DEPRESSIONEN erhöht zudem das Risiko für eine weitere depressive Episode sowie für eine Erhöhung des Schweregrades der Erkrankung (Freeman et al., 2004; Keller et al., 1992; Keller et al.,1998;Kessler et al.,2003;Kessing, 2008). Soziale Unterstützung stellt, ganz besonders für Frauen, einen schützenden Effekt dar, wohingegen bei Männern die Ehe sowie eine Tendenz zu aktivem Problemlöseverhalten als protektive Faktoren gelten (Kendler et al 2005; Kiviruusu et al 2007). 12 Erscheinungsbilder depressiver Erkrankungen Im Allgemeinen kann sich eine Depression auf psychischer, körperlicher und der Verhaltensebene manifestieren. Die diagnostischen Kriterien in den internationalen Klassifikationen sind für Männer und Frauen gleich, jedoch unterscheiden sich die beiden Geschlechter oft hinsichtlich ihres Krankheitsbildes. Neben den allgemeinen Symptomen wie Freud-, Interessen- und Antriebslosigkeit, leiden Frauen häufig unter extrem hohem Schlafbedürfnis, stark gesteigertem Appetit (vor allem nach Kohlehydraten), Stimmungsverschlechterung am Abend, Angst, Panik, gastrointestinale Beschwerden, Gewichtszunahme, Müdigkeit, und Energieverlust (Bhatia & Bhatia, 1999; Marcus et al., 2005). Männer, bei denen häufig Symptome wie Schlaflosigkeit und Agitiertheit im Vordergrund stehen (Moskvina et al., 2007, Khan et al., 2002), gehen mit der Erkrankung oft anders um als Frauen; sie setzen meist Coping-Strategien ein, die auf Ablenkung abzielen (z.B. Hobbies, Sport, Substanzabusus), während Frauen „emotionales Coping“ bevorzugen (Weinen, Suchen nach sozialer Unterstützung etc.) (Kelly et al., 2007). Obwohl Suizide bei Männern häufiger als bei Frauen anzutreffen sind, begehen Frauen öfter Suizidversuche als Männer (Marcus, 2008); im Allgemeinen nimmt die Rate an Suizidversuchen mit steigendem Alter ab (Garde, 2007). Das Risiko für Suizid ist generell höher bei männlichem Geschlecht, vorangegangenen Suizidversuchen, komorbiden psychischen Störungen, subjektiv widrigen Lebensbedingungen und psychosozialem Stress; die Suizidrate bei Major Depression beträgt ungefähr 15% (Gonda et al 2007; Murphy 1994). Saisonale Depression (seasonal affective disorder, SAD), die bei 0,4–2,7% der 4/2008 Bevölkerung in den Wintermonaten auftritt, ist durch depressive Stimmung, Energiemangel, übermäßiges Schlafen und Essen, Gier nach Kohlehydraten und Gewichtszunahme gekennzeichnet (Levitt et al., 2000; Levitt & Boyle, 2002; Blazer et al., 1998). 46% der Frauen, die unter SAD leiden, haben auch eine prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS) (Praschak-Rieder et al., 2001). 60% der Frauen mit PMDS haben mindestens eine schwere depressive Phase in ihrem Leben und auch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Depressionen in den Wechseljahren, insbesondere dann, wenn sie früh in die Menopause eintreten (DeJong et al., 1985; Endicott 1993; Stout et al.,1986;Yonkers,1997;Kim et al.,2004; Woods et al., 2002). Depression gehen häufig mit komorbiden körperlichen und/oder psychiatrischen Erkrankungen einher. Zwischen 9,3% und 23% der PatientInnen mit chronischen körperlichen Erkrankungen leiden auch an Depressionen; sehr häufig sind Personen mit Diabetes (9,3%), Arthritis (10,7%), Angina pectoris (15%), Asthma (18%), chronischem Kopfschmerz/ Migräne (bis 27%) und kardiovaskulären Erkrankungen (17–27%) betroffen (Moussavi et al., 2007; Jelinski, 2007; Sorensen, 2005; Möller-Leimkühler, 2007). In Bezug auf psychiatrische Erkrankungen ist die Angststörung mit 59% jene, die am häufigsten gemeinsam mit einer „Major Depression“ anzutreffen ist (Kessler et al., 2003). Insgesamt leiden depressive Frauen wesentlich öfter unter einer komorbiden Angststörung, somatoformen Störung und Bulimie als depressive Männer; depressive Männer hingegen leiden häufiger unter komorbidem Alkohol- und Substanzabusus als depressive Frauen (Marcus et al.,2008;Bjerkeset et al.,2008). Therapie der Depression Es stehen zahlreiche Therapiemethoden zur Behandlung von Depressionen zur Verfügung. Medikamentöse Therapie mittels Antidepressiva sollte (individuelle und) geschlechtsspezifische Aspekte wie z.B. sexuelle Störungen als Nebenwirkungen von SSRIs, unter denen Männer besonders leiden, berücksichtigen (Cohen et al 2007). Bei älteren Männern ist ein niedriger Testosteronspiegel oft mit depressiven bzw. dysthymen Symptomen verbunden; daher kann Testosteron als Ergänzung zu einem Antidepressivum als wirksame Methode eingesetzt werden (Orengo et al 2004; Delhez et al 2003). Psychotherapie stellt ebenfalls eine effektive Möglichkeit zur Behandlung von Depressionen dar, wobei eine Studie von Schneider et al (2008) zeigte, dass Männer schneller auf eine stationäre Therapie (Kombination medikamentöse Therapie und interpersonelle Psychotherapie) ansprachen als Frauen. Bei Depressionen leichten bis mittleren Schweregrades hat sich die kognitive Verhaltenstherapie als ebenso effektiv wie die Behandlung mit Medikamenten herausgestellt (Laidlaw et al., 2008). Insgesamt scheint eine Kombinationstherapie von psychotherapeutischer und medikamentöser Behandlung in vielen Fällen von Vorteil (z. B. March et al., 2004; Blom et al., 2007). Aber auch die Lichttherapie – bisher vor allem zur Behandlung saisonaler Depression eingesetzt – hat sich in Kombination mit antidepressiver Medikation als wirksam erwiesen (Even et al., 2007). Literatur bei den Verfasserinnen Mag. Bernadette Winklbaur, Mag.Verena Metz, Dr.Andjela Bäwert, Ao. Univ.-Prof. Dr. Gabriele Fischer Univ.-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Medizinische Universität Wien Währinger Gürtel 18–20, A-1090 Wien Tel.: +43/1/40 400-3549 gabriele.fischer@meduniwien.ac.at www.sucht-addiction.info Anzeige Plus 34
Die helfende Hand bei Depression Fachkurzinformation siehe Seite 35