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Bedingungen - Gesellschaft für Friedrichstädter Stadtgeschichte

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Heft 23, vorderes Umschlagblatt<br />

Abb.<br />

Druck.<br />

Unterhaltung<br />

<strong>für</strong><br />

Friedrichstadt<br />

und<br />

die angränzende Gegend.<br />

[Vignette]<br />

Abb.<br />

Foto.<br />

[zeigt die alten <strong>Friedrichstädter</strong> Kornwindmühlen mit Schiffen, die im Hafen überwintern]<br />

Heft 23, vorderes Umschlagblatt<br />

[Rückseite leer]<br />

Heft 23, S. (1) Titelblatt<br />

Umschlagbild:<br />

Die alten <strong>Friedrichstädter</strong><br />

Kornwindmühlen<br />

davor: Schiffe, die im<br />

Hafen überwintern<br />

Winter 1983<br />

Heft 23, S. (1) Titelblatt<br />

Heft 23, S. 2<br />

Abb.<br />

Druck.<br />

Unterhaltung<br />

<strong>für</strong><br />

Friedrichstadt<br />

und die angränzende Gegend.<br />

23.<br />

Mitteilungsblatt<br />

der<br />

GESELLSCHAFT FÜR<br />

FRIEDRICHSTÄDTER STADTGESCHICHTE


Die Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />

Nils Claussen<br />

Jürgen-Ovens-Straße 3<br />

2254 Friedrichstadt<br />

Siegfried P. Fuhrmann<br />

Matth. Claudius Straße 13<br />

2390 Flensburg<br />

Gesa Harder<br />

Realschulklasse 10<br />

2254 Friedrichstadt<br />

Elfi Sanssouci<br />

Am Mittelburgwall 16<br />

2254 Friedrichstadt<br />

Harry Schmidt<br />

Föhrer Weg 21<br />

2300 Kiel<br />

Erhardt Weiß<br />

Bernstorffweg 16<br />

2301 Strande<br />

Redaktionsausschuß:<br />

Nils Claussen, Dr. H. P. Jessen-Klingenberg,<br />

Rainer W. Kühl, Heinrich Mannel, Elke Meyer,<br />

Karl Michelson, Klaus Rybiczka<br />

Druck: Verlags- und Offsetdruckerei Olde<br />

2247 Krempel/Lunden<br />

Cornelia Czeromin-Teske<br />

Aß Treenefeld 7<br />

2254 Friedrichstadt<br />

Hermann Hansen<br />

Am Mittelburgwall 7<br />

2254 Friedrichstadt<br />

Karl Michelson<br />

Am Mittelburgwall 46<br />

2254 Friedrichstadt<br />

Werner Sarau<br />

Brüggemannstraße 2<br />

2250 Husum<br />

Gunnar Seidel<br />

Im Schloß<br />

2301 Probsteierhagen<br />

UNTERHALTUNG FÜR FRIEDRICHSTADT UND DIE ANGRÄNZENDE GEGEND.<br />

Unter diesem Titel erschien 1799 die erste <strong>Friedrichstädter</strong><br />

Zeitung<br />

Heft 23, S. 2<br />

Heft 23, S. 3<br />

5 Ein Wort vorweg<br />

INHALT


7 UNBEKANNTES aus alten Akten und Zeitungen<br />

8 Überwintern im <strong>Friedrichstädter</strong> Hafen<br />

Karl Michelson<br />

14 Het Houten Wambas<br />

Karl Michelson<br />

21 Vom freien Fischfang und von freier Jagd auf der Treene<br />

Karl Michelson<br />

50 Friedrichstadt, am Markt 16<br />

Gunnar Seidel<br />

66 Friedrichstadt im Jahre 1717<br />

Am Anfang einer Materialsammlung<br />

80 Hymne an Friedrichstadt<br />

Elfi Sanssouci<br />

81 Quellen zur <strong>Stadtgeschichte</strong><br />

82 Der Marktbrunnen<br />

Gesa Harder<br />

83 Friedrichstadt, Bevölkerungsgeographische Entwicklung<br />

Cornelia Czeromin-Teske<br />

110 Wußten Sie schon?<br />

111 Die Wandervogel-Ortsgruppe in Friedrichstadt<br />

121 Wie Weit?<br />

Eine scherzhafte Bemerkung von 1833<br />

122 Wer hat eine Hommel?<br />

Siegfried P. Fuhrmann<br />

124 Johan van Wouwer<br />

129 Johan van Wouwer und seine Ländereien im Freesenkoog<br />

Werner Sarau<br />

137 Leben und Wirken von Dr. Harry Schmidt<br />

Aus Anlaß seines 100. Geburtstages<br />

138 Ein Brief aus Friedrichstadt an Kaiser Menelik von Abessinien<br />

Harry Schmidt


Heft 23, S. 3<br />

Heft 23, S. 4<br />

142 Hermann Hansen: Das alte Friedrichstadt<br />

Eine Betrachtung zur 2., verbesserten Auflage<br />

Karl Michelson<br />

153 Zwei Briefe um Heinrich Stuhr<br />

Erhardt Weiß und Hermann Hansen<br />

159 Marcipan Teig ander Arth!<br />

Aus Bäcker Backe’s Back-Buch von 1787<br />

160 Wußten Sie schon?<br />

Abb.<br />

Druck.<br />

Inhalt:<br />

Fahrplan der Schleswiger Kreisbahn.<br />

Gültig vom 1. Juni 1919.<br />

W. S. W. S.<br />

7,45 2,25 2,15 ab Friedrichstadt an 10,25 5,55 7,25<br />

8,05 2,35 2,25 Seeth=Drage 10,15 5,45 7,15<br />

8,13 2,43 2,33 Süderstapel 10,07 5,32 7,07<br />

8,15 2,45 2,35 an Süder=Norderstapel ab 10,05 5,30 7,05<br />

8,55 3,25 2,40 ab Süder=Norderstapel an 9,45 4,40 6,30<br />

8,58 3,28 2,43 Norderstapel 9,43 4,38 6,28<br />

9,11 3,41 2,52 Bergenhusen 9,35 4,29 6,20<br />

9,26 4,02 3,00 Wohlde 9,29 4,15 6,03<br />

9,41 4,30 3,18 Hollingstedt=Dörpstedt 9,03 3,45 5,37<br />

10,18 5,33 3,44 Kropp 8,40 2,54 4,50<br />

10,40 6,00 4,05 an Schleswig ab 8,10 2,10 4,20<br />

Ja, damals, 1919, fuhr die Kreisbahn noch!<br />

Haben Sie vielleicht noch Unterlagen aus jenem ereignisreichen Jahr?<br />

Damals, 1919, wurde ein Stadtparlament gewählt, die Nationalversammlung auch ... in<br />

Friedrichstadt gründete man die erste Volkshochschule, der „neue Glaube“ wurde angepriesen,<br />

Diebstähle nahmen zu, die Kaufkraft schwand dahin, die Kaufleute Hensen und Beiroth<br />

eröffneten ihre Geschäfte, Kriegsgefangene kehrten heim, Apotheker Rüdel ließ das Motorboot<br />

KOLLUND fahren usw.<br />

Jede Unterlage, jedes Foto, jede Erinnerung ist uns wertvoll! Sehen Sie doch, bitte, einmal in der<br />

alten Kommode nach und verständigen Sie uns, wenn Sie etwas gefunden haben.


Danke!<br />

Heft 23, S. 4<br />

Heft 23, S. 5<br />

EIN WORT VORWEG<br />

Verehrte Mitglieder,<br />

Ganz planmäßig kann Ihnen der Vorstand in der Adventszeit ein weiteres Mitteilungsblatt unserer<br />

<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Friedrichstädter</strong> <strong>Stadtgeschichte</strong> vorlegen. Es ist das 23. Heft mit<br />

stadtgeschichtlichen Beiträgen, das Sie erreicht.<br />

Vom Umfang her mußten wir uns auch bei dieser Ausgabe Beschränkungen auferlegen. Ohne<br />

Zuschüsse und ohne Spenden von unseren Mitgliedern hätte das Heft mit den vielen Seiten in dieser<br />

Ausstattung nicht erscheinen können. Wir mußten be<strong>für</strong>chten, daß die seit 1970 enorm gestiegenen<br />

Druck- und Herstellungskosten eine kontinuierliche Herausgabe unserer Mitteilungsblätter in der<br />

bisherigen Form und dem gewohnten Umfange nicht mehr zulassen würden. Das erkannte auch die<br />

Mitgliederversammlung im Frühjahr dieses Jahres. Sie ging über den Vorschlag des Vorstandes auf<br />

Anhebung des Beitrages noch hinaus und setzte vom 1. Januar 1984 ab den Jahresbeitrag auf 24,-<br />

DM fest. Das ist zwar gegenüber dem seit mehr als 12 Jahren unverändert gebliebenen Satz eine<br />

nicht unerhebliche Erhöhung; das Erscheinen unserer Mitteilungsblätter, auf die keiner verzichten will,<br />

ist dadurch aber gesichert.<br />

Bedenken Sie, bitte: es sind im Monat nur 2 Mark, nur eine Schachtel schnell verrauchter Zigaretten,<br />

die Sie <strong>für</strong> den bleibenden Wert Ihrer Mitteilungsblätter und <strong>für</strong> die übrige Arbeit unserer<br />

<strong>Gesellschaft</strong> beisteuern.<br />

Diese in der Geschichte unserer <strong>Gesellschaft</strong> erstmalige Beitragsänderung gibt dem Schatzmeister,<br />

Herrn Heinz Meyer, Veranlassung zu einigen beachtenswerten Hinweisen:<br />

1. Mitglieder, die eine Einzugsermächtigung unterschrieben haben, brauchen nichts zu<br />

unternehmen. Bei ihnen wird im kommenden Jahr der neue Beitrag von 24,- DM in den<br />

ersten Monaten abgerufen werden.<br />

2. Mitglieder, die einen Dauerauftrag eingerichtet haben, sollten diesen Auftrag ab 1.1.1984<br />

ändern lassen auf DM. 24,- pro Jahr.<br />

Heft 23, S. 5<br />

Heft 23, S. 6<br />

3. Mitglieder, die ihren Beitrag überweisen, sollten beachten, daß ab 1.1.1984 DM. 24,-<br />

überwiesen werden. Unsere <strong>Gesellschaft</strong> unterhält folgende Konten:<br />

Sparkasse Nordfriesland<br />

Konto Nr. 60 - 003373


Bankleitzahl 217 500 80<br />

Vereins- und Westbank<br />

Konto Nr. 41/648600<br />

Bankleitzahl 217 300 41<br />

Volksbank Dithmarschen e. G.<br />

Konto Nr. 190 586<br />

Bankleitzahl 218 900 22<br />

Und, bitte, überweisen Sie den Beitrag im ersten Halbjahr. Sie ersparen sich unangenehme<br />

Mahnungen und dem Vorstand überflüssige Verwaltungsarbeit. Noch besser wäre es,<br />

wenn Sie eine Einzugsermächtigung unterschreiben würden!<br />

Alle Mitglieder aber brauchen sich nicht an den neuen Beitrag zu halten: nach oben sind keine<br />

Grenzen gesetzt. Jede Spende ist willkommen.<br />

Sie wissen, verehrte Mitglieder, daß wir nur ungern diese Blätter <strong>für</strong> Formalitäten verschwenden.<br />

Heute war es einmal erforderlich.<br />

Mit freundlichen Grüßen!<br />

Abb.<br />

Hs. [eigenhändiger Namenszug des Verfassers:] Dr. Maaßen<br />

Heft 23, S. 6<br />

Heft 23, S. 7<br />

Unbekanntes .... aus alten Akten und Zeitungen<br />

Jan Reymers zahlte 1752/53 an<br />

Dorrens huer 8 [Mark]<br />

Wir vermuten: Miete <strong>für</strong> eine Darre. Ist das richtig?<br />

Dor, dorre = dörr, mager, dürre, ausgetrocknet. So steht es in „Het nieuw Neder-Hoog-Duitsch ...<br />

Wordenboek“ von Matthias Kramer, Leipzig 1759.<br />

Vor 150 Jahren waren in Friedrichstadt mindestens drei<br />

Amidam- Fabriken<br />

vorhanden. Sie wurden betrieben von Hinrich Georg Dencker, Pierre Breguet und H. Stamp, dessen<br />

Fabrik auf Peter Ivers überging.<br />

Wir wüßten gern,


wo diese Fabriken in der Stadt lagen und<br />

wie in Friedrichstadt die Amidamfabrikation<br />

betrieben wurde.<br />

Amidam, auch Amedam, Amdam = Kraftmehl, Stärke, Kleister, franz. = amidon, griech. lat. amylum<br />

= Stärkemehl.<br />

Um 1835 bestand in Friedrichstadt ein<br />

Dramatischer Kinderverein.<br />

Am 15. März 1835 bot der Verein den <strong>Friedrichstädter</strong> Bürgern seine erste öffentliche Vorstellung<br />

dar. Sie wird in der Zeitung als gelungen bezeichnet.<br />

Wer kann nähere Angaben machen über<br />

die Zeit des Bestehen dieses Vereines, seine<br />

Mitglieder, Initiatoren und späteren Leiter<br />

und über den Zweck dieses Vereines.<br />

Jan Reeboom war 1717<br />

Postmeister in Friedrichstadt<br />

Wie sah seine Uniform aus und welches Schild mit dem Zeichen des Königs hing an seinem Hause?<br />

Heft 23, S. 7<br />

Heft 23, S. 8<br />

Überwintern im <strong>Friedrichstädter</strong> Hafen.<br />

Im Dezember des Jahres 1824 überraschte ein früher Winteranbruch die im <strong>Friedrichstädter</strong> Hafen<br />

anwesenden Schiffe. Sie konnten nicht mehr in ihre Heimathäfen zurückkehren. Das winterliche<br />

Wetter, ein heftiger Sturm und die Verhältnisse auf See mit einem starken Eisgang ließen eine Fahrt<br />

über die Nordsee nicht als ratsam erscheinen. Einige weitere Schiffe kamen in den ersten Frosttagen<br />

noch hinzu. Auch sie mußten nach dem Entladen im Schutz des Hafens verbleiben, und man stritt sich<br />

um die besten Liegeplätze in der entstehenden drangvollen Enge.<br />

Die barschen Schiffer jener Tage benahmen sich im kleinen <strong>Friedrichstädter</strong> Hafen recht eigenartig.<br />

Sie segelten in den Hafen ein, löschten ihre Ladung und verließen ihn alsbald mit oder ohne<br />

Rückfracht, ohne von der hohen Obrigkeit auch nur die geringste Notiz zu nehmen. Darüber klagte in<br />

den Dezembertagen 1824 der const. Hafenmeister L. C. Schenkenberg<br />

„... es scheint, daß sie nicht <strong>für</strong> nötig halten, sich beim Hafenmeister zu melden, ehe sie<br />

miteinander in Streit sind ...“


und dieser Streit kam alsbald. Es ging um die Liegeplätze, und B. J. Oortjes aus Veendam und<br />

Frentz Clausen aus Stapelholm lagen sich in den Haaren.<br />

Schenkenberg meldete den Vorfall erbost Sr. Hochwohlgeboren, dem Herrn Ingenieur Capitain v.<br />

Lund in Rendsburg, und die Königliche Kanal Aufsichts-Commission veranlaßte eine angemessene<br />

Bestrafung der Beteiligten. Der Hafenmeister stattete seinen „gehorsamsten Dank“ ab und fügte<br />

hinzu, er könne, obwohl ihm doch Schadenfreude fremd sei, in diesem Falle „die Freude nicht<br />

verbergen, welche [ihm] der mitgeteilte Extrakt“ des Urteils verursacht habe. Die verhängten Bußen<br />

werteten seine Stellung sichtlich auf.<br />

Die Schiffer nutzten die ersten Anzeichen einer Wetterbesserung im Januar 1825, um heimwärts zu<br />

segeln. Inzwischen hatte Schenkenberg in unserem Hafen eine „Bestandsaufnahme“ per 31.12.1824<br />

über die anwesenden Schiffe gemacht. Diese interessante Liste ist uns erhalten geblieben. Es lohnt<br />

sich, sie etwas näher zu betrachten; wir haben sie deshalb lesbar gemacht.<br />

Heft 23, S. 8<br />

Heft 23, S. 9<br />

Liste<br />

der im hiesigen Hafen gelegenen beladenen Schiffe ult. 1824<br />

Namen der Schiffer wo sie zu Hause<br />

Größe der<br />

gehören<br />

Com.-Lasten<br />

W. J. Stuit Veendam 18 1/2<br />

M. Douves Schimenkoeg (so!) 18<br />

J. R. Bolhuis Veendam 20<br />

H. R. Stuitvoet Veendam 19<br />

A. J. Boiten Veendam 25 1/2<br />

Fr. Clausen Bargen/Scheppern 10 1/2<br />

M. Kühl Friedrichstadt/Erfde 10 1/2<br />

A. J. Wyckmann Peekel 21<br />

S. P. Tanger Rotterdam 15<br />

N. N. Stiernøe Horsens 7 1/2<br />

B. G. Nieven Gröningen (so!) 25<br />

H. H. Spriek Peekel 28 1/2<br />

L. J. Bush Neuenveen 11 1/2<br />

H. J. Oortjes Veendam 20 1/2<br />

H. v. Lam Veendam 19<br />

W. J. Drewes Gröningen 19 1/2<br />

H. G. Boseker Peekel 27 1/2<br />

B. G. Oortjes Veendam 19 1/2<br />

W. F. Hiltmann Schermienkoog (so!) 21<br />

J. J. Owe Schermienkoog 21<br />

W. Wybes Schermienkoog 21 1/2<br />

C. W. Slof Wilderfang 20 1/2<br />

J. H. Sternberg Wilderfang 19<br />

S. C. Scherpbier Peekel 27<br />

E. J. Fisher Schirmenkoog (so!) 12 1/2<br />

G. C. Brokeman Veendam 19


A. G. Venstra Drosten 15<br />

K. J. Scholten Wilderfang 19 1/2<br />

H. Melkert Altenfähre 10 1/2<br />

N. Hansken Carolinensiel 16<br />

H. E. Beents Carolinensiel 11 1/2<br />

D. Sanders Neuharlingen 15<br />

L. H. Duin Peekel 22 1/2<br />

Dieser letzgenannte liegt noch hier, alle vorbenamte sind abgesegelt.<br />

Friedrichstadt, den 29ten Januar 1825<br />

Heft 23, S. 9<br />

Heft 23, S. 10<br />

L. C. Schenkenberg<br />

const. Hafenmeister<br />

Nach dieser Liste überwinterten 33 (dreiunddreißig!) Schiffe in dem kleinen <strong>Friedrichstädter</strong> Hafen,<br />

der damals ja ganz anders aussah, als heute ... wie uns ein Blick auf die Karte lehrt. Unser<br />

winterliches Umschlagbild ist etwa 60 Jahre später entstanden und zeigt schon das „Bassin“ vor dem<br />

Mühlengelände mit dem Durchstich zum alten Hafen.<br />

Die Liste des dienstbeflissenen Hafenmeisters gibt Auskunft über die Größe der Schiffe, die zu<br />

unserer Überraschung alle beladen waren. Eine Zusammenfassung nach Gruppen zeigt die folgende<br />

Übersicht:<br />

Anzahl der Schiffe<br />

unter 10 Commerzlasten 1 Schiff<br />

10,5 - 15 Commerzlasten 6 Schiffe<br />

15,5 - 20 Commerzlasten 13 Schiffe<br />

20,5 - 25 Commerzlasten 9 Schiffe<br />

über 25 Commerzlasten 4 Schiffe<br />

Schenkenberg führte natürlich auch die Heimathäfen der Schiffe aus. Danach ergibt sich folgendes<br />

Bild:<br />

Heimathafen Anzahl der Schiffe<br />

Veendam 8<br />

Schiemenkoog (so!) (Schiermonnikoog) 5<br />

Peekel (Pekela) 5<br />

Wilderfang (Wildervank) 3<br />

Groningen 2<br />

Carolinensiel 2<br />

Bargen/Scheppern 1<br />

Friedrichstadt/Erfde 1<br />

Rotterdam 1<br />

Horsens 1<br />

Neuenveen (Nieuwveen) 1<br />

Drosten 1


Altenfähre (Alteveer) 1<br />

Neuharlingen 1<br />

80 % der hier überwinternden Schiffe waren in den Niederlanden beheimatet. Von den vier größten<br />

über 25 Commerzlasten stammten drei aus Peekel und eines aus Veendam. Das kleinste Schiff mit<br />

nur 7 1/2 Commerzlasten war mit Horsens in Dänemark als Heimathafen registriert.<br />

