Zehn Tage die England veranderten - Wildcat
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"The Only Race Is The Rat Race"<br />
Graffiti Notting Hill Gate, 1968<br />
Klar, es gibt Rassismus in <strong>England</strong>. Aber <strong>die</strong> gemischte Zusammensetzung<br />
der Aufriihrer iiberwand the Rassentrennungen und drangte sie in den Hintergrund.<br />
Einflugreichen Sektoren der Staatsmacht ware sicher das Gegenteil lieber<br />
gewesen. In der Tat versuchten sie, <strong>die</strong> Rassengegcnsatze zu schiiren. So<br />
wurde in Derby eine Cruppe von - in der Mehrzahl weigen - Jugendhchen, <strong>die</strong><br />
in der hochglanzpolierten Innenstadt Amok liefen, von der Polizei in <strong>die</strong> Ghettos<br />
von Normanton Road und Peartree abgedrangt. Zum Gluck schlug <strong>die</strong>se<br />
Taktik fehl: es entwickelte sich eine Stragenschlacht, in der schwarze, weige<br />
und asiatische Kids mehr oder weniger gemeinsam <strong>die</strong> Cops bekiimpften. Ein<br />
Beispiel fiir offenen Rassismus der Bullen? Oder spekulierten sic auf eine etwaige<br />
zerbrockelnde Klasseneinheit? Obwohl <strong>die</strong> Rassenfrage sicherlich als<br />
Mittel gebraucht wird, um gegen <strong>die</strong> Aufriihrer Stimmung zu machen, spielte<br />
sic in Presseberichten nur eine sekundare Rolle, gegeniiber der lancllatifigen<br />
Praxis einzelne Ereignisse herauszuheben, <strong>die</strong> dann augerhalb ihres Kontextes<br />
wie das Werk von Tieren aussehen.<br />
In dem endlosen Haufen von Schwachsinn, der iiber <strong>die</strong> Unruhen geschrieben<br />
worden ist, haben <strong>die</strong> meisten Autoren sicherlich weitaus mehr rassische<br />
und ethnische Unterschiede hervorgehoben als Klasseneinflusse - und das, obwohl<br />
jedermann, auger den Cops natiirlich, zugeben mugte, dal Rassenkonflikte<br />
in den Unruhen kaum irgendeine Rolle spielten. Aber wie kommt es, dag<br />
so viele Autoren, bei denen sich unfehlbar herausstellt, dag sie auf gutbezahlten<br />
und sicheren Prestigejobs in den Universitaten, den TI-I's oder in den Rassenbeziehungsbranchen<br />
sitzen, beinalie instinktiv auf Rassen- und nicht auf<br />
Klassenunterschiede pochen? Vielleicht weil <strong>die</strong> Rasse eine jener Zruppenbezeichnungen«<br />
ist, <strong>die</strong> untrennbar mit der Fortdauer des Nationalstaats verkniipft<br />
ist? Sicher sahen <strong>die</strong> schicken Akademiker und das ganze Pack, das <strong>die</strong><br />
Rassenbeziehungen mit Karriereabsichten angeht, gerne eine Veranderung des<br />
Status Quo. Aber nur im Rahmen des Nationalstaats. So konnte sich z.B. der<br />
bliitenweige britische Staat em n wenig mehr in einen BStaat des ganzen Volkeso<br />
verwandeln (positive Diskriminierung etc.). Im besten Fall werden sic den Rassismus<br />
werbesserms aber ihn niemals ganz aus der Welt schaffen, denn dazu<br />
ware nicht weniger vonnoten als eine internationale proletarische Revolution,<br />
<strong>die</strong> alle Nationalstaaten und nationalen Territorien hinwegfegt. Aber <strong>die</strong>se Leute<br />
sparen sich Gift und Galle his zuletzt auf, urn genau das zu verhindern.<br />
Momentan gibt es nur wenig Irritierenderes als <strong>die</strong> unsinnigen Tadel, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />
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