H isto ria acad em ica - Coburger Convent

Weitere Magazine

Empfehlungen

Info

›Rechtsnachfolgerin‹ der Prager Karls-Universität 600 Jahre Universität Leipzig werfen ihre Schatten voraus Die Geschichte der Leipziger Universität ist auch die Geschichte der Sorabia Im Jahre 1409 wanderten die deutschen Doktoren, Magister und Scholaren aus Prag aus und ließen sich in Leipzig nieder – Gründungsstunde einer der ältesten Hochschulen Deutschlands. Die Universität in Prag war 1348 von Kaiser Karl IV. gegründet worden, dessen Namen sie heute trägt. Erinnern wir uns: Böhmen war Teil des Römisch-deutschen Reiches. Die Könige Böhmens stellten seit Ende des Mittelalters in aller Regel ausländische Fürstenhäuser. Mitte des 14. Jahrhunderts waren das die Luxemburger. Prag war das Zentrum des östlichen Mitteleuropas geworden, seine Beziehungen und Bestrebungen sollten gleichermaßen bis zur Adria wie zur Ostsee reichen, weshalb bis 1815 der böhmische König (formal) auch Landesherr beider Lausitzen war. Böhmische und deutsche Bevölkerung wie auch die jüdische lebten schiedlich-friedlich nebeneinander. Die Universität war daher offen für alle; die Deutschen in drei nationes stellten die große Überzahl, die Minderheit der Böhmen war in einer natio vertreten. Kaiser Karl war es auch, der 1356, also genau vor 650 Jahren, mit der Goldenen Bulle ein Reichs-Grundgesetz erlassen hat, das die Kaiserwahl regelte: die Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier, der König von Böhmen, der Markgraf von Brandenburg, die Pfalzgrafen von Sachsen und bei Rhein wurden mit der Wahl betraut; zugleich wurde dem Pfalzgraf bei Rhein für den fränkischen Reichsteil und dem Pfalzgraf von Sachsen für den sächsischen Teil im Fall einer kaiserlosen Zeit das Reichsvikariat übertragen. Anfang des 15. Jahrhunderts beherrschte der vielfältige Ruf nach einer Reform der Kirche an Haupt und Gliedern das Abendland; zeitweilig residierten drei Päpste gleichzeitig und gegeneinander – und der Riß entzweite Deutsche und Böhmen. Zugleich kamen die Ideen von John Wiclif aus England auf den Kontinent: die Kirche Jesu Christi sei etwas anderes als die vorfindliche Papstkirche. Sie trafen auf vielfältige ähnliche Strömungen (z. B. die Waldenser) und wurden begeistert aufgenommen, so auch vom magister artium und Priester Jan von Husinec (kurz: Hus). Bei diesem jedoch kam etwas Neues hinzu: Er sammelte Landsleute und predigte ihnen in der Bethlehem-Kapelle in ihrer Landessprache, nicht aber in Latein, der offiziellen Sprache von Kirche und Universität. Reformgeist und Nationalismus verbündeten sich. Karls Sohn Wenzel ergriff offen Partei für die Böhmischen Nationalisten, die einen anderen Papst unterstützten als die Mehrheit der Deutschen. Unter dem Einfluß von Jan Hus, derzeitigem Rektor der Universität, änderte König Wenzel die Verfassung der Universität so, daß die Böhmen – obschon in der Minderheit – drei Stimmen und die übrigen nationes zusammen nur eine Stimme erhielten. Der deutsche Rektor wurde ab- und durch einen Böhmen ersetzt. Dies verärgerte die Deutschen so sehr, daß sie beschlossen, aus Prag auszuwandern. Die Universität Prag wurde für lange Zeit eine böhmische Nationaluniversität in einer Stadt und einem Land, in dem weiterhin viele Deutschsprachige lebten. Erst Ende des 19.Jahrhunderts haben die Habsburger Kaiser sie noch einmal zweisprachig gemacht. Warum gingen die Flüchtigen nach Leipzig? Das Verhältnis des noch jugendlichen Markgrafen von Meißen, Friedrich dem Streitbaren, zum Kaiser war zu jener Zeit noch nicht determiniert. Ein politisches Moment für die Aufnahme der Exulanten in Leipzig kommt nach meiner Meinung nicht in Frage – anders als 1422, wo der Markgraf die sächsische Herzogs- und Kurfürsten-Würde bekam, weil er gegen die Hussiten ins Feld gezogen war – aber das geschah nicht durch Wenzel, sondern durch seinen gegen ihn konkurrierenden Bruder Sigismund. Für Leipzig sprach vermutlich nichts anderes, als daß es ein aufstrebender Messeplatz an der Hohen Straße war und damit in gewissem Sinn eine zentrale Lage einnahm, für die Wettinischen Lande sicherlich, aber auch für die nordöstlichen Teile des Reiches, die weit ab lagen von den Universitäts- Standorten Wien (gegründet 1365), Heidelberg (1386), Köln (1388), Erfurt (1389) und Würzburg (1402). Die Universität Leipzig hat vier ältere Schwestern in Deutschland – und Wien in Österreich – , aber sie fühlt sich – als Rechtsnachfolgerin der 1348 in Prag gegründeten – gemeinsam mit dieser als die älteste Universität im deutschen Raum. Feste wie eine 600-Jahr-Feier werfen ihre Schatten voraus. In Leipzig sind die Organisatoren ebenso wie die Historiker fleißig am Werk – und nicht selten möchte der eine oder andere seine spezielle Sicht der Universitätsgeschichte ins Licht der Öffentlichkeit setzen. So auch der unserer Sorabia verbundene Professor Dr. Gerhard Graf. Einige unserer Alten Herren haben ihn anno 1998 kennen gelernt bei der Bundesfahrt CC-Blätter 2/2008 27 Historia academica