Heft 23, S. 10<br />

Heft 23, S. 11<br />

Abb.<br />

Druck. Stadtplan.<br />

[Kartenausschnitt; aus: Deutscher Städteatlas, Hrsg. Dr. J. Lafrentz u. H. Stoob u.a., 1979]<br />

Karteninhalt:<br />

[nach Husum und Tö]nning<br />

[Späti]ng gege[n] den [S]üden<br />

[La]ndschaft Eider[stedt]<br />

Malzmühle<br />

Westerschleuse<br />

Soltkeed<br />

Bi[nnenhafen]<br />

Am [Binnenhafen]<br />

Eiland<br />

Drehbrücke<br />

Schleusenwärterhaus<br />

Mittelschleuse<br />

Landungsplatz<br />

Hafen<br />

Halber Mond<br />

Brodthafen<br />

Fährhaus<br />

Osterschleuse<br />

Schü[tzen]fenne<br />

ehem Borkmühle<br />

Kalkofenfenne<br />

[Landschaft Stapel]holm<br />

Oster Sielzug<br />

Barackenfenne<br />

Fürstenburggraben<br />

Golden Tor<br />

Am Fürstenburgwall<br />

kath. Kirche<br />

kath. Pastorat<br />

kath. Schule<br />

Neue Straße


Prinzen[straße]<br />

Kirchenstraße<br />

remonstr.-ref. Pastorat<br />

remonstr.-ref. Kirche<br />

Mittelgrabenstraße<br />

Ostergrabenstraße<br />

Prinzessinstr[aße]<br />

Lohgerberstraße<br />

ERSTES QUARTIER<br />

[ZWEITES] QUARTIER<br />

Heft 23, S. 11<br />

Heft 23, S. 12<br />

Sowohl die Anzahl dieser 33 Handelsschiffe als auch ihre Heimathäfen versetzen uns heute in nicht<br />

geringes Erstaunen. Der schon erwähnte Ingenieur-Capitain v. Lund berichtete <strong>für</strong> 1824 sogar in<br />

einer Vorlage <strong>für</strong> die Kanal-Behörde über die Ordnung im <strong>Friedrichstädter</strong> Hafen, daß es nach<br />

seiner<br />

„völligsten Überzeugung unmöglich ist, wenn 42<br />

Schiffe in wenigen Stunden einkommen, diese sogleich<br />

in die gehörige Ordnung zu legen ...“<br />

42 Schiffe (!) -- das mag <strong>für</strong> einen bestimmten Tag ein absoluter Höchststand oder vielleicht auch<br />

eine saisonbedingte Spitze gewesen sein; denn es gab auch Zeiten der Ruhe im Hafen, wie wir von<br />

Schenkenberg erfahren. Er schreibt Ende Januar 1825<br />

„Für diesen Winter, und wohl <strong>für</strong> lange Zeit, wird<br />

es nun ziemlich stille werden im hiesigen Hafen,<br />

denn die fremden Schiffer sind abgesegelt, und der<br />

Hafen ist jetzt beinahe ganz leer.“<br />

Es bleibt, heute lebhaft zu bedauern, daß uns die Ladung all dieser Schiffe mit ihren zusammen mehr<br />

als 600 Commerzlasten nicht bekannt ist. Die Akten *) bieten da<strong>für</strong> keinerlei<br />

Erkenntnismöglichkeiten. Die alten Handelsbeziehungen zu den Niederlanden waren ganz<br />

offensichtlich nicht abgerissen - was aus den Heimathäfen der Schiffe unschwer geschlossen werden<br />

kann - auch wenn die holländische Sprache in Friedrichstadt seit mehr als einer Generation nicht<br />

mehr offiziell gebraucht wurde. Und schließlich werden wir daran erinnert, daß 20 Jahre vorher Jan<br />

Jelles Schütt, 1824 schon hochgeschätzter Bürgermeister unserer Stadt, von Ness auf der<br />

holländischen Insel Ameland als Schiffer nach Friedrichstadt kam und hier seßhaft wurde.<br />

*) Akten im StA Friedrichstadt<br />

Abb.<br />

Druck. Zeichnung.<br />

[zeigt ein Segelschiff im <strong>Friedrichstädter</strong> Hafen]


Nach einer<br />

Zeichnung von<br />

Pastor Ferdinand Pont<br />

Heft 23, S. 12<br />

Heft 23, S. 13<br />

Abb.<br />

Lithographie.<br />

Die Eider mit dem <strong>Friedrichstädter</strong> Hafen<br />

von der Dithmarscher Seite aus gesehen.<br />

Ausschnitt aus J. F. FRITZ, Friedrichstadt an der Eider, 1833, Original 20,5 x 6 cm<br />

Heft 23, S. 13<br />

Heft 23, S. 14<br />

Het houten Wambas<br />

Hermann Saggau 1) hielt die Bezeichnung „HOUTEN WAMBAS“ 2) <strong>für</strong> eine Hausmarke, die<br />

früher den Giebel eines der alten <strong>Friedrichstädter</strong> Häuser zierte 3). Er stützte sich dabei auf Pastor<br />

Mensinga 4), der allerdings schon 75 Jahre früher eingeräumt hatte 5), „einige sind vielleicht bloße<br />

Namen gewesen“. Er konnte damals aus der Fülle der ihm mitgeteilten früher gebräuchlichen<br />

Ortsbezeichnungen nicht zwischen Hausmarken und Hausnamen unterscheiden. Heute wissen wir es<br />

genau: het houten wambas, das hölzerne Wams, war die übliche, selbst in amtlichen Registern 6)<br />

gebräuchliche Bezeichnung <strong>für</strong> ein in städtischem Besitz befindliches hölzernes Gebäude auf dem<br />

Platz beim Holmer Tor. Es war ein Wachthaus, das aber auch Wohnzwecken diente 7). Eigentümer<br />

war die Landesherrschaft zu 2/3 und die Stadt zu 1/3 8).<br />

Abb.<br />

Druck, Stadtplan.<br />

[Kartenausschnitt aus: ‘Ichnographia Friedericopoleos’]<br />

Die Lage des Houten Wambas<br />

Karteninhalt:<br />

Weg nach Seet [und Drage]<br />

[LANDEREJEN] UNTE[R] STAPELHO[LMER JURJSDJCTJON]<br />

[Der Ooster T]hren Graben<br />

[Stadts innere Grass]ung<br />

[Luth] : alte [Kir]chhoff<br />

Lutheraner Kirche<br />

Kanel Strasse<br />

Schmidt Strasse


Holmer Thor<br />

Neue Strasse<br />

Wachthaus<br />

[Norderseit] am Mittel Burchwall<br />

Süderseit am Mittel Burchwall<br />

[Menoniste]n Kirche<br />

Waag<br />

Es ist zu vermuten, daß die beiden Wachthäuser, eines am Goldenen Tor, das vor der Prinzenstraße<br />

belegen war, und das andere bei dem Holmer Tor - eben unser Houten Wambas - schon in den<br />

Jahren der Stadtgründung errichtet wurden. Exakte Beweise da<strong>für</strong> haben wir (noch) nicht finden<br />

können. Der Planungsentwurf von 1621 <strong>für</strong> unsere Stadt 9) weist weder Tore noch Wachthäuser<br />

aus. Die Angabe bei Schmidt 10), daß 1627 „<strong>für</strong> die Bürgerwacht ein Corps de Guarde gemacht“<br />

wurde“ 11) ist unvollständig und verleitet zu fehlerhaften Schlüssen. Es muß heißen<br />

9 t. 8ber 1627 bey der Westerpforte 1 Corps de Guarde <strong>für</strong> die Bürgerwacht gemacht. 12)<br />

Heft 23, S. 14<br />

Heft 23, S. 15<br />

Das Westertor aber lag bei der Drehbrücke am Eiland am anderen Ende der Stadt. Da hilft uns eine<br />

Eintragung vom 8.3.1624 schon weiter 13), in der es heißt<br />

„wird bey der neuen Hacke Brücke 1 Meider gemacht<br />

und eine kleine Hütte <strong>für</strong> den Torschließer gebauet“ 14),<br />

und in dieser kleinen Hütte vermute ich den Ursprung des Houten Wambas. Da die Brücke über den<br />

„voorsten Burgwall“ schon 1623 erbaut wurde, die Kuhbrücke und die große Brücke über den<br />

Mittelburgwall und die Fallbrücke über die neue Schleuse sowie die „kleine Brücke nachs Eiland“<br />

erst später in Auftrag gegeben wurden 15), kann es sich bei der oben erwähnten neuen Brücke nur<br />

um die Brücke über den „Osterthreen Schlot“ gehandelt haben, bei der die Unterkunft <strong>für</strong> den<br />

Torschließer errichtet wurde, nur ... nach Schmidt 16) und den Auszügen aus den Polizeiprotokollen<br />

17) ist das Holmer Tor erst im April 1629 gebaut worden. Aber auch diese Eintragung ist zu<br />

korrigieren. Im April 1629 muß es heißen<br />

„mit Bauung des Holmerthors zu continuieren“. 18)<br />

Es muß also vorher schon etwas vorhanden gewesen sein; allein die kriegerischen Ereignisse machten<br />

gelegentlich Abbrüche (z.B. 1631) und/oder Änderungen (1643) erforderlich.<br />

Präzise Angaben erhalten wir ab 1670. In den erwähnten Aufzeichnungen des Jacob von Calis wird<br />

das Houten Wambus (so!) fortlaufend als städtisches Pachtstück erwähnt, ohne daß es zunächst zu<br />

einer Vermietung kam.<br />

1683 haben wir sichere Kunde. Die Stadt hatte wieder einmal Einquartierung. Ein Major Wilster<br />

übernahm am 4. September energisch das Kommando über die Truppen in der Stadt und verlangte<br />

vom Magistrat u.a.


„beim Hollmer Tor ein Ort zur Wache. R. 19), den sollen die Fabriken 20) aussehen und eine<br />

Loots 21) von Brettern aufschlagen.“ 22)<br />

Das geschah in gehöriger Form; doch schon im Oktober 1684 berichtet die 50. Generale<br />

Stadtrechnung 23)<br />

„Heff Hans Moller vor de Stadt de Kachgel Avent<br />

uht de Nye Coste Gard bi dat Holmer Dohr aff gebraken<br />

und wedder na Karsten ot 24) Kleen Smits<br />

Huis gebracht.“<br />

Heft 23, S. 15<br />

Heft 23, S. 16<br />

1685 mußte der Bau schon repariert werden, und im August 1689 wurde das Corps de Guarde<br />

beim Holmer Tor <strong>für</strong> 8 [Reichstaler Kurant] zu zimmern bedungen, offenbar ein Anbau, der<br />

„bequemst an der Osterende des alten Wachthauses zu bauen befunden“ wurde 25). Durch die<br />

häufigen An- und Umbauten mag mit der Zeit ein recht eigenartiges Gebäude auf dem freien Platz am<br />

Stadteingang entstanden sein. Der Magistrat berichtet 1723 in einer Stellungnahme zu den<br />

Stadtrechnungen 26):<br />

„Die Wachthäuser,<br />

so ist an jedem der beyden Pforten hieselbst ein Wachthaus oder kleines Stübgen, worinnen die<br />

Nachtwächter bey abwechselnden Ruffen der Stunden sich aufhalten, um die Reisende und<br />

Posten aus und einzulassen, welche eine Zeit lang auch von der Einquartierung als Corps des<br />

Guardes gebraucht sind“.<br />

und das Brandkataster von 1795 beschreibt das Gebäude so: 27)<br />

„Stadt Wachthaus mit Wohnung,<br />

1 Etage von Bindungswerck, theils mit Steine ausgefüllet, theils mit Bretter bekleidet, mit<br />

Ziegeldach und hölzernem Giebel, im Norden des Holmer Thors frey auf dem Platz belegen,<br />

8 Fächer“.<br />

Vermietungen des Gebäudes sind ab 1684 nachweisbar 28). Mit dem ersten Mieter, Jürgen<br />

Veronius, hatte die Stadt wenig Glück. Er war „heimblich davongezogen“ und blieb die Jahresmiete<br />

mit 30 [Mark] 29) schuldig.<br />

Wievielen Personen das merkwürdige Gebäude als Wohnraum an Platz bieten konnte, erfahren wir<br />

<strong>für</strong> das Jahr 1717 aus dem Kopfsteuerregister 30). Der dem Mittelstand zuzurechnende Milch-<br />

Höker oder auch „Kuhmilcher“ Claes Rickers, dessen Vermögensverhältnisse der Magistrat als<br />

„einigermaßen“ bezeichnete - er zahlte 3 [Mark] in der Martinischatzung 31) - hatte das Gebäude<br />

1715 <strong>für</strong> zwei Jahre zu je 24 [Mark] gemietet und wohnte dort<br />

nebst seiner Ehefrau Antje,<br />

mit seinen drei Kindern<br />

sowie einem Knecht<br />

und einer Magd


zusammen also sieben Personen.<br />

Heft 23, S. 16<br />

Heft 23, S. 17<br />

Mit einiger Phantasie können wir uns ein ungefähres Bild von dem Gebäude machen. Auf einem<br />

Aquarell 32) von P. J. du Ferrang aus dem Jahre 1832 wird durch das geöffnete Holmer Tor ein<br />

hölzernes Gebäude mit Firstrichtung Ost-West und nördlich davon, nach Westen versetzt, ein<br />

weiteres Gebäude, dessen Giebel an der Ostseite aus Stein oder aus verputztem Fachwerk sein<br />

kann, auf dem Platze sichtbar.<br />

Abb.<br />

Aquarell.<br />

Das Holmer Tor nach dem Aquarell von<br />

P. J. du Ferrang.<br />

Der weise Rat unserer Stadt beschloß dann 1840, das „Wachthaus beim Holmerthor“ abbrechen zu<br />

lassen 33). Gegen das Höchst-Gebot - „dem höchsten Bott“ hieß es in der Ausschreibung -<br />

„so, wie es gegenwärtig dasteht, mit allem, was darin und darauf erd-, wand-, niet- und<br />

nagelfest ist, das Fundament nicht ausgenommen“.<br />

In dem Versteigerungstermin am 19. September 1840 bot zunächst<br />

Nicolaus Möller 30 [Mark] v. C.<br />

Jens Carstens erhöhte auf 35 [Mark] v. C.<br />

F. Stuhr legte ordentlich zu und bot 45 [Mark] v. C.<br />

Heft 23, S. 17<br />

Heft 23, S. 18<br />

und so steigerten sich die Interessenten, bis endlich der Zuschlag <strong>für</strong> fast das Vierfache (!) des ersten<br />

Gebotes an<br />

Jens Carstens mit 117 [Mark] v. C.<br />

fiel. Er mußte acht Tage nach der Genehmigung durch die Landesherrschaft mit dem Abbruch<br />

beginnen, in weiteren 14 Tagen damit fertig sein und den Kaufpreis bis Allerheiligen zahlen.<br />

Es mag mit Fug und Recht bezweifelt werden, ob Carstens bei diesem hohen Preis auf seine Kosten<br />

gekommen ist. Schnitger bürgte jedenfalls <strong>für</strong> die gebotene Summe.<br />

So verschwand das interessante Gebäude mit dem merkwürdigen Namen aus dem <strong>Friedrichstädter</strong><br />

Stadtbild. Die geheimnisvolle Bezeichnung HOUTEN WAMBAS blieb aber, wenn auch<br />

verschwommen, bis in unsere Zeit hinein erhalten.


Karl Michelson<br />

Anmerkungen:<br />

1) Hermann Chr. Saggau, Konrektor und ev.-luth. Kantor in Friedrichstadt.<br />

2) Houten Wambas = Hölzernes Wams. Nach Het Nieuw Neder-Hoog-Duitsch en Hoog-<br />

Neder-Duitsch Wordenboek von Matthias KRAMER, Leipzig 1759,: Wambais, wambes,<br />

wambus, wambuis, f. = Wambs, Wammes, kurzer Mannesrock.<br />

3) Herm. Chr. SAGGAU: Friedrichstadts Hausmarken, in „Die Heimat“, 58. Jahrgang Nr. 3,<br />

März 1951.<br />

4) Johannes Aletta Marinus MENSINGA (1809-1898). Remonstrantenpastor in Friedrichstadt.<br />

5) J. A. M. MENSINGA: Die Wahrzeichen unserer Häuser. In „Ditmarser und Eiderstedter<br />

Bote“, Friedrichstadt, Nr. 96 und Nr. 98/1876.<br />

6) z.B. in: Notitie van de jaerlijkse Verpachtingen sedert ick Ao. 1669 den 8. Juny in den Raedt<br />

gekomen. Geführt von Jacobus von CALIS 1669-1704. Im Remonstrantenarchiv in<br />

Friedrichstadt, Doos 17. Von CALIS schreibt durchgehend „wambus“.<br />

Ferner im Brandkataster von 1698 im Stadtarchiv Friedrichstadt pag. 365, IV. Quartier,<br />

Osterseite der Oster Thor Straße: „Holtzen Wamß oder Wachthauß beym Hollmer- oder<br />

Oster Thor“. Es wurde „nebenst der alten Wohnung“ erst 1744 mit 200 [Mark] versichert.<br />

7) So noch U. E. FRIES „Das Communalwesen der Stadt Friedrichstadt“, Schleswig 1834, S.<br />

13, der nur ein Zimmer <strong>für</strong> die Nachtwächter neben einer vermieteten Wohnung aufführt.<br />

8) Brandkataster von 1795 im Stadtarchiv Friedrichstadt, pag. 1049, IV. Quartier No. 42;<br />

FRIES a.a.O. S. 12 ff.<br />

Heft 23, S. 18<br />

Heft 23, S. 19<br />

9) Jürgen LAFRENZ/Heinz STOOB, Deutscher Städteatlas, Friedrichstadt, Lieferung II Nr. 3,<br />

1979, Institut <strong>für</strong> vergleichende Städtegeschichte, Münster.<br />

Dietrich ELLGER/Wolfgang TEUCHERT: Die Kunstdenkmäler des Landkreises Schleswig,<br />

Deutscher Kunstverlag 1957, S. 213.<br />

10) Dr. Harry SCHMIDT, „Die <strong>Friedrichstädter</strong> Polizeiprotokolle. Im Auszug herausgegeben“ in<br />

Band 6 der Quellen und Forschungen der <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Schleswig-Holsteinische Geschichte,<br />

Leipzig 1918, S. 318.<br />

11) Gleichlautend: von RINTELN/PLOVIER, Auszug aus allen Friedrichstadtischen<br />

Polizeyprotokollen ..., 2. Handschrift im Stadtarchiv Friedrichstadt, S. 423.<br />

12) So: Concept zu einem Jahr Register der merkwürdigsten Geschichte von Erbauung und<br />

Anwachs der Friedrichstadt angefangen aus lauter glaubwürdigen Original Documenten zu


colligieren von mir Gerdt von RINTELN. Remonstrantenarchiv Friedrichstadt, Doos 17.<br />

Wegen der Problematik der von SCHMIDT gefertigten Auszüge vgl. Karl MICHELSON:<br />

Register der merkwürdigsten Geschichte(n) im 9. Mitteilungsblatt unserer <strong>Gesellschaft</strong>, Sommer<br />

1976, S. 29 ff.<br />

13) von RINTELN/PLOVIER, Polizeiprotokolle, a.a.O., S. 23 und nicht wörtlich bei SCHMIDT<br />

(Anm. 10) a.a.O., S. 285.<br />

14) In dem Chronologischen Register heißt es bei von RINTELN (Anm. 12): „1624, 8. Marty,<br />

bey der neuen Brücke 1 Hacke oder Meider zu machen, als auch eine kleine Hütte <strong>für</strong> den<br />

Torschließer“.<br />

15) Von RINTELN/PLOVIER, Polizeiprotokolle, a.a.O. S. 23 ff.<br />

16) SCHMIDT, a.a.O., S. 285.<br />

17) von RINTELN/PLOVIER, Polizeiprotokolle, a.a.O., S. 23.<br />

18) Von RINTELN, Anm. 12, am 6.4.1629;<br />

Von RINTELN/PLOVIER: Polizeiprotokolle, a.a.O. S. 143;<br />

SCHMIDT, a.a.O., beginnt mit den Auszügen das Holmer Tor betreffend erst 1643.<br />

19) R = Resolutum, es wurde Beschluß gefaßt.<br />

20) Holländisch Fabrik = Werkmeister, Baumeister. Die Stadtfabriken, 1 Ratsherr und 1<br />

Deputierter Bürger, führten die Aufsicht im Bauwesen. Stadtrecht I. 8. Corpus Statutorum<br />

Slesvicensium, Schleswig 1799. S. 36; U. E. FRIES. a.a.O.. S. 29.<br />

21) Loots, f., holländisch = Hütte. Haus von Brettern. Eene Loots ergens opslaan = eine<br />

Bretterhütte aufschlagen. Het Neder-Hoog-Duitsch ... Wordenboek. a.a.O., Spalte 913.<br />

22) SCHMIDT. a.a.O.. S. 376.<br />

23) LAS Abt. 66 No. 2267; Beilagen in LAS Abt. 7 No. 5587.<br />

24) Carsten Jansen Otto, Kleinschmied und Eisenwarenhändler. Er wohnte Am Markt 20.<br />

25) SCHMIDT, a.a.O.; S. 389.<br />

26) LAS Abt. 66 No. 2667.<br />

27) Brandkataster von 1795 im Stadtarchiv Friedrichstadt, pag. 1049, IV. Quartier 42.<br />

Heft 23, S. 19<br />

Heft 23, S. 20<br />

28) Notitie van de iaerlijkse Verpachtingen ... Anm. 6) <strong>für</strong> 1669-1704; ferner: Pachtstücke der<br />

Stadt Friedrichstadt von 1710-1880 im Stadtarchiv Friedrichstadt. Fach 1, sowie die<br />

Stadtrechnungen im Landesarchiv Schleswig, LAS Abt. 66 No. 2267, Abt. 7 No. 5592 ff.


