Zeittafel zur Kindergartengeschichte - F-rudolph
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1792 – J. Grabner: „Ueber die vereinigten Niederlande“ (Gotha). 81 Erste literarische Nachricht in<br />
Deutschland über holländische Spielschulen durch die Reisebriefe von Grabner. Die<br />
niederländischen Spielschulen dienen der Betreuung und Beschäftigung der Kinder.<br />
1792 – „Wartezimmer“ der Armenanstalt in Hamburg. Das Wartezimmer war eine<br />
Tagesbetreuung für Kinder. Die „Allgemeine Armen-Anstalt“ richtete das Wartezimmer für<br />
arbeitende Mütter ein. Die Kinder wurden von Helferinnen aus Bürgerfamilien „in zeitgemäßer<br />
Strenge und Ordnung gewartet“, daher nannte man sie „Wartefrauen“. 82<br />
1796 – Erste Ideen von Pauline zu Lippe-Detmold <strong>zur</strong> staatlichen Organisation der<br />
Armenpflege. 83<br />
1800-1809<br />
1800 – Christian Hinrich Wolke versucht in St. Petersburg vergeblich eine Kleinkinderanstalt zu<br />
gründen. Sie trug Züge einer Industrieschule. 84<br />
1801 August 31 – In Detmold wird die Pflegeanstalt eröffnet.<br />
1802 – Friedrich Graf von Spauer (oder Spaur): „Über die Pflicht des Staates, die Arbeitsamkeit<br />
zu befördern, die Bettelei abzustellen und die Armen zu versorgen“ (Salzburg). Er empfiehlt<br />
„gewisse, von der Staatsgewalt in allen Gemeinden eingeführte, gelenkte, unterstützte und<br />
aufrechterhaltene Anstalten, in denen jedes Kind von 3-12 Jahren seines Alters nützliche<br />
Beschäftigung findet, alle Arbeiten seines künftigen wahrscheinlichen Berufs erlernen, selbst<br />
damit sich etwas verdienen kann und in denen vorzüglich solche Arbeiten gelehrt werden, die das<br />
Kind von seinen Eltern zu Hause nicht erlernen kann“. Dies ist wohl eine Industrieschule, zu der<br />
die kleinen Kinder gesammelt werden. 85<br />
1802 Juli 1 – Fürstin Pauline zu Lippe-Detmold 86 (1769-1820) gründet in Detmold die erste<br />
deutsche „Aufbewahrungs-Anstalt für kleine Kinder“ bis zu vier Jahren. Viele Besucher kamen,<br />
u.a. aus England. Sie regierte ab 1802 bis zu ihrem Tod in Vertretung für ihren unmündigen Sohn,<br />
den späteren Fürsten Leopold II. Die Einrichtung dürfte eine Nachbildung der Strickschulen<br />
Oberlins gewesen sein. „Princess Pauline's School, which she herself described as a Pfleganstalt,<br />
was modelled on the salles d'asile established about 1801 in Paris on the lines of Oberlin's<br />
school at Waldbach.” 87 Pauline von Lippe-Detmold handelte aus sozialer Verantwortlichkeit<br />
heraus. 88 Gleichzeitig gründete sie ein Krankenhaus. Fliedner (1836) bezeichnet diese<br />
Einrichtung als eine Kleinkinderbewahranstalt. Gehring bezeichnet sie als eine<br />
Kleinkinderschule. 89 Andere bezeichnen die Einrichtung zu Unrecht als die erste Kinderkrippe 90.<br />
1803 – Pauline zu Lippe-Detmold: „Vorschlag, eine Pariser Mode nach Detmold zu verpflanzen“.<br />
Dies ist ihre Programmschrift über die Arbeit in ihrer Aufbewahrungsanstalt. "Madam Bounaparte<br />
und mehrere zierliche und vornehme Damen in der unermesslichen Hauptstadt des<br />
französischen Reichs, wählten und errichteten mit wahrhaft weiblichem Schwestergefühl und<br />
beneidenswerter Feinheit in den Vierteln der großen Stadt Depots oder Säle, wo die zarten<br />
Kleinen armer, mit auswärtiger Arbeit beschäftigter Mütter einstweilen genährt, verpflegt, versorgt<br />
werden; jeden Morgen überbringen die dadurch beruhigten, beglückten Mütter ihre Kinder, jeden<br />
Abend holen sie sie freudig und dankbar wieder ab, und die Stifterinnen der milden Anstalt<br />
übernehmen wechselweise die Aufsicht." Über die Wirkung der Anstalt wird zweierlei gesagt: Das<br />
81 Konrad, 40f; Gehring, 14; dort ist der Abschnitt zitiert.<br />
82 Thorun; Hoffmann, 23 spricht wohl zu unrecht von 1798, auf Seite 107 spricht sie von 1797.<br />
83 Häusler/Kampmann.<br />
84 Gehring, 42.<br />
85 Gehring, 35.<br />
86 Brachtendorf/Lederle/Runde; Berger, Frauen in der Geschichte des Kindergartens: Pauline Christine Wilhelmine<br />
Fürstin zu Lippe-Detmold; Berger, Pauline (Paulina) Christine Wilhelmine Fürstin <strong>zur</strong> Lippe-Detmold; Gehring, 36-39;<br />
Hoffmann, 23, 86-88; Konrad, 49-53. Detmold wird als Kleinkinderschulgründung bei Wirth (1840) genannt; vgl.<br />
Quellen <strong>zur</strong> Kleinkindererziehung, Seite 209.<br />
87 The Hadow Report. Als Belege werden dort angegeben: RR Rusk, History of Infant Education (1933), pp. 114-118;<br />
Hans Kiewning, Furstin Pauline <strong>zur</strong> Lippe, 1769-1820, pp. 143-5.“<br />
88 Gehring, 51.<br />
89 Gehring, 100.<br />
90 Textor. Für Reyer (1985), 25, ist die erste Krippe im deutschsprachigen Raum die am 4.11.1849 in Wien errichtete<br />
Einrichtung -> 4.11.1849.