Historia academica ›Über Leipzig in die Oberlausitz‹. Sein Vater, Wilhelm Graf, war in den 20er und 30er Jahren führend in der Sorabia, Schriftwart und Historiker. Er fiel als Soldat 1945. Der Sohn hat seinen Vater nie kennengelernt, wohl aber viele Verwandte, die bei Sorabia aktiv waren. Er kannte Bundesbrüder, ihre Bücherschränke und ihre Erzählungen aus der Zeit zwischen den Kriegen, als Sorabia zur deutschen Landsmannschaft fand. In den Herbergen der Christenheit, 1979/80 fand ich einen Aufsatz von ihm Zur Geschichte der Lausitzer Predigergesellschaft zu Leipzig. Ein Nachtrag … zu einem von mir zuvor erschienenen Aufsatz, ihn nicht kritisierend, sondern – liebevoll ausgedrückt – ihn ergänzend: Die Lausitzer Predigergesellschaft zu Leipzig (Sorabia) – ein Beitrag zur Geschichte der praktischen Theologie (ZRRG, 1972). Seither sind wir befreundet und Partner in der Aufarbeitung der Geschichte der Sorabia. Dieser Gerhard Graf nun sandte mir einen Sonderdruck aus Die Theologische Fakultät der Universität Leipzig, E.V.A. Leipzig 2005: Die Seminare 28 CC-Blätter 2/2008 Bald Opfer einer Bau-Sanierung? Wappen am ehemaligen Soraben- Haus in Leipzig der Lausitzer Prediger-Gesellschaft im Lehrbetrieb der Theologischen Fakultät. Im Jahr 2006 erschien von ihm: Vom Wendischen Prediger-Collegium zur Landsmannschaft Sorabia in der uns bekannten Zeitschrift Lětopis. Zeitschrift für sorbische Sprache, Geschichte und Kultur. Domowina Bautzen; im Heft 1/2001 hatte Carlies Kurz vor Vollendung des 106. Lebensjahres verstarb das älteste Mitglied des Coburger Convents Dr. phil. Ernst Nahmmacher Apotheker i. R. Träger des Bundesverdienstkreuzes Maria Raddatz geschrieben über Zur Geschichte der Lausitzer Predigergesellschaft zu Leipzig und ihres Archivs. Sein erklärtes Ziel ist, die Sorabia im sächsischen Heimatland und im theologischen Kontext weiterhin in lebendiger Erinnerung zu halten und sie beim bevorstehenden Universitäts-Jubiläum erneut zur Sprache zu bringen. In einem Telefonat teilte er mit, daß das ehemalige Soraben-Haus (jetzt: Haus der Studentengemeinde) renoviert werden soll – wer Anfang September bei unserer Luther- Reise das Haus gesehen hat, wird das begrüßen. Ob dann allerdings die Insignien (vorgebliches Gründungsdatum über dem Eingang, Wappen, Zirkel und Bierfaß an der Straßenfront) erhalten bleiben, ist ungewiß. Im Jahr 2006 erinnerten wir uns an die Gründung der Sorabia (hervorgegangen aus der Lausitzer Prediger-Gesellschaft zu Leipzig) vor 290 Jahren. Das Jubiläum der alma mater Lipsiensis 2009 sollten wir nicht unbeachtet lassen. Dr. Rainer Haas, Sorabia-Westfalen * 3.5.1902 † 15.4.2008 in Neubrandenburg in Hamburg Die Landsmannschaft Mecklenburgia-Rostock im CC zu Hamburg trauert um einen außergewöhnlichen Menschen und verdienten Bundesbruder. Wir sind dankbar, ihn ein Stück seines langen Weges begleitet zu haben, und stolz, daß er einer von uns war. Dr. Ludwig Gehrke Steven Groß Altherren-Vorsitzender Erstchargierter
Seite 1 und 2: B 2042 F CC-Blätter Coburger Conve
Seite 3 und 4: 2/2008 Miteinander lernen - voneina
Seite 5 und 6: Leserbriefe Seminarangebot der CC-A
Seite 7 und 8: Verbum peto Die Kolumne des AHCC-Vo
Seite 9 und 10: Sport im CC 16 CC-Blätter 2/2008 N
Seite 11 und 12: Von den Hochschulen Zum spiritus re
Seite 13 und 14: Von den Hochschulen Bildungsanstalt
Seite 15 und 16: Von den Hochschulen Einsicht der b
Seite 17 und 18: CC vor Ort 24 CC-Blätter 2/2008 Au
Seite 19: CC vor Ort in der DDR verbliebenen
Seite 23 und 24: Historia academica Vbr. Dr. Joachim
Seite 25: Handbuch des Coburger Convents Wiss

H isto ria acad em ica - Coburger Convent

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Template löschen?

Als Template speichern?