29) LAS Abt. 66 No. 2667, Beantwortung der Notate.<br />

30) Rigsarkivet København, Rentekammers afdeling vedr. Hertugdømmerne, G. Kommissioner, G<br />

87 Ekstraskattekommissioner, Frederiksstad 1717.<br />

31) LAS A XX No. 4362 c .<br />

33) Stadtrechnung in LAS Abt. 66 No. 4966.<br />

32) Harry SCHMIDT, Friedrichstadt - Vergangenheit und Gegenwart, Lübeck und Hamburg,<br />

1964, Abb. 16 auf S. 24.<br />

Abb.<br />

Hs. und Zeichnung.<br />

[zeigt eine Kartusche]<br />

Die von einem städtischen Bediensteten gefertigte<br />

Titelseite des Registers über die<br />

Vermietungen und Verpachtungen 1710-1880<br />

Inhalt:<br />

Dieser<br />

Stadt =<br />

sämmtlichen<br />

=Pacht=<br />

Stücken =<br />

von<br />

1710 bis<br />

1880 incl.<br />

Heft 23, S. 20<br />

Heft 23, S. 21<br />

Vom freien Fischfang und von freier Jagd auf der Treene.<br />

Hans Eggers (1778-1853) übte in Friedrichstadt seinen Beruf als Maurer - seit 1803 als<br />

selbständiger Maurermeister - aus. Seine große Leidenschaft aber war die Treene und der Fischfang.<br />

Das ging so weit, daß die Stadt, obwohl doch Bürgermeister und Rat ihm öfter Aufträge <strong>für</strong><br />

städtische Maurer- und Steinbrüggerarbeiten erteilten, ihn in einigen amtlichen Registern statt als<br />

Maurermeister -- als Fischer aufführte. Diese Leidenschaft hat er vererbt. Sie hat sich erhalten bis auf<br />

den heutigen Tag, bis ins 6. Glied. Allerdings mußten seine Nachkommen sich in mehreren<br />

Generationen ihr Recht auf Jagd und Fischfang erst vor Gericht erstreiten. Zwei dieser Prozesse sind<br />

Gegenstand dieses Berichtes; sie hatten in ihrer Zeit über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung.<br />

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Grundlagen, auf die Anfänge.


Als der Plan zur Erbauung unserer Stadt heranreifte, ließ der Herzog in den Niederlanden<br />

Werbeprospekte verteilen. Darin lesen wir über unser Thema 1)<br />

Merckt op’t gelegen oort,<br />

dat u den Vorst vertrout,<br />

Soo schoonen oort, als oyt<br />

de Sonne heeft beschout.<br />

Een lieffelycke Lucht:<br />

twee dappere Rivieren,<br />

Waerin, rontom de Stat,<br />

veel schoone Visschen zwieren.<br />

De Treene soet van smaeck:<br />

de Eyder seer bequaem tot<br />

handel over zee,<br />

waer dat het heeft een naem.<br />

...<br />

In summa, wat oyt Pan<br />

off Ceres aen de Menschen,<br />

off oock Diana gaff,<br />

dat vind men daer na wenschen.<br />

Achtet darauf, daß der Ort,<br />

den der Herzog euch anvertraut,<br />

günstig gelegen ist;<br />

es hat die Sonne nie ein<br />

schöneres Land geschaut.<br />

Eine liebliche Luft; zwei<br />

tüchtige Flüsse, in denen<br />

ringsumher viel schöne<br />

Fische schwimmen.<br />

Die Treene süß von Geschmack;<br />

die Eider sehr geeignet <strong>für</strong><br />

überseeischen Handel,<br />

wohin es auch sei.<br />

Mit einem Wort: was Pan,<br />

Ceres und Diana je den Menschen<br />

gaben, findet man dort soviel<br />

wie man nur wünschen kann.<br />

Allein deswegen ist gewiß keiner der „aufrichtigen Holländer“, an die diese „Ermahnung“ gerichtet<br />

war, an Eider und Treene gekommen.<br />

Heft 23, S. 21<br />

Heft 23, S. 22<br />

Wahrscheinlich haben auch sie diese Zeilen nicht überbewertet. Wir würden sie heute mit den leeren<br />

Versprechungen eines Politikers gleichsetzen oder sie in die Kategorie der bunten, zunächst<br />

verlockenden, später dann arg enttäuschenden Reiseprospekte einreihen.<br />

Ganz anders verhält es sich mit den handfesten Zusagen des Herzogs:<br />

Auf verschiedene Vorstellungen der <strong>Friedrichstädter</strong> Interessenten hatte der Herzog am<br />

12.4.1623 den Einwohnern seiner neuen Stadt<br />

das Vogelfahen, Schießen und Fischen, soweit sich der Stadt Jurisdiktion erstrecket,<br />

ausdrücklich bewilligen. 2)<br />

Knapp ein Jahr später, am 10.2.1624 wurde diese Zusage ausdrücklich bestätigt. 3)<br />

Weil auch des Vogelfahens und Schiessens halber die <strong>Friedrichstädter</strong> sonderliche<br />

Begnadigung erlanget, so hat es dabey sein Verbleiben, also, daß sie desselben nach<br />

Ausweisung der gegebenen Octroy, auf der Eider, Treene und dem Lande, soweit der<br />

Stadt Terminey gehet, sich frey gebrauchen mögen, und denselben daran die mehr


angezogene Königl. und Fürstl. Constitution, als wodurch diese Begnadigung<br />

ausdrücklich nicht aufgehoben, in keine Wege hinderlich seyn solle.<br />

Die auf die schriftliche Fixierung ihrer Rechte und Privilegien stets bedachten <strong>Friedrichstädter</strong><br />

Stadtväter erhielten auch in der Fürstlichen Prolongation der Friedrichstädtischen Octroy vom<br />

8. Oktober 1640 4) ihre diesbezüglichen Rechte bestätigt.<br />

30. So vergönnen Wir auch als noch in Gnaden, (wie Wir zuvor gethan haben) daß<br />

Eingesessene Unserer Friedrichstadt, das Vogelfahen, Schiessen und Fischen auf der<br />

Eyder und Treen, und resp. auf dem Lande, so weit der Stadt-Jurisdiction sich erstreckt,<br />

haben und frey exerzieren mögen.<br />

Nun sollte man meinen, daß mit Jagd und Fischfang alles in guter Ordnung sei - wenn da nicht die<br />

noch offene Präzisierung des<br />

Heft 23, S. 22<br />

Heft 23, S. 23<br />

Jurisdictionsbezirkes der Stadt wäre.<br />

Dazu hatte der Herzog schon in dem Octroy wegen Aufbauung der Stadt Friderichstadt d. d.<br />

Gottorf, den 21sten October 1620 5) mit ein paar Sätzen eine Klärung versprochen:<br />

7) Belangend die Jurisdiction der Stadt, wie weit sich dieselbe erstrecken soll, darzu sollen Wir,<br />

so bald der Anfang gemacht worden, oder kurz darnach, Commissarien verordnen, um den<br />

Augenschein zu nehmen, wie weit man dieselbe, sofern thunlich und leidlich, solle mögen<br />

zustehen, worauf wir Uns dann gnädiglich erklären werden, und soll über alle Criminal-Sachen,<br />

die innerhalb derselben begangen werden, der Rath dieser Stadt in Gegenwart des Statthalters<br />

erkennen und judiciren.<br />

Es blieb bei dieser ungenauen Aussage, bei der Absicht der späteren Regelung. Das wird später in<br />

den beiden hier zu behandelnden Prozessen eine bedeutende Rolle spielen.<br />

Und da ist eigentlich noch ein kleiner Schönheitsfehler: Der Herzog verkaufte den Seebüll an den<br />

ehrsamen, seinen „lieben getreuen Pieter Tristeyn, Bürger und Einwohner“ von Friedrichstadt mit 29<br />

1/2 Demat 10 Ruten Ländereien 6)<br />

„und [will] dabey gnädiglich gewilligt haben, daß er Peter Trist und seine Erben in Unserm<br />

Treenestrom gegen solchen von Uns erkauftem Lande soweit sich dasselbe strecket, die<br />

Fischerey allein genießen, doch darinnen nichts dadurch die Schiffahrt oder der Strom gehindert<br />

werden möchte anzustellen zu ermauren oder zu bauen berechtigt sein solle.“<br />

Das geschah am 21. Mai 1623, keine sechs Wochen nach der <strong>für</strong>stlichen Bewilligung auf freien<br />

Fischfang <strong>für</strong> alle <strong>Friedrichstädter</strong> Einwohner. Nun mag man diese Bewilligung <strong>für</strong> Pieter Tristeyn so<br />

deuten, daß er vom Lande aus, nämlich von seinem an das Wasser grenzenden Land, ein alleiniges<br />

Fischereiprivileg erhalten habe und daß im übrigen der Fischfang auf dem Strome nach wie vor allen<br />

<strong>Friedrichstädter</strong>n erlaubt sein möge. Es bleibt hingegen das Gefühl einer doch recht seltsamen<br />

Handlung des Fürsten. Die Ausübung der Fischerei wurde jedenfalls dadurch zum Teil eingeengt. Es


ist nicht bekannt, daß Tristeyns Nachfolger je irgendwelche Rechte aus diesem wohl ganz<br />

persönlichen Privileg hergeleitet haben.<br />

Heft 23, S. 23<br />

Heft 23, S. 24<br />

Abb.<br />

Foto.<br />

[zeigt trocknende Fischernetze am Treeneufer]<br />

Für Berufs-fischer scheint das Recht auf freien Fischfang keine bedeutende Rolle gespielt zu haben.<br />

In der Zeit von 1621 bis 1634 wurde nur eine Person festgestellt 7), die als Hauptberuf den eines<br />

Fischers angegeben hatte: 1631 Vysscher Jacob Jans. Das Kopfzahlregister von 1711 8) weist einen<br />

hauptberuflichen Fischer 9) gar nicht aus.<br />

Daß dennoch eine geordnete Treenefischerei dem <strong>Friedrichstädter</strong> Rat nicht gleichgültig war,<br />

beweisen einige Eintragungen im Auszug aus den <strong>Friedrichstädter</strong> Polizey-Protokollen 10).<br />

Schon 1638 regelte der Rat die Weite der Netze und 1651 lesen wir dort von einem ersten<br />

Fischereistreit 11). Der Amtsschreiber zu Schwabstedt ersuchte die Stadt, den <strong>Friedrichstädter</strong><br />

Fischern einzuschärfen, daß sie ihre Netze nicht weiter die Treene hinaufziehen sollten, als es bisher<br />

der Fall war. Da scheint es eine Begrenzung nach Schwabstedt hinauf gegeben zu haben. 12)<br />

Bürgermeister und Rat sahen sich veranlaßt, den Herzog zu bitten, sich zu erklären, wie weit denn<br />

nun eigentlich von Friedrichstadt aus frei gefischt werden dürfe. Das war vergeblich, denn damit<br />

wurde erneut die Frage des Jurisdictionsbezirkes aufgeworfen: <strong>für</strong> den Fürsten eine ärgerliche<br />

Angelegenheit.<br />

Im April 1709 gab es wegen der Weite der Netze noch einmal Streit;<br />

Heft 23, S. 24<br />

Heft 23, S. 25<br />

im September hatte der Rat die gebräuchliche Weite der Netze ad cameram einzusenden 13).<br />

Kurz nach 1700 wurde in Eiderstedt über eine schlechte Versorgung mit Fischen geklagt. Für 1705<br />

wird berichtet, „daß solche daselbst fast nicht vor Geldt zu erlangen und etl. Meilwegs auß<br />

Fridrichstadt oder Tonningen müssen geholet werden“ 14).<br />

Wir wüßten über Jagd und Fischerei auf der Treene im 17. und 18. Jahrhundert nicht mehr, als oben<br />

bisher dargestellt wurde, wenn es nicht den ersten Prozeß mit Angehörigen der Familie Eggers<br />

gegeben hätte. Der Sachverhalt war folgender:<br />

Zu Beginn des Winters 1854 fuhren die Söhne des anfangs erwähnten Hans Eggers, Maurermeister<br />

und städtischer Roymeister Wilm Jürgen Eggers und sein Bruder, Maurermeister Anton Eggers die<br />

Treene hinauf, um zu jagen. Der in Ostenfeld stationierte Hegereiter des Husumer Jagddistrikts hatte<br />

wohl auf eine solche Gelegenheit gewartet, ließ beide durch Gendarmen anhalten und erstattete


Anzeige. Die Husumer Landvogtei verurteilte die Brüder am 1.11.1854 wegen Jagdcontravention zu<br />

24 Reichsthalern Brüche. Ein unter dem 1.12.1854 an den König gerichtetes Gesuch auf<br />

Wiederaufhebung dieses Erkenntnisses wurde am 27. Februar 1855 abschlägig beschieden.<br />

Selbst mit dieser Entscheidung von allerhöchster Stelle gaben sich die Brüder Eggers nicht zufrieden.<br />

Sie mobilisierten den <strong>Friedrichstädter</strong> Magistrat, der im allgemeinen Bürgerinteresse den Prozeß<br />

aufmerksam verfolgt hatte. Es gelang deshalb am 20. März 1855 leicht, den Rat zu bewegen, im<br />

eigenen Namen und natürlich in specie <strong>für</strong> die Brüder vorstellig zu werden. Das ganze Verfahren<br />

endete damit, daß das Königliche Ministerium <strong>für</strong> das Herzogthum Schleswig in Kopenhagen am 26.<br />

November 1855 entschied, daß es<br />

selbstverständlich ohne dadurch Etwas von dem etwaigen Rechte Seiner Majestät des Königs<br />

auf diese Fischerei vergeben haben zu wollen, mit Rücksicht darauf, daß die Fischerei auf der<br />

Treene in dem bisherigen Umfange den Haupterwerb mehrerer <strong>Friedrichstädter</strong> ausmache,<br />

auch zur Klage seitens der übrigen Ausüber derselben nicht geführt haben soll, den Inspektor<br />

der Schleswigschen Gendarmerie beauftragt hat, da<strong>für</strong> Sorge zu tragen, daß weder die<br />

<strong>Friedrichstädter</strong> Einwohner noch die sonstigen Anwohner der Treene von der Gensdarmerie in<br />

der Ausübung<br />

Heft 23, S. 25<br />

Heft 23, S. 26<br />

Abb.<br />

Druck. Stadtplan. Karte.<br />

[Ausschnitt aus: CHARTE von FRIEDRICHSTADT des Landmessers J. Jansen, 1851]<br />

Die Stadtgrenze<br />

zur Zeit des Prozesses des Wilm Jürgen Eggers 1854/55<br />

Aus dieser Karte ergibt sich<br />

deutlich, wie klein der Anteil<br />

der Stadt Friedrichstadt<br />

an der Treene war.<br />

Karteninhalt:<br />

Landschaft Eiderstedt<br />

Treen[e]<br />

Territorial-Grenze.<br />

[Weg] von Coldenbüttel<br />

Grenz Stein.<br />

Graupen Mühle.<br />

Seebüll.<br />

Wester Sielzug.<br />

Mittel [Burggraben.]<br />

Kuh-Brücke.<br />

Westerlilien-Strasse.<br />

Caneel-Strasse.


Flachsblumen-Strasse.<br />

Mar[ktplatz.]<br />

Heft 23, S. 26<br />

Heft 23, S. 27<br />

Abb.<br />

Foto.<br />

Wilm Jürgen Eggers<br />

der Treenefischerei in dem bisherigen Umfange behindert werden, bis ihm eine nähere<br />

Instruction ... zugegangen sein werde. 15)<br />

Der Bericht des Magistrats ist umfassend und auf dem Gebiet der Treene-Jagd und -Fischerei<br />

stadtgeschichtlich von Bedeutung. Zwar übten die Stadtväter ihr Amt damals ohne jegliche Stützung<br />

durch ein Archiv aus - es wurde 1850 ein Opfer des Bombardements - es gelang aber, eine im<br />

Privatbesitz befindliche Abschrift der im 18. Jahrhundert von Bürgermeister Plovier gefertigten<br />

Abhandlung über die Treenefischerei 16) aufzutreiben. Diese mit viel Sorgfalt erstellte Arbeit, die ihm<br />

schlecht bezahlt wurde, 17) bildet die Grundlage <strong>für</strong> die Eingabe der Stadt.<br />

Folgen wir hier den Plovierschen Ermittlungen, soweit sie in der Stellungnahme des Magistrats ihren<br />

Ausdruck gefunden haben.<br />

Heft 23, S. 27<br />

Heft 23, S. 28<br />

Abb.<br />

Hs.<br />

Die Bezahlung der Arbeit des Leonard Plovier<br />

Inhalt: [gelesen und erläutert durch Karl Michelson]<br />

Für die Entwerfung der historischen<br />

Nachricht von der Threen Fischerey<br />

seit Anfang der Stadt bis Dato starck<br />

12 Bogen und mühsames Aufsuchen<br />

und Nachsicht der dazu erforderlichen<br />

Documenten a Bogen 4 [Mark] [Mark] 48.-<br />

– mundirung derselben und Papier<br />

dazu<br />

„ 3.-<br />

[Mark] 51.-<br />

L. Plovier<br />

Vermöge EE: Magistrats und Deputirten<br />

resolution ist mir diese Rechnung e cassa parti


Civitatis mir 39 [Mark] schreibe neun u dreytzig<br />

[Mark[ dato bezahlt, welches hiemit quitirend<br />

bescheinige Friedrichstadt d 25 febr 1772<br />

L. Plovier<br />

[cassa parti civitatis = particuläre Stadtrechnung, also die, an<br />

welcher die Regierung keinen Anteil hatte.]<br />

Bis zur Abdämmung der Treene im Jahre 1570 war die Fischerei auf derselben <strong>für</strong> alle Einwohner<br />

der Landschaften Eiderstedt und Stapelholm völlig frei, wenn auch wegen der Gezeiten nicht von<br />

großer Bedeutung. Danach aber schafften sich die Treeneanlieger die einschlägigen Gerätschaften an,<br />

die Plovier mit Wacken, Netze, Garne und Bungen angibt. Die Fischerei wurde als Flußfischerei vom<br />

Boot aus betrieben. Netze wurden aber auch auf die Ufer gezogen; und wegen eben dieses<br />

Aufziehens kam es schon 1619 - also noch in der Zeit vor der Stadtgründung - zu einem Streit<br />

zwischen den Fürstlich Gottorpischen und den Königlichen Untertanen des Stiftes Schwabstedt. Im<br />

September 1619 entschied eine Kommission den Streit dahin, daß die Fischer auf beiden Ufern der<br />

Treene ihre Netze pp. beliebig aufziehen dürften, jedoch<br />

mit Ausnahme der auf der Süderseite der Treene gegenüber dem Hause Schwabstedt, d.h.<br />

dem frü-<br />

Heft 23, S. 28<br />

Heft 23, S. 29<br />

heren Bischofs-, späterem Amtmannssitze, welches Gebäude seit etwa 1700 nicht mehr<br />

existiert, 18) belegenen Areals, das sich zu der Schwabstedt gehörenden Erbpachtstelle, der<br />

sog. Hemme, bis an den Stapelholmer Hof „Beecken- oder Nielandshof“ erstreckt.<br />

Abb.<br />

Druck. Skizze. Karte.<br />

Die Hemme nach der bei Hans Meyer Abb. 12 wiedergegebenen<br />

Karte von Schwabstedt um 1600.<br />

Aus diesen reservierten Aufzügen entstanden die sogenannten „Herrenzüge“, die die königliche<br />

