Freizeitverkehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln - Planersocietät
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1 MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN DES ÖV IM<br />
FREIZEITVERKEHR<br />
Dem <strong>Freizeitverkehr</strong> wird aus verschiedenen Sichtweisen eine in den letzten Jahrzehnten<br />
gestiegene Bedeutung beigemessen.<br />
Die Aspekte ergeben sich aus den Interessen des Betrachters und können wirtschaftlicher<br />
Natur sein, wobei der Verkehr externer Besuchern (Touristen) aufgrund<br />
zusätzlicher Wertschöpfung als positiver Effekt angesehen wird. Aus Gründen<br />
des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen bzw. der Nachhaltigkeit erwächst<br />
das Interesse an einer möglichst schonenden Abwicklung des <strong>Freizeitverkehr</strong>s<br />
oder einer Minimierung des Aufkommens. Aus wissenschaftlicher Sicht interessieren<br />
die Entstehungsbedingungen, die Voraussetzung für die (Weiter-) Entwicklung<br />
von Maßnahmen zu dessen Beeinflussung sind. Es ist notwendig eine<br />
differenzierte Definition des nicht alltäglichen <strong>Freizeitverkehr</strong>s vorzunehmen, um<br />
das Handlungsfeld für das Projekt Mobiharz eingrenzen zu können.<br />
1.1 ENTWICKLUNG DES FREIZEITVERKEHRS MIT DEM ÖV<br />
Zum besseren Verständnis der heutigen Situation des <strong>Freizeitverkehr</strong>s werden im<br />
Folgenden einige Eckpunkte der geschichtliche Entwicklung aufgezeigt.<br />
Mit dem Bau der Eisenbahn ergab sich ab 1830 zum ersten Mal die Möglichkeit,<br />
größere Anzahlen von Menschen effizient zu transportieren (vgl. KEITZ 1997: 78).<br />
Das Streckennetz wurde bis zur Zeit der Weimarer Republik auf ca. 63 000 km<br />
ausgebaut und stagnierte ab diesem Zeitpunkt auf Kosten des Aufschwungs im<br />
Omnibusregionalverkehrs, der während der Weimarer Zeit binnen weniger Jahre<br />
nahezu die Netzausdehnung des Bahn erreichte und so die Verkehrsnetzdichte<br />
deutlich erhöhte (vgl. ebd.). Deren Vorteil lag darin, abseits von Schienen preisgünstig,<br />
sicher und bequem Ausflugsfahrten zu ermöglichen, die zunächst in die<br />
nähere Umgebung organisiert, später auch als mehrtägige Pauschalreisen in weiter<br />
entfernte Ziele angeboten wurden. Um in diesem Wettbewerb <strong>mit</strong>halten können,<br />
entschloss sich die Deutsche Reichsbahn in den 1920er Jahren <strong>mit</strong> Sonderzügen<br />
und pauschalen Sonderfahrten dem Omnibusreiseverkehr Konkurrenz zu<br />
machen. Insbesondere <strong>mit</strong> ihrem Konzept des Urlaubs für den ‚kleinen Mann’ <strong>mit</strong><br />
Ermäßigungstarifen, Sonderzügen, Pauschalreiseangeboten <strong>mit</strong> Rundumbetreuung<br />
u.ä. gewann sie zahlreiche Neukunden hinzu. So wurde die Zahl der Urlaubsreisenden<br />
zur Zeit der Weimarer Republik schon auf fast eine Millionen geschätzt<br />
(vgl. ebd.: 85). Diese kundenorientierte, werbende Politik der Transportunternehmen<br />
unterschied sich deutlich von derjenigen zu Zeiten des Kaiserreichs, als nur<br />
die Nachfrage befriedigt wurde.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb die Bahn zwar noch das wichtigste Verkehrs<strong>mit</strong>tel<br />
im Urlaubsreiseverkehr, doch gegen Ende der 1950er Jahre war ein Rückgang<br />
zu konstatieren. 1 Mit Beginn der Massenmotorisierung in den 1960er Jahren sollte<br />
der Bedeutungsrückgang der Bahn deutlich zunehmen. In der jungen Bundesrepublik<br />
wurde der Wiederaufbau und die Weiterentwicklung der Deutschen Bundesbahn<br />
stark durch mangelnden Investitionswillen und fehlendes politisches Interesse<br />
gehemmt. Bis Mitte der 1980er Jahre fielen rd. 8.000 km des Streckennetzes,<br />
viele Nebenstrecken wurden eingestellt und da<strong>mit</strong> auch zahlreiche Bahnhöfe aufgegeben.<br />
Doch trotz der Einschränkung des Verkehrs gab es technische Erneuerungen.<br />
So setzte sich der Diesel- und Elektroantrieb durch, der Dampfantrieb<br />
1<br />
1954: 56%, 1960: 42% (Datengrundlage: Urlaubsreiseanalyse, Vorläufer der Reiseanalyse, zit. nach<br />
DUNDLER 1988 in: KEITZ 1997: 264).<br />
2<br />
<strong>Planersocietät</strong>