Zehn Tage die England veranderten - Wildcat
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Musik und Nostalgie.<br />
Eine revolutionare Erinnerung wird unterdruckt.<br />
Die Popmusik der siebziger Jahre hat mehr als je zuvor Themen wie »Klasse«<br />
und »Wurzeln« aufgegriffen. Wegen seiner Assoziation mit dem Reggae hat<br />
der Begriff »Wurzeln« (roots) einen rassebezogenen Beiklang; und doch<br />
waren »roots « und »Klasse« als Identitatskonzepte - und als Teil der korporativen<br />
Strategie der independent labels - austauschbar, fiir Schwarze ebenso<br />
wie für Weige. Als Haleys Film »Roots « vom britischen Fernsehen ausgestrahlt<br />
wurde, widmete der New Musical Express dem Buch, das dem Film zugrunde<br />
lag eine Titelstory. Fiir einen Schwarzen, der in Amerika oder in der Karibik<br />
lebt, ist es sicherlich von Bedeutung zu wissen, dag seine Vorfahren dort an<br />
Handen und Fiigen gefesselt auf einem Sklaventransporter eintrafen<br />
- aber welchem iiberwaltigenden Interesse kann das in der iiberwiegend weigen<br />
Musikindustrie Grogbritanniens <strong>die</strong>nen? In der Tat hat sich <strong>die</strong> Industrie<br />
ganz schon abgestrampelt, urn jener spezifisch britischen Form des Roots-Kults<br />
Tribut zu zollen, <strong>die</strong> es durch eine Art unbegrenzter Regression einem Lord<br />
(wie etwa dem Labour-Abgeordneten Tony Benn - dem ehemaligen Lord<br />
Stansgate) erlaubt, sich unter Berufung auf einen langst verstorbenen Vorfahren<br />
der Arbeiterklasse zuzurechnen!!<br />
Diese typisch britische Zwiespaltigkeit war auch im Punk zu finden. Erst<br />
spater stellte sich iiberraschend heraus, wie viele Musiker aus der Oberschicht<br />
stammten, Eliteschulen besucht hatten usw. Wenn man <strong>die</strong> erste LP<br />
von » The Clash bort, sollte man meinen, sie batten es nie zu Hoherem gebracht<br />
als his zum Obergeschog eines Wohnsilos am Westway Flyover in London<br />
W 10. Erst sehr viel spater stellte sich heraus, dag Joe Strummer Sohn eines<br />
Diplomaten war und eine Privatschule besucht hatte. In <strong>England</strong><br />
ist mangelnde Aufrichtigkeit in <strong>die</strong>sem Punkt erstaunlich und Amerikaner<br />
z.B. finden <strong>die</strong>se Fahigkeit, alle Spuren erfolgreich zu verwischen, augerst<br />
verwirrend. In gewissem Mag bestatigte <strong>die</strong>s ihren Eindruck, <strong>England</strong> sei eine<br />
Nation geborener Doppelagenten.<br />
Das Ideal der independant labels ist eine Musikindustrie, <strong>die</strong> von kleinen<br />
unabhangigen Produzenten getragen wird. Brachten sie jemals eine politische<br />
Aktion auf <strong>die</strong> Beine, so ware em n Ziel zweifellos <strong>die</strong> Auflosung der<br />
zentralisierten Monopole des Musikbusiness. Als eine Fraktion der Bourgeoisie<br />
engagieren sie sich im Kampf gegen ihre weit machtigeren Briider. In<br />
einem Statement, das <strong>die</strong> Interessen der grogen Gesellschaften angriff, lenkte<br />
z.B. Branson von Virgin Records <strong>die</strong> Aufmerksamkeit darauf, wie <strong>die</strong>se <strong>die</strong><br />
Hitparaden manipulieren. Enthiillungen wie <strong>die</strong>se werden von der Mehrheit<br />
der Musiker begriigt, da eine grogere Anzahl von ihnen eine Chance hat, auf<br />
dem Plattenmarkt vertreten zu sein, wenn <strong>die</strong> Praxis manipulierter Hitpara-<br />
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