Kammer verpachtete. Fischen und Aufziehen zu beiden Seiten des Hauses - das betont Plovier<br />

erneut - blieben gestattet.<br />

Am 15. April 1623 erteilte dann der Herzog den Einwohnern seiner neuen Stadt das Recht der<br />

unbeschränkten Fischerei auf der Treene,<br />

bestimmte aber „aus Rücksichtnahme auf die obgedachten königlichen Herrenzüge, daß die Aufzüge<br />

der Netze auf dem Lande nur soweit die Jurisdiction der Stadt sich erstrecke, gestattet sein solle“.<br />

Natürlich hatte auch Plovier sich mit der Jurisdiction der Stadt auseinanderzusetzen. Und spätestens<br />

an dieser Stelle ist es gut, sich daran zu erinnern, daß Leonard Plovier im bürgerlichen Beruf Advocat<br />

war. Er argumentiert:


Die sogenannten königlichen Herrenzüge vor Schwabstedt lagen kaum eine halbe Meile weit<br />

von der Stadt entfernt. Die Grenze der Stadtjurisdiction aber seien<br />

durch Octroy vom 27.9.1619 auf eine Meile um Friedrichstadt herum<br />

gezogen, die nähere Feststellung der genauen Grenzen sei<br />

Heft 23, S. 29<br />

Heft 23, S. 30<br />

aber<br />

- sowohl in dem Octroy vom 27.9.1619,<br />

- in der Konzession vom 13.4.1623 als auch<br />

- in den späteren vom 10.2.1624 und 8.10.1640<br />

ausgesetzt worden, aber inzwischen, am 12.3.1636 sei verfügt,<br />

daß bei Streitigkeiten unter Bürgern wegen der in Friedrichstadt belegenen Ländereien<br />

diese vor dem Stadtgericht zu erscheinen hätten.<br />

Ferner sei durch <strong>für</strong>stliche Resolution vom 30.9.1626 festgestellt, daß das 1/4 Meile von der<br />

Stadt entfernt in der Landschaft Stapelholm belegene Gehöft Ziegelhof dem Octroy von 1619<br />

gemäß zur Stadtjurisdiction gehören solle, was noch der Fall sei.<br />

Das sind zwei schwache Argumente. Sie vermochten damals (1771) wie heute nicht recht zu<br />

überzeugen. Plovier war sich dessen vermutlich bewußt. Er ging dann auch lieber konkret auf die<br />

Fischerei selbst ein.<br />

1647 erwarben die Stadt und einige Einwohner zwei bisher der Dorfschaft Drage gehörende<br />

Landstücke, den Wester- und Oster-Späting, und damit das gesamte an der Süderseite der Treene<br />

belegene Spätingland, das in dem Stapelholmer Herrschaftlichen Register „<strong>Friedrichstädter</strong><br />

Koogsdistrikt“ genannt wurde. Plovier folgert, daß nunmehr die hiesigen Einwohner nicht nur an den<br />

Ufern des <strong>Friedrichstädter</strong> Kooges, sondern auch nach der Gerechtsame der Dorfschaft Drage und<br />

der Entscheidung der Husumer Kommission von 1619 zufolge zu beiden Seiten des Hauses<br />

Schwabstedt bis auf eine Meile von der Stadt entfernt fischen durften. Davon ausgenommen sei -<br />

neben dem Hause Schwabstedt natürlich - nur etwa 30 Demat Privatgelände, dessen Besitzer<br />

zwischenzeitlich eine eigene Fischereigerechtsame <strong>für</strong> einen bestimmten Distrikt erlangt hatten. Damit<br />

ist vermutlich nicht der Erwerb des Pieter Tristeyn auf dem Seebüll gemeint, sondern der von-<br />

Holstein’sche-Hof, von dem noch die Rede sein wird.<br />

Mit dem Roskilder Frieden 19) wurde das Amt Schwabstedt an das Gottorper Haus abgetreten. Die<br />

Herrenzüge kamen in Fortfall, und die <strong>Friedrichstädter</strong> Einwohner befischten sofort die Treene auch<br />

Heft 23, S. 30<br />

Heft 23, S. 31


Abb.<br />

Druck.<br />

[Kartenausschnitt aus: Meßtischblatt Friedrichstadt, Ausgabe nach 1906]<br />

Die Treene von Friedrichstadt bis<br />

hinter Middelburg<br />

Karteninhalt:<br />

[Koldenbütt]el<br />

Herrenhalligdeich<br />

Treenehof<br />

Sch. [Scheune]<br />

Herrenhallig<br />

Kleindorf-Krug<br />

Honnenshof<br />

Schp. [Schuppen]<br />

Petershof<br />

Kl. [u.] Gr. Mittelburg<br />

Treene<br />

FRIEDRICHSTADT<br />

Gr. Garten<br />

Klbf. [Kleinbahnhof, Kreisbahnhof Friedrichstadt]<br />

Rbf. [Reichsbahnhof]<br />

Sch. [Scheune auf Seebüll]<br />

Stadtshof<br />

Whs. [Wohnhaus] <strong>Friedrichstädter</strong> Fähre<br />

Bösbütteler [Koog]<br />

Bösbüttel<br />

Spätinghof<br />

Ziegelhof<br />

Mildterkoog<br />

Mildterhof<br />

Schlickkoog<br />

An der Chaussee<br />

Oldenkoog<br />

Bf. [Kreisbahnhof Drage / Seeth]<br />

Langmoor<br />

Seeth<br />

Tadjebüller Koog<br />

Gehrlandskoog<br />

Heft 23, S. 31<br />

Heft 23, S. 32<br />

Abb.


Skizze. Lageplan.<br />

Präsident Holmers Hof an der Treene,<br />

auch: von Holstein-Hof oder Paul Goverts<br />

Hof genannt, später Greves Hof<br />

Karteninhalt:<br />

Großer Garten<br />

Die Treene<br />

Präsident Holmers Hof<br />

Holmer Tor<br />

bei Schwabstedt. Dagegen wehrte sich der Amtmann von Schwabstedt schon am 8. September<br />

1658. Wegen der Kriegszeiten blieb die Sache unerledigt.<br />

Plovier meint, das Recht der Treene-Fischerei <strong>für</strong> die hiesigen Einwohner ergebe sich schon aus der<br />

Tatsache, daß der Herzog von ihnen Fische <strong>für</strong> seine Tafel verlangte.<br />

Der Magistrat in Friedrichstadt hat seine Aufmerksamkeit der Treenefischerei mehrfach zugewandt:<br />

- am 25.8.1665 wurde ein Verbot wider die engen und dichten Netze erlassen,<br />

- 1751 wurde der Gebrauch der Strohwische oder der sogenannten Rohrwarder und das Fischen<br />

in den Monaten Februar bis einschließlich Mai untersagt<br />

- sowie erneut die Weite der Netze festgelegt.<br />

Heft 23, S. 32<br />

Heft 23, S. 33<br />

Der Magistrat veranlaßte, daß gleichlautende Verbote in den Ämtern Gottorf, Husum und<br />

Schwabstedt sowie in der Landschaft Stapelholm erlassen wurden; sie fanden jedoch keine<br />

genügende Beachtung.<br />

1758 fuhren <strong>Friedrichstädter</strong> Fischer nach Schwabstedt. Sie wollten beim Beeck’schen Hof fischen<br />

und äußerten diese Absicht freimütig dem Schwabstedter Fischer Sylvester 20) gegenüber.<br />

Daraufhin nahm dieser ihnen im Zorn Boot und Fischereigeräte fort. Eine Beschwerde hiergegen<br />

führte am 12. Januar 1660 (so!; wohl <strong>für</strong> 1760) zu einem Rescript der Statthalterschaft mit dem<br />

Ergebnis,<br />

daß die Supplicanten zwar bei ihrer Fischerei-Gerechtsame auf der Treene<br />

soweit die Stadtjurisdiction sich erstrecke<br />

geschützt werden sollten, sich aber zu enthalten hätten, solche weiter auszudehnen,<br />

wobei wir beim alten Thema wären. 21)<br />

Abb.


Aquarell.<br />

[zeigt einen Ausschnitt aus dem Aquarell ‘Friedrichstadt von Nordosten’ von N. Peters H. S.]<br />

Ein einsamer Fischer auf der Treene bei. Friedrichstadt.<br />

Nicolaes Peters, vor 1800, im Remonstrantenarchiv, hier<br />

Inschrift:<br />

NORDOST.<br />

Heft 23, S. 33<br />

Heft 23, S. 34<br />

Der Magistrat sah sich nicht veranlaßt, den Einwohnen aufzugeben, irgendeine Gegend der Treene,<br />

soweit sie die Landschaft Stapelholm berühre, zu meiden, dies umso weniger, als<br />

die Stadt und deren Bürger nicht nur durch den oben erwähnten Ankauf von Drager, also<br />

Stapelholmer Land, sondern auch durch die inzwischen im Jahre 1757 erfolgte Acquisition des<br />

unter Stapelholmer Jurisdiction belegenen Paul Gover’schen Hofes, des Kammerherrn Chr. Fr.<br />

v. Holstein im <strong>Friedrichstädter</strong> Koogsdistrikt gleiche Fischereigerechtigkeit auf der Treene mit<br />

dem Landvogt von Stapelholm und den Stapelholmer Eingesessenen in Gemäßheit des<br />

Husumer Commissions Abschieds vom 7. September 1619 erlangt hatten.<br />

Die interessierten <strong>Friedrichstädter</strong> Einwohner fischten fortwährend bis Wohlde hinauf auf der Treene,<br />

besonders durch Aalstechen. Das veranlaßte den Magistrat, „wegen des Hauens von Löchern im<br />

Eise“ 1764 und 1768 Mandate zu erlassen. Alle Bemühungen des Magistrats mußten aber<br />

Stückwerk bleiben, solange die Schwabstedter und Husumer Amtsangehörigen und die Stapelholmer<br />

22) sich anzupassen nicht bereit waren. Die Fischerei verfiel. Um diesem Übelstand abzuhelfen,<br />

veranlaßte der Magistrat den Bürger Nicolaes Ovens, ganz privat von dem Amtmann zu Husum und<br />

Schwabstedt, Kammerherrn Schoenfeldt,<br />

die Husumer und Schwabstedter Fischerei <strong>für</strong> eine jährliche Pacht von 23 [Mark] von Mai<br />

1764 auf halbjährliche Kündigung vor Mai unter dem 22. September 1763 zu pachten, und<br />

zwar wie selbige sowohl Schwabstedter als auch Hollingstedter Antheils früher das Haus<br />

Schwabstedt, später die Amtmänner namens der Landschaft ausgeübt hatten.<br />

Ovens cedierte die Pacht ab 1. März 1764 an die Stadt, die ihrerseits die Fischerei von dem<br />

sogenannten bischöflichen Grenzstein an bis Krumbeck jenseits der Hollingstedter Brücke an den<br />

Schwabstedter Fischer Peter Walter 23) und den Fresendelfer Peter Kröger verpachtete unter der<br />

Bedingung, daß die Fischerei<br />

mit den hiesigen Bürgern gemeinsam ausgeübt<br />

werden sollte. Das alles war gut gemeint; allein, als der hintergangene Amtmann Schoenfeld (so!) von<br />

diesem Vorhaben erfuhr, kündigte er den Vertrag ... und alles blieb beim alten, unbefriedigenden<br />

Zustand.


Heft 23, S. 34<br />

Heft 23, S. 35<br />

1765 ließ der Husumer Amtsfischer Jan Hinrich Hilmer mit Hilfe einiger <strong>Friedrichstädter</strong> (!)<br />

Arbeitsleute den Bürgern Ch. (so!) J. Backens, Arm. Gosch und Jürgen Bothmann die<br />

Fischereigeräte wegnehmen. Backens hatte zwischen dem Großen Garten und dem Ziegelhof vor<br />

den v. Holsteinischen, unter obergerichtlicher Jurisdiction stehenden Ländereien gefischt, Gosch und<br />

Beckmann (so!) vor der Herrenhallig, dem Ziegelhof gegenüber, also diesseits des Schwabstedter<br />

Grenzsteines.<br />

Abb.<br />

Foto.<br />

Der bischöfliche Grenzstein<br />

auf der Hallig.<br />

Eine vom Magistrat alsbald eingelegte Beschwerde führte nicht nur zur Rückgabe der Gerätschaften,<br />

sondern auch zur Beendigung des Pachtverhältnisses mit dem Husumer Hilmer und zur<br />

Wiedereinsetzung des Nicolaes Ovens als Generalpächter, der seinerseits mit Nicolaus Schweb und<br />

J. C. Matthei Fischereipachtverträge schloß. Schließlich wurden die an der gewaltsamen Wegnahme<br />

der Geräte beteiligten <strong>Friedrichstädter</strong> Arbeitsleute in Brüche genommen. Das Urteil des Magistrats<br />

wurde im November 1766 vom Gottorfer Obergericht bestätigt.<br />

Während nun <strong>für</strong> das Nordufer der Treene Ruhe einzukehren schien, verursachte ein Pachtvertrag<br />

des Stapelholmer Landvogten Selck (so!) über ihm vermeintlich zustehende Fischereirechte 24) mit<br />

den <strong>Friedrichstädter</strong>n Jürgen Bothmann und Claus Jan Backens neuen<br />

Heft 23, S. 35<br />

Heft 23, S. 36<br />

Streit. Als Schweb und Matthei in Ausübung ihrer Rechte zur Befischung der ganzen Treene zwei<br />

Tackel unweit des Ziegelhofes aber vor dem bischöflichen Grenzstein aussetzten, nahm Bothmann<br />

diese beiden am 4.4.1767 weg. Er brachte sie zum Landvogt nach Süderstapel. Der Magistrat<br />

ordnete die Rückgabe binnen 48 Stunden an und verurteilte Bothmann wegen Beeinträchtigung der<br />

Stadtgerechtsame zu einer Brüche. Wieder bestätigte das Gottorfer Obergericht am 28.5.1767 das<br />

Urteil.<br />

Die <strong>Friedrichstädter</strong> Bürger fühlten sich sicher in der Annahme der ihnen zustehenden freien,<br />

unbeschränkten Treenefischerei, nachdem weder der Husumer und Schwabstedter Amtmann, noch<br />

der Stapelholmer Landvogt ihre vermeintlichen Rechte durchzusetzen vermochten. Sie kündigten<br />

wohl etwas voreilig, ja leichtfertig die bestehenden Pachtverträge. Daraufhin schlossen die erwähnten<br />

Beamten Pachtverträge mit dem Schwabstedter Fischer Störmann 25).<br />

Dieser Störmann maßte sich im Mai 1770 das Recht an, den <strong>Friedrichstädter</strong> Bürgern Nicolaus<br />

Schweb und Cl. Kruse Boot, Gerätschaften und Fische wegzunehmen, als diese vor dem v.<br />

Holstein’schen Hof, der ja weder der Husum/Schwabstedter, noch der Stapelholmer Jurisdiction<br />

unterstand, beim Fischen waren. Es schien das Faustrecht zu herrschen; denn kurz darauf waren es


Schweb und Kruse ihrerseits, die dem Störmann in der Nähe des Ziegelhofes Fang, Geräte und<br />

Boot wegnahmen, nicht ohne sofort dem Stadtpräsidenten Beeck den Vorfall zu melden. Die Geräte<br />

wurden gegenseitig zurückgegeben, doch der Landvogt verklagte den Magistrat wegen „gebrauchter<br />

Repressalien“. Der Ausgang ist nicht bekannt.<br />

Dieser konkrete Vorfall ist offenbar der Anlaß zu Ploviers Arbeit gewesen. 26)<br />

Seit Menschengedenken - schreibt der Magistrat im Prozeß des Wilm Jürgen Eggers 1855 - hätten<br />

nach jener Zeit die <strong>Friedrichstädter</strong> Einwohner ungehindert auf der Treene auf beiden Seiten bis<br />

hinter Wohlde in beliebigem Umfang die Fischerei betrieben. Weitläufig führt der Magistrat in dem<br />

Eggers’schen Prozeß nach dieser langen Darstellung der Schrift des Leonard Plovier Gründe da<strong>für</strong><br />

an, daß die <strong>Friedrichstädter</strong> Einwohner<br />

zum Fischen auf der Treene unzweifelhaft berechtigt<br />

seien, und daß die Stadt noch in diesem Augenblick (1855)<br />

Heft 23, S. 36<br />

Heft 23, S. 37<br />

im Besitz dieser seit über 200 Jahren ausgeübten Fischereigerechtigkeit<br />

sei, und zwar auf der ganzen Treene. So ganz nebenbei fügte der weise Magistrat 27) in seiner mit<br />

viel Anteilnahme gefertigten Eingabe hinzu, daß „viele unbemittelte hiesige Einwohner sich seit langen<br />

Jahren mit ihren Familien von der Treenefischerei allein ernährt haben und ohne dieselbe brotlos und<br />

verarmen“ würden. Diese Behauptung - wahrscheinlich eine reine Zweckbehauptung - ermöglichte es<br />

dem Ministerium ohne Gesichtsverlust und ohne Präjudiz, die oben erwähnte Entscheidung vom<br />

26.11.1855 zu treffen, nach der es den <strong>Friedrichstädter</strong> Einwohnern gestattet wurde, die<br />

Treenefischerei im bisherigen Umfange vorerst weiter zu betreiben.<br />

Abb.<br />

Foto.<br />

[zeigt Teile des Übergangs der Treene in den damals noch schmalen Westersielzug;<br />

Flachsblumenstraße]<br />

Elf Jahre später, 1866, fand dann der zweite Prozeß mit Angehörigen der Familie Eggers wegen<br />

Jagens und Fischens auf der Treene statt.<br />

Wilm Jürgen Eggers Söhne, der Maurermeister und spätere Stadtbaumeister Conrad Wilhelm Eggers<br />

und sein Bruder, Maurer Wilhelm Eggers, fuhren am 26. August 1866, an einem Sonntag Morgen,<br />

auf der Treene in Richtung Schwabstedt, um zu fischen und zu jagen. Bei Middelburg war inzwischen<br />

der Gendarmeriesergeant Timm ins Boot gestiegen und ließ sich von dem dortigen Knecht<br />

stromabwärts rudern. Er stellte die Brüder Eggers, die auf der Stapelholmer Seite gerade anfangen<br />

wollten, Aale zu stechen.<br />

Heft 23, S. 37


Heft 23, S. 38<br />

Abb.<br />

Foto.<br />

Die Aalstecher und -hauer des Conrad Wilhelm Eggers<br />

Sie hatten die geladene Flinte im Boot liegen und gaben unumwunden zu, sie auch benutzen zu<br />

wollen: schließlich seien ja Jagd und Fischerei auf der Treene frei! Timm vertrat dagegen die<br />

Meinung, das sei verboten, und schließlich läge auch eine Sabbath-Kontravention vor.<br />

Die Angelegenheit endete mit einem glatten Freispruch. Dabei wurde ausdrücklich von der<br />

Stapelholmer Landvogtei unter Berufung auf das Appellationsgericht <strong>für</strong> das Herzogthum Schleswig<br />

anerkannt, daß das landesherrliche Jagdrecht sich nicht auf die Treene erstrecke. 28)<br />

Die Flinte, die schon bei ihrem Vater 1855 konfisziert und zurückgegeben wurde und nun bei den<br />

Söhnen erneut <strong>für</strong> kurze Zeit in obrigkeitliche Verwahrung genommen, dann nach dem Freispruch<br />

selbstverständlich wieder zurückgegeben werden mußte, erhielt sich im Familienbesitz. Der<br />

Abgabepflicht <strong>für</strong> alle Waffen nach dem zweiten Weltkrieg versuchte man sich dadurch zu entziehen,<br />

daß man den Lauf opferte. Der Schaft blieb erhalten und erinnert an jene Prozesse, in denen man<br />

Rechte aus alten <strong>Friedrichstädter</strong> Privilegien zu erhalten versuchte.<br />

In preußischer Zeit hatte das Königliche Amtsgericht in Friedrichstadt (!) die Fischer Jacob P. F.<br />

Müller und Wilhelm H. G. Clasen wegen unbefugten Jagens auf der Treene am 28.5.1873 verurteilt.<br />

Das Königliche Kreisgericht in Schleswig hob das<br />

Heft 23, S. 38<br />

Heft 23, S. 39<br />

Abb.<br />

Foto. Gruppenaufnahme.<br />

Conrad Wilhelm Eggers mit seiner Frau Anna Margaretha, geb. Hagemann<br />

und seinen Söhnen Heinrich und Wilhelm Eggers<br />

Heft 23, S. 39<br />

Heft 23, S. 40<br />

Abb.<br />

Foto.<br />

Der Kolben der zweimal beschlagnahmten Flinte<br />

Urteil auf und sprach die beiden <strong>Friedrichstädter</strong> frei. Sie konnten sich in der Berufungsverhandlung<br />

u.a. auf das <strong>für</strong> Conrad Wilhelm Eggers günstige Urteil berufen. Das Kreisgericht kam aber<br />

keineswegs etwa auf Grund eines vermeintlichen Rechts zum freien Fischfang und zur freien Jagd auf


der Treene zu dieser Erkenntnis, sondern nur deshalb, weil es an allgemeinen Bestimmungen darüber<br />

fehle, ob das landesherrliche Jagdrecht sich auch auf die schiffbaren Flüsse erstrecke.<br />

