DIALOGMedizintreten. Zu den wichtigsten Risikofaktoren zählen Übergewicht,Nierensteine, Bluthochdruck oder Diabetes, phenacetinhaltigeSchmerzmittel, ebenso Rauchen und Passivrauchbelastung.Die Risikofaktoren für Krebs des Nierenbeckens undder ableitenden Harnwege entsprechen weitgehend denenbeim Harnblasenkrebs.Primäre Therapie ist die vollständige Entfernung des Tumors,auch wenn die befallene Niere dadurch nicht erhalten werdenkann. Chemo- oder Strahlentherapie versprechen wenig Erfolg,einen guten Ansatz bieten dagegen die neuen Angiogenesehemmer(Tabletten). Bei der Krebsvorsorge werden dieSonographie der Nieren und ggf. die Urinuntersuchung(Hämaturie) eingesetzt.HarnblaseNach der Jahrtausendwende erkrankten pro Jahr etwa21.000 Männer und 7.000 Frauen in Deutschland an Neubildungender Harnblase (einschließlich in situ-Karzinomeund Neubildungen unsicheren Verhaltens). Die aktuellen 5-Jahres- Überlebensraten in Deutschland lagen bei 76 Prozentfür Männer und 70 Prozent für Frauen der Diagnosejahrgänge2000 bis 2004.Bei den bösartigen Neubildungen der Harnblase werdenausnahmsweise invasive (vollständig entwickelte) und oberflächliche(in situ) Karzinome sowie Neubildungen unsicherenoder unbekannten Verhaltens zusammengefasst, um denLangzeitverlauf besser beurteilen zu können. Neubildungender Harnblase gehen fast immer vom Urothel aus. Sie kommenhäufig multifokal (gleichzeitig an verschiedenen Stellendesselben Organs) vor.Tabakkonsum ist ein wichtiger Risikofaktor für die Entstehungvon Blasenkrebs. Zudem auch bei beruflicher Exposition in derchemischen Industrie sowie der Gummi-, Textil- und Lederverarbeitung,bei Lack- und Lösungsmittelverarbeitung undim Friseurhandwerk.In der Früherkennung bieten sich Urinschnelltest (NMP 22),Urinzytologie, Zystoskopie und Röntgenkontrastuntersuchungder oberen Harnwege an.ZusammenfassungDie zuvor benannten urologischen Tumore stellen trotz Verbesserungder Therapiemöglichkeiten im fortgeschrittenenStadium immer noch ein beträchtliches Mortalitätsrisiko dar.Eine jährliche Kontrolle ab dem 45. Lebensjahr reduziert diesesRisiko und die Langzeitfolgen deutlich. Somit besteht derRat an alle Frauen: Appellieren Sie an Ihren Ehemann,Lebenspartner, Vater, Großvater, Freund oder Bekannten, sicheiner Vorsorgeuntersuchung zu unterziehen.Ihr Ansprechpartner:Markus BüttnerFacharzt für UrologieEisfelder Str. 398553 SchleusingenTelefon (036841) 253655Fax (036841) 25660ADHS = Aufmerksamkeitsdefizit-HyperaktivitätsstörungPD Dr. med. Peter Dahlem, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im Klinikum Coburg, antwortet aufFragen von Wolfgang Braunschmidt, Redaktionsleiter Neue Presse CoburgWas ist das Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom?Der Begriff ADHS beschreibt Verhaltensbesonderheiten beiKindern, Jugendlichen und Erwachsenen, bei denen unaufmerksamesund impulsives Verhalten mit oder ohne deutlicheHyperaktivität ausgeprägt ist, nicht dem Alter und Entwicklungsstandentspricht und zu deutlicher Beeinträchtigung inverschiedenen sozialen Bezugssystemen und im Leistungsbereichvon Schule und Beruf führt. Die Diagnose sollte nurgestellt werden, wenn diese Auffälligkeiten länger als sechsMonate bestehen und erste Auffälligkeiten bereits vor demAlter von sieben Jahren vorhanden waren. Etwa fünf Prozentaller Kinder sind von einer ADHS betroffen, Jungen etwa doppeltso häufig wie Mädchen.Wie sieht das Krankheitsbild von ADHS aus?Typisch ist plan- und rastlose Aktivität im Kindergarten undspäter in der Schule mit schnellen, häufig unvorhersagbarenHandlungswechseln, geringer