DEPRESSIONEN Praktische Aspekte für die medikamentöse Therapie der unipolaren Depression 6 Prim. Univ.-Prof. Dr. Christoph Stuppäck, Priv.-Doz. Dr. Alexandra Whitworth Ein kurzer theoretischer Exkurs Seit in den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts die ersten Antidepressiva auf den Markt gekommen sind, hat sich einerseits wenig, andererseits natürlich doch vieles getan. Nach wie vor sind es die Monoamine, die für die Ätiologie der Depression für entscheidend erachtet werden und daher auch in der Therapie eine große Rolle spielen. Die Fortschritte im praktischen Bereich sind im Wesentlichen darin zu sehen, dass uns zunehmend Substanzen mit selektiveren Wirkmechanismen zur Verfügung stehen, Nebenwirkungsprofile günstiger und damit die Compliance erleichternder geworden sind. Im theoretischen, präklinischen Bereich hat sich vieles an <strong>neu</strong>em Wissen ergeben, es ist klar geworden, dass natürlich nicht das was am prä- oder postsynaptischen Rezeptor passiert das Entscheidende ist, sondern die Kaskaden dahinter von großer Bedeutung sind. Die Rolle von CREB (cAMP response element-binding protein) und BDNF (brain-derived <strong>neu</strong>rotrophic factor) wurde weitgehend geklärt, auch spielt nach heutigem Stand des Wissens gerade auf der Basis der beiden vorgenannten Proteine die Neuroplastizität eine bedeutende Rolle in der Behandlung der Depression. Welches Antidepressivum wann? Nach wie vor stehen einem jedoch für die alltägliche Praxis keine klaren biologischen Prädiktoren zur Verfügung, die 4/2008 ein Ansprechen für ein eher noradrenerges, serotonerges oder dopaminerges Antidepressivum voraussagen lassen. Immer noch spielt die klinische Erfahrung eine große Rolle, können gewisse Zielsymptome cum grano salis und natürlich ein wenig „milchmädchenhaft“ den einzelnen Neurotransmittersystemen zugeordnet werden. Man kann davon ausgehen, dass alle drei Neurotransmittersysteme die zentralen Symptome der Depression, nämlich Stimmung und Interesse günstig beeinflussen, Noradrenalin und Serotonin auf Angstsymptome positiv einwirken, Noradrenalin sich günstig auf Vigilanz und Energie auswirken, Dopamin über seinen Einfluss auf die Belohnungssysteme u.a. Freude und Motivation steigern können, Serotonin zusätzlich die für Depressive oft so quälenden Zwangsphänomene steuert. Darüber hinaus ist die Auswahl des Antidepressivums über die Vorerfahrungen der Patientin/des Patienten zu Tabelle 1 Indikationen für ein therapeutisches Drug monitoring (TDM) • Sicherheitsgründe • Ungenügendes Ansprechen bei adäquater Dosis • Nebenwirkungen trotz adäquater Dosis • Potenzielle Interaktionen • Therapie von Kindern, Adoleszenten • Therapie von Alten, Komorbiden • Adherence • Forensische Gründe • Wechsel vom Original auf ein Generikum (oder vice versal), von einem Generikum auf ein anderes • Schwangerschaft, Stillzeit treffen, früheres positives Ansprechen auf ein Antidepressivum ist ein guter Prädiktor dafür, dass auch in der Indexepisode eine günstige Wirkung zu erwarten ist. Natürlich spielt auch die Vorerfahrung des Behandlers eine große Rolle, jeder von uns hat wohl – und das ist auch durchaus gut – favorisierte Antidepressiva, die er häufig und mit Erfolg verordnet. Vor allem bei Nichtansprechen auf eine Substanz spielt dann die genauere Kenntnis des Wirkmechanismus eine große Rolle; ganz grundsätzlich ist es nicht sinnvoll, Patienten etwa von einem SSRI auf einen anderen SSRI einzustellen, vielmehr sollte eine Substanz mit einem anderen Wirkmechanismus gewählt werden.Vor einer Umstellung sind aber auch einige andere Dinge zu bedenken: Wird das verordnete Antidepressivum auch tatsächlich eingenommen und wenn ja, ist die verordnete Dosis ausreichend? Zur Klärung beider Fragen bewährt sich die Bestimmung des Plasmaspiegels überaus. Hievon wird in Österreich unseres Erachtens nach wie vor zu wenig Gebrauch gemacht, viele unserer Patienten könnten jedoch durch diese Maßnahme sehr profitieren. Nicht so wenige Patienten metabolisieren nicht „normal“, rapid und ultra rapid metabolizer bauen mit herkömmlichen Antidepressivadosierungen keine wirksamen Spiegel auf, womit auch die zentralen Wirkmechanismen an Rezeptoren nicht zustande kommen können. Andere Patienten wiederum metabolisieren so langsam (slow metabolizer), dass sie unter herkömmlichen Antidepressivadosen Anzeige Plus 34
Fachkurzinformation siehe Seite 35