Die Königliche Regierung forderte dann „aus gegebener Veranlassung“ - und damit dürfte wohl eben<br />

diese gemeint sein - einen Bericht darüber an<br />

1. welchen Ortschaften und Gütern das Recht zum Vogelfahen, Schießen und Fischen auf<br />

den beiden Flüssen Treene und Eider durch frühere Resolute verliehen resp. welcher<br />

Gebrauch von diesem Rechte gemacht worden ist,<br />

2. welche Abgaben da<strong>für</strong> noch jetzt entrichtet werden und<br />

3. ob und welche Bedenken einer sofortigen Aufhebung der bisherigen observanzmäßigen<br />

Ausübung jenes Rechtes, beziehungsweise einer öffentlichen Verpachtung der Jagd auf<br />

beiden Flüssen entgegenstehen.<br />

Die Stapelholmer Gemeinden behaupteten übereinstimmend, daß Jagd und Fischfang frei seien und<br />

daß die Treene-Anliegerdörfer seit alter Zeit den sogenannten Hamenpfennig da<strong>für</strong> entrichteten.<br />

Bürgermeister Wiese berichtete ausführlich, zugleich als Stapelholmer Hardesvogt, und beschwor <strong>für</strong><br />

Friedrichstadt die althergebrachten, vom Herzog verliehenen Rechte. Allein, alle Bemühungen waren<br />

vergebens. Ganz deutlich erklärte die Königliche Regierung am 2. Dezember 1873, daß<br />

Heft 23, S. 40<br />

Heft 23, S. 41<br />

das Jagdrecht auf freiem Grund und Boden durch Gesetz vom 1.3.1873 ausdrücklich<br />

aufgehoben und das vermeintliche <strong>Friedrichstädter</strong> Vorrecht jedenfalls fortgefallen sei.<br />

Das Fischereigesetz vom 30. Mai 1874 machte auch allen Ansprüchen auf freien Fischfang ein Ende.<br />

Abb.<br />

Druck.<br />

Inhalt:<br />

Das<br />

Fischereigesetz<br />

<strong>für</strong> den<br />

Preußischen Staat<br />

vom 30. Mai 1874<br />

nebst<br />

Ausführungs-Verordnung <strong>für</strong> die Provinz Schleswig-


Holstein<br />

vom 2. November 1877.<br />

Berlin.<br />

W. Moeser Hofbuchdruckerei.<br />

1877 wandten sich <strong>Friedrichstädter</strong> Fischer, die sich durch die überall von den durch die<br />

Anliegergemeinden geplanten Verpachtungen in ihrer Bewegungsfreiheit zu sehr eingeengt und ihre<br />

Berufsausübung in ernste Gefahr geraten sahen, an die Regierung. Sie schrieben:<br />

Heft 23, S. 41<br />

Heft 23, S. 42<br />

Wir Fischers Friedrichstadt biten (so!) einer hohen Königl. Regierung um einer baldigen Abhülfe<br />

der Treene Frage wegen der Fischerei.<br />

In dringender Verlegenheit blickt der mittellose Fischer sorgenvoll umher, von wannen ihm<br />

wohl Hülfe kommen könnte und wendet sich dann vertrauensvoll an eine königl.<br />

Regierung, derer herablassender und wohlwollender Charakter in unzähligen Beispielen<br />

der Humanität, den Bedrängten gerne zu Hülfe eilte. An wen könnte ich mich also mit<br />

größerem Vertrauen in meiner Verlegenheit wenden, als an eine hohe Königl. Regierung,<br />

welche so oft ein Engel der Hülfe, den Bedrängten willig die hülfreiche Hand zur Rettung<br />

bot.<br />

Da wir Fischer Friedrichstadt seit 40 Jahren uns redlich und treu bei unserm Beruf uns treu<br />

ernährt haben und nie ahnten, daß dieser unser Beruf gehemmt werden konnte gestützt auf<br />

unser altes Recht von 1624, das der damalige Fürst <strong>für</strong> sich und seine Nachkommen die<br />

Treene und Eiderfischerei frei sei <strong>für</strong> Friedrichstadt ... ob es uns nicht erlaubt werden<br />

könnte, so lange wieder frei zu fischen, bis es zu einer Verpachtung kömmt.<br />

Geruhen ihr hohen königlichen Regierung herablassend auf dies ergebenste Gesuch<br />

herabzublicken und mit einer baldigen gewogenen Antwort den zu beglücken, welcher sich<br />

zu nennen wagt<br />

Ihr ergebenster Unterthan<br />

Fritz Drees<br />

P. L. Rahn<br />

P. J. Harder<br />

Samuel Soulz<br />

Jürgen Harder<br />

Sie erreichten damit, daß die Regierung den Gemeinden empfahl, die Fischer bis zur endgültigen<br />

Verpachtung noch weiter fischen zu lassen ... die aber stand unmittelbar bevor.<br />

Heft 23, S. 42


Heft 23, S. 43<br />

Abb.<br />

Hs.<br />

Das Verbot zum Benutzen der Aalstecker und - hauer<br />

wurde 1902 erneut eingeschärft.<br />

Inhalt: [gelesen durch Karl Michelson]<br />

Bekanntmachung<br />

Das Verbot der Benutzung von Aalharken,<br />

Gabeln, Speeren, Stecheisen u. s. w. zum Fisch=<br />

fange in den hiesigen Gewässern, sowie von<br />

anderen Fanggeräthen, als Fischangeln, in den<br />

Burggräben und Sielzügen wird hierdurch<br />

eingeschärft. -<br />

Zuwiderhandlungen werden außer mit der<br />

gesetzlichen Strafe mit Einziehung der uner=<br />

laubten Fanggeräthe bestraft.<br />

Zum Fischangeln in den Burggräben und<br />

Sielzügen sind Fischereierlaubnisscheine er=<br />

forderlich, welche die Fischenden mit sich zu<br />

führen und auf Verlangen den Polizeibe=<br />

amten vorzuzeigen haben.<br />

Friedrichstadt, den 29. August 1902<br />

Die Polizeiverwaltung<br />

Wiese.<br />

Aushang / Ch. ???<br />

Heft 23, S. 43<br />

Heft 23, S. 44<br />

Der uns schon bekannte Wilm Jürgen Eggers, nun 74 Jahre alt, pachtete 1877 den neu gebildeten<br />

Fischereibezirk, nämlich<br />

das Gewässer der Treene von der Grenze zwischen Koldenbüttel und Schwabstedt resp.<br />

dem gegenüberliegenden Puncte des Seether Ufers bis zu den Sielzügen bei Friedrichstadt<br />

und dem Treenedeich zwischen Friedrichstadt und Koldenbüttel<br />

auf die Dauer von 6 Jahren <strong>für</strong> den unwahrscheinlich hohen Pachtpreis von 205 M. Das war ein<br />

Liebhaberpreis! Aber der war ihm schon das Gefühl wert, nun in seinem Alter auf der Treene<br />

unbehelligt von Gendarmen und ohne Prozesse <strong>für</strong>chten zu müssen, uneingeschränkt nach Belieben<br />

fischen und jagen zu dürfen.


Abb.<br />

Druck.<br />

Inhalt:<br />

Theilnehmer an der Fischerei auf der Treene=<br />

strecke der Gemeinden Friedrichstadt=Koldenbüttel=<br />

Seeth werden ersucht, zur Erneuerung der Erlaub=<br />

nißscheine sich bis den 20. d. M. bei mir zu melden.<br />

Friedrichstadt, den 13. August 1878.<br />

Wilh. Eggers.<br />

In der Folgezeit berichten die Akten 29) von Verhandlungen über Verlegung der Schonzeiten, über<br />

die Wasserpest (Aalkraut), die den Fischern zu schaffen machte, vom Verbot der Aalstecker und -<br />

hauer - die dann doch heimlich benutzt wurden -, vom Angeln in den Burggräben, von der<br />

Jagdverpachtung und komplizierten Verteilungsplänen.<br />

Von nun ab wurde <strong>für</strong> die <strong>Friedrichstädter</strong> Interessenten alles bis ins Kleinste obrigkeitlich<br />

reglementiert -- und eigentlich ist es bis auf den heutigen Tag so geblieben. Über Jahrhunderte durch<br />

die <strong>Friedrichstädter</strong> Bürger verteidigte Privilegien gibt es nicht mehr...<br />

Karl Michelson<br />

Anmerkungen:<br />

1) Aus F[erdinand] Pont: „Friedrichstadt a. d. Eider“, Verlag Ernst Klinger, Friedrichstadt 1913,<br />

S. 49 ff.<br />

2) Fürstl. Resolution, Corpus Statutorum Slesvicensium, Dritter Band. Erste Abtheilung. Die Stadt<br />

Friedrichstadt betreffend (CSS) S. 591. Schleswig 1799, Verlag Johann Gottlob<br />

Röhe. (so!, <strong>für</strong> Röhss)<br />

3) Herzogs Friedrich Bescheid, auf des Gouverneurs von Marsbergen (so!) zu Friedrichstadt,<br />

übergebenes Memorial d. d. Gottorf, den 10ten Februar, 1624, CSS S. 589 ff.<br />

4) CSS. S. 601 ff.<br />

Heft 23, S. 44<br />

Heft 23, S. 45<br />

5) CSS. S. 575 ff.<br />

6) Stadtarchiv Friedrichstadt, 2/1623<br />

7) K. Michelson: „<strong>Friedrichstädter</strong> Einwohner in den Jahren der Stadtgründung 1621-1634“.<br />

Friedrichstadt 1976


8) Rigsarkivet København, Rentekammers afdeling vedr. Hertugdømmerne. G Kommissioner. G<br />

87 Extraskattekommissioner. Frederikstad 1717.<br />

9) Conrad Schütt berichtet in seiner Kieler Dissertation, 1927, „Die Entwicklung und<br />

wirtschaftliche Bedeutung der Binnenfischerei in Schleswig-Holstein“, S. 31, <strong>für</strong> die Zeit nach<br />

1771 <strong>für</strong> die Herzogtümer allgemein: „Fast nirgends mehr bildet die Flußfischerei noch den<br />

einzigen Erwerbszweig der Fischer. Deutlich kann man das Hinübergleiten in andere Berufe<br />

wahrnehmen.“<br />

10) Gert von Rinteln/Leonard Plovier: „Auszug aus allen <strong>Friedrichstädter</strong> Polizey Protokollen vom<br />

30. Januar 1623 bis 14. September 1712“. 2. Handschrift. Stadtarchiv Friedrichstadt.<br />

11) Dr. Harry Schmidt: „Die <strong>Friedrichstädter</strong> Polizeiprotokolle, im Auszug herausgegeben“.<br />

Quellen und Forschungen der <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 6 und<br />

7; er führt in Band 7, Seite 30, nur die Eintragung von 1638 auf.<br />

12) Vgl. die Ausführungen über die „Herrenzüge“ unten S. 29<br />

13) Nach Plovier in LAS Abt. 168 No. 2330 beschweren sich <strong>Friedrichstädter</strong> Bürger über den<br />

Schwabstedter Fischer Störmann wegen Ruinierens der Treene.<br />

14) Conrad Schütt, a.a.O., Anmerkung 9<br />

15) LAS Abt. 168 No. 2330<br />

16) Die Abschrift der „Historischen Nachrichten der <strong>Friedrichstädter</strong> Treenefischerei von Anfang<br />

und Erbauung der Stadt (1621) bis Mai 1771, gesammelt aus dem Stadtarchiv und sonstigen<br />

Documenten“ befindet sich nicht mehr im Stadtarchiv Friedrichstadt.<br />

17) Nach der Stadtrechnung 1772, im Stadtarchiv Friedrichstadt, Fach 3.<br />

18) Nach Hans Meyer: „SCHWABSTEDT, 5000 Jahre Schwabstedter Geschichte“, Schwabstedt<br />

1968, S. 83, wurde das Schloß durch Soldaten aus dem Baron-von-Vellingschen Regiment<br />

1705 abgebrochen.<br />

19) Danstrup/Koch: „Danmarks Historie“, bind 7, 1964, S. 481 ff, Fredstraktat, dateret Roskilde,<br />

den 26. februar 1658.<br />

In dem Bericht des Magistrats an die Kgl. Ober-Direction der Stadt Friedrichstadt vom<br />

21.10.1855 heißt es: „... durch den Rothschilder Frieden im März 1658“.<br />

20) Vielleicht Sylvester Jappe (1701-1758) der nach Meyer, a.a.O., S. 77/78 „Amtsfischmeister“<br />

war.<br />

21) Willi Friedrich Schnoor: „Die rechtliche Organisation der religiösen Toleranz in Friedrichstadt in<br />

der Zeit von 1621 bis 1727“, Kieler Dissertation 1976, weist auf die Unterschiede in dem<br />

Octroy von 1619 und dem von 1620 hin. S. 172, 181. Ursprünglich hieß es „Het ghebiet der<br />

Stat sal strecken een myle int ronde“.<br />

22) Silke Göttsch: „Stapelholmer Volkskultur“, Wachholtz Verlag Neumünster, 1981, berichtet S.


180 nur mit einem Satz, daß die Fischerei trotz der Flüsse Eider und Treene keine große Rolle<br />

spielte und<br />

Heft 23, S. 45<br />

Heft 23, S. 46<br />

Günther Börm handelt die Fischerei in seiner Dissertation, Kiel 1966, „Die Wirtschaft der<br />

Geestinseln Stapelholm, ihre Entwicklung und ihre Funktlon in der Landschaft“ nur in einem<br />

kurzen Absatz ab, erwähnt die Treenefischerei gar nicht und stellt kurz allgemein fest:<br />

„Landschaftsprägende Kraft hat die Fischerei jedoch in Stapelholm nicht besessen“.<br />

23) Er war nach Meyer, a.a.O. S. 77 zugleich „Erbpächter der herrschaftlichen Fähre über die<br />

Treene“.<br />

24) Johann Adrian Bolten: „Beschreibung und Nachrichten von der im Herzogthume Schleswig<br />

belegenen Landschaft Stapelholm ...“ Wöhrden 1777, S. 66, Anm. 1. Er weiß zu berichten,<br />

daß sogar zwischen dem Landvogt und den Untertanen in der Landschaft über die Art der<br />

Gerechtigkeit Uneinigkeit herrschte.<br />

25) Meyer, a.a.O. S. 77 berichtet über Fischer Störmann in drei Generationen. Hier muß es sich<br />

schon um den Enkel gehandelt haben.<br />

26) Bolten, a.a.O. S. 66, Anmerkung 1, berichtet, daß der 1770 bis 1774 geführte Prozeß nicht<br />

die Frage der Gerechtigkeit, sondern gewisse „Gewalttätigkeiten, die die Stapelholmer und<br />

<strong>Friedrichstädter</strong> Fischer von dem anderen Teile erlitten haben sollten“.<br />

27) 1855 war Brück Stadtpräsident, Joh. Friedr. Feddersen Bürgermeister, H. B. Peters, Schnitger<br />

und Joh. Thomsen Ratmänner und von Zülow Stadtsekretär.<br />

28) aus LAS Abt. 170 No. 58<br />

29) Stadtarchiv Friedrichstadt, Fach XIII, No. 2<br />

Abb.<br />

Hs.<br />

Eine anonyme Anzeige gegen Besitzer von<br />

Aalhaugeräten.<br />

Inhalt: [gelesen durch Karl Michelson]<br />

[Eingangsvermerk] 12/7 99<br />

An das hochlöbliche<br />

Polizeiamt.<br />

Da das Aalhauen augen=<br />

blicklichlich (so!) sehr übertrieben


wird, bitten wir freundlichst<br />

nachzusehen. Alhauer sind<br />

zu finden bei H. Jebens<br />

C. Mader Conrad Eggers<br />

P. Schruwe. u. s. w.<br />

Heft 23, S. 46<br />

Heft 23, S. 47<br />

N. N.<br />

Abb.<br />

Druck mit Hs. Eintragungen.<br />

Inhalt: [Hs. gelesen und ergänzt durch Karl Michelson]<br />

<strong>Bedingungen</strong>,<br />

unter welchen die Fischerei in der Treene von der Grenze zwischen Koldenbüt[tel]<br />

und Schwabstedt, resp. dem gegenüberliegenden Puncte des Seeth[er]<br />

Ufers bis zu den Sielzügen bei Friedrichstadt und dem Treened[eich]<br />

zwischen Friedrichstadt und Koldenbüttel,<br />

auf 6. Jahre vom 1 Juli 1877. bis zum 1 Juli 1883. verpachtet<br />

werden soll.<br />

Das Gewässer der Treene von der Grenze zwischen Koldenbüttel [und]<br />

Schwabstedt resp. dem gegenüberliegenden Puncte des Seether U[fers]<br />

bis zu den Sielzügen bei Friedrichstadt und dem Treenedeich zwi=<br />

schen Friedrichstadt und Koldenbüttel<br />

wird in folgende als Ein Fischereipachtbezirke eingetheilt, nämlich: behandelt.<br />

Jed D er Pachtbezirk wird <strong>für</strong> sich im Wege des Meistgebots auf sechs Jahre, von<br />

1 Juli 1877. angerechnet, verpachtet.<br />

Die Aufsichtsbehörde ist befugt, zu bestimmen, welche Zahl der zulässigen Fang=<br />

geräthe in jedem Pachtbezirk nicht überschritten werden darf.<br />

Die Verpachtung geschieht vorbehältlich der Rechte Dritter.<br />

Von dem Zeitpunkte an, wo solche Rechte in Ansehung ein d es Pachtbezirks zur Gel=<br />

tung kommen, und in der Ausdehnung, worin solches geschieht, wird die Nutzung des Pacht=<br />

stücks beschränkt event. ganz aufgehoben.<br />

Im Falle einer Beschränkung steht es dem Pächter nur frei, von dem Pachtvertrage<br />

sofort zurückzutreten und wird ihm alsdann pro rata temporis die <strong>für</strong> das laufende Jahr ge=<br />

Heft 23, S. 47<br />

§ 1.<br />

§ 2.