Ausdauer bei Einzel- undGruppenspiel. Die Betroffenen haben oft gute Ideen, platzendamit aber ungefragt heraus. Störend sind ausgeprägte Trotzreaktionen,mangelnde Regelakzeptanz, unberechenbaresSozialverhalten in Familie, Spielgruppe und Klassengemeinschaft.In der Schule wird besonders das Stören des Unterrichts,geringe Ausdauer, starke Ablenkbarkeit, emotionaleInstabilität und niedrige Frustrationstoleranz mit Wutanfällenund aggressivem Verhalten bemängelt. Zusätzlich sorgenschlechte Schrift, chaotisches Ordnungsverhalten, andauerndesReden und überhastetes Sprechen (Poltern) für schlechteNoten. Unpassende Mimik, Gestik und Körpersprache lassenkeine dauerhaften sozialen Bindungen und Freundschaftenaufkommen, die Kinder werden zu Außenseitern mit niedrigemSelbstbewusstsein. Ungeschicklichkeit, häufige Unfälleund oft zusätzlich vorhandene Teilleistungsschwächen wieLese-Rechtschreib- oder Rechenschwäche und ständige Problemebei den Hausaufgaben lassen die Eltern verzweifeln undführen später bei den Jugendlichen zu tiefer Traurigkeit bis hinzu Depressionen. Man kann sich vorstellen, welche große Notdiese Kinder und ihre Familien erleiden.Welche Folgen hat unbehandeltes ADHS für dieEntwicklung eines Menschen?14
MedizinDIALOGKinder entwickeln im Laufe der Jahre Schritt für Schritt, ausgehendvon einfachen Verhaltensmustern, differenzierte, derSituation angepasste Denk- und Handlungsweisen. Die Integrationdes Kindes in sein soziales System (Familie, Freunde)ist die wesentliche Voraussetzung für ein gesundes Heranwachsen.Unbehandelten Kindern mit ADHS gelingen dieseEntwicklungsschritte nicht oder nur mangelhaft, so dass siewichtige Meilensteine in der kindlichen Entwicklung nichterfolgreich abschließen. Sie wirken als Jugendliche in ihremVerhalten wie sehr viel Jüngere und kommen damit in derGruppe der Gleichaltrigen nicht an. Auf diese Weise gelingtdie Integration in ein stabiles soziales Umfeld, wie zum Beispielin der Schule oder einem Freundeskreis nicht. FehlendeSchulabschlüsse, nicht begabungsentsprechende Ausbildung,Abbruch von Lehren, Ausgrenzung, Depression, aggressivesVerhalten, Gefahr der Arbeitslosigkeit, Drogen und Kriminalitätkönnen die Folge sein.Wie bemerken Eltern, dass ihr Kind an ADHSleiden könnte?Für Eltern gilt die Regel, dass sie Verhaltensauffälligkeiten ihresKindes, vor allem wenn sie länger andauern, mit ihremKinderarzt besprechen sollten. Eltern sollen Auffälligkeiten,die sie bemerken, ernst nehmen. Auch der Arzt muss sie ernstnehmen, aber nur er kann nach sorgfältiger und umfassenderDiagnostik eine Einschätzung vornehmen, ob eine ADHS vorliegtoder nicht. Eltern und Lehrer sollten sich mit ihrer Einschätzungzurückhalten und nicht voreilig eine sogenannteVerdachtsdiagnose stellen, sondern sich vertrauensvoll beratenlassen. Zum einen gibt es auch Verhaltensauffälligkeitenbei Kindern, die nicht Ausdruck einer Krankheit sind, und zumanderen gibt es noch viele andere Krankheiten, die zu Verhaltensauffälligkeitenführen, die den beschriebenen Auffälligkeitenbeim ADHS ähneln können (Epilepsie, Autismus,Depression und viele mehr) oder auch mit einer ADHS kombiniertsein können.Warum haben so viele Eltern Angstvor der Diagnose ADHS?Kinder mit ADHS sind unkontrollierbar, erziehungsresistentund zerstören die Erwartungen der Eltern an ihr Kind. Dies bereitetden Eltern und der gesamten Familie viele Sorgen undgroße Ängste. Eltern hoffen, dass ihre Kinder einen gutenSchulabschluss machen und sich sozial optimal integrieren.Eine Erwartung, die sich bei Anwesenheit von ADHS oft nichterfüllt. Auch stellt aggressives Verhalten ihres Kindes einegroße Bedrohung dar. Es entstehen bei den Eltern sehr schnellSchuldgefühle und Gefühle der Ohnmacht, da es ihnen nichtgelingt, ihr Kind zu beeinflussen. Die Vorwürfe von Großeltern,anderen Verwandten, Nachbarn und Lehrern, die Elternkönnten ihr Kind nicht erziehen, aber auch Berichte in denMedien - oft sehr reißerisch aufgemacht - schüren und verstärkenÄngste der Eltern. Die Diagnose ADHS kann eineStigmatisierung bedeuten. Darum ist es von großer Bedeutung,dass mit der Diagnosestellung so schnell wie möglichKind, Eltern und der gesamten Familie geholfen wird, mit derStörung umzugehen und die Auswirkungen zu verringern.Ehe, da die Forderung nach Strenge, Konsequenz und Bestrafungeines Elternteils im Gegensatz zum liebevollen Verständnisdes anderen Elternteils stehen kann. In einem umfassendenTherapiekonzept es ist darum wichtig, dass Elternlernen, wie sie mit ihrem Kind sinnvoll umgehen können,damit eine Therapie erfolgreich sein kann.Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Therapie ist es,dass allen Beteiligten deutlich gemacht wird, dass das Kindkrank ist. Häufig erleben wir, dass der Fehler begangen wird,das Kind als faul, böse oder aggressiv abzustempeln. Elternwird vorgeworfen, dass sie sich nicht um ihr Kind kümmern, esnicht richtig erziehen. Wenn alle Beteiligten die Krankheit desKindes akzeptiert haben, ist dies eine der wesentlichenVoraussetzungen für eine erfolgreiche Therapie.Die Therapieziele sind die Verringerung der Kernsymptomatik,eine altersadäquate psychosoziale Entwicklung und Integration,Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehung, ein genügendstabiles Selbstwertgefühl und auch die Gewährleistungeiner begabungsentsprechenden Schul- und Berufsausbildung.Zum multimodalen Therapie-Konzept gehört zunächst diePsychoedukation, also die Beratung der gesamten Familieund des weiteren Familienumfelds, des Kindergartens und derSchule zu Beginn und im Verlauf der gesamten weiteren Betreuung.Ein weiterer Eckpfeiler ist die Behandlung von umschriebenenEntwicklungsstörungen, anderen assoziiertenStörungen, und bei erheblichen intrafamiliären Problemeneine Verhaltenstherapie und Elterntraining. Der Anschluss aneine Selbsthilfegruppe bringt oft erhebliche Entlastung für dieFamilien. Abhängig vom Schweregrad der Störung und derGesamtbeeinträchtigung kann auch eine medikamentöseTherapie zum Einsatz kommen. Der Vergleich verschiedenerBehandlungsmethoden hat gezeigt, dass eine individuell bedarfsangepasstemedikamentöse Therapie den größten positivenEffekt auf die Kernsymptome von ADHS hat, wobei auchassoziierte Störungen günstig beeinflusst werden. Diekontinuierliche Beratung für die Optimierungder Therapie ist dabei sehr wichtig. Mittlerweileist die medikamentöse TherapieStandard, wenn Nutzen undRisiken sorgsam abgewogenwurden.In den allermeistenFällen lässt sich mitdiesem Therapie-Konzept dieADHS erfolgreichbehandeln.Welche Herausforderung bedeutet ADHS für Eltern?Wenn ein Kind an ADHS leidet, bedeutet dies eine große Herausforderungfür die betroffenen Eltern, aber auch für Geschwisterund die restliche Familie. Wie gehe ich mit der Unkontrolliertheitdes Kindes um, wie reagiere ich auf seineImpulsivität, seine Aggressionen und die Unfähigkeit, sich zukonzentrieren? Was löst dieses Verhalten bei den Eltern ausund wie können sie ihre eigenen Gefühle - Ängste, Ablehnung,Aggressionen - gegenüber dem Kind einordnen undkontrollieren? Häufig führt das zu einer Zerreißprobe für die15