert<br />

handelnde Person aktiviert, koordiniert und kontrolliert Aktionsmuster<br />

in zeitlich möglichst geringem Abstand. Diese Aktionsmuster<br />

beanspruchen sehr wenig Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses,<br />

da das Individuum sie immer wieder extern abrufen<br />

kann oder sie im Langzeitgedächtnis hoch verfügbar sind.<br />

Die zu koordinierenden Aktionsmuster können automatisiert<br />

sein, ihre Koordination erfolgt aber immer absichtsvoll und bewusst.<br />

Dieses konzentrierte Handeln erleben Menschen als anstrengend<br />

und ermüdend (Westhoff & Hagenmeister, 2005, S.<br />

20).<br />

3.3.3 Das Sechs-Punkte-Programm <strong>für</strong> ein erfolgreiches und konzentriertes<br />

Arbeiten<br />

Es gibt sehr viele Reize, die Menschen beim konzentrieren Arbeiten ablenken<br />

und das Arbeitsverhalten beeinträchtigen können. Westhoff und<br />

Hagemeister (2005, S. 22 ff.) unterscheiden sechs verschiedene Bedingungen,<br />

die die Konzentrationsfähigkeit unterstützen können: Umgebungsbedingungen,<br />

körperliche Bedingungen, kognitive Bedingungen,<br />

35


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

emotionale Bedingungen, motivationale Bedingungen sowie soziale Bedingungen.<br />

• Umgebungsbedingungen<br />

Mit Umgebungsbedingungen sind Geräusche gemeint, die meist das<br />

konzentrierte Arbeiten eines Einzelnen stören. Diese Geräusche können<br />

von der Person als angenehm und unangenehm empfunden werden<br />

und subjektiv in gewissen Grenzen das Arbeiten in Konzentration<br />

stören oder aber auch nicht. Ob man mit Musik, wie es doch manche<br />

Kinder beim Lösen der Hausaufgaben können - besser lernen bzw.<br />

sich konzentrieren kann, ist umstritten. Zu den störenden Umgebungsbedingungen<br />

zählen auch die von außen herbe geführten Unterbrechungen<br />

der Arbeit, beispielsweise durch Besuche oder Anrufe,<br />

die teilweise in die Kategorie unvorsehbarer Anlässe fallen.<br />

• Körperliche Bedingungen<br />

Die körperlichen Bedingungen sind ebenso ein entscheidendes Merkmal<br />

des konzentrierten Arbeitens. So spielen Faktoren wie ausreichender<br />

Schlaf, gesundes und genügendes Essen und Trinken, ausreichende<br />

Bewegung und eine optimale Sauerstoffzufuhr eine große<br />

Rolle. Bewegung ist entscheidend, denn sie bietet auch eine geistige<br />

Abwechslung zur Konzentration.<br />

• Kognitive Bedingungen<br />

Die kognitiven Bedingungen beziehen sich auf Sachverhalte der geistigen<br />

Leistungsfähigkeit, in der die Konzentration mit der Intelligenz in<br />

einer positiven Wechselbedingung steht. Nach Westhoff und Hagemeister<br />

(2005) vermuten, dass Konzentration, wie auch Gedächtnisleistungen,<br />

eine unentbehrliche Voraussetzung <strong>für</strong> Intelligenzleistungen<br />

darstellt. Mangelnde Konzentration kann durch intellektuelle Unter-<br />

und Überforderung entstehen, wobei Unterforderung eher den Bereich<br />

der Langweile darstellt und Überforderung eine situationsbeding-<br />

36


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

te Besorgnis über die eigene Tätigkeit meint. Begünstigende Faktoren<br />

sind der entsprechende Arbeitsstil mit den dazugehörigen zielführenden<br />

Arbeitstechniken. Gleichfalls scheint es, dass Abwechslung eine<br />

gute Basis <strong>für</strong> konzentriertes Arbeiten darbietet. Wichtig <strong>für</strong> ein konzentrationsgerechtes<br />

und effektives Arbeiten sind auch rechtzeitig eingelegte<br />

Pausen, in der die Person neue Kraft schöpfen kann, um danach<br />

wieder erfolgreich weiterarbeiten zu können. Den Punkt <strong>für</strong> eine<br />

perfekte Pause sehen Westhoff und Hagemeister (2005) zu dem<br />

Zeitpunkt gegeben, bei dem die Person merkt, dass sie eigentlich lieber<br />

weiterarbeiten würde; denn nur dann sei gewährleistet, dass sie<br />

nach der Unterbrechung wieder mit Spaß und Freude an die Arbeit<br />

geht, damit sie diese unerledigte Handlung abschließen kann.<br />

• Emotionale Bedingungen<br />

Emotionale Bedingungen sind durch Gefühle gekennzeichnet. Diese<br />

können in positiver Form, wie Liebe, aber auch in negativer Form, wie<br />

Trauer und Wut, auftreten. Menschen können mit Emotionen sehr verschieden<br />

umgehen, so können sich einige beim Arbeiten - trotz negativer<br />

Gefühle - positiv konzentrieren, wogegen andere Personen damit<br />

Probleme haben und sehr unkonzentriert bei der Sache sind. Konsens<br />

herrscht heute dahingehend dass Menschen das Umgehen mit ihren<br />

Gefühlen unterschiedlich gelernt haben.<br />

• Motivationale Bedingungen<br />

Individuen verfolgen Ziele, Absichten oder Wünsche, die von unterschiedlichen<br />

Motivationen und Erwartungen geprägt sind. Zur Realisation<br />

dieser Dinge kann konzentriertes Arbeiten erforderlich sein. Erwartungen<br />

beeinflussen menschliches Verhalten und dienen dessen<br />

Steuerung, wobei die individuelle Beurteilung eines vorgestellten Ereignisses<br />

und seine antizipierte Auftretungswahrscheinlichkeit bedeutsam<br />

sind. Beschäftigt sich ein Individuum während einer Tätigkeit mit<br />

möglichen zukünftigen Ereignissen, stellt dies ein Zeichen <strong>für</strong> Unkonzentriertheit<br />

in dieser Situation dar. Vom Individuum als interessant<br />

37


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

bewertete Tätigkeiten können als Verstärker <strong>für</strong> konzentriertes Arbeiten<br />

fungieren, da sie belohnenden Charakter haben.<br />

• Soziale Bedingungen<br />

Mit sozialen Bedingungen beschreiben Westhoff und Hagemeister<br />

(2005) den Sachverhalt, dass das Verhalten von Menschen durch das<br />

Verhalten anderer Individuen mit beeinflusst wird, das im positiven wie<br />

im negativen Sinne Vorbildcharakter haben kann.<br />

Kinder lernen schon früh Normen, wie sie sich in gewissen Situationen<br />

zu verhalten zu haben (zum Beispiel andere Kinder beim Spielen nicht<br />

zu stören). Neben Normen erlernen Kinder auch Einstellungen von ihrer<br />

Umgebung (wie zum Beispiel die Einstellung zum Lernen).<br />

Konzentriertes Arbeiten wird durch viele entscheidende Prozesse bedingt<br />

und weist eine hohe Komplexität auf.<br />

3.3.4 Messen von Konzentration durch Konzentrationstests<br />

Das Konstrukt Konzentration versucht man mit Tests zu erfassen, die es<br />

seit mehr als 100 Jahren gibt.<br />

Westhoff und Hagemeister (2005, S. 32) betonen, dass man die Konzentrationsfähigkeit<br />

umso valider erfassen kann, je weniger sie durch kovariierende<br />

Bedingungen verfälscht wird. Daher sind Einflussfaktoren zu beachten,<br />

wenn man Konzentrationstests definiert. Sie weisend darauf hin, dass<br />

die Konzentrationsfähigkeit eines Menschen dann gültig gemessen wird,<br />

wenn berücksichtigt wird, dass „nichts anderes mit gemessen oder gar<br />

etwas völlig anderes erfasst wird“ (Westhoff & Hagemeister, 2005, S. 32).<br />

Konzentrationstests definieren die Autoren wie folgt:<br />

Die Leistung eines hirnorganisch gesunden Probanden erzielt<br />

durch mündliche oder manuelle Reaktionen auf mehr oder weniger<br />

einfache Bilder alltäglicher Gegenstände oder abstrakte<br />

Zeichen, Zahlen, Buchstaben oder andere Reize, die er klar<br />

und eindeutig wahrnehmen kann und auf die er eine einfach zu<br />

38


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

erinnernde Regel anzuwenden hat, indem er absichtsvoll Teilhandlungen<br />

koordiniert so schnell wie möglich bei sehr niedriger<br />

bis sehr hoher Geübtheit in der Ausführung dieses Tests,<br />

kann abgebildet werden in die Geschwindigkeit konzentrierten<br />

Handelns und den Anteil an Konzentrationsfehlern (Westhoff &<br />

Hagemeister, 2005, S. 39-40).<br />

Das Tempo konzentrierten Arbeitens und der Anteil an Konzentrationsfehlern<br />

in Prozent sind dabei die Leistungsparameter (vgl. Westhoff & Hagemeister,<br />

2005, S. 40). Man kann verschiedene Arten von Konzentrationstests<br />

unterscheiden (vgl. Westhoff & Hagemeister, 2005, S. 43 ff.):<br />

• Tests, die Vergleiche und Zuordnungen verlangen<br />

• Tests, die Vergleiche mit Gemerktem erfordern<br />

• Tests, die Operationen mit Zahlen verlangen und<br />

• Tests, die Operationen mit Buchstaben verlangen.<br />

Bei Tests, die Vergleiche und Zuordnungen verlangen, soll der Getestete<br />

gleichzeitig dargebotene Reize dahingehend vergleichen, ob sie hinsichtlich<br />

eines Merkmals gleich oder verschieden sind. Außerdem können solche<br />

Tests den Vergleich mit Gemerktem beinhalten, so z.B. im Aufmerksamkeits-Belastungs-Test<br />

von Brickenkamp (2002), in welchem ein d mit 2<br />

Strichen als Zielreiz gekennzeichnet ist. Durchstreichkonzentrationstests<br />

verlangen, dass man das Gemerkte (Zielreiz) aus einer Menge von Reizen<br />

heraussuchen und durchstreichen soll. Dieser Aufmerksamkeits-<br />

Belastungs-Test (Test d2) von Brickenkamp (2002) dient als Konzentrationsleistungsmessinstrument<br />

im Kontext des Lebe-Projekts (vgl. Fessler et<br />

al., 2006, in Bearbeitung).<br />

3.2.5 Darbietung von Konzentrationstests<br />

Konzentrationstests kann man auf verschiedene Weise darbieten (vgl.<br />

Westhoff & Hagemeister, 2005, S. 51). Weit verbreitet sind Papier-Bleistift-<br />

Tests. In letzter Zeit bekommt die Testung am PC immer größere Bedeu-<br />

39


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

tung, da somit sowohl die Darbietung als auch die Auswertung automatisiert<br />

geschehen. Damit können Fehler bei der Durchführung, Auswertung<br />

und Interpretation vermieden werden. Ebenso wird Zeit wird gespart.<br />

40


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

4 Die Bewegungstreatments<br />

Der Begriff Treatment beschreibt in der wissenschaftlichen Literatur Unterschiedliches.<br />

Jäger (1988, S. 182) gebraucht ihn bei seinen Ausführungen<br />

zur Konstruktion von kontentvaliden Items bei Tests im Sinne von kontentvaliden<br />

Treatments. Hiermit ist z. B. ein „genau auf das Lehrziel bezogener<br />

Lehrgang“ (Jäger, 1988, S. 182) gemeint.<br />

Für die hier vorgelegte Untersuchung soll unter einem Treatment (wörtlich<br />

übersetzt: „Behandlung“) „der gezielte Einfluss auf eine Bewegung“ verstanden<br />

werden (Fessler, 2006, mündliche Mitteilung).<br />

Die ausgewählten Treatments stellen im Rahmen des Lebe-Projekts (vgl.<br />

Einleitung) einen Versuch der Anpassung an die Fragestellung dieser<br />

Wissenschaftlichen Hausarbeit dar. Es handelt sich um drei theoretisch<br />

fundierte Treatments aus der Edu-Kinestetik von Dennison (2002, S. 8),<br />

die im Themenfeld „Bewegungspause im Unterricht“ durchgeführt wurden.<br />

Die Edu-Kinestetik hat inzwischen unter den Bezeichnungen „Brain-<br />

Gym ® “, „Gehirngymnastik“, „Gehirn-Jogging“, „Gehirntraining“ und/oder<br />

„Brainfitness“ breite Aufmerksamkeit erfahren (Jasper, 1998, S. 9; Dennison,<br />