Heft 23, S. 48<br />

zahlte Pacht zurückgezahlt. Ein Entschädigungsanspruch wegen Beschränkung oder Aufhebung<br />

der Pacht steht dem Pächter dagegen in keinem Fall zu.<br />

§ 3.<br />

Der Pächter hat beim Zuschlage einen annehmbaren einheimischen Bürgen zu stellen.<br />

§ 4.<br />

Die Zahlung der Pachtsumme erfolgt <strong>für</strong> das Jahr 18 77. binnen 14. Tagen nach der<br />

Approbation des Pachtgebots <strong>für</strong> die folgenden 5 Jahre jedesmal am 1 Juli<br />

<strong>für</strong> das laufende Jahr an die Stadtkaße in Friedrichstadt.<br />

Pächter unterwirft sich der executivischen Beitreibung des etwaigen Pachtrückstandes<br />

nach den Vorschriften der Executionsverordnung vom 22. September 1867.<br />

§ 5.<br />

Der Pächter ist verpflichtet, diejenigen Fischer, welche nachweisbar die Fischerei in<br />

dem betreffenden Pachtbezirke bisher gewerbsmäßig betrieben haben, gegen den verhältnißmäßi=<br />

gen Antheil an der Pachtsumme als Theilhaber der Pacht eintreten zu lassen.<br />

Differenzen über den Eintritt bisheriger Fischer in die Pacht werden durch (den<br />

Vorstand der Genossenschaft) die Polizeibehörde des Districts, in welchem der betreffende Fischer<br />

wohnt, entschieden.<br />

Uebrigens ist dem Pächter eine Verafterpachtung der Fischerei nicht gestattet.<br />

§ 6.<br />

Bei Betreibung der Fischerei muß Pächter die ergangenen oder noch ergehenden<br />

fischereipolizeilichen Vorschriften beobachten.<br />

Er haftet <strong>für</strong> den Ersatz jeden Schadens, welchen er selbst, seine Pachttheilhaber<br />

(§ 5) oder diejenigen, denen er die Erlaubniß zum Fischen ertheilt hat, bei Betreibung der<br />

an Grundstücken, Stromwerken, Fahrzeugen u. s. w. verursachen. Es bleibt ihm über=<br />

lassen, seine Pachttheilhaber durch besondere, auf deren Kosten zu errichtende Contracte oder aus=<br />

zustellende Anerkenntnisse <strong>für</strong> dergleichen ihnen zur Last zu legende Schäden haftbar zu machen und sich<br />

da<strong>für</strong> Bürgschaft bestellen zu lassen. Differenzen über die Art der Haftbarmachung und der<br />

Bürgschaftsleistung der Pachttheilhaber werden durch (den Genossenschaftsvorstand) die Aufsichts=<br />

behörde entschieden.<br />

§ 7.<br />

Den Verpächtern ist es freigestellt den Pachtvertrag vor Ablauf desselben jeder Zeit<br />

wieder aufzulösen.<br />

F 6. wenn eine auf<br />

den Pachtbezirk oder<br />

einen Theil desselben<br />

sich erstreckende Ge=<br />

nossenschaft zur ge=<br />

meinschaftlichen Nut=<br />

1. wenn der Pächter stirbt;<br />

2. wenn derselbe länger als 4 Wochen nach dem Fälligkeitstermine mit der Be=<br />

zahlung des Pachtgeldes <strong>für</strong> ein Jahr in Rückstand bleibt und die Execution<br />

fruchtlos geblieben ist;<br />

3. wenn die von der Aufsichtsbehörde bestimmte Zahl der zulässigen Fanggeräthe<br />

überschritten worden ist;<br />

zung des Fischwaßers 4. in dem in § 2 vorgesehenen Falle eintretender Berechtigung Dritter;<br />

der Treene gebildet 5. wenn der Pachtbezirk oder Strecken desselben nach Maaßgabe des § 29 des<br />

wird.<br />

Fischereigesetzes zu Schonrevieren erklärt werden.<br />

In F den Fällen zu 1, 2 und 3 hat der Pächter das Pachtgeld <strong>für</strong> das laufende Jahr<br />

unverkürzt zu zahlen. In den Fällen zu 4 und 5 und 6.) findet dagegen Rückzahlung der Pacht pro<br />

rata temporis <strong>für</strong> den Rest des laufenden Jahres statt.<br />

§ 8.<br />

Die durch die Errichtung des Pachtvertrages erwachsenden Kosten einschließlich der=


jenigen <strong>für</strong> die Bekanntmachung des Licitationstermins übernimmt Pächter einseitig.<br />

§ 9.<br />

Es wird vorbehalten, <strong>für</strong> die Beglaubigung der Erlaubnißscheine eine Gebühr bis<br />

zu Einer Mark zu Gunsten der Genossenschaft zu erheben.<br />

Über das Pachtverhältnis wird ein besonderer Pachtvertrag<br />

nicht errichtet sondern sollen diese <strong>Bedingungen</strong> und das Licitations=<br />

Protocoll welche von dem Pächter und seinen Bürgen mit zu un=<br />

terzeichnet (so!) sind an die Stelle des Vertrages treten.<br />

Heft 23, S. 48<br />

Heft 23, S. 49<br />

Abb.<br />

Hs. mit Stempelmarke und Siegel.<br />

Inhalt: [gelesen durch Karl Michelson]<br />

[Stadtsiegel; z.T.<br />

unkenntlich]<br />

... ... FRIEDRICHSTADT.<br />

[Stempelmarke]<br />

ZWEI THALER<br />

STEMPELMARKE<br />

[preußischer Adler]<br />

Fr. 1/10 77.<br />

[W. Eggers] | C. W. Eggers]<br />

Verhandelt, Friedrichstadt den 28. Septr 1877<br />

Zur Verpachtung der Fischerei von der Grenze zwischen<br />

Koldenbüttel und Schwabstedt resp. dem gegenüberliegenden<br />

Puncte des Seether Ufers bis zu den Sielzügen<br />

bei Friedrichstadt und dem Treenedeich zwischen<br />

Friedrichstadt und Koldenbüttel war zur Ver=<br />

pachtung nach erlassener Bekanntmachung Termin<br />

auf heute anberaumt und hatten sich von den<br />

genossenschaftlichen Gemeinden die dazu Delegierten,<br />

nämlich:<br />

der Herr Stadtverordnete Marxen aus Friedrich=<br />

stadt, Landmann Joh. Hinr. Levens aus Kolden=<br />

büttel, Höker u. Landmann Matthias Frahm aus<br />

Seeth, sowie der unterzeichnete Senator Ivers<br />

in Vertretung des Herrn Bürgermeisters Wiese<br />

dazu eingefunden.<br />

Der Termin wurde durch Verlesung der <strong>Bedingungen</strong><br />

eröffnet und wurde darauf der Pachtbezirk<br />

aufgeboten.<br />

Das Resultat der Verpachtung war folgendes<br />

Der Höchstbietende war der Maurermeister Wilh.<br />

Eggers sen. in Friedrichstadt und zahlt eine jährliche<br />

Pacht von 205 - zweihundert und fünf Mark<br />

Bürge Maurer Conrad Eggers daselbst.<br />

Das vorangeführte Pachtgebot wurde approb[iert]<br />

vorgelesen genehmigt und nebst den Verpachtungs=<br />

bedingungen von dem Pächter und seinem Bürgen


Heft 23, S. 49<br />

Heft 23, S. 50<br />

FRIEDRICHSTADT, Am Markt 16<br />

1. Bestandsaufnahme<br />

nebst sowie den Bevollmächtigten unterschrieben.<br />

W Eggers C. W. Eggers<br />

womit geschlossen<br />

P. J. Marxen, J H Levens<br />

[abgeschnitten: Senator Ivers]<br />

1.1 Standort des Gebäudes und die Bewertung seines städtebaulichen Zusammenhangs<br />

Friedrichstadt an der Eider hat durch die Umstände, die zu seiner Entstehung im Jahre 1621 führten,<br />

eine städtebaulich und baugeschichtlich besonders interessante Entwicklung aufzuweisen.<br />

Bevor der erste Grundstein <strong>für</strong> das Gebäude eines Antwerperner (so!) Kaufmanns gelegt werden<br />

konnte, wurden bereits die ersten Voraussetzungen 1570 durch die Regulierung der Treene<br />

geschaffen. An Stelle der natürlichen Flußmündung wurde das Wasser durch zwei Sielzüge in die<br />

Eider geleitet und das Eindringen der Nordseeflut in die Treene (Überschwemmungen) durch<br />

Schleusen verhindert. Der etwas erhöht liegende Bereich zwischen den Wassergräben (Grachten)<br />

war <strong>für</strong> die Anlage einer Stadt besonders geeignet.<br />

Die Stadt ist durch den Mittelburgwall in zwei annähernd gleiche Hälften geteilt und durch ein Netz<br />

rechtwinklig angelegter Straßen in quadratische (Vorderstadt) bzw. rechteckige Baublöcke<br />

(Hinterstadt) aufgeteilt. Am Mittelburgwall ist der nördlichste Block <strong>für</strong> den Marktplatz ausgespart.<br />

Diese rationale Anlage ist nicht typisch niederländisch, sondern charakteristisch <strong>für</strong> diese Zeit (siehe<br />

z.B. Glückstadt).<br />

Der Häuserbau ging nach der Grundsteinlegung des ersten Hauses zügig voran. Schon 1623 standen<br />

ca. 25 Häuser. Um 1625 entstanden die Häuser am Markt, u.a. das Haus Am Markt 16 (III.<br />

Quartier No. 1). Die Bepflanzung des östlichen Marktplatzes wurde 1639 vorgenommen.<br />

Nach der Einstellung der Remonstrantenverfolgung (1630) gingen einige kapitalkräftige holländische<br />

Unternehmerfamilien in ihre Heimat zurück. Die angeworbenen neuen Bevölkerungsschichten, süd-<br />

und mitteldeutsche Handwerker, brachten ihre heimischen Baugewohnheiten mit, so daß die Häuser,<br />

die um 1700 und später, vor allem in den Baulücken der Nebenstraßen errichtet wurden,<br />

vorwiegend traufenständig ausgerichtet, verputzt und geweißt wurden; ebenso die<br />

Heft 23, S. 50<br />

Heft 23, S. 51<br />

Die Eigentümer des Hauses Am Markt 16


nach den <strong>Friedrichstädter</strong> Brandkatastern und<br />

nach Auszügen aus den Stadtrechnungen<br />

Laurens Jansen LOTEN verschreibt am<br />

3.6. 1648 <strong>für</strong> Jacob Linnich 900 [Mark] und sichert diese<br />

Schuld auf seinem Hause ab. Er wohnt 1648/49<br />

auswärts.<br />

20.6. 1651 erwirbt Esaias PLOVIER das Haus <strong>für</strong><br />

1425 [Mark].<br />

1698 steht das Haus <strong>für</strong> Esaias PLOVIER mit<br />

3500 [Mark] im Brandkataster eingetragen<br />

1737 wird der Wert bei der General-Visite<br />

verändert auf 3000 [Mark].<br />

23.3. 1751 wird Frau Bürgermeisterin Judith PLOVIER<br />

Eigentümerin nach dem Tode des Ehemannes<br />

31.10. 1764 Bürgermeister Leonard PLOVIER<br />

1794 Nicolay CASPERSEN, Goldschmied<br />

1805 Andreas SCHNITGER, Goldschmied<br />

1814 Emanuel Carl Andreas SCHNITGER,<br />

Gold- und Silberarbeiter<br />

14.7. 1856 Paul NOOTBAAR<br />

holländischen Rotsteinbauten wurden jetzt weiß gekalkt.<br />

Die militärisch exponierte Lage des Ortes wurde der kleinen „Holländerstadt“ wiederholt zum<br />

Verhängnis. Während 1700 die Gebäude von den eindringenden Dänen noch weitestgehend<br />

verschont blieben, sank 1850 die von den Dänen verteidigte Stadt durch Beschuß der schleswigholsteinischen<br />

Truppen zum Großteil in Schutt und Asche. In der Vorderstadt wurden 137 Häuser<br />

total und 285 teilweise zerstört. Die Bereiche östlich und westlich des Marktplatzes wurden kaum<br />

zerstört.<br />

Die westliche Bebauung des Marktplatzes bildet auch heute noch ein in sich geschlossenes<br />

unverwechselbares Ensemble, das durch mehrere, noch erhaltene Beispiele holländischer Baukultur<br />

des frühen 17. Jahrhunderts einen besonderen Stellenwert in der Beurteilung der städtebaulichen<br />

Situation erhält.<br />

Heft 23, S. 51<br />

Heft 23, S. 52


Eines dieser Kulturdenkmale von besonderer Bedeutung, das Gebäude Am Markt 16, unterstreicht<br />

durch die exponierte Lage nicht nur die Geschlossenheit der giebelständigen Häuser des Marktes,<br />

sondern findet auch seine räumliche Fortsetzung in der Westermarktstraße als zweigeschossiges,<br />

traufenständiges Gebäude. Durch die Gliederung der Fassade in mehrere Bauabschnitte fügt sie sich<br />

in die kleinteilige Baustruktur des historischen Altstadtbereiches harmonisch ein.<br />

Vom Mittelburggraben im Norden, von der Ostermarktstraße im Osten, von der Prinzenstraße im<br />

Süden und von der Westermarktstraße im Westen bildet das Gebäude einen räumlich<br />

städtebaulichen Akzent von besonders hohem baugeschichtlichen Wert.<br />

1.2 Bestandsuntersuchung<br />

1.2.1. Gebäudebeschreibung<br />

Das zweigeschossige Stufengiebelhaus von drei Achsen, ein Bürgerhaus aus der Zeit der<br />

Stadtgründung, ist ein charakteristisches Zeugnis holländischer Stadthausarchitektur. Die schmale<br />

Straßenfront von drei Achsen und der langgestreckte Grundriß liegt zum einen in den besonderen<br />

Kulturverhältnissen des Landes begründet, zum anderen an dem knapp bemessenen, kostbaren<br />

Baugrund.<br />

Die Raumfolge im Erdgeschoß war ursprünglich das mit weißem Marmor belegte Voorhuis, das<br />

ebenerdig die gesamte Breite des Hauses einnahm. Daran anschließend befand sich die 70 cm höher<br />

gelegene Upkamer, zu der man ein paar Stufen empor stieg. Dieser Raum war sockelhoch mit<br />

Delfter Kacheln bekleidet. Auf kleinen Trittleitern gelangt man in die über dem Gang liegenden<br />

Alkoven, die noch bis 1798 benutzt wurden. Unter der Upkamer befand sich die Kelderkamer, von<br />

der unter der Treppe zum 1. Obergeschoß (OG.) noch Restflächen vorhanden sind. Dann folgte die<br />

wieder ebenerdig gelegene Achterkammer, die durch den typisch nordholländischen Gang neben der<br />

Upkamer mit dem Voorhuis verbunden war.<br />

Die Upkammer wurde in der Regel nur mittelbar durch bleiverglaste Fenster vom Voorhuis und von<br />

der Achterkammer belichtet. Bedingt durch die Ecklage des Gebäudes wurden die Upkammer und<br />

die Kelderkammer des Hauses Am Markt 16 von der Westermarktstraße durch Fenster belichtet.<br />

Heft 23, S. 52<br />

Heft 23, S. 53<br />

Abb.<br />

Bauzeichnung.<br />

Rekonstruktionszeichnung - Längsschnitt<br />

Inhalt:<br />

1. Bauabschnitt 1621<br />

2. Bauabschnitt<br />

3. Bauabschnitt CA. 1859<br />

STUBE<br />

KÜCHE


KAMMER<br />

STUBE<br />

ACHTERKAMMER<br />

UPKAMMER<br />

VOORHUIS<br />

KELDERKAMMER<br />

Heft 23, S. 53<br />

Heft 23, S. 54<br />

Über eine enge Wendeltreppe vom Gang aus erreichte man die oberen Stockwerke, die aufgrund<br />

von Gebäudeuntersuchungen von Werner Rehder 1) vermutlich nur zu Speicherzwecken dienten.<br />

Im ersten Stock liegt in der Regel nach vorn und hinten je ein durch die ganze Breite des Hauses<br />

gehendes Zimmer. Die Trennwände waren selten massiv, meistens nur aus profilierten dünnen<br />

Brettern.<br />

Obwohl die charakteristische Raumfolge: Vorhuis, Upkammer, Achterkammer ein organisatorisches<br />

Ganzes bildete, ist schon von Rehder erkannt worden, daß der die Achterkammer enthaltene Bauteil<br />

einer späteren Bauzeit angehört, eine Vermutung, die im Rahmen dieser Arbeit bestätigt werden<br />

konnte.<br />

Vermutlich Anfang des 18. Jahrhunderts ist das Gebäude wiederholt am Westgiebel erweitert<br />

worden. In einer ersten Phase wurde eine ca. 3,50 m breite Küche angebaut. Danach erfolgte ein<br />

weiterer, ca. 6,50 m langer Anbau bis an den von verschiedenen Grundstückseigentümern<br />

gemeinsam genutzten 1,08 m breiten Gang.<br />

Aufgrund der sich wandelnden Wohnbedürfnisse und der unterschiedlichen Nutzungsanforderungen<br />

wurde im Laufe der Jahrhunderte verschiedene Veränderungen am Gebäude vorgenommen. Die<br />

wohl einschneidendste Veränderung erfolgte im Jahre 1925, als Herr Gustav Rudolph die<br />

Verkaufsfläche <strong>für</strong> Manufaktur- und Papierwaren in der Weise erweiterte, daß er einen Teil der<br />

Upkammer beseitigte und das Voorhuis ebenerdig nach hinten verlängerte. In dem Zusammenhang<br />

wurden wohl auch die über dem Gang befindlichen Alkoven demontiert und ein Großteil der Delfter<br />

Wandfliesen entfernt. In den überlieferten Aufzeichnungen weist Herr Rudolph darauf hin, daß<br />

zugleich auch die Küche nach hinten verlegt wurde.<br />

Weitere wesentliche Veränderungen wurden dann im Jahre 1973 vorgenommen, um im Erdgeschoß<br />

des Hauses einen gastronomischen Betrieb zu errichten. Die Eingangstür wurde in das<br />

Gebäudeinnere zurückverlegt und ein Durchgang zur Westermarktstraße in die Traufenseite<br />

eingebrochen. Weiterhin wurden die letzten Reste der Upkammer und Kelderkammer beseitigt, so<br />

daß eine ebenerdige Verbindung zwischen dem Voorhuis und der Achterkammer einschließlich dem<br />

dahinterliegenden Erweiterungs-<br />

Heft 23, S. 54<br />

Heft 23, S. 55


au entstand. Die ursprüngliche Wendeltreppe zum 1. OG. wurde durch eine gradläufige Treppe<br />

ersetzt (bis auf den obersten Teil).<br />

Konstruktiver Aufbau:<br />

Außenmauerwerk:<br />

Die zweigeschossigen Fassaden des Haupthauses (Voorhuis und Upkammer) bestehen aus 1-Stein<br />

dicken Wänden (d = 18 cm), die aus roten Moppen (18 x 8,5 x 4 cm) im Blockverband errichtet<br />

wurden.<br />

Die charakteristische Giebelform der <strong>Friedrichstädter</strong> Bürgerhäuser, der um etwa 30 cm nach vorn<br />

geneigte Treppengiebel, ist auch heute noch vorhanden. Im Erdgeschoß befinden sich der<br />

Mitteleingang (früher Außentür) mit Oberlicht und die zweiteiligen Fenster, die bis zum Kajbalken<br />

(erster Deckenbalken) geführt wurden.<br />

In der Mitte des darüberliegenden Erdgeschoßfrieses befindet sich ein Ziegelmuster mit Noppen, die<br />

sogenannte „Hausmarke“. Sie stellte goldene Sterne auf azurblauem Untergrund dar. Darüber sind<br />

drei geschoßteilende Sandsteingesimse angeordnet, auf denen die Fenster aufsitzen. Über den<br />

Fenstern befinden sich je ein Korbbogen mit verzierten Schluß-Steinen aus Sandstein (Puttenköpfe).<br />

Unter dem rundbogenartigen Treppengiebelabschluß wurde eine reizvolle Puttenkopfkonsole mit<br />

Frontspieß (Reste noch vorhanden) eingemauert.<br />

Die Stufen des Treppengiebels sind mit profilierten Sandsteingesimsen abgedeckt; an den Seiten<br />

befindet sich je ein Sandsteinquader.<br />

Der Stufengiebel wurde 1967 aufgrund der aufgetretenen Sturmschäden bis auf die Höhe der<br />

Dachrinne (Traufenseite Westermarktstraße) abgetragen und mit holländischen roten Ziegeln<br />

(Format: 20,3 x 9,5 cm) wieder neu aufgemauert.<br />

Die südliche Hausseite zur Westermarktstraße wurde im Laufe der Jahrhunderte nicht durch weitere<br />

Bauabschnitte verlängert, sondern hinsichtlich der Lage der Fenster und Türen wiederholt verändert.<br />

Das Außenmauerwerk im Erdgeschoß des Voorhuises und der ehemaligen Upkammer wurde<br />

aufgrund des schlechten Zustandes 1973 erneuert, jedoch mit einem handelsüblichen Ziegelstein<br />

(kein<br />

Heft 23, S. 55<br />

Heft 23, S. 56<br />

Abb.<br />

Bauzeichnung.<br />

Erneuerungsvorschlag<br />

Inhalt:


AM MARKT 16<br />

RESTAURANT „EDAMER HAUS“<br />

Heft 23, S. 56<br />

Heft 23, S. 57<br />

Handstrichziegel) neu ausgemauert. Die Wandstärke beträgt hier 36,5 cm.<br />

Der 3. Bauabschnitt in einer Länge von ca. 10,20 m als Verlängerung des Hauses hinter der<br />

Achterkammer wurde lt. Auszug aus dem Brandkataster ca. 1859 errichtet. Auch hier wurden nicht<br />

mehr die holländischen Moppen, sondern ein roter Ziegelstein mit den Abmessungen 19 x 9 x 5,5 cm<br />

verwendet.<br />

Decken:<br />

Die Deckenbalken verlaufen in Abständen von ca. 1,85 m parallel zu den Giebelwänden. Auf die<br />

Deckenbalken wurden gehobelte, sehr breite Dielen (ca. 35 - 40 cm) genagelt, die untereinander mit<br />

einer Feder zusammengefügt wurden. Eine Zwischendeckenkonstruktion konnte nicht festgestellt<br />

werden. Da die Erdgeschoßdecke z.Zt. durchgehend verkleidet ist, konnte diese nicht im einzelnen<br />

aufgemessen werden. Lediglich im abgehängten Deckenbereich über dem Eingang am Markt wurde<br />

ein Befund festgestellt. Die Deckenbalken haben eine Abmessung von 15 x 23 cm und keine<br />

