Zehn Tage die England veranderten - Wildcat
Zehn Tage die England veranderten - Wildcat
Zehn Tage die England veranderten - Wildcat
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
sument erlangte, dabei seine Rolle gespielt haben.<br />
Der letzte grofgere subkulturelle Krawall ereignete sich iiber em n Jahr vorher,<br />
am Osterwochenende 1980, wenige <strong>Tage</strong> vor den Unruhen in Bristol,<br />
als der Stahlarbeiterstreik noch in vollem Gang war.<br />
Er wies gewisse einzigartige Ziige auf, <strong>die</strong> ihn deutlich von den friiheren<br />
Ausbriichen in den sechziger Jahren abheben. Stilistisch gesehen war es abgesehen<br />
von den Punks, eine Wiederholung, nur dafg es eine wesentlich gro-<br />
Eere Vielfalt an »Outfits« gab als je in den Sechzigem. Doch wichtiger ist, dafg<br />
sich <strong>die</strong> Krawalle iiber ganz Grofgbritannien ausdehnten (Ayr in Schottland,<br />
Great Yarmouth, Cardiff und Bangor in Wales ebenso wie Margate und Brigthon)<br />
und so dem Siidosten <strong>England</strong>s semen traditionellen Rang abliefen. (In<br />
Scarborough fand em n landesweites Treffen der Mods statt).<br />
Man spiirte, da13 in den Ereignissen an jenem Wochenende etwas Zukunftsweisendes<br />
lag Der neue Faktor der landesweiten Mobilitat trat noch deutlicher<br />
hervor als in den Juliunruhen, wo Banden von Jugendlichen von einem Brennpunkt<br />
zum anderen reisten.<br />
Die Gerichte verhangten zwar saftige Geldstrafen - bis zu 650 Pfund aber<br />
<strong>die</strong> hochsten Gefangnisstrafen beliefen sich nur auf drei Monate. Nur!!! - Aber<br />
sic waren trivial im Vergleich zum vollen Zorn der Gerichte, wie er fiinfzehn<br />
Monate spater zuschlug. Denn <strong>die</strong>smal war es nicht Unger ein »Bandenkrieg«:<br />
das war der Unterschied zwischen dem Samen und der Frucht.<br />
Die Unreife des Klassenkonflikts fiihrt dazu, dafg minutiOse stilistische Details<br />
giofge Wichtigkeit erlangen. Es war keineswegs sicher, dafg <strong>die</strong> subkulturellen<br />
Stile der siebziger Jahre, entlehnt wie sic waren, deshalb auch <strong>die</strong> in<br />
vergleichbarem Ausmafg gleichen Klassenrealitaten widerspiegelten wie in<br />
den Sechzigern. ZunaChst war in den siebziger Jahren <strong>die</strong> Arbeitslosigkeit<br />
als grofger Einebner herangereift.<br />
Ein Stil sagt heute nichts mehr aus iiber <strong>die</strong> Person, <strong>die</strong> ihn trap Ein Typ<br />
mit fluoreszierend orangefarbenem Haar und weig bemaltem Gesicht mit<br />
einem breiten rot-blauen Blitz fiber dem rechten Auge wurde nach den<br />
Osterunruhen 1980 interviewt. Es stellte sich heraus, dafg er als Bohr- und<br />
Sprengarbeiter in einem Steinbruch in Colne, Lancashire arbeitete und sein<br />
Idol David Bowie war. Er fuhr fort: »Bowiefans sind absolut gegen Gewalt«.<br />
<strong>Zehn</strong> Jahre friiher hdtte er einen guten Skinhead abgegeben.<br />
Ostern '80 und seine Folgen erwiesen sich weder als Riickfall noch als<br />
eindeutiger Fortschritt. Jede der aufeinanderfolgenden revivals der Moden der<br />
sechziger Jahre verwischte em n Stuckchen mehr <strong>die</strong> eingefahrenen Markierungslinien<br />
zwischen konkurrierenden Klassenfraktionen: im Gegensatz zu<br />
den Sechzigern wurden sie konsumiert, nicht kreiert - fiir manchen Merlebenden<br />
jener Zeit em n Anblick von Entwurzelung und Trostlosigkeit.<br />
Ware es nicht wegen der zugrundeliegenden Klassenrealitat gewesen, <strong>die</strong><br />
101