2002, S. 8).<br />

4.1 Auswahl der Treatments<br />

Bewegung gilt als grundlegende Basis <strong>für</strong> effektives Lernen und stellt ebenso<br />

das Fundament der kognitiven Entwicklung dar. Bewegungen stimulieren<br />

das Gehirn, wobei Nervenzellen Eindrücke und Anregungen aus<br />

der Umgebung aufnehmen und in direkte Bewegungen verwandeln. Auf<br />

diese Art und Weise sammelt der Mensch Erfahrungen und speichert diese<br />

als Wissen im Gehirn ab. Die moderne Hirnforschung konnte zeigen,<br />

dass Menschen umso effektiver und ergebnisreicher lernen, wenn beide<br />

Gehirnhälften (vgl. ausführlich Kapitel 2) stimuliert werden. Wenn hingegen<br />

nur mit eine Gehirnhälfte aktiviert wird, kann das Lernen diffizil, müh-<br />

41


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

sam und mit Stress verbunden sein. Als Ursache werden hier<strong>für</strong> unfreiwillige<br />

Blockierungen der einen Hemisphäre angenommen, was sich aber<br />

durch entsprechendes Gehirntraining beseitigen lassen kann (vgl. Stiller,<br />

1996, S. 29). In Schulen wird auch heute noch zuviel linkshirnig gelernt<br />

(vgl. Stiller, 1996, S. 31).<br />

4.2 Brain-Gym ®<br />

Auf der Grundlage moderner Gehirnforschungserkenntnisse entwickelte<br />

der amerikanische Pädagoge Dr. Paul Dennison eine lernfördernde Bewegungslehre,<br />

die „Edu-Kinestetik“ genannt wird.<br />

Der Begriff der Kinesiologie, was die Lehre von der Bewegung der Muskeln<br />

heißt, leitet sich ab vom griechischen „kinesis“ und bedeutet Bewegung.<br />

Edu-Kinestetik meint die Anwendung der Bewegungslehre in Erziehung<br />

und Bildung.<br />

Bei Kindern und Erwachsenen können schon einfache Bewegungen die<br />

Lernfähigkeit fördern und eine auflösende Wirkung bei Blockaden im Kopf<br />

entfalten, wodurch neue Lernmöglichkeiten realisiert werden.<br />

Dennison (2002, S. 12 ff.) differenziert bei den von ihm entwickelten Brain-<br />

Gym ® Übungen zwischen Energieübungen-, Mittellinien- und Längungsbewegungen,<br />

die im Folgenden näher beschrieben werden.<br />

4.3 Energieübungen<br />

Energieübungen aktivieren die Nervenverbindungen zwischen Körper und<br />

Gehirn und stärken das Wahrnehmungs- und Empfindungsvermögen.<br />

42


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Sie stützen die positiven elektrischen und chemischen Veränderungen, die<br />

sich während aller geistigen und körperlichen Aktivitäten abspielen und<br />

bereiten das Individuum darauf vor, Neues aufzunehmen und aufmerksam<br />

am Geschehen teilzunehmen. Ein weiterer positiver Effekt dieser Energieübungen<br />

ist die Bekräftigung kinästhetischer Wahrnehmung über körpereigene<br />

Beziehungen, die in der Regel während der ersten Lebensjahre<br />

angelegt werden. Deshalb ist es zum Beispiel <strong>für</strong> die Sehfertigkeit von<br />

Vorteil, auf dieser propriozeptiven (das heißt, Wahrnehmungen aus dem<br />

eigenen Körper vermittelnden) Grundlage aufzubauen, denn dann kann<br />

einfacher eine Deckungsgleichheit - zwischen dem, was man sieht und<br />

dem, was man fühlt - erschaffen werden. Diese Übereinstimmung vereinfacht<br />

den Konflikt zwischen den verschiedenen Sinneskanälen und erleichtert<br />

so das Lernen neuer Dinge. Verstärkter Stress führt zu einer Ausschüttung<br />

des Stresshormons Adrenalin, was die Verringerung des elektrischen<br />

Potentials in den Membranen der Nervenzellen zur Folge hat. Dadurch<br />

wird der Körper auf „eine `Flucht-oder-Kampf-Reaktion (flight or<br />

fight)´“ (Denisson, 2002, S. 31) vorbereitet. Diese Reaktion zielt primär<br />

darauf ab dem eigenen Körper das Überleben zu sichern, wobei dem<br />

sympathischen Nervensystem elektrische Energie von der Großhirnrinde<br />

(vgl. ausführlicher Kapitel 2) zugeführt wird.<br />

Energieübungen regen die Gehirnaktivität an und lenken „elektrische Energie<br />

[..] zurück zu den Zentren des `vernünftigen´ Denkens“ (Denisson,<br />

2002, S. 31) und vermindern den Ausstoß des Stresshormons Adrenalin.<br />

Dies führt wiederum beim Individuum zu einer Koordination des Denkens<br />

und Handelns. Neurophysiologisch gesehen kommt es zu einer Aktivierung<br />

wichtiger Gehirnstrukturen, die unrelevante beziehungsweise ablenkende<br />

Informationen ausblenden, Wachsamkeit erzeugen und Aufmerksamkeit<br />

und Konzentration (vgl. Kapitel 3) in den rationalen Zentren des<br />

Gehirns fördern. Die Übungen sind ebenso geeignet, Konzentrationsschwierigkeiten<br />

zu verbessern und stimulieren höhere Gehirnzentren, die<br />

<strong>für</strong> feinmotorische Fertigkeiten und Fähigkeiten zuständig sind (vgl. Denisson,<br />

2002, S. 31).<br />

43


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

4.4 Mittellinienbewegungen<br />

Mittellinienbewegungen sind Bewegungsmuster, bei deren Ausführung die<br />

Körpermittellinie überkreuzt wird. Die vertikale Mittellinie des Körpers ist<br />

die erforderliche Bezugslinie <strong>für</strong> all diese zweiseitigen (bilateralen) Fertigkeiten.<br />

Das Mittelfeld - diesen Begriff hat Dennison als Erster definiert - ist<br />

der Bereich, bei dem das Gesichtsfeld des linken und des rechten Auges<br />

einander überlappt. Das Überlappen erfordert, dass beide Augen und die<br />

auf beiden Seiten einander entsprechenden Muskeln sehr gut als gemeinsame<br />

Einheit zusammenagieren und funktionieren. Dennison (2002) führt<br />

aus, dass die Entwicklung der bilateralen motorischen Fertigkeiten <strong>für</strong> das<br />

Wachsen des kindlichen Autonomiegefühls, <strong>für</strong> die Koordination des ganzen<br />

Körpers und der Integration der rechten und linken Gehirn- und Körperseite<br />

eine unabdingbare Vorraussetzung darstellt. Überkreuzbewegungen<br />

dienen der Aktivierung beider Gehirnhälften, wodurch wiederum<br />

ganzheitliches Lernen gefördert werden kann (Dennison, 2002, S. 12).<br />

4.5 Längungsbewegungen<br />

Längungsbewegungen sind hilfreich bei der Ausbildung und Kommunikation<br />

spezifischer Nervenbahnen, die mit dem im Vorderhirn lokalisierten<br />

Kurzzeitgedächtnis und dem im Hinterhirn angesiedeltem Langzeitgedächtnis<br />

in Verbindung gebracht werden. Sie haben sich als entspannend<br />

erwiesen <strong>für</strong> die Muskeln und Sehnen des menschlichen Organismus, die<br />

zum Beispiel in unvertrauten Lernsituationen mit Anspannung und Verkrampfung<br />

reagieren können (Dennison, 2002, S. 24).<br />

Dennison (2002) weist daraufhin, sportlich aktive Menschen könnten vielleicht<br />

versucht sein, diese Längungsbewegungen mit „Streching“ oder der<br />

Aufwärmphase vor sportlicher Betätigung zu assoziieren. Er sieht ihren<br />

Zweck jedoch vornehmlich in einer Verbesserung der Reizleitung zum<br />

Gehirn, in der Dehnung jener Muskeln und Sehnen, die in als Gefahr<br />

44


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

wahrgenommenen Situationen vom Individuum mit Verkürzung reagieren,<br />

um das Fortlaufen vorzubereiten (Angstreflex) und in einer Aktivierung des<br />

fließenden sprachlichen Ausdrucks (Dennison, 2002, S. 28).<br />

4.6 Beschreibung der Treatments<br />

Für die in der Studie durchgeführten Treatments wurden jeweils eine Übung<br />

aus den in Kapitel 4.3 bis 4.5 beschriebenen drei Teilgebieten des<br />

Brain-Gym ® -Programms entnommen und bei den an der Untersuchung<br />

beteiligten Schülerinnen und Schülern angewendet.<br />

4.6.1 Energiegähnen<br />

Das erste Treatment (vgl. Abb. 12) stammt aus dem Bereich der Energieübungen<br />

und nennt sich Energiegähnen.<br />

Bei dieser Übung werden die Kiefergelenke mit zwei Fingern sanft massiert<br />

oder beklopft (siehe rote Kreise in Abb. 12). Der Mund wird weit zum<br />

Gähnen geöffnet. Es wird wie ein Hauch ausgeatmet und soll zu einem<br />

tiefen Gähnen kommen.<br />

Ziel des Energiegähnens ist es, das Gehirn zu aktivieren. So kommt es zur<br />

Entspannung des ganzen Gehirns und zu einer verbesserten 0²-<br />

Versorgung. Des weiteren führt dies zu einem gesteigerten Konzentrationsvermögen<br />

und zu einem entspannten Sehen und Denken bei intensiver<br />

geistiger Arbeit. „Gähnen ist ein natürlicher Atemreflex“ (Beigel, 2006,<br />

S. 212), womit die Energiezufuhr zum Gehirn verbessert und die Kiefermuskulatur<br />

entspannt wird.<br />

Insgesamt soll diese Übung drei bis sechs Mal wiederholt werden.<br />

45


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Folgende Lernvoraussetzungen und Fertigkeiten fördert diese Übung: lautes<br />

Lesen, kreatives Schreiben, öffentliches Sprechen und es unterstützt<br />

den Abbau von Prüfungsangst in Stresssituationen (vgl. Dennison, 2002,<br />

S. 37).<br />

4.6.2 Liegende Acht<br />

Abb. 12: Energiegähnen (nach Stiller)<br />

Das zweite Treatment stammt aus dem Bereich der Mittellinienbewegungen<br />

und heißt Liegende Acht.<br />

Bei der Liegenden Acht (vgl. Abb. 13) stellt sich die Person schulterbreit<br />

auf, streckt den linken Arm aus und schaut mit beiden Augen auf den<br />

Daumen (siehe roten Kreis in Abb. 13). Nun werden große liegende Achten<br />

in die Luft geschwungen, wobei der Kreuzungspunkt zwischen den<br />

Augen liegen soll. Der Kopf bleibt gerade und die Augen folgen der Bahn<br />

46


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

des Daumennagels. Hier muss aufgepasst werden, dass diese Übung<br />

nicht zu schnell und hastig ausgeführt wird, da sonst Gleichgewichtsstörungen<br />

auftreten können. Bei der liegenden Acht ist es auch wichtig, den<br />

Arm immer zuerst gegen den Uhrzeigersinn, von links nach oben, zu führen.<br />

Abb. 13: Liegende Acht (nach Stiller)<br />

Diese Übung soll links drei bis fünf Mal, als auch mit dem rechten Arm,<br />

wiederholt werden.<br />

Dieses Treatment aktiviert das Gehirn <strong>für</strong> das Kreuzen einer Mittellinie, die<br />

Integration der linken und rechten Gehirnhemisphäre, führt zu einer Verbesserung<br />

des Sehens am Rande des Gesichtsfeldes und zu einer geschärften<br />

Augenbeweglichkeit. Die Liegende Acht begünstigt die Behebung<br />

von Verwechslungen von Buchstaben. Obendrein verbessert es die<br />

Mechanik des Lesens und erleichtert das Leseverstehen. Die Förderung<br />

der Unterscheidungs- und Merkfähigkeit von Symbolen wie auch die Unterstützung<br />

stressfreien Schreibens gehören auch zu den positiven Effekten<br />

dieser motorischen Bewegung (vgl. Dennison, 2002, S. 14).<br />

.<br />

47


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

4.6.3 Wadenpumpe<br />

Das dritte angewandte Treatment nennt sich Wadenpumpe.<br />

Bei der Wadenpumpe streckt die Person die Arme auf einen Tisch oder<br />

stützt sich bei einem Partner ab. Das Gewicht wird in Schrittstellung auf<br />

den vorderen Fuß verlagert, während der hintere Fuß auf dem Fußballen<br />

aufsteht. Nun wird beim Ausatmen die Ferse langsam auf den Boden gedrückt<br />

(siehe roten Pfeil in Abb. 14), allerdings bleibt dabei das Bein gestreckt,<br />

wobei eventuell in der Schrittlänge Variationen ausgeführt werden<br />

dürfen. Anschließend wird die Ferse beim Einatmen wieder gehoben.<br />

Spezielle Vorsicht gilt hier bei Personen mit Muskelverkürzungen.<br />

Abb. 14: Wadenpumpe (nach Stiller)<br />

Auch diese Übung wird langsam und konzentriert ausgeführt und pro Bein<br />

mindestens drei Mal wiederholt.<br />

Die Wadenpumpe aktiviert das Gehirn, verbessert die Hinterhirn-Vorderhirn-Integration<br />

und steigert die Aufmerksamkeit.<br />

48


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Zudem fördert es diverse Lernvoraussetzungen und Fertigkeiten, zu denen<br />

das Hörverstehen, Leseverstehen und die Intensivierung eines besseren<br />

sprachlichen Ausdrucks gehört. Ferner kann diese motorische Aktivität<br />

die Aufmerksamkeitsspanne steigern und das Sozialverhalten und die<br />

Kommunikation fördern (vgl. Dennison, 2002, S. 28).<br />

49


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

5 Methoden<br />

5.1 Der Aufmerksamkeits-/Konzentrationstest (Test d2)<br />

Es handelt sich bei dem projektfestgelegten Test um einen Aufmerksamkeits-/Konzentrationstest<br />

(Test d2; Aufmerksamkeits-Belastungs-Test; vgl.<br />

Abb. 15), der im Jahr 1962 von Rolf Brickenkamp (vgl. Brickenkamp,<br />

2002) konstruiert wurde.<br />

Der Test d2 stellt eine standardisierte Weiterentwicklung der so genannten<br />

Durchstreichtests dar. Er misst Tempo und Sorgfalt des Arbeitsverhaltens<br />

bei der Unterscheidung ähnlicher visueller Reize (Detail-diskrimination)<br />

und ermöglicht damit die Beurteilung individueller Aufmerksamkeits- und<br />

Konzentrationsleistungen.<br />

Die Herausforderung des Tests basiert auf dem Zeitdruck und der monotonen<br />

Wiederholung der Aufgaben. Das Testblatt zeigt 14 Zeilen zu je 47<br />

Zeichen. Es gilt die Grundzeichen d und p sowie deren Markierungen (ein<br />

bis vier senkrechte Striche) zu unterscheiden. Mit Bleistift durchzustreichen<br />

sind alle d mit zwei Strichen (Targets). Sie sind eingestreut unter d<br />

mit mehr oder weniger als zwei Strichen sowie unter p mit ein bis vier Strichen,<br />

die alle unmarkiert zu belassen sind. Jede Zeile enthält in unregelmäßiger<br />

Abfolge 21 oder 22 Targets. Man bezeichnet das durchgestrichene<br />

d mit zwei Strichen als relevantes Zeichen und alle anderen Zeichen<br />

als irrelevant. Jede der 14 Zeilen wird als Minitest betrachtet, was eine<br />

Beobachtung des Leistungsverlaufs ermöglicht. Das Verfahren zählt einerseits<br />

die Menge der bearbeiteten Zeichen und andererseits die Qualität<br />

dieser Bearbeitung (Anzahl Fehler). Es existieren verschiedene Vorschläge,<br />

wie diese zwei Indikatoren in einem Messwert kombiniert werden sollen.<br />

50


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Abb. 15: Testzeilen des Aufmerksamkeits-Belastungstest Test d2. Die Abbildung zeigt<br />

die Testzeilen 1- 14 (nach Brickenkamp).<br />

Der qualitative Leistungsaspekt, die Leistungsgüte, ergibt sich aus dem<br />

Fehlerrohwert, der Summe aller Fehler (F). Der besteht aus den Auslassungsfehlern<br />

(F1) und den Verwechslungsfehlern (F2), die addiert und<br />

prozentual auf die Leistungsmenge bezogen werden (Messwert F%).<br />

Der seit 1994 neu eingeführte Konzentrationsleistungswert (KL) besteht<br />

aus der Summe aller richtig durchgestrichenen Zeichen, abzüglich der<br />

Verwechslungsfehler (F2). Der Konzentrationsleistungswert (KL) entspricht<br />

besser dem Sinn und Geist des Tests und seiner Anweisungen als<br />

der früher übliche Messwert (GZ - 2F).<br />

Wegen der vielfältigen Absicherung der Testgütekriterien (Objektivität, Zuverlässigkeit<br />

und Gültigkeit), der einfachen Anwendung, des geringen<br />

Aufwands an Zeit und Material zählt der Test d2 zu den am häufigsten<br />

verwendeten psychodiagnostischen Verfahren und hat auch im Ausland<br />

eine weite Verbreitung gefunden. Inzwischen liegt das Verfahren in vielen<br />

Sprachen vor.<br />

51


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

5.1.1 Testmaterialien<br />

Zum Testmaterial gehören eine Handanweisung, ein Testbogen, zwei<br />

Auswertungsschablonen, ein Auswertungsformblatt, Instruktionen (siehe<br />

Anhang) und eine Stoppuhr.<br />

5.1.2 Einsatzbereiche<br />

Der Test kann mit Personen im Alter von 9 bis 59 Jahren durchgeführt<br />

werden und ist als Einzel- und Gruppentest verwendbar. Seine Verwendung<br />

findet sich in den Bereichen der Berufsberatung und Eignungsdiagnostik,<br />

in der Arbeits-, Betriebs- und Verkehrspsychologie, in der Klinischen<br />

Psychologie, Schulpsychologie und Erziehungsberatung sowie als<br />

Forschungsinstrument (z.B. in der Pharmakopsychologie).<br />

5.1.3 Zuverlässigkeit<br />

Die Werte GZ-F (einfach korrelierte Mengenleistung) und GZ-2F (doppelt<br />

korrigierte Mengenleistung) und KL (Konzentrationsleistung) korrelieren<br />

sehr hoch (Mittelwert r > .93). Erwartungsgemäß sehr hoch ist auch der<br />

Zusammenhang zwischen absolutem und relativem Fehlerwert (F, F%).<br />

Hinsichtlich der internen Konsistenz erweist sich der Test d2 in zahlreichen<br />

Untersuchungen als hoch reliabel (r > .90); auch die Stabilitätskoeffizienten<br />

sind sehr zufrieden stellend.<br />

5.1.4 Gültigkeit<br />

Konstruktvalidität, faktorielle Validität wie auch empirische Validität sind<br />

durch eine große Zahl von Untersuchungen belegt. Wer Zweifel an der<br />

Konzentrationsfähigkeit eines Probanden hat, wer vor schwer erklärbaren<br />

Schul- oder Testleistungen steht, wird nützliche Hinweise (Schnelligkeit,<br />

Arbeitsqualität, Ausdauer, Lernkurve) aus einem Test d2 erfahren. Für<br />

viele Lebens- und Lernsituationen ist eine normale Konzentration, wie im<br />

Test d2 erforderlich, Vorbedingung zum Erfolg. Fast die Hälfte der Hand-<br />

52


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

anweisung ist der Validität des Verfahrens gewidmet und bilden somit die<br />

Basis <strong>für</strong> eine sachgerechte Interpretation.<br />

5.1.5 Normen<br />

Es bestehen geschlechts-, altersgruppen- und schulspezifische Normen<br />

<strong>für</strong> den Altersbereich von 9 bis 20 Jahren (N=3132), sowie Normen <strong>für</strong><br />

Erwachsene von 19 bis 59 Jahren (N = 3000).<br />

5.1.6 Bearbeitungsdauer<br />

Die Durchführung des Tests nimmt in der Regel circa 15 Minuten in Anspruch,<br />

die reine Testzeit liegt bei 4 Minuten und 40 Sekunden (vgl. Brickenkamp,<br />

2002).<br />

5.2 Schul-/Klassenwahl<br />

Die Untersuchung wurde in Absprache mit dem Projektleiter in zwei vierten<br />

Klassen an einer Grundschule in Rheinland-Pfalz durchgeführt. Die<br />

Entscheidung <strong>für</strong> diese Schulart wurde aus Gründen des persönlichen Interesses,<br />

der Ökonomie (Entfernung zum Untersuchungsort) und der<br />

spontanen Bereitschaft der Schulleiterin, am Projekt teilzunehmen, getroffen.<br />

Da es sich im Schuljahr 2006/2007 bis auf die vierte Klasse um eine einzügige<br />

Grundschule handelt, musste vor diesem Hintergrund die Entscheidung<br />

getroffen werden, hinsichtlich der Klassenstufe die beiden vierten<br />

Klassen auszuwählen, da das Untersuchungsdesign eine Treatmentund<br />

eine Kontrollklasse erfordert und der durchzuführende Konzentrationstest<br />

erst bei Kindern ab 9 Jahren angewandt werden soll. Als Untersuchungsklasse<br />

wäre demnach alternativ nur eine dritte Klasse in Frage gekommen;<br />

diese Voraussetzung war aus den oben genannten Gründen<br />

jedoch nicht gegeben.<br />

53


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Die Klasse 4a besteht aus insgesamt 16 Schülerinnen und Schülern, davon<br />

zehn Mädchen und sechs Jungen; 15 Kinder besuchen die Klasse 4b,<br />

wovon acht Kinder Mädchen und sieben Kinder Jungen sind.<br />

Der Schulmorgen beginnt <strong>für</strong> alle Klassen morgens um acht Uhr und endet<br />

<strong>für</strong> die Erst- und Zweitklässer um 11.10 Uhr. Die Dritt- und Viertklässer<br />

verlassen die Schule um 12.10 Uhr bzw. um 13 Uhr.<br />

In der Grundschule Steinweiler findet täglich ein gemeinsames Frühstück<br />

in der Klasse statt. Da<strong>für</strong> ist die viertelstündige Frühstückspause nach<br />

dem ersten Unterrichtsblock in der Zeit von 09.10 - 09.25 Uhr vorgesehen.<br />

Hieran schließt sich eine weitere Pause (Hofpause) von 15 Minuten in der<br />

Zeit von 09.25 - 09.40 Uhr an.<br />

Die Grundschule Steinweiler ist an folgendem rheinland-pfälzischen<br />

Schulprojekt beteiligt:<br />

• „Netzwerk-Schulen <strong>für</strong> Gesundheit 21“ mit dem Motto „Gesund leben<br />

lernen“ unter der Schirmherrschaft des Ministeriums <strong>für</strong> Bildung,<br />

Frauen und Jugend, der Landeszentrale <strong>für</strong> Gesundheitsförderung<br />

in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG) und der Spitzenverbände der<br />

Gesetzlichen Krankenkassen in Rheinland-Pfalz.<br />

In diesem Programm werden gesundheitliche Probleme von Kindern und<br />

Jugendlichen thematisiert. Schulen werden dabei unterstützt, gesundheitlichen<br />

Themen zu vermitteln, sie aufzugreifen und im Schulalltag zu verarbeiten.<br />

Gesundheitsförderung soll die Schülerinnen und Schüler dabei unterstützen,<br />

verantwortlich und achtsam mit sich und dem eigenen Körper umzugehen<br />

und gleichzeitig Rahmenbedingungen schaffen, die die gesundheitliche<br />

Entwicklung von Kindern und Jugendlichen fördern.<br />

Dieses Projekt zielt darauf ab, dass Lehrer und Schüler in einem gesunden<br />

Umfeld lehren und lernen (Gesundes Lernen) und Gesundheit selbst<br />

thematisieren (Lernen <strong>für</strong> Gesundheit) können. Diese umfassende Gesundheitsförderung<br />

soll in der Schule fächerübergreifend und fächerverbindend<br />

stattfinden und das gesamte Schulleben mit einbeziehen.<br />

54


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Inhalte schulischer Gesundheitsförderung können z.B. Haltung und Bewegung,<br />

Essen und Ernährung, Krankheit und Heilung, Stress und Belastung,<br />

Konzentration und Entspannung, Lernen und Lerntechniken sein<br />

(vgl. Landeszentrale <strong>für</strong> Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V.,<br />

2006). Dazu werden auch Seminare <strong>für</strong> interessierte Lehrkräfte angeboten,<br />

die sich hinsichtlich dieses Projekts zu verschiedenen Themen der<br />

Gesundheitsförderung weiterbilden können.<br />

Die Abbildung 15 zeigt die Grundschule Steinweiler, die in der Verbandsgemeinde<br />

Kandel liegt. Steinweiler ist eine kleine Ortschaft in Rheinland-<br />

Pfalz mit knapp 1900 Einwohnern. Die Grundschule ist eine kleine einzügige<br />

Schule, die im Schuljahr 2006/2007 aufgrund eines erhöhten Anstiegs<br />

der Schülerzahlen ausnahmsweise zwei vierte Klassen hat. An der<br />

Schule unterrichten sieben Lehrerinnen und zwei Religionslehrkräfte mit<br />

Stundenverträgen insgesamt 98 Schülerinnen und Schüler.<br />

Abb. 16: Grundschule Steinweiler (Quelle: Internet)<br />

55


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

5.3 Untersuchungsdesign<br />

5.3.1 Testtage<br />

Die Durchführung der Untersuchung erfolgte Ende November 2006 in zwei<br />

vierten Klassen an einer Grundschule. Gemeinsam mit der Schulleiterin<br />

wurde als geeigneter Untersuchungstag <strong>für</strong> die Treatmentklasse (4a) ein<br />

Dienstag und <strong>für</strong> die Kontrollklasse (4b), ein Mittwoch festgelegt.<br />

Von vornherein stand in der Projektplanung fest, dass zwischen der Einführung<br />

des Tests und der eigentlichen Durchführung des Test eine Woche<br />

liegen sollte. Deshalb fiel die Entscheidung <strong>für</strong> die Durchführung der<br />

Untersuchung in der Treatmentklasse auf die beiden Termine 21.11 2006<br />

und 28.11.2006 und <strong>für</strong> die Kontrollklasse auf den 22.11.2006 und<br />

29.11.2006. Der Dienstag und Mittwoch erschienen deshalb als Untersuchungstag<br />

geeignet, da an diesen Schultagen kein Sport- oder Kunstunterricht<br />

erteilt wurde - Fächer, in denen die Schülerinnen und Schüler<br />

ohnehin stark motorisch aktiv sind. Dies stellte ebenfalls einen in der Projektplanung<br />

festgelegten Aspekt dar. Eine Übersicht über die Testtage<br />

zeigt die folgende Tabelle 1.<br />

Tabelle 1: Übersicht Testtage<br />

Treatmentklasse Kontrollklasse<br />

Einführung des Tests Dienstag 21.11.2006 Mittwoch 22.11.2006<br />

Testtag Dienstag 28.11.2006 Mittwoch 29.11.2006<br />

56


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

5.3.2 Stundenplan der Untersuchungsklassen<br />

Der Unterricht fand während des Untersuchungstages wie gewohnt statt<br />

und wurde lediglich während der Durchführung des Tests d2 und der<br />

Treatments unterbrochen.<br />

Den Stundenplan der Klassen an den Untersuchungstagen veranschaulicht<br />

Tabelle 2:<br />

Tabelle 2: Stundenplan beider Klassen<br />

1. Block<br />

08.00 - 09.10 Uhr<br />

2. Block<br />

09.40 - 10.55 Uhr<br />

3. Block<br />

11.10 - 12.00 Uhr<br />

Zeit Treatmentklasse Kontrollklasse<br />

Religion 1 Mathematik<br />

Englisch<br />

Musik<br />

Deutsch<br />

Sachunterricht<br />

Mathematik Religion<br />

5.3.3 Untersuchungszeitpunkte des Tests d2 und der Treatments<br />

Die Durchführung des Aufmerksamkeitstests Test d2 fand, wie in der Projektplanung<br />

vorgesehen, in der Treatment- und in der Kontrollklasse zur<br />

gleichen Uhrzeit statt.<br />

Das Gleiche galt <strong>für</strong> den Zeitpunkt der in der Treatmentklasse angewandten<br />

Treatments beziehungsweise Bewegungspausen: angepasst an den<br />

Schulunterricht, sollten diese möglichst entkoppelt von einer Pause sein<br />

und mindestens einen Abstand von 40 Minuten haben. Ferner war vorgesehen,<br />

den Konzentrationstest nicht direkt nach einem Treatment, sondern<br />

mit mindestens einem Abstand von zehn Minuten, durchzuführen.<br />

1 Da je nach Konfession die Klassen hätten geteilt werden müssen, dies aber aufgrund<br />

der LeBe-Projektvorgaben nicht möglich gewesen wäre, fand hier Klassenunterricht<br />

statt. Mittwochs fand in der Kontrollklasse ebenfalls Klassenunterricht statt.<br />

57


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Diese Vorgaben führten zu der in Tabelle 4 veranschaulichten Planung der<br />

Durchführung des Aufmerksamkeits-Belastungstests (Test d2) in beiden<br />

Klassen sowie der Bewegungstreatments in der Treatmentklasse.<br />

Der Test d2 wurde, wie Tabelle 2 zeigt, am Dienstag, den 21.11 und Mittwoch,<br />

den 22.11.2006 - jeweils in der Klassen eingeführt. Dieser Test galt<br />

nur als Probe, die Werte zählten nicht und wurden anschließend auch<br />

nicht ausgewertet. Diese Testeinführung zielte darauf ab, die Reaktionen<br />

der Schülerinnen und Schüler zu erfahren und zu erkennen, wie sie spontan<br />

auf die Testsituation und den Test reagieren. Es galten die gleichen<br />

Regeln und Vorgaben bei den Instruktionen des Tests, wie eine Woche<br />

später am eigentlichen Testtag.<br />

Eine Woche später (28.11.2006) wurde der erste Test d2 um 8 Uhr morgens<br />

in der Treatmentklasse durchgeführt. Die so festgestellte Konzentrationsleistung<br />

der Schülerinnen und Schüler direkt zu Beginn des Schulvormittags<br />

sollte als Ausgangswert dienen. Der zweite Test d2 wurde von<br />

den Kindern in der dritten Stunde - an der Untersuchungsschule im zweiten<br />

Block - um 10.45 Uhr bearbeitet. Die Bearbeitung des dritten Tests d2<br />

fand am Ende der fünften Stunde - in der Untersuchungsschule im dritten<br />

Block - um 11.50 Uhr statt.<br />

Angepasst an die oben genannten Vorgaben erfolgte in der Treatmentklasse<br />

die Durchführung des ersten Treatments („Energiegähnen“)<br />

um 08.15 Uhr. Das zweite Treatment („Liegende Acht“) folgte während des<br />

zweiten Blocks um 10.15 Uhr und das dritte Treatment („Wadenpumpe“)<br />

im dritten Block um 11.40 Uhr. Zur Veranschaulichung ist in Tabelle 3 die<br />

zeitliche Durchführung der Untersuchung dargestellt.<br />

58


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Tabelle 3: Zeitliche Durchführung der Studie an den beiden Untersuchungstagen<br />

1.Block<br />

2.Block<br />

3.Block<br />

Legende<br />

Test d2<br />

5.3.4 Testdurchführung<br />

Zeit Treatmentklasse Kontrollklasse<br />

08.00 Uhr 1. Test d2 1. Test d2<br />

08.15 Uhr<br />

10.15 Uhr<br />

1. Treatment<br />

“Energiegähnen”<br />

2. Treatment<br />

“Liegende Acht”<br />

10.45 Uhr 2. Test d2 2. Test d2<br />

11.40 Uhr<br />

3. Treatment<br />

“Wadenpumpe”<br />

11.50 Uhr 3. Test d2 3. Test d2<br />

Treatment<br />

Es wurde vom Projekt festgelegt, den Test d2 in der ersten, dritten und<br />

fünften Schulstunde in der Kontroll- und Treatmentklasse durchzuführen.<br />

An der an der Untersuchung teilnehmenden Grundschule Steinweiler wird<br />

nicht in klassischen Schulstunden im Rhythmus von 45 Minuten unterrichtet,<br />

sondern die Aufteilung des Unterrichts ist in Blöcken organisiert.<br />

59


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Tabelle 4: Zeitfenster des Unterricht und der Pausen während eines Schulvormittags<br />

Legende<br />

1. Block 08.00 - 09.10 Uhr<br />

09.10 - 09.25 Uhr: 15 Min. Frühstückspause<br />

09.25 - 09.40 Uhr: 15 Min. Hofpause<br />

2. Block 09.40 - 10.55 Uhr<br />

10.55 - 11.10 Uhr: 15 Min. Hofpause<br />

3. Block 11.10 - 12.00 Uhr<br />

12.00 - 12.10 Uhr: 10 Min. Hofpause<br />

4. Block 12.10 - 13.00 Uhr<br />

Unterricht<br />

Pause<br />

Bis 12.10 Uhr, zum Ende des dritten Blocks, waren die Untersuchungen<br />

abgeschlossen.<br />

60


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

6 Auswertung und Interpretation<br />

6.1 Schul-, Klassen- und Altersspezifische Rahmenbedingungen<br />

6.1.1 Die Untersuchungsschule<br />

Bei der Grundschule Steinweiler handelt es sich um eine kleine einzügige<br />

Grundschule, in der im Schuljahr 2006/2007 insgesamt 98 Schülerinnen<br />

und Schüler von sieben Lehrerinnen und zwei Religionslehrkräften mit<br />

Stundenverträgen unterrichtet werden. Das Fach Sport wird von zwei Lehrerinnen<br />

ohne spezielle Sportausbildung unterrichtet. Die Schule liegt in<br />

einem kleinen Ort in ländlichem Einzugsbereich. Es gibt keinen Ausländeranteil<br />

in der Gruppe der Schülerinnen und Schüler.<br />

6.1.2 Klasse<br />

Bei der <strong>für</strong> die Testdurchführung relevanten Schulklasse handelt es sich<br />

um zwei vierte Klassen mit 16 (Klasse 4a) beziehungsweise 15 Schülern<br />

(Klasse 4b) in der Altersstufe von neun bis elf Jahren.<br />

Die Klasse 4a (Treatmentklasse) besteht aus insgesamt 16 Schülerinnen<br />

und Schülern, davon zehn Mädchen und sechs Jungen; 15 Kinder besuchen<br />

die Klasse 4b, wovon acht Kinder Mädchen und sieben Kinder Jungen<br />

sind. Am Testtag fehlte in der Klasse 4a krankheitsbedingt ein Schüler.<br />

Demnach ergab sich <strong>für</strong> den Untersuchungszeitpunkt eine Population<br />

von insgesamt 30 Schülern (vgl. Tabelle 5).<br />

Tabelle 5: Anzahl (N) der Mädchen und Jungen aus Kontroll- und Treatmentklasse<br />

Geschlecht Mädchen Jungen<br />

Treatmentklasse 10 5<br />

Kontrollklasse 8 7<br />

61


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

6.1.3 Alter<br />

Die Kinder waren im Alter zwischen neun und elf Jahren. In einer entwicklungspsychologischen<br />

Perspektive stellt dieses Alter einen Zeitabschnitt<br />

dar, der <strong>für</strong> motorisches Lernen als ausgesprochen günstig angesehen<br />

wird. Kinder dieser Altersgruppe sind eher bewegungsneugierig und an<br />

der Lösung von Bewegungsaufgaben höchst interessiert. Dabei lassen<br />

sich Jungen und Mädchen in der Entwicklung der motorischen Grundfähigkeiten<br />

noch nicht unterscheiden und weisen die gleichen Leistungsniveaus<br />

auf, weshalb sie auch gemeinsam sportlich tätig sind und zusammen<br />

im Fach Sport unterrichtet werden können (vgl. Größing, 2002, S.<br />

13).<br />

Tabelle 6: Anzahl (N) der Mädchen und Jungen in Abhängigkeit zum Alter (w = weiblich,<br />

m = männlich)<br />

Alter 9 Jahre 10 Jahre 11 Jahre<br />

Geschlecht w m w m w M<br />

Treatmentklasse 8 2 2 3 0 0<br />

Kontrollklasse 4 1 4 5 0 1<br />

6.2 Vom ersten Kontakt bis zum Ende der Studie<br />

Die Herstellung des Kontakts zur Schule zeigte sich als sehr unproblematisch.<br />

Im Vorfeld gab es - neben den mündlichen Vorbesprechungen mit<br />

der Schulleiterin - ein Schulleiterschreiben und einen Elternbrief, in denen<br />

das Lebe-Projekt dargestellt und über die Untersuchung informiert wurde.<br />

(siehe Anhang). Von Seiten der Eltern gab es keine einzige Rückfrage,<br />

was als Indikator <strong>für</strong> eine gelungene transparente und nachvollziehbare<br />

62


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Vermittlung des Lebe-Projekts und des Untersuchungsinhalts im Rahmen<br />

des Elternbriefes gewertet werden kann.<br />

Sowohl die Schulleiterin als auch die Klassenlehrerin - beide unterrichten<br />

die Untersuchungsklassen - zeigten sich sehr interessiert an der Fragestellung<br />

der Untersuchung und ermöglichten die <strong>für</strong> die Durchführung der<br />

Untersuchung erforderlichen Freiräume. Sowohl routiniert als auch flexibel<br />

gestalteten sie die Übergänge zwischen den Unterrichtsphasen, den<br />

Treatmentdarbietungen und Testzeitpunkten. Hinsichtlich der Einschätzung<br />

der beiden Klassen bezüglich ihrer Leistungsfähigkeit während des<br />

aktuell laufenden Schuljahres wurde die Treatmentklasse von den beiden<br />

Lehrerinnen als die etwas „stärkere“ Klasse wahrgenommen.<br />

6.2.1 Erfahrungen während der Testeinführung mit dem Vortest<br />

Der Aufmerksamkeits-Belastungstest Test d2 wurde im Rahmen eines<br />

Vortests den Schülerinnen und Schülern präsentiert. Mit dieser im Lebe-<br />

Projekt verankerten Vorgehensweise wurde das Ziel verfolgt, die Schülerinnen<br />

und Schüler mit der Testsituation vertraut zu machen. Insgesamt<br />

gestaltete sich die Testeinführung in beiden Klassen problemlos.<br />

Treatmentklasse<br />

Die Instruktionen der Handreichungen zum Test d2 waren sehr gut konzipiert,<br />

so dass in der Treatmentklasse die Testeinführung sich einfach gestaltete<br />

und seitens der Schülerinnen und Schüler es nur zu einer Rückfrage<br />

kam, die sofort geklärt werden konnte. Die Schulleiterin (Klassenlehrerin)<br />

nahm freiwillig am Konzentrationstest teil. Nach 20 Minuten waren die<br />

Einführung und die einmalige Durchführung des Vortests in der Treatmentklasse<br />

abgeschlossen (21.11.2006; 8.00 - 8.20 Uhr).<br />

Kontrollklasse<br />

In der Kontrollklasse stellte sich die Testeinführung ebenfalls als unproblematisch<br />

dar; hier kam es zu mehreren Rückfragen seitens der Schüler.<br />

63


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Ein Kind stoppte trotz der gegebenen Vorinstruktionen bei der Durchführung<br />

des Test d2 während der Bearbeitung des Tests nach der Bearbeitung<br />

der ersten Zeile und wartete auf ein erneutes Startkommando. Die<br />

Instruktion lautete jedoch, bei „Stopp“ ohne weitere Pause in die nächste<br />

Zeile zu wechseln. Dies hatte das Kind missverstanden. Auch in der Kontrollklasse<br />

nahm die Klassenlehrerin freiwillig an der Bearbeitung des Test<br />

d2 teil. In der Kontrollklasse dauerte die Einführung und die einmalige<br />

Durchführung des Vortests 25 Minuten (22.11.2006; 8.00 - 8.25 Uhr).<br />

6.2.2 Erfahrungen während der Testdurchführung an den Untersuchungstagen<br />

Treatmentklasse<br />

Eine Woche nachdem die Schülerinnen und Schüler mit dem Test d2 bekannt<br />

gemacht worden waren, erfolgte die Darbietung des Aufmerksamkeitstests<br />

Test d2 während drei Messzeitpunkten. Jedem Messzeitpunkt<br />

ging - bis auf die erste Testung - unmittelbar ein Treatment voraus. Das<br />

erste Treatment erfolgte analog der Projektplanung 15 Minuten nach der<br />

ersten Bearbeitung des Konzentrationstests, das zweite und dritte Treatment<br />

gingen der zweiten beziehungsweise dritten Bearbeitung des Tests<br />

voraus (vgl. Tabelle 3). Während der Treatments war zu beobachten, dass<br />

die Kinder teilweise lachten, während sie an die Bearbeitung des Test d2<br />

ruhig und konzentriert herangingen.<br />

Ein Schüler konnte wegen Krankheit nicht teilnehmen. Die geplante Videoaufzeichnung<br />

der Klasse konnte nicht realisiert werden, da der Fotograf<br />

am Untersuchungstag einen Unfall hatte.<br />

Kontrollklasse<br />

In der Kontrollklasse wirkten die Schülerinnen und Schüler bei der Bearbeitung<br />

des Test d2 im ersten Durchgang sehr konzentriert, im zweiten<br />

Durchgang kam es zu erstem „Stöhnen“ und Fragen wie: „Wieso müssen<br />

wir den Test noch mal machen?“ und: „Wir möchten lieber etwas anderes<br />

64


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

machen.“ Ein Kind brach die Bearbeitung des Test d2 während des dritten<br />

Durchgangs ab, wohingegen die Klasse insgesamt sich nochmals anzustrengen<br />

schien.<br />

6.3 Auswertung und Veranschaulichung der Ergebnisse<br />

Im Folgenden werden die Konzentrationsleistungsmittelwerte (KL-<br />

Mittelwert) in Bezug auf Alter, Geschlecht und Klasse tabellarisch und graphisch<br />

dargestellt und erläutert.<br />

6.3.1 KL-Werte beider Klassen in der Treatment- und Kontrollklasse<br />

KL-Wert<br />

182<br />

180<br />

178<br />

176<br />

174<br />

172<br />

170<br />

168<br />

166<br />

164<br />

162<br />

160<br />

158<br />

156<br />

154<br />

152<br />

150<br />

Kontrollklasse<br />

Treatmentklasse<br />

1.Test 2. Test 3. Test<br />

65<br />

Differenz<br />

von 0,2<br />

KL-Leistungs-<br />

punkten!


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Abb. 16: Konzentrationsleistungwert (KL) im Aufmerksamkeits-Belastungstest (Test d2,<br />

Brickenkamp, 2002). Veränderungen im Verlauf eines Schulvormittags in beiden vierten<br />

Klassen.<br />

Aus Abbildung 16 und Tabelle 7 wird ersichtlich, dass bei beiden Klassen<br />

die Konzentrationsleistungsmittelwerte ansteigen. Der Ausgangswert ist in<br />

der Treatmentklasse geringfügig niedriger als bei der Kontrollklasse.<br />

Tabelle 7: KL-Mittelwerte der beiden Untersuchungsklassen<br />

Klasse/Test Treatmentklasse Kontrollklasse<br />

Test 1 151,47 152,33<br />

Test 2 171,33 169,73<br />

Test 3 179,31 178,93<br />

Gesamt 167,31 167,00<br />

In der Treatmentklasse findet sich ein Anstieg zwischen dem ersten und<br />

zweiten Testzeitpunkt um 19,86 KL-Punkte. In der Kontrollklasse zeigt sich<br />

zu diesem Testzeitpunkt eine Steigerung von 17,40 KL-Punkten.<br />

Zwischen dem zweiten und dritten Messzeitpunkt ergibt sich <strong>für</strong> die<br />

Treatmentklasse eine Steigerung von 7,98 KL-Punkten, während in der<br />

Kontrollklasse ein Anstieg von 9,20 KL-Punkten stattfindet. Der KL-<br />

Gesamtwert beider Klassen ist nahezu identisch.<br />

66


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

6.3.2 KL-Werte von Mädchen und Jungen in der Treatmentklasse<br />

Tabelle 8: Konzentrationsleistungsmittelwerte (KL) von Mädchen und Jungen in der<br />

Treatmentklasse<br />

Geschlecht N Konzentrationsleistung<br />

Mädchen 10 173,33<br />

Jungen 5 155,26<br />

Tabelle 8 zeigt über alle drei Testzeitpunkte hinweg einen Unterschied von<br />

insgesamt 18,07 KL-Punkten zwischen Mädchen und Jungen in der<br />

Treatmentklasse.<br />

6.3.3 KL-Werte von Mädchen und Jungen in der Kontrollklasse<br />

Tabelle 9: Konzentrationsleistungsmittelwerte (KL) von Mädchen und Jungen in der Kontrollklasse<br />

Geschlecht N Konzentrationsleistung<br />

Mädchen 8 171,25<br />

Jungen 7 162,14<br />

Tabelle 9 zeigt über alle drei Testzeitpunkte hinweg eine Differenz von<br />

insgesamt 9,11 KL-Punkten zwischen Mädchen und Jungen in der Kontrollklasse.<br />

67


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

6.3.4 Darstellung der KL-Werte in Bezug auf das Alter<br />

Tabelle 10: Anzahl (N) der Mädchen und Jungen in Abhängigkeit zum Alter<br />

Alter 9 Jahre 10 Jahre 11 Jahre<br />

Geschlecht w m w m w m<br />

Treatmentklasse 8 2 2 3 0 0<br />

Kontrollklasse 4 1 4 5 0 1<br />

Tabelle 10 dient der Veranschaulichung der Anzahl der Kinder unterschieden<br />

nach Altersgruppe und Geschlecht in der Treatment- und Kontrollklasse.<br />

In der Treatmentklasse ist der Anteil der Mädchen doppelt so<br />

hoch wie in der Kontrollklasse.<br />

6.3.5 KL-Mittelwerte von Mädchen und Jungen in Bezug auf das Alter<br />

und Klasse<br />

Aus der folgenden Tabelle 11 kann entnommen werden, dass zum Beispiel<br />

innerhalb der Gruppe der 10-jährigen Mädchen in der Treatmentklasse<br />

ein Unterschied von 38,33 KL-Punkten (207,33 minus 169,00) besteht.<br />

In der Kontrollklasse liegt diese Differenz bei 69,00 KL-Punkten (223,00<br />

minus 154,00).<br />

68


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Tabelle 11: Konzentrationsleistungsmittelwerte (KL) aller drei Messzeitpunkte im Vergleich<br />

nach Alter und Geschlecht je Schüler<br />

Legende<br />

9 Jahre 10 Jahre 11 Jahre<br />

Geschlecht Kontrollklasse Treatmentklasse<br />

Mädchen<br />

Jungen<br />

180,33 188,00<br />

155,00 183,00<br />

155,67 207,33<br />

154,00 180,00<br />

223,00 137,00<br />

187,33 169,00<br />

160,67 169,00<br />

154,00 202,00<br />

167,67<br />

130,33<br />

158,33 187,00<br />

142,33 134,67<br />

182,00 143,00<br />

168,33 156,67<br />

169,33 155,00<br />

147,00<br />

167,67<br />

69


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Aus Tabelle 11 kann ebenso festgestellt werden, dass zum Beispiel innerhalb<br />

der Gruppe der 10-jährigen Mädchen in der Treatmentklasse ein Unterschied<br />

von 38,33 KL-Punkten (207,33 minus 169,00) besteht. In der<br />

Kontrollklasse liegt diese Differenz bei 69,00 KL-Punkten (223,00 minus<br />

154,00).<br />

Innerhalb der Gruppe der 10-jährigen Jungen in der Treatmentklasse ein<br />

Unterschied von 52,33 KL-Punkten (187,00 minus 134,67) besteht. In der<br />

Kontrollklasse liegt diese Differenz bei 39,67 KL-Punkten (182,00 minus<br />

142,33).<br />

Am Beispiel der 10-jährigen Mädchen aus der Treatmentklasse fällt auf,<br />

dass sie sich hinsichtlich des KL-Werts um 38,33 Punkte unterscheiden,<br />

was auf eine Homogenität innerhalb dieser Gruppe hindeuten könnte.<br />

Bei der Kontrollklasse liegt die Differenz bei 69,00 KL-Punkten, was eher<br />

auf eine heterogene Verteilung der Konzentrationsleistungsfähigkeit innerhalb<br />

der Gruppe der 10-jährigen Mädchen verweist.<br />

Abbildung 17 ist zur Veranschaulichung nochmals graphisch in einem<br />

Säulendiagramm dargestellt. Hier wird deutlich, dass die 10-jährigen Mädchen<br />

in der Treatmentklasse den höchsten Konzentrationsleistungsmittelwert<br />

(188,16 KL-Punkte) erreichen; der gleiche Effekt zeigt sich <strong>für</strong> die<br />

Kontrollklasse mit einem etwas geringeren Konzentrationsleistungsmittelwert<br />

(179,58 KL-Punkte).<br />

70


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

Kontrollklasse Treatmentklasse<br />

0<br />

154,89<br />

155,83<br />

158,33<br />

161,66<br />

162,31<br />

168,33<br />

169,62<br />

179,58<br />

188,16<br />

11-jährige Jungen<br />

10-jährige Jungen<br />

10-jährige Mädchen<br />

9-jährige Jungen<br />

9-jährige Mädchen<br />

150 153 156 159 162 165 168 171 174 177 180 183 186 189<br />

Abb. 17: Konzentrationsleistungsmittelwerte (KL) aller drei Messzeitpunkte im Vergleich<br />

nach Alter und Geschlecht<br />

Bei der Betrachtung der Ergebnisse in den Tabellen und Abbildungen<br />

muss die Anzahl der Mädchen und Jungen in den beiden Untersuchungsklassen<br />

beachtet werden.<br />

71<br />

KL-Wert


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

6.4 Diskussion der Ergebnisse<br />

Wie in Kapitel 6.3 bereits dargestellt, finden sich kaum Unterschiede hinsichtlich<br />

der Konzentrationsfähigkeit in beiden Klassen.<br />

Inwieweit die angewandten Treatments einen Effekt auf die geringfügig<br />

besseren Konzentrationsleistungswerte in der Treatmentklasse im Vergleich<br />

mit der Kontrollklasse hatten, muss vor dem Hintergrund der sehr<br />

kleinen Untersuchungspopulation (n=30) sehr vorsichtig interpretiert werden.<br />

Eine Aussage dahingehend, dass kurze Bewegungseinheiten im Unterricht<br />

einen positiven Effekt auf die Konzentrationsfähigkeit bei Schülerinnen<br />

und Schülern der Altersgruppe neun bis zehn haben, ist vor dem Hintergrund<br />

der in dieser Untersuchung ermittelten Werte nicht zulässig.<br />

Es finden sich allenfalls tendenziell Hinweise dahingehend, das die eingesetzten<br />

Bewegungstreatments möglicherweise in Zusammenhang mit dem<br />

etwas besseren Abschneiden der Treatmentklasse im Vergleich zur Kontrollklasse<br />

stehen könnten; dies wäre jedoch durch weitere Untersuchungen<br />

mit größeren Stichproben zu überprüfen, um hier signifikante Ergebnisse<br />

erzielen zu können.<br />

Da sich eine Steigerung hinsichtlich der Konzentrationsleistungsfähigkeit<br />

sowohl in der Treatment- als auch in der Kontrollklasse feststellen lässt,<br />

wenn man die Durchschnittskonzentrationsleistung jedes einzelnen Kindes<br />

über die drei Messzeitpunkte hinweg <strong>für</strong> sich betrachtet, könnte dies einen<br />

Hinweis darauf darstellen, dass ein Übungs- und Lerneffekt bei der Bearbeitung<br />

des Aufmerksamkeits-Belastungstests (Test d2) von Brickenkamp<br />

(2002) eingetreten ist. Dordel und Breithecker (2003) vertreten in der von<br />

ihnen durchgeführten Studie jedoch die Auffassung, dass der Test d2 „als<br />

nicht übungsabhängig gilt“ (Dordel & Breithecker, 2003, S. 7). Dieser<br />

Sachverhalt erscheint klärungsbedürftig.<br />

Wird die Schulsituation in die Überlegungen miteinbezogen, so lässt sich<br />

feststellen, dass die kleinen Klassen, in denen der Unterricht stattfindet,<br />

72


Gehirnphysiologische Aspekte der Aufmerksamkeit: Entwicklung und Förderung durch Bewegung<br />

einen Indikator <strong>für</strong> ein <strong>für</strong> die Schülerinnen und Schüler sehr förderlich anzusehendes<br />

vorhandenes Lernklima darstellen könnte, da auf Seiten der<br />

Lehrkräfte Raum <strong>für</strong> individuelles Arbeiten mit den Schülern gegeben ist.<br />

Hinsichtlich der Bewegungspausen während eines Schulvormittags (vgl.<br />

Tabelle 4) lässt sich feststellen, dass die Kinder zwischen 8.00 - 13.00 Uhr<br />

insgesamt 55 Minuten Pause und damit sehr viel Gelegenheit <strong>für</strong> motorische<br />

Aktivitäten haben. Dieser Sachverhalt könnte auch darauf hinweisen,<br />

dass Schulleitung und Lehrerkollegium dem natürlichen Bewegungsbedürfnis<br />

der Schülerinnen und Schüler gerecht werden wollen.<br />

Einige bislang vorgelegte empirische Arbeiten weisen auf vielfältige positive<br />

Effekte einer „Bewegten Schule“ hin , wie beispielsweise hinsichtlich<br />

Steigerungen der motorischen Leistungsfähigkeit, verbesserter konzentrativer<br />

Leistungsfähigkeiten, hinsichtlich einer Zunahme der sozialen Kompetenzen,<br />

der Selbständigkeit und der Schul- und Lernzufriedenheit der<br />

Kinder sowie hinsichtlich einer Verbesserung des Unterrichtsklimas (vgl.<br />

Dordel & Breithecker, 2003, S. 3; Wamser & Leyk, 2003, S. 112).<br />

In sich rasant verändernden modernen Industrienationen stellt die Schule<br />

eine der vielleicht bedeutsamsten Bildungsinstitutionen dar. Ihre Aufgabe<br />

besteht darin, Kindern systematische Lerngelegenheiten zu bieten. Die<br />

Schule soll ihnen ermöglichen, über den jeweiligen Fachunterricht sich ein<br />

Wissensfundament aufzubauen, das ihnen bei der Auseinandersetzung<br />

mit zunehmend komplexer werdenden Forderungen des Alltags hilft<br />

(vgl. Köller & Baumert, 2002, S. 756).<br />

„Bewegte Schulen“ scheinen <strong>für</strong> die Erreichung dieses Ziels über die Implementierung<br />

von mehr Bewegung in den Unterricht einen wichtigen Beitrag<br />

leisten zu können - da<strong>für</strong> finden sich, wie der Blick auf die aktuelle<br />

Forschungslage zeigt, vermehrt Hinweise. Motorische Tätigkeiten während<br />

der Lernphasen im Unterricht sollten nicht als Störungen aufgefasst werden,<br />

sondern als conditio sine qua non <strong>für</strong> Lernen begriffen werden. Es<br />

bleibt dem Ansatz zu wünschen, dass er weiterhin reges Forschungsinteresse<br />

erfährt und noch mehr Verbreitung in der Gesellschaft findet.<br />

Hierzu einen kleinen Beitrag zu leisten, war das Ziel dieser Arbeit.<br />

73


Literaturverzeichnis<br />

7 Literaturverzeichnis<br />

Balz, E., Kößler, P. & Neumann, P. (2001). Bewegte Schule. Ein Programm<br />

auf dem Prüfstand. Spectrum der Sportwissenschaften,<br />

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im Kindesalter - interdisziplinäre Aspekte. Berlin: Verlag<br />

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frühkindlicher Reflexe und ihre Auswirkungen auf Lernen und Verhalten.<br />

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VAK Verlags GmbH.<br />

Dennison, P. E. & Dennison, G. (1993b). EK <strong>für</strong> Kinder: Das Handbuch<br />

der EDU-Kinestetik <strong>für</strong> Eltern, Lehrer und Kinder jeden Alters. (8.<br />

Aufl.). Freiburg im Breisgau: VAK Verlags GmbH.<br />

Dennison, P. E. & Dennison, G. (2002). Brain-Gym ® -Lehrerhandbuch (12.<br />

Aufl.). Kirchzarten bei Freiburg: VAK Verlags GmbH.<br />

Der Brockhaus (2001). Psychologie: Fühlen, Denken und Verhalten verstehen.<br />

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(noch nicht veröffentlicht).<br />

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Gedanken zur pädagogischen Konzeption. In R. Klupsch-<br />

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Bewegungschancen im Schulleben. Beispiele <strong>für</strong> alle Fächer.<br />

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Borgmann publishing.<br />

Ministerium <strong>für</strong> Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg (2004). Kultus<br />

und Unterricht: Bildungsplan <strong>für</strong> die Grundschule - Lehrplanheft<br />

1/2004. Villingen-Schwenningen: Neckar-Verlag.<br />

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keit von Lernprozessen. Pluspunkt (2). [Online]. Available:<br />

http://www.pluspunktonline.de/pp_02_05/pp_02_05_bewegung.html<br />

(Stand: 4.1.07)<br />

77


8 Abbildungsverzeichnis<br />

Abb. 1: Regensburger Projektgruppe (2001). Bewegte Schule - Anspruch<br />

und Wirklichkeit: Grundlagen, Untersuchungen, Empfehlungen.<br />

Schorndorf: Hofmann.<br />

Abb. 2: Spitzer, M. (1996). Geist im Netz: Modelle <strong>für</strong> Lernen, Denken und<br />

Handeln. Heidelberg; Berlin; Oxford: Spektrum Akad. Verl., S. 96.<br />

Abb. 3: Miram, W. & Scharf, K.-H. (Hrsg.) (2002). Biologie heute SII. Hannover:<br />

Schroedel Verlag GmbH, S. 317.<br />

Abb. 4: Springer, S. P. & Deutsch, G. (1998). Linkes Rechtes Gehirn. (4.<br />

Aufl.) Heidelberg; Berlin: Spektrum Akad. Verl., S. 178.<br />

Abb. 5: Spitzer, M. (1996). Geist im Netz: Modelle <strong>für</strong> Lernen, Denken und<br />

Handeln. Heidelberg; Berlin; Oxford: Spektrum Akad. Verl., S. 215.<br />

Abb. 6: Frisch entstandene Nervenzelle. [Online]. Available:<br />

http://www.spiegel.de/dossiers/bildung/0,1518,grossbild-626518-<br />

244145,00.html (Stand. 16.1.07).<br />

Abb. 7: Spitzer, M. (1996). Geist im Netz: Modelle <strong>für</strong> Lernen, Denken und<br />

Handeln. Heidelberg; Berlin; Oxford: Spektrum Akad. Verl., S. 19.<br />

Abb. 8: Miram, W. & Scharf, K.-H. (Hrsg.) (2002). Biologie heute S II. Hannover:<br />

Schroedel Verlag GmbH, S. 309.<br />

Abb. 9: Hannaford, C. (2004). Bewegung das Tor zum Lernen. (4. Aufl.).<br />

Kirchzarten: VAK Verlags GmbH, S. 26.<br />

Abb. 10: Bayrhuber, H., Kull, U., Bäßler, U., Hopmann, J. & Rüdiger, W.<br />

(Hrsg.) (2003). Linder Biologie. (21. Aufl.) Hannover: Schroedel, S.<br />

212.<br />

Abb. 11: Schmidt-Atzert, L., Büttner, G. & Bühner, M. (2004). Theoretische<br />

Aspekte von Aufmerksamkeits-/Konzentrationsdiagnostik. In G.<br />

Büttner & L. Schmidt-Atzert (Hrsg.), Diagnostik von Konzentration<br />

und Aufmerksamkeit (S. 3-22). Göttingen: Hogrefe-Verlag.<br />

Abb. 12: Stiller, K. (1996). Brain-Gym-Übungen zur Bahnung des Zusammenspiels<br />

beider Gehirnhälften. PZ-Information: Bewegung - Das<br />

Tor zum Lernen 12/96, S. 42.<br />

Abb. 13: Stiller, K. (1996). Brain-Gym-Übungen zur Bahnung des Zusammenspiels<br />

beider Gehirnhälften. PZ-Information: Bewegung - Das<br />

Tor zum Lernen 12/96, S. 44.<br />

78


Abb. 14: Stiller, K. (1996). Brain-Gym-Übungen zur Bahnung des Zusammenspiels<br />

beider Gehirnhälften. PZ-Information: Bewegung - Das<br />

Tor zum Lernen 12/96, S. 51.<br />

Abb. 15: Brickenkamp, R. (2002). Test d2. Aufmerksamkeits-Belastungs-<br />

Test (9. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.<br />

Abb. 16: Ortsgemeinde Steinweiler. (2007). [Online]. Available:<br />

http://www.steinweiler.de/home.htm (Stand 6.1.07)<br />

79


9 Anhang<br />

80


<strong>Pädagogische</strong> <strong>Hochschule</strong> <strong>Karlsruhe</strong><br />

University of Education · École Supérieure de Pédagogie<br />

Fakultät III, <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Bewegungserziehung und Sport<br />

Prof. Dr. Norbert Fessler<br />

<strong>Pädagogische</strong> <strong>Hochschule</strong> · Postfach 11 10 62 · D-76060 <strong>Karlsruhe</strong><br />

Sport, Spiel und Bewegung:<br />

Bild- und Tonaufnahmen<br />

der <strong>Pädagogische</strong>n <strong>Hochschule</strong> <strong>Karlsruhe</strong><br />

zu Aus- und Fortbildungszwecken<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Eltern,<br />

Name:<br />

Telefon (0721) 925-<br />

Telefax (0721) 925-<br />

E-Mail:<br />

Fessler<br />

4670<br />

5141<br />

norbert.fessler<br />

@ph-karlsruhe.de<br />

seit den Ergebnissen der PISA-Studie ist in Deutschland die Schullandschaft in Bewegung<br />

geraten. Die verantwortlichen Bildungspolitiker Baden-Württembergs sind nicht untätig<br />

geblieben. Sie haben den „Bildungsplan 2004“ auf den Weg gebracht, der z.B. Bildungsstandards<br />

formuliert und ein Schulcurriculum fordert.<br />

Dabei kommt dem Fach Sport eine besondere Rolle zu: Es zeigt sich, dass Erziehungs-<br />

und Bildungsqualitäten von Sport und Bewegung an der Schule sich nicht nur auf Zielsetzungen<br />

beschränken wie beispielsweise Fitness oder Leistungserziehung. Sport und Bewegung<br />

können auch unmittelbar den Lernerfolg von Kindern und Jugendlichen positiv<br />

beeinflussen.<br />

Das <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Bewegungserziehung und Sport der <strong>Pädagogische</strong>n <strong>Hochschule</strong> <strong>Karlsruhe</strong><br />

entwickelt deshalb vielfältige Ideen <strong>für</strong> den Schulalltag, die verschiedene Zielsetzungen von<br />

Sport, Spiel und Bewegung beinhalten.<br />

Diese sollen mit Ihren Kindern erprobt, in Bild und Ton festhalten und <strong>für</strong> Aus- und Fortbildungszwecke<br />

zur Verfügung gestellt werden (z.B. in den Seminaren <strong>für</strong> Lehramtsstudierende<br />

der <strong>Pädagogische</strong>n <strong>Hochschule</strong>, in Fortbildungsveranstaltungen <strong>für</strong> Lehrer,<br />

in Büchern zu Sport, Spiel und Bewegung wie auch im Internet zu Fortbildungszwecken).<br />

Bei diesen Projekten geht es nicht um das einzelne Kind, vielmehr stehen<br />

Sport, Spiel, Bewegung im Vordergrund sowie die jeweilige Altersgruppe bzw. Schulklasse.<br />

Wir hoffen auf Ihre Unterstützung, indem Sie Ihren Kindern die Teilnahme erlauben, ebenso<br />

die Veröffentlichung der Bild- und Tondokumente zu Aus- und Fortbildungszwecken.<br />

gez.<br />

Prof. Dr. Norbert Fessler<br />

<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Bewegungserziehung und Sport<br />

Hiermit erlaube ich meiner Tochter / meinem Sohn ______________________________<br />

an den Bewegungsprojekten der <strong>Pädagogische</strong>n (Name/Vorname)<br />

<strong>Hochschule</strong> <strong>Karlsruhe</strong> teilzunehmen und bin<br />

damit einverstanden, dass die in Bild und Ton festgehaltenen Bewegungsprojekte<br />

zu Zwecken der Aus- und Fortbildung veröffentlicht werden können.<br />

------------------------------- ---------------------------------------------<br />

Ort, Datum Unterschrift Erziehungsberechtigte/r<br />

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<strong>Pädagogische</strong> <strong>Hochschule</strong> <strong>Karlsruhe</strong><br />

University of Education · École Supérieure de Pédagogie<br />

Fakultät III, <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Bewegungserziehung und Sport<br />

Prof. Dr. Norbert Fessler<br />

<strong>Pädagogische</strong> <strong>Hochschule</strong> · Postfach 11 10 62 · D-76060 <strong>Karlsruhe</strong><br />

Macht Toben schlau(er)? Unterrichtliche<br />

Ansätze und Diagnostik zur Förderung der<br />

Lernbereitschaft durch Bewegung. („Lebe“-<br />

Projekt)<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Eltern,<br />

<strong>Karlsruhe</strong>, den<br />

Name:<br />

Telefon (0721) 925-<br />

Telefax (0721) 925-<br />

E-Mail:<br />

23. Juni 2008<br />

Fessler<br />

4670<br />

5141<br />

82<br />

norbert.fessler<br />

@ph-karlsruhe.de<br />

seit den Ergebnissen der PISA-Studie ist in Deutschland die Schullandschaft in<br />

Bewegung geraten. Die verantwortlichen Bildungspolitiker Baden-Württembergs<br />

sind nicht untätig geblieben. Sie haben den „Bildungsplan 2004“ auf den Weg gebracht,<br />

der z.B. Bildungsstandards formuliert und ein Schulcurriculum fordert.<br />

Dabei kommt dem Fach Sport eine besondere Rolle zu: Es zeigt sich, dass Erziehungs-<br />

und Bildungsqualitäten von Sport und Bewegung an der Schule sich nicht<br />

nur auf Zielsetzungen beschränken wie beispielsweise Fitness oder Leistungserziehung.<br />

Sport und Bewegung können auch unmittelbar den Lernerfolg von Kindern<br />

und Jugendlichen positiv beeinflussen.<br />

Um die Chancen von Bewegung und Sport im Schulalltag aufzeigen zu können, hat<br />

das <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Bewegungserziehung und Sport der <strong>Pädagogische</strong>n <strong>Hochschule</strong><br />

<strong>Karlsruhe</strong> das „Lebe“-Projekt entwickelt. Dieses Projekt soll in den Monaten Okt.<br />

2006 bis Juni 2007 an verschiedenen Schulen in <strong>Karlsruhe</strong> und Umgebung durchgeführt<br />

werden.<br />

Bei ca. 900 Schülerinnen und Schülern unterschiedlichen Alters soll überprüft werden,<br />

wie sich die Konzentrationsleistungen im Laufe eines Schulvormittags entwickeln.<br />

Anschließend sollen mit diesen Kindern und Jugendlichen Übungen zum<br />

„Bewegten Lernen“ durchgeführt werden, um festzustellen, ob sich damit Konzentrationsleistungen<br />

der Schülerinnen und Schüler steigern lassen.<br />

Die Konzentrationstests sind keine Schulleistungstests und werden auch nicht den<br />

Lehrerinnen und Lehrern Ihrer Kinder zur Einsicht gegeben. Wir werden die Daten<br />

an der <strong>Hochschule</strong> statistisch verarbeiten und die persönlichen Daten der Schülerinnen<br />

und Schüler löschen. Somit ist gewährleistet, dass Ergebnisse dieser repräsentativen<br />

Studie auf keinen Fall auf einzelne Personen zurückgeführt werden<br />

können.<br />

Für die Studie wurde per Zufall die Klasse ausgewählt, in der sich Ihr Kind befindet.<br />

Wir bitten Sie um Ihr Einverständnis, die Tests durchführen und auswerten zu können.<br />

Nur mit solchen Studien gelangen wir zu Erkenntnissen, wie der Lernerfolg<br />

der uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen verbessert werden kann. Für Rückfragen<br />

stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.<br />

Mit freundlichem Gruß<br />

Prof. Dr. Norbert Fessler


<strong>Pädagogische</strong> <strong>Hochschule</strong> <strong>Karlsruhe</strong><br />

University of Education · École Supérieure de Pédagogie<br />

Fakultät III, <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Bewegungserziehung und Sport<br />

Prof. Dr. Norbert Fessler<br />

<strong>Pädagogische</strong> <strong>Hochschule</strong> · Postfach 11 10 62 · D-76060 <strong>Karlsruhe</strong><br />

<strong>Karlsruhe</strong>, den<br />

Name:<br />

Telefon (0721) 925-<br />

Telefax (0721) 925-<br />

E-Mail:<br />

23. Juni 2008<br />

Fessler<br />

4670<br />

5141<br />

norbert.fessler<br />

@ph-karlsruhe.de<br />

Macht Toben schlau(er)? Unterrichtliche Ansätze und Diagnostik zur<br />

Förderung der Lernbereitschaft durch Bewegung. („Lebe“-Projekt)<br />

Sehr geehrte …<br />

Joh. Chr. Fr. GutsMuths hat in der Einleitung zu seiner 1796 veröffentlichten Spielesammlung<br />

(Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes) angeführt:<br />

„Wenn das größte Geheimnis der Erziehung darin besteht, daß die Übungen des<br />

Geistes und des Körpers sich gegenseitig zur Erholung dienen, so sind Spiele, besonders<br />

Bewegungsspiele sowie Leibesübungen überhaupt, unentbehrliche Sachen.“<br />

Seit die Ergebnisse der PISA-Studien vorliegen, richtet sich unser Blick<br />

sehr, vielleicht zu sehr auf die „kognitiven“ Fächer. Blicke über den Tellerrand<br />

der einzelnen Fächer zeigen allerdings, dass Schulalltag einen Rhythmus<br />

benötigt, der in der rechten Folge Anspannung und Entspannung beinhaltet.<br />

Hier können Sport, Spiel und Bewegung wichtige Beiträge leisten. In<br />

der Gesellschaft werden solche Überlegungen leider nur verkürzt oder gar<br />

nicht wahrgenommen.<br />

Erziehungs- und Bildungsqualitäten von Sport und Bewegung an der Schule<br />

erschöpfen sich nicht nur in sportimmanenten Zielsetzungen wie beispielsweise<br />

Fitness oder Leistungserziehung. Es wird immer wieder diskutiert, ob<br />

Sport und Bewegung unmittelbar den Lernerfolg von Kindern und Jugendlichen<br />

positiv beeinflussen können. Wir sind der Überzeugung: Wenn Leib<br />

und Körper im Sport „gespannt“ werden, wird der Kopf frei und kann „entspannen“.<br />

Vice versa gilt: Wenn Leib und Körper nach einem Angespannt-<br />

Sein entspannt sind, kann „gespanntes“ Lernen effizienter wie auch effektiver<br />

gestaltet werden.<br />

Das <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Bewegungserziehung und Sport der <strong>Pädagogische</strong>n <strong>Hochschule</strong><br />

<strong>Karlsruhe</strong> hat deshalb das „Lebe“-Projekt entwickelt, um die Chancen<br />

von Bewegung und Sport im Schulalltag mit Blick auf wichtige Themen wie<br />

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Konzentration, Wiederherstellung von Aufmerksamkeit, Lernbereitschaft und<br />

Lerneffizienz nachweislich aufzeigen zu können. Dieses Projekt wird von<br />

Okt. 2006 bis Juni 2007 an verschiedenen Schulen in <strong>Karlsruhe</strong> und Umgebung<br />

durchgeführt.<br />

Bei ca. 900 Schülerinnen und Schülern unterschiedlichen Alters soll überprüft<br />

werden, wie sich die Konzentrationsleistungen im Laufe eines Schulvormittags<br />

entwickeln. Anschließend sollen mit diesen Kindern und Jugendlichen<br />

Übungen zum „Bewegten Lernen“ durchgeführt werden, um festzustellen,<br />

welche Auswirkungen sich auf Konzentrationsleistungen ergeben.<br />

Ich bedanke mich herzlich, dass Sie mit Ihrer Schule an dieser repräsentativen<br />

Untersuchung teilnehmen. Interessante Ergebnisse <strong>für</strong> uns und die<br />

Fachwelt sind zu erwarten. Wir hoffen auch, dass wir den Schulen mit dieser<br />

Studie wertvolle Impulse zur Gestaltung eines bewegteren Schulalltags geben<br />

können, der auch Lernklima und Lernleistungen zu verbessern vermag.<br />

Auf Anfrage werden wir Sie informieren, wo die Studie veröffentlicht ist und<br />

wo Teilergebnisse per Internet abgerufen werden können – als kleinen Dank<br />

werden wir auch die an der Studie beteiligten Schulen anführen (bitte geben<br />

Sie mir Bescheid, falls Sie dies nicht wünschen).<br />

Bitte richten Sie meinen Dank den beteiligten Kolleginnen und Kollegen aus,<br />

deren Klassen an den Tests und Treatments teilnehmen.<br />

Für Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.<br />

Mit freundlichem Gruß<br />

Prof. Dr. Norbert Fessler<br />

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LeBe-Projekt:<br />

Lernen durch Bewegung<br />

Prof. Dr. Norbert Fessler<br />

Elke Haberer<br />

Standardinstruktion 1: „Vorderes Blatt ausfüllen“<br />

Standardinstruktionen <strong>für</strong> Kinder<br />

Wir wollen heute feststellen, wie gut sich jeder<br />

von Euch auf eine bestimmte Aufgabe<br />

konzentrieren kann.<br />

Ich gebe jetzt jedem ein Blatt (und einen<br />

Bleistift), auf das Ihr zunächst einmal in die<br />

oberen Zeilen Euren Namen, Euer Alter, Eure<br />

Klasse (evt. Schule; Name des Lehrers<br />

etc.) und das heutige Datum schreiben sollt.<br />

Wir haben heute den... (Datum einfügen.)<br />

Wenn Ihr fertig seid, legt den Bleistift hin<br />

und hört einmal gut zu; ich will Euch erklären,<br />

worum es bei dieser Aufgabe geht.<br />

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LeBe-Projekt:<br />

Lernen durch Bewegung<br />

Prof. Dr. Norbert Fessler<br />

Elke Haberer<br />

Standardinstruktion 2: „D2 erklären“<br />

Standardinstruktionen <strong>für</strong> Kinder<br />

Einige von Euch haben sicher schon gesehen,<br />

dass da oben in der rechten<br />

Ecke „d2“ steht und haben sich wohl<br />

schon Gedanken darüber gemacht, was<br />

das „d2“ heißen soll?<br />

Das ist ganz einfach: Ihr findet in der Mitte<br />

des Blattes in der Zeile „Beispiele“ drei<br />

kleine „d“, die mit Strichen versehen sind.<br />

Es handelt sich dabei um den Buchstaben<br />

d (an der Tafel wiederholen). Wenn<br />

ihr euch dieses „d“ genau anseht, dann<br />

stellt ihr fest, dass es jedes Mal zwei<br />

Striche hat: Das erste d hat zwei Striche<br />

oben, das zweite d hat zwei Striche unten<br />

und das dritte d hat oben und unten<br />

jedes mal einen Strich, das sind zusammen<br />

auch zwei Striche.<br />

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LeBe-Projekt:<br />

Lernen durch Bewegung<br />

Prof. Dr. Norbert Fessler<br />

Elke Haberer<br />

Standardinstruktion 3: „Durchstreichen üben“ in drei Fällen<br />

Standardinstruktionen <strong>für</strong> Kinder<br />

Passt einmal auf, was wir jetzt mit<br />

diesem d mit den zwei Strichen machen<br />

wollen:<br />

Jedes Mal, wenn uns nämlich so ein<br />

d mit zwei Strichen – mit „oben zwei“,<br />

„unten zwei“ oder „mit oben und unten<br />

jeweils einem Strich“ – begegnet, wollen<br />

wir es durchstreichen.<br />

Seht her, ich mache es Euch an der<br />

Tafel vor.<br />

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LeBe-Projekt:<br />

Lernen durch Bewegung<br />

Prof. Dr. Norbert Fessler<br />

Elke Haberer<br />

Standardinstruktion 4: „Übungszeile erklären“<br />

Standardinstruktionen <strong>für</strong> Kinder<br />

Genau so sollt ihr es nun auch machen, jeder <strong>für</strong><br />

sich. Dazu seht Euch alle einmal die Übungszeile<br />

an, die auf Eurem Blatt steht.<br />

Da stehen lauter d und p durcheinander. Zwischen<br />

diesen verschiedenen p und d sollt Ihr<br />

nur diejenigen „d“ herausfinden, die zwei Striche<br />

haben, und die streicht Ihr dann jedes Mal<br />

mit dem Bleistift durch.<br />

Dabei müsst Ihr darauf achten, dass Ihr nicht ein<br />

falsches d, nämlich eins mit nur einem Strich oder<br />

eins mit drei oder vier Strichen, durchstreicht.<br />

Auch ein p darf nicht durchgestrichen werden,<br />

ganz gleich, wie viel Striche es hat. Nur die d mit<br />

zwei Strichen dürfen durchgestrichen werden.<br />

Wenn ihr mal aus Versehen einen falschen Buchstaben<br />

durchgestrichen habt, dann kreuzt ihn ganz<br />

schnell durch.“ (nicht ausradieren!) (an der Tafel<br />

demonstrieren!!)<br />

Habt Ihr dazu eine Frage?<br />

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LeBe-Projekt:<br />

Lernen durch Bewegung<br />

Prof. Dr. Norbert Fessler<br />

Elke Haberer<br />

Standardinstruktion 5: „Probelauf“<br />

Standardinstruktionen <strong>für</strong> Kinder<br />

Dann wollen wir jetzt probieren, ob Ihr die Aufgabe<br />

verstanden habt!<br />

Jeder soll <strong>für</strong> sich allein die Übungszeile<br />

durchgehen und alle d mit dem Bleistift durchstreichen,<br />

die zwei<br />

Striche haben.<br />

Wer fertig ist, legt den Bleistift hin und wartet, bis<br />

auch die anderen fertig sind.<br />

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LeBe-Projekt:<br />

Lernen durch Bewegung<br />

Prof. Dr. Norbert Fessler<br />

Elke Haberer<br />

Standardinstruktion 6: „Korrektur der Probezeile“<br />

Standardinstruktionen <strong>für</strong> Kinder<br />

Wir wollen jetzt sehen, ob Ihr auch die richtigen<br />

Zeichen durchgestrichen habt. Jeder<br />

Buchstabe der Übungszeile ist nummeriert,<br />

die Nummern stehen unter den Buchstaben.<br />

Ich lese Euch jetzt langsam die Nummern der<br />

Buchstaben vor, die Ihr durchstreichen musstet.<br />

Vergleicht dabei bitte, ob Ihr kein d mit<br />

zwei Strichen ausgelassen oder vielleicht aus<br />

Versehen einen falschen Buchstaben angestrichen<br />

habt.<br />

Welche Buchstaben musstet ihr durchstreichen?<br />

1. 3. 5., 6. 9., 12., 13., 17., 19. 22.<br />

„Habt Ihr das alle? Wer hat mehr oder weniger<br />

durchgestrichen?<br />

Habt Ihr dazu noch eine Frage?“<br />

90


LeBe-Projekt:<br />

Lernen durch Bewegung<br />

Prof. Dr. Norbert Fessler<br />

Elke Haberer<br />

Standardinstruktion 7: „Vor dem Start“<br />

Standardinstruktionen <strong>für</strong> Kinder<br />

Noch nicht Blatt umdrehen und lasst auch den<br />

Bleistift noch liegen. Hört noch einmal gut zu.<br />

Auf der anderen Seite befinden sich 14 Zeilen mit<br />

den gleichen Buchstaben, wie Ihr sie eben in der<br />

Übungszeile bearbeitet habt. Ihr sollt, wie Ihr das<br />

eben gemacht habt, in jeder Zeile jedes d durchstreichen,<br />

das zwei Striche hat, genau wie eben.<br />

Auf „Los“ fangt ihr sofort mit der ersten Zeile an.<br />

Nach zwanzig Sekunden sage ich: „Stop!<br />

Dann hört Ihr sofort mit der Zeile auf und fangt<br />

ohne zu warten mit der nächsten Zeile an.<br />

… und so weiter bis zur 14. Zeile …<br />

Übrigens: Es kommt nicht darauf an, bis ans<br />

Ende der Zeile zu kommen!<br />

Habt ihr dazu noch eine Frage?<br />

91


LeBe-Projekt:<br />

Lernen durch Bewegung<br />

Prof. Dr. Norbert Fessler<br />

Elke Haberer<br />

Standardinstruktion 8: „Auf die Plätze…“<br />

Standardinstruktionen <strong>für</strong> Kinder<br />

Arbeitet so schnell wie möglich – aber na-<br />

türlich auch ohne Fehler!<br />

Dreht jetzt das Blatt bitte so um, dass die<br />

erste Testzeile oben liegt.<br />

Die Bleistifte bleiben noch liegen!<br />

Links oben zeigt ein Pfeil auf den Anfang der<br />

ersten Testzeile.<br />

Jetzt alle einen Bleistift zur Hand – und<br />

„Los“!<br />

Los ………20 Sek.………….Stopp<br />

Los ………20 Sek.………….Stopp<br />

Los ………20 Sek.………….Stopp<br />

92


LeBe-Projekt:<br />

Lernen durch Bewegung<br />

Prof. Dr. Norbert Fessler<br />

Elke Haberer<br />

Anleitung zur Auswertung<br />

der Testbögen<br />

Bitte bei der Bearbeitung der Testbogen in der<br />

folgenden Reihenfolge vorgehen:<br />

Mit Leer-Schablone zu bearbeiten:<br />

1. GZ-Spalte ausfüllen Wichtig: Das letzte angekreuzte<br />

Zeichen zählt mit (egal, ob falsch<br />

oder richtig angestrichen!)<br />

Tipp: Lineal anlegen<br />

Mit Schablone 1 zu bearbeiten:<br />

2. KL-Spalte ausfüllen Die Nummer des zuletzt angestrichenen<br />

richtigen d’s in die KL-Spalte<br />

eintragen.<br />

3. F1-Spalte ausfüllen Richtige d’s, die ausgelassen wurden,<br />

zusammenzählen (aber nur bis<br />

zu dem zuletzt angekreuzten Zeichen).<br />

Mit Schablone 2 zu bearbeiten:<br />

4. F2-Spalte ausfüllen Eintrag der falsch angekreuzten d´s<br />

und p´s.<br />

93


Ich versichere, dass ich die Arbeit selbständig und nur mit den angegebenen<br />

Quellen und Hilfsmitteln anfertigt habe und dass alle Stellen, die aus anderen<br />

Werken dem Wortlaut oder dem Sinn nach entnommen sind, eindeutig<br />

kenntlich gemacht worden sind.<br />

Im Fall der Aufbewahrung meiner Arbeit im Staatsarchiv erkläre ich mein<br />

Einverständnis, dass die Arbeit Benutzern zugänglich gemacht wird.<br />

<strong>Karlsruhe</strong>, den 30. Januar 2007 _____________________________<br />

Stella Dellwo<br />

94

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