Sattelhölzer, wie z.B. die Deckenbalken im 1. OG. Der erste Balken wurde auch hier nach<br />

holländischer Bauweise in die Giebelmauer verlegt (Kajbalken).<br />

Der zweite Deckenbalken, der auf dem Bohlenstück eines Fenstersturzes der Südfassade ruht,<br />

wurde verjüngt und lediglich durch einen Maueranker mit dem Außenmauerwerk verbunden. Diese<br />

Sorglosigkeit führte wohl auch zu den erheblichen Absenkungen des Fußbodens im Wohnraum des<br />

1. OG.<br />

Im Obergeschoß sind die Deckenbalken durchgehend sichtbar. Während wir im 1. Bauabschnitt<br />

profilierte Sattelhölzer unter den unterschiedlich dimensionierten Deckenbalken finden, fehlen diese<br />

im 2. und 3. Bauabschnitt gänzlich.<br />

Dachkonstruktion:<br />

Typisch <strong>für</strong> die holländische Bauweise der Häuser ist neben den Decken auch der liegende<br />

Dachstuhl, den wir noch im vorderen Gebäude (1. BA.) vorfinden, auch wenn es heute kein<br />

Knüppeldach mehr ist. Die Aussparungen der Pfetten auf dem ersten Kehlbalken weisen eindeutig<br />

darauf hin.<br />

Heft 23, S. 57<br />

Heft 23, S. 58<br />

Die Binder sind in einem Abstand von ca. 1,85 m entsprechend den Deckenbalken aufgestellt. Die<br />

Binderstreben tragen einen Kehlbalken, auf dem zwei am First verzapfte Sparren stehen, die durch<br />

einen weiteren Kehlbalken miteinander verbunden sind. Der untere Kehlbalken ist durch Kopfbänder<br />

sowohl mit den Streben als auch mit der Pfette verbunden, die auf dem unteren Kehlbalken liegt und


die Knüppel bzw. heute die Sparren unterstützen soll. Weiterhin sind jeweils zwischen den Bindern<br />

an der Pfette waagerechte Balken mit eisernen Haken aufgehängt, die die Dielenbretter des<br />

Dachbodens tragen.<br />

Die unteren Streben sind durch kurze hölzerne Zangen mit dem Außenmauerwerk (Drempel)<br />

verankert. Auf dem Drempelmauerwerk befindet sich eine Fußpfette, auf der die Sparren (früher die<br />

Knüppel) aufliegen.<br />

Die Längsverbindung erfolgt neben den Pfetten durch die Kopfbänder und Windrispen, die über vier<br />

bzw. fünf Gebinde greifen.<br />

Aufzeichnungen aus dem Jahre 1921 2) weisen darauf hin, daß das Dach über der Achterkammer<br />

(2. BA) ebenfalls als liegender holländischer Dachstuhl ausgebildet war. Dieser Hinweis konnte im<br />

Rahmen dieser Untersuchung dadurch bestätigt werden, daß die Traufe auf der Nordseite des<br />

Hauses Fragmente eines Drempels aufweist. Zur Zeit befindet sich auf diesem Gebäudeteil und auf<br />

dem westlichen Anbau (3. BA) ein Kehlbalkendach mit roter Ton-S-Pfanneneindeckung.<br />

Treppen:<br />

Die ursprüngliche Treppe, eine Wendeltreppe hinter dem Voorhuis, die vom Erdgeschoß bis in den<br />

Dachboden führte, ist heute nur noch zwischen dem 1. OG und dem Dachboden erhalten. In die<br />

runde, massive Holzspindel sind ca. 8 cm starke Stufen eingeschoben. Als Verbindung zwischen dem<br />

Erdgeschoß und dem 1. OG ist eine geradläufige Treppe (18 Stg. 19/21 cm) neben dem Gang<br />

eingebaut worden. Eine zweite Holztreppe zum Obergeschoß befindet sich im hinteren Gebäude (3.<br />

BA).<br />

Heft 23, S. 58<br />

Heft 23, S. 59<br />

Türen und Fenster:<br />

Die Haustür aus dem frühen 17. Jahrhundert ist infolge der vielen baulichen Veränderungen nicht<br />

mehr vorhanden. Auf einem Foto aus dem Jahre 1906 ist erkennbar, daß sich die Haustür in einem<br />

Türgerüst aus zwei starken Pfosten und einem Sturzbalken befand. Über der Tür befindet sich auch<br />

heute noch ein Oberlicht.<br />

Zwei Innentüren aus der Erbauerzeit befinden sich noch im Gebäude (Tür zum Schlafraum und zum<br />

Bodenraum). Reste einer charakteristischen Holztür, die aus gefasten und profilierten Brettern<br />

besteht, sind unter der Wendeltreppe im 1. OG des Vorderhauses erkennbar. Eine geschweifte,<br />

durchfensterte Doppeltür mit geriffelten Feldern befindet sich noch auf dem Boden.<br />

Die Fenster sind im Laufe der Jahrhunderte wohl wiederholt erneuert und auch versetzt worden.<br />

Während der Charakter der klassischen Fensterteilung mit Pfosten und mittig angeordnetem<br />

Kämpfer der Erdgeschoßzone am Giebel zum Markt wiederhergestellt werden konnte, sind die<br />

Fenster an der Westermarktstraße durch Veränderung der Proportionen, der Lage in der Fassade<br />

und der Detailausbildung z.T. in negativer Weise entscheidend verändert worden.<br />

Fliesen und Kacheln:


Der Bodenbelag <strong>für</strong> das Voorhuis der ebenerdigen Wirtschaftsräume wurde aus farbigen<br />

Sandsteinfliesen bzw. Granit gebildet. Der Gang ist wiederholt mit gelben und grünen Kacheln belegt<br />

worden, sogenannte „ASTRACKEN“ oder auch „DEHLSTEINE“ genannt. Heute finden wir<br />

lediglich im Eingangsbereich einige großformatige Sandsteinplatten vor. Im Hause Am Markt Nr. 16<br />

waren die Astracken noch bis ca. 1920 auf dem Fußboden der alten Küche im OG, dem jetzigen<br />

Kinderzimmer, in einem ca. 8 cm hohen Sandbett verlegt. Nach Rehder ist dies der einzige Hinweis<br />

auf einen steinernen Fußboden im Obergeschoß in Friedrichstadt gewesen.<br />

Die heute z.T. noch vorhandenen weißen Delfter Fayancefliesen mit Blaumalerei befanden sich<br />

ursprünglich in Sockelhöhe an den Wänden des Voorhuis und über dem Küchenherd.<br />

1.2.2 Gebäudenutzung<br />

Das Gebäude am Markt 16, ursprünglich wohl als Wohngebäude<br />

Heft 23, S. 59<br />

Heft 23, S. 60<br />

Abb.<br />

Foto.<br />

Teil einer durchfensterten,<br />

geriffelten<br />

Doppeltür auf dem Boden<br />

Abb.<br />

Foto.<br />

Teil der alten Wendeltreppe mit Spindel zum Bodenraum<br />

Heft 23, S. 60<br />

Heft 23, S. 61<br />

errichtet, wurde in den letzten Jahrhunderten in der Erdgeschoßzone hauptsächlich gewerblich<br />

genutzt.<br />

Die Vermutung, daß ein holländischer Kaufmann im 17. Jahrhundert mit Edamer Käse gehandelt<br />

haben soll, konnte nicht nachgewiesen werden 3).<br />

In späterer Zeit waren hier ein Kornlager (?) und ein Papiergroßhandel untergebracht. In den 20er<br />

Jahren hat Gustav Rudolph mit Papierwaren, Porzellan und Steingut gehandelt. Danach wurden<br />

Textilien, Spielwaren und Farben verkauft, bis Adolf Vick im Jahre 1973 eine Gaststätte einrichtete.<br />

Der gastronomische Bereich erstreckt sich über das gesamte Erdgeschoß mit Ausnahme des<br />

Treppenhauses im westlichen Teil des Hauses. Er besteht aus drei hintereinander angeordneten<br />

Gaststuben, einer Küche und dem Sanitärgebäude auf dem Hof einschließlich der zwei


Küchencontainer auf dem Wirtschaftshof. In der ersten Gaststube, dem ehemaligen Vorhuis, befindet<br />

sich ein großer Verkaufstresen, von dem aus der Straßenverkauf durchgeführt wird.<br />

Im östlichen Bereich des 1. OG über dem ehemaligen Voorhuis, Upkammer und Achterkammer,<br />

befindet sich die Wohnung des Eigentümers; sie wird vom Wirtschaftsflur der Gaststätte aus<br />

erschlossen.<br />

Die drei Wohnräume im OG des 3. Bauabschnittes (Erweiterungsbau) werden über eine im Haus<br />

befindliche, separate Treppe erschlossen.<br />

Im Dachgeschoß befindet sich ein provisorisch ausgebautes Zimmer, das über die alte Spindeltreppe<br />

im vorderen Gebäude erreicht wird. Das übrige Dachgeschoß wird z.Zt. als Abstellraum genutzt.<br />

1.2.3. Gebäudezustand<br />

Durch laufende Bauunterhaltungsmaßnahmen befindet sich das Gebäude, dessen erster Bauabschnitt<br />

nunmehr schon über 360 Jahre alt ist, in einem relativ guten Zustand. Verschiedene<br />

Erneuerungsmaßnahmen im Bereich der Fassade und des Dachstuhles haben bewirkt, daß trotz der<br />

hohen Beanspruchung, wie z.B. durch Erschütterungen des Schwerlastverkehrs die Standsicherheit<br />

des Gebäudes auch heute noch gewährleistet ist.<br />

Heft 23, S. 61<br />

Heft 23, S. 62<br />

Abb.<br />

Foto.<br />

[zeigt das Edamer-Haus - Am Markt 16; mit einem Baum an der Straßenseite zur<br />

Westermarktstraße]<br />

Heft 23, S. 62<br />

Heft 23, S. 63<br />

Innerhalb des Hauses konnten durch Modernisierungsmaßnahmen die Räume im Erdgeschoß<br />

(Gaststätte) wieder einer wirtschaftlich tragbaren Nutzung zugeführt werden. Leider hatten die<br />

Umbauten zur Folge, daß die typische Raumdisposition des holländischen Bürgerhauses aufgegeben<br />

wurde (Beseitigung der Upkammer/Kelderkammer, Veränderung der Treppe).<br />

Giebel am Marktplatz (Ostseite):<br />

Bauliche Veränderungen im Eingangsbereich und Erneuerung des Stufengiebels im Dachgeschoß<br />

haben dazu geführt, daß die Setzrisse an der Ecke Markt-/Westermarktstraße beseitigt werden<br />

konnten bzw. der Giebel, der über seine vorgegebene Neigung von ca. 30 cm um weitere ca. 15 cm<br />

hinausragte, entsprechend stabilisiert werden konnte. Die verwendeten Steine stimmen maßlich<br />

jedoch nicht mit den ursprünglich vorhandenen holländischen Moppen überein. Dieses wird gerade in<br />

der „aufgerissenen“ Eingangszone besonders negativ wahrgenommen.


Die Fenster, die wieder ihre historischen Proportionen erhalten haben, sind erneuerungsbedürftig. Die<br />

Sandsteingesimse, Schlußsteine mit Puttenköpfen und die profilierten Sandsteinabdeckungen der<br />

Abtreppungen des Giebels müssen instandgesetzt und gefestigt werden.<br />

Der Kajbalken, als in die Giebelwand eingemauerter letzter Deckenbalken, muß instandgesetzt bzw.<br />

erneuert werden.<br />

Die Traufenseite zur Westermarktstraße wurde im vorderen Bereich in der Erdgeschoßzone neu<br />

ausgemauert. Leider wurden hier großformatige Steine verwendet. Im Deckenbereich des<br />

Obergeschosses beult die Fassade ca. 20 cm aus, bedingt durch Schubwirkung der<br />

Dachkonstruktion.<br />

Im westlichen Bereich der Trauffassade sind ebenfalls verschiedene Veränderungen vorgenommen<br />

worden (Fenster, Türen, Drempel). Der Mauerwerksgiebel zwischen dem vorderen höheren<br />

Gebäude (1. BA) und den niedrigen Erweiterungsbauten (2. BA) ist von der Witterung sehr stark<br />

angegriffen.<br />

Der abschließende Giebel auf der Westseite des Hauses (Gang) befindet sich in einem relativ guten<br />

Zustand.<br />

Die Trauffassade zum Hof (Nordseite) ist durch Witterungseinflüsse stark angegriffen.<br />

Heft 23, S. 63<br />

Heft 23, S. 64<br />

Für die Dachdeckung wurde eine rote Ton-S-Hohlpfanne verwendet.<br />

Geschoßdecken:<br />

Innerhalb des Gebäudes bestehen die Geschoßdecken, wie unter Punkt 1.2.1 beschrieben, aus<br />

durchlaufenden Deckenbalken mit unterschiedlichen Querschnitten. Die aufgenagelte Dielung (d 3<br />

3,5 cm) hat eine Breite bis zu 40 cm und ist mit einer Feder verbunden. Ein Deckeneinschub ist nicht<br />

vorhanden. Die Erdgeschoßdecke ist von der Unterseite verkleidet und nur im Eingangsbereich<br />

einsehbar gewesen. Ein am Ende sich verjüngender Balken endet vor der Wand und ist mit dieser<br />

lediglich durch einen einseitig angebrachten Maueranker verbunden.<br />

Dachstuhl:<br />

Der Dachstuhl des vorderen Gebäudes (1. BA), ein typischer liegender holländischer Dachstuhl, ist<br />

in vergangener Zeit schon einmal verändert worden. Aussparungen in der Pfette, die auf dem ersten<br />

Kehlbalken liegt, weisen darauf hin, daß statt der Sparren dünne runde Föhrenstämme von<br />

durchschnittlich Ø 6 cm in 30 bis 40 cm Abstand verlegt wurden. Die Sparren und Aufschieblinge<br />

sind erneuert worden.<br />

Der Dachstuhl des mittleren Gebäudeteiles (2. BA) ist komplett erneuert worden. Aufzeichnungen<br />

aus dem Jahre 1921 weisen darauf hin, daß die ursprüngliche Dachkonstruktion ebenfalls ein<br />

liegender Dachstuhl war. Dieser Hinweis kann durch den Befund eines Drempels auf der Nordseite


des Hauses bestätigt werden. Z. Zt. ist der Dachstuhl als Sparrendach ausgebildet. Das Auflager<br />

wird durch ein dünnes Schwellholz (6 x 25 cm) gebildet.<br />

Der Dachstuhl des ca. 1859 errichteten Erweiterungsbaues besteht aus einer<br />

Sparrendachkonstruktion.<br />

Gunnar Seidel<br />

Heft 23, S. 64<br />

Heft 23, S. 65<br />

Literaturnachweis:<br />

Stadtkernatlas Schleswig-Holstein<br />

Wachholz-Verlag (so!, <strong>für</strong> Wachholtz) Neumünster, 1976<br />

Friedrichstadt, eine Holländergründung zwischen Eider und Treene<br />

Forschungsstelle <strong>für</strong> Siedlungsgestaltung<br />

WKA, Kiel<br />

Kunstdenkmäler des Kreises Schleswig<br />

„Holländische Bauweise in Friedrichstadt“<br />

von Werner Rehder, Altona<br />

in Nordelbingen, Band 1, 1923<br />

Friedrichstadt, eine holländische Gründung zwischen Eider und Treene.<br />

Westholsteinische Verlagsanstalt Boyens + Co,<br />

Heide, 1980<br />

175 alte Ansichten von Friedrichstadt<br />

von Hermann Hansen, Eigenverlag, 1980<br />

Das Bürgerhaus in Schleswig-Holstein<br />

von Friedrich Stender, Wachholtz-Verlag, 1971<br />

Anmerkungen:<br />

1) Werner Rehder:<br />

Holländische Bauweise in Friedrichstadt<br />

in Nordelbingen, Band 1, 1923, S. 195<br />

2) Kunstdenkmäler im Kreis Schleswig, S. 241<br />

3) Dieser Behauptung wurde schon im 9. Mitteilungsblatt unserer <strong>Gesellschaft</strong>, S. 8,<br />

widersprochen.


(Anm. d. Red.: Auch die Benutzung als Kornlager wird bezweifelt. Der Nachweis, daß dort ein<br />

Kornmakler seine Wohnung hatte und Eigentümer des Hauses war, schließt nicht<br />

gleichzeitig die Nutzung als Kornlager ein.<br />

Abb.<br />

Zeichnung.<br />

[zeigt den oberen Teil der Front des Edamer-Hauses - Am Markt 16]<br />

Heft 23, S. 65<br />

Heft 23, S. 66<br />

Friedrichstadt im Jahre 1717<br />

Am Anfang einer Materialsammlung<br />

Frau Hilke Kovacz, geb. Maaßen, stieß bei ihren gelegentlichen Besuchen in Rigsarkivet in<br />

Kopenhagen auf die<br />

„Kopfsteuersetzung in der Friedrichstadt pro ao 1717<br />

nach Ihr. Königl. Maytt. allergnädigsten Ausschreibung<br />

vom 1 ten Febr. d. a.“<br />

Sie sah sich trotz des eher abschreckenden Titels des alten Aktenstückes den Inhalt näher an ... und<br />

fand eine Unmenge von Informationen, die wir gerade <strong>für</strong> jene Zeit nach 1712 bisher so sehr<br />

entbehren mußten.<br />

Gewiß, es handelt sich um eine Steuereintreibung. Sinn und Zweck der Registeranlage war es, dem<br />

König das so dringend benötigte Geld zu beschaffen. Wir sehen uns aber zugleich einem<br />

„Volkszahlregister“ gegenüber, in dem Männer, Frauen, Kinder, Gesellen, Mägde, Mietsleute, ja,<br />

sogar zufällig anwesende Besucher genau, peinlich genau verzeichnet und das danach von einem<br />

Königlichen Kommissar pedantisch kontrolliert wurde.<br />

Die Beauftragten von Bürgermeister und Rat gingen von Haus zu Haus, von Wohnung zu Wohnung<br />

und zählten die Einwohner, die „Köpfe“. Sie waren ortskundig, gaben den Beruf der Betroffenen an,<br />

und der weise Rat fügte ausführliche Vermerke über die steuerliche Leistungsfähigkeit hinzu und<br />

ordnete die Steuerpflichtigen gewissen, in der Königlichen Ausschreibung vorher festgelegten<br />

Klassen zu. Dadurch allein entstand ein aufschlußreiches Register.<br />

Bei der Aufnahme hielten die Zähler eine ganz bestimmte Reihenfolge ein. Mit Hilfe des<br />

Brandkatasters ist es dadurch heute möglich, Eigentümer und Mieter ihren Häusern und Wohnungen<br />

genau zuzuordnen. Die Kirchenbücher der Religionsgemeinschaften geben uns über die Zugehörigkeit<br />

der aufgeführten Personen zu eben diesen Gemeinschaften Aufschluß, bei den Copulationsregistern<br />

auch über die Herkunft der Eheleute und bei den Taufen durch die Namen der Paten möglicherweise<br />

ihre Verwandschaftskreise und nachbarschaftliche oder freundschaftliche Verbundenheit an. Das<br />

Register der Martinischatzung, in dem Bürgermeister und Rat interessanter weise bezüglich der


steuerlichen Leistungsfähigkeit einen weit weniger kritischen Standpunkt einnehmen - wohl weil die<br />

Stadt an<br />

Heft 23, S. 66<br />

Heft 23, S. 67<br />

der Einnahme partizipierte, hilft, das Bild der sozialen Einordnung abzurunden. Für die Armen geben<br />

die Kassenbücher der Diakonie in den Religionsgemeinschaften wertvolle Hinweise. Bei den<br />

Mennoniten sind sogar die Originalbelege erhalten, so daß man in etlichen Fällen sogar die Kleidung<br />

der Bedürftigen rekonstruieren könnte. Die Stadtrechnung im Landesarchiv erhellt mit ihren Listen<br />

z.B. über den „100. Pfennig“ die Grundstücksverkäufe und -belastungen.<br />

Kurz, wir sind in der Lage, über unsere Stadt und ihre Einwohner aus jener Zeit eingehend zu<br />

berichten, wenn ... ja, wenn die Materialsammlung einmal abgeschlossen sein wird. Wir stehen hier<br />

erst ganz am Anfang, und jedes Mitglied ist gefordert, im Rahmen seiner Möglichkeiten mitzuwirken.<br />

Natürlich gibt es schon einige wenige Ergebnisse, über die Einwohnerzahlen vor allen Dingen: eine<br />

Aufgliederung fügen wir bei. Das bisher früheste Ergebnis über die Einwohner gab uns die<br />

Volkszählung von 1769, über die wir im 19. Mitteilungsblatt berichteten; aber da fehlen uns die<br />

Namen, die geschlossen bisher erst aus der Volkszählung von 1803 vorlagen.<br />

Die Zuordnung der Einwohner zu den Wohnungen schreitet voran. Wir sehen bestätigt, daß auch<br />

1717 <strong>für</strong> die verschiedenen Religionsgemeinschaften keine gesonderten Quartiere als Wohngegend<br />

auszuweisen sind. Die Angehörigen der unterschiedlichsten Religionsgemeinschaften wohnten auch<br />

vor 235 Jahren Haus an Haus beieinander und oft auch innerhalb eines Hauses miteinander.<br />

Ein interessantes Bild gibt schon jetzt die Aufgliederung nach Berufen und ihre Verteilung über das<br />

Stadtgebiet. Hätten Sie 21 Höker erwartet neben 26 Krämern und 8 Kaufleuten? 34 ehrbare<br />

Schuhmacher betrieben ihr Gewerbe in der Stadt - neben 9 Einwohnern, die nur die Bezeichnung<br />

Schuhflicker verdienten. Und hätten Sie als Beruf in unserer Stadt einen Torfmesser erwartet, einen<br />

Litzenbruder, Büchsenschmied, Musikanten, Segelmacher oder einen Visitier? 4 Goldschmiede und<br />

2 Zinngießer werden ausgewiesen, 2 (zwei!) Apotheker - beide selbständig - und 3 (drei!)<br />

Nachtwächter, 4 Tobakspinner und 10 selbständige Küper! In 106 Fällen weist das Register die<br />

Gezählten als erwachsene Arme ohne Berufsangabe aus, und es ist zu be<strong>für</strong>chten, daß die 62<br />

Tagelöhner (und Tagelöhnerinnen!) auch nicht sehr weit von der Armut entfernt gewesen sind. Sie<br />

aber mußten die Steuer zahlen.<br />

Einen ersten Eindruck von der im Aufbau befindlichen Materialsammlung mögen Ihnen die beiden<br />

folgenden Seiten vermitteln, wobei wir Sie ausdrücklich darauf hinweisen möchten, daß die Seiten im<br />

Original nicht<br />

Heft 23, S. 67<br />

Heft 23, S. 68<br />

zusammenhängen:<br />

noch: REBOOM, Johann


Injurien nicht an, indem Er durch aufsetzige Begegnung,<br />

durch Fluchen und Drohen, uns als Magistrat hieselbst zu<br />

verunglimpfen, in loco sich nicht gescheuet“<br />

Aus dem Policey-Protokoll vom 4.12.1720, das in holländischer<br />

Sprache geführt wurde, geht hervor, daß bei der<br />

Pfändung<br />

Schout Daniel GOOS und<br />

Deurwarder Johann Claesen van MASEYCK<br />

assistierten und die Pfändung selbst vom Schouten-Diener<br />

ausgeführt wurde.<br />

REBOOM kommt während der Pfändung hinzu, er hatte sich im<br />

Nachbarhaus aufgehalten,<br />

met de vuyst driegende en hart<br />

vloekenden tot drie Reysen<br />

Daer zal ju de Duyvel voor halen<br />

etc.<br />

maer sonder daerop te letten heeft<br />

man still geschwegen, en by aedere met<br />

Executioe verder vervaeren.<br />

So berichtet MAURITIUS<br />

REBOOM hatte bis 1720 offenbar 5 [Reichstaler] bezahlt und sich erst<br />

dann geweigert (?)<br />

347 REDELICH, Christoph L<br />

347<br />

Klasse 5 b<br />

Martinischatzung nichts<br />

Klip-Schulmeister<br />

Juris candidatus<br />

wird Mons. genannt<br />

* in Sachsen<br />

April 1717 mit Ehefrau<br />

und 2 Kindern<br />

Als Kostgänger wohnten bei ihm<br />

Anna BACKERS,<br />

Margaretha KUNIS und<br />

Dirck Pieters van REE<br />

Juli 1717 außer Dirck Pieters 4 Kostgänger und Kinder<br />

vom Lande<br />

Heft 23, S. 68


Heft 23, S. 69<br />

noch: VOLCKERS, Hans<br />

oo 26.10.1707 als Witwer Jfr. Sophie, Tochter des Bürgers<br />

und Färbers Everhardt HENKELS in Friedrichstadt.<br />

Peter EBERHARDT ließ 1709 seine Grabstätte „Bey Lebens<br />

Zeit auff sein Schwager Hans Folqartz nahm bringen“<br />

11.5.1717 ließ er die Grabstätte von Christine, Marcus<br />

VOLQUARTS Wwe auf seinen Namen schreiben. 1751 ließen<br />

sich seine Erben die Grabstätte überschreiben<br />

Schuldete der lutherischen Gemeinde aus einer Besiegelung<br />

seit dem 4.4. 1710 600 [Mark]<br />

[begraben] Ein Kind 13.9.1717<br />

688 VOLCKMANN, Christopher<br />

152<br />

Klasse 4<br />

Martinischatzung 4 [Mark]<br />

Höker<br />

April 1717 mit Ehefrau<br />

und 3 Kindern<br />

sowie 1 Magd<br />

Juli 1717 nur 2 Kinder<br />

oo 9.9.1715 in der Vergadering mit Margareta HINNERS<br />

Kinder: Margreta * 11.6.1716 mittags 12 Uhr<br />

† 1735<br />

Ehefrau † 1737<br />

Geringe Nahrung und Vermögen<br />

War Eigentümer von I. Quartier 129<br />

Prinzeßstraße 39/ Ecke Ostermarktstr.<br />

vorher Johann HAGEN Eckhaus<br />

met de Stall en woning<br />

Brandkassenwert 1500 [Mark]<br />

und von I. Quartier 130 = ledig Erbe<br />

I. Quartier 131 = Wohnung<br />

Hinrich Dau von Bockholdt schreibt als Zusatz zum Quäker-<br />

Protokoll:<br />

Christoffer VOLCKMANN ist von ihnen der Letzte<br />

alhier gewesen und ist gestorben Ao. 1735 und<br />

Seine Frau 1737, Seine einsichste Tochter hat<br />

sich bei denen Menonisten tauffen laßen auch<br />

Q


Heft 23, S. 69<br />

Heft 23, S. 70<br />

einen Menonisten geheurahtet und So hat sich<br />

hier die Quakerei damit geendet.<br />

Für die Zuordnung der Einwohner zu ihren Häusern oder Wohnungen geben wir nachstehend ein<br />

Beispiel von der Ostseite der Prinzeßstraße:<br />

Abb.<br />

Zeichnung, Plan.<br />

[dargestellt werden die Wohn- und Besitzverhältnisse, die Grundstücksgrößen sowie der<br />

Brandkassenwert und die Steuern lt. Martinischatzung im Jahr 1717 der Häuser und Hauseigentümer<br />

an der Ostseite Prinzeßstraße, begrenzt von der Kirchenstraße und der Ostergrabenstraße]<br />

Philipp de VEER Wwe<br />

Baratweberin, Eigent.<br />

mit 3 Kindern<br />

Martie SICKES<br />

ohne Beruf<br />

Mieter<br />

Meyer LEVIN<br />

Hausierer, Mieter<br />

mit Frau und 1 Kind<br />

Arend SCHOISMA<br />

Schneider, Eigent.<br />

mit Frau, 3 Kindern<br />

und 2 Dienstboten<br />

Peter Claesen MAHLER<br />

Ratsverwandter, Eig.<br />

mit Frau, Kind und<br />

1 Dienstboten<br />

Johann HARDER<br />

Schneider, Eigent.<br />

mit Frau, Kind und<br />

3 Dienstboten<br />

Peter DAU<br />

Kornmäkeler, Mieter<br />

mit Frau und 2 Kindern<br />

Qu<br />

M<br />

J<br />

Rem<br />

L<br />

L<br />

L<br />

Prinzeßstraße 27<br />

I. Quartier 107<br />

Prinzeßstraße 27<br />

I. Quartier 107<br />

Prinzeßstraße 25<br />

I. Quartier 106<br />

Prinzeßstraße 23<br />

I. Quartier 105<br />

Prinzeßstraße 21<br />

I. Quartier 104<br />

Prinzeßstraße 21<br />

I. Quartier 103<br />

Prinzeßstraße 19<br />

I. Quartier 102<br />

Brandkassenwert<br />

1200 [Mark]<br />

Brandkassenwert<br />

1200 [Mark]<br />

Brandkassenwert<br />

400 [Mark]<br />

Brandkassenwert<br />

1200 [Mark]<br />

Brandkassenwert<br />

1200 [Mark]<br />

Brandkassenwert<br />

- [Mark]<br />

Martinischatzung<br />

5 [Mark]<br />

Martinischatzung<br />

0<br />

Martinischatzung<br />

1.8 [Mark]<br />

Martinischatzung<br />

1 [Mark]<br />

Martinischatzung<br />

6 [Mark]<br />

Martinischatzung<br />

1.8 [Mark]<br />

Martinischatzung<br />

1 [Mark]<br />

Elisabeth CHRIST Prinzeßstraße 19 Martinischatzung


ohne Beruf, Mieter<br />

Johann MOLDANIUS<br />

Gastgeber, Eigent.<br />

mit Frau und 2 Kindern<br />

und 2 armen Schwester-<br />

kindern<br />

Gasthaus „Zum Prinzen“<br />

Hausmarke: Bremer<br />

Schlüssel<br />

Christopher Paul<br />

OBBARIUS<br />

Balbierer, Eigent.<br />

mit Frau, 5 Kindern<br />

und 1 Gehilfen<br />

L<br />

L<br />

L<br />

I. Quartier 102 0<br />

Prinzeßstraße 17<br />

I. Quartier 101<br />

Prinzeßstraße 15<br />

I. Quartier 100<br />

Brandkassenwert<br />

- [Mark]<br />

Brandkassenwert<br />

1500 [Mark]<br />

Qu = Quäker, M = Mennonit, J = Jude, Rem = Remonstr., L = Lutheraner<br />

Heft 23, S. 70<br />

Heft 23, S. 71<br />

Martinischatzung<br />

3 [Mark]<br />

Martinischatzung<br />

3 [Mark]<br />

Eine <strong>für</strong> 1717 gefertigte Zusammenstellung über die Herkunftsorte der Brautleute, die in der ev.-luth.<br />

Gemeinde getraut wurden, bietet ein überraschendes Ergebnis: von den Männern kamen nur 2, von<br />

den Frauen nur 9 aus Friedrichstadt, und eine Hochzeit, bei der beide Brautleute aus unserer Stadt<br />

kamen, gab es gar nicht!<br />

Ehemann<br />

Herkunftsorte der Brautleute in der ev.-luth.<br />

Gemeinde im Jahre 1717<br />

Ehefrau<br />

Selk FRIEDRICHSTADT<br />

Stockholm Husum<br />

Schwabstedt Schwabstedt<br />

Lunden Heide<br />

Tielen Erfde<br />

Stendal FRIEDRICHSTADT<br />

Bremen Tönning<br />

Brunsbüttel Koldenbüttel<br />

Norderstapel FRIEDRICHSTADT<br />

Husum Nienkirchen<br />

FRIEDRICHSTADT Klein Dannewerk<br />

Itzehoe FRIEDRICHSTADT<br />

Tönning Husum<br />

Danzig Witzwort<br />

Sonderburg FRIEDRICHSTADT<br />

Göschenfehr Schwabstedt<br />

Henstedt Dörpstedt


Nidau/Preußen FRIEDRICHSTADT<br />

FRIEDRICHSTADT Husum<br />

Börm FRIEDRICHSTADT<br />

Eckernförde FRIEDRICHSTADT<br />

Witzwort FRIEDRICHSTADT<br />

Stelle in Dithmarschen Tielen<br />

Bargen Kotzenbüll<br />

Apenrade Seeth<br />

Bei den Remonstranten war das anders. Es wurden 1717 nur 7 Trauungen vollzogen. 5 Männer und<br />

4 Frauen kamen aus Friedrichstadt, in drei Fällen kamen beide Brautleute aus Friedrichstadt, und nur<br />

in einem Fall war keiner der Brautleute <strong>Friedrichstädter</strong>.<br />

Heft 23, S. 71<br />

Heft 23, S. 72<br />

Herkunftsleute der Brautleute in der Remonstranten-<br />

Gemeinde im Jahre 1717<br />

Ehemann<br />

Ehefrau<br />

FRIEDRICHSTADT FRIEDRICHSTADT<br />

FRIEDRICHSTADT FRIEDRICHSTADT<br />

FRIEDRICHSTADT Hamburg<br />

St. Gallen Stargard<br />

FRIEDRICHSTADT Garding<br />

FRIEDRICHSTADT FRIEDRICHSTADT<br />

Hamburg FRIEDRICHSTADT<br />

Werfen Sie einmal einen Blick auf die nachstehende Karte. Sie finden in dem vertrauten Stadtbild mit<br />

dem heutigen Baubestand die Lage der Brauereien aus dem Jahre 1717 eingezeichnet. Eigenartig ist<br />

die Konzentration der Brauereien im III. Quartier mit Schwerpunkt am nördlichen Binnenhafen. Die<br />

kleinen Häuser am Stadtfeld sind wohl nicht mehr als die Wohnstätten von Klein-Brauern gewesen<br />

Abb.<br />

Druck, Stadtplan.<br />

[Kartenauschnitt; aus: Forschungsstelle <strong>für</strong> Siedlungsgestaltung]<br />

Lage der Brauereien 1717<br />

Karteninhalt:<br />

TREENEFELD<br />

FLACHSBLUMENSTRASSE<br />

STADTFELD<br />

KANEELSTRASSE<br />

WESTERSIELZUG<br />

WESTERLILIENSTRASSE


EV. KIRCHE<br />

AM MITTELBURGGRABEN (Nord)<br />

MITTELBURG-GRABEN<br />

AM MITTELBURGGRABEN (Süd)<br />

HOLMERTORSTRASSE<br />

OSTERLILIENSTRASSE<br />

SCHMIEDESTRASSE<br />

OSTERSIELZUG<br />

BINNENHAFEN<br />

AM BINNENHAFEN<br />

WESTERMARKTSTRASSE<br />

WESTERHAFENSTRASSE<br />

NEUE STRASSE<br />

PRINZENSTRASSE<br />

MARKTPLATZ<br />

AM MARKTPLATZ<br />

OSTERMARKTSTRASSE<br />

KIRCHENSTRASSE<br />

PRINZESS-STRASSE<br />

MITTELGRABENSTRASSE<br />

OSTERGRABENSTRASSE<br />

AM FÜRSTENBURGGRABEN<br />

FÜRSTEN-BURGGRABEN<br />

LOHGERBERSTRASSE<br />

REMONSTR. KIRCHE<br />

Heft 23, S. 72<br />

Heft 23, S. 73<br />

(dieser Begriff wird in dem Steuerregister ausdrücklich verwendet), aber wir sollten uns auf eine<br />

solche Auslegung nicht verlassen. Für das kleine Gebäude Am Markt 1 - uns als Spritzenhaus<br />

bekannt - ohne Hof und ohne Stallung weist das Brandkataster überraschend aus: Eckhaus und<br />

Brauerei! Albert Volquards Wwe. Margarethe war Eigentümerin; sie wohnte aber mit einem<br />

Stiefkind, einem Knecht und ihrer Magd am Binnenhafen 18 mitten zwischen den großen Brauereien.<br />

Als Brauer, gelegentlich auch als Brauer und Mälzer, werden uns in dem Steuerregister 18<br />

Personen genannt:<br />

BACK Broder<br />

DAVIDS Jacob, sen.<br />

DAVIDS Jacob, jun.<br />

CLASEN Marten<br />

GOSCH Hans Klein-Brauer<br />

HANSEN Jens<br />

HARLOPS Johann Wwe<br />

HINRICHS Johannes Wwe<br />

HINRICHS Johann jr.<br />

HOLST Johann


JEBENS Claus<br />

MUHL Siewert<br />

OTTO Bartold Jansen<br />

PAULS Claes Wwe<br />

PETERS Johann Wwe<br />

PETERS Johann<br />

TETENS Claes Jacobs<br />

VOLQUARDS Albert Wwe<br />

Nach der Martinischatzung rangierte Broder Back an der Ecke Binnenhafen/Mittelburgwall mit 11<br />

[Mark] vor Jacob Davids sen. an der Ecke Lohgerberstraße/Mittelburgwall mit 9 [Mark].<br />

Übrigens, das <strong>Friedrichstädter</strong> Bier war gut. Selbst die Bergenhusener Gildebrüder ließen, wie Silke<br />

Göttsch in Stapelholmer Volkskultur (S. 84) berichtet, von 1689 bis mindestens 1753 „alle Zeit ohne<br />

jemands Behinderung [Bier] aus Friedrichstadt bringen ...“, wobei doch im Dorf durch den Brauer<br />

Siewert Ick auch Bier gebraut wurde. Wolter Dircks van Ree in Friedrichstadt ließ sich mit dem<br />

Schiffer Jan Siemens 1/2 Tonne Hamburger Bier kommen und der Schiffer Hans Bruhn verzollte<br />

„vor sich selber“ 1/2 Faß Zerbster Bier.<br />

Es mag hier angemerkt werden, daß es 1717 in unserer Stadt neben den eigentlichen Gaststätten<br />

noch 13 (!) „Bierschenker“ gab. Und die Rechnungen der Diakonie der Mennonitengemeinde weist<br />

aus, daß selbst Bedürftige regelmäßig ihr Bier erhielten. „1 Pott gutt Bier“ kostete einen Schilling und<br />

3 Kannen (1 Kanne = 2 Pott = 1,811 Liter) des edlen Gebräus <strong>für</strong> eine fröhliche Runde 6 ß, schon<br />

fast einen halben Tageslohn.<br />

Heft 23, S. 73<br />

Heft 23, S. 74<br />

Bemerkenswert ist es, wie viele schriftliche Zeugnisse von „eigener Hand“ durch die in der<br />

Kopfsteuerliste aufgeführten Personen sich erhalten haben. Sie schrieben holländisch, hochdeutsch<br />

und gelegentlich auch plattdeutsch; einige konnten die Feder flott führen, anderen fiel das Schreiben<br />

mit schwerer Hand sichtlich schwer. Nicht alle konnten lesen und schreiben. Wilhelm Abraham und<br />

andere malten mit Mühe ihre „mark“ auf das Papier und hin und wieder mußte als Unterschrift ein<br />

schlichtes Kreuz X genügen.<br />

Hier sind einige Beispiele:<br />

Inhalt:<br />

Alhier zu Danck<br />

bezahlt gottFried bockholt<br />

Gottfried Bockholt<br />

Johann Ludewig<br />

Fuhrer<br />

Abraham Dunkel=<br />

meyer


Johann Ludewig Fuhrer Abraham Dunckelmeyer<br />

Henderick Tymens<br />

Henderick Tymens<br />

Peter Rohde Glaßer<br />

Peter Rohde, Glaser<br />

Heft 23, S. 74<br />

Heft 23, S. 75<br />

Verschiedene Religionszugehörigkeiten<br />

der Vorfahren eines ev.-luth. Bürgers und seiner rem.-ref. Schwester<br />

Die oberste Reihe (Ur-Ur-Ur-Großeltern) fällt in die Zeit um 1717<br />

Zeichenerklärung: ° = ev.- luth. Die Probanden sind 1873/75 geboren.<br />

� = rem.- ref.<br />

= röm.-kath.<br />

Die Nachkommen der „fremden Religionsverwandten“ blieben in vielen Fällen nicht bei dem<br />

Glaubensbekenntnis ihrer Väter, wie die vorstehende Untersuchung zeigt. Besonders gefährdet<br />

waren in dieser Hinsicht die Mennoniten.<br />

Heft 23, S. 75<br />

Heft 23, S. 76<br />

Ergebnis der Martinischatzung im Jahre 1717<br />

Es wurden veranlagt<br />

x Personen zu y [Mark] ergibt Somit zahlten


3 15 45<br />

5 12 60<br />

2 11 22<br />

1 10 10<br />

8 9 72<br />

4 8 32<br />

4 7.8 30<br />

14 7 98<br />

41 über 6.8 368 die Wohlhabenden<br />

1 6.8 6.8<br />

17 6 102<br />

11 5 55<br />

2 4.8 9<br />

13 4 52<br />

2 3.8 7<br />

40 3 120<br />

10 2.8 25<br />

46 2 92<br />

142 über 1.8 468.8 der Mittelstand<br />

73 1.8 109.8<br />

120 1 120<br />

105 -.12 78.12<br />

298 bis 1.8 308.4 die Ärmeren<br />

3 exemt -<br />

1 Schützenkönig -<br />

4 - 0 die Befreiten<br />

485 1145.12 alle Pflichtigen<br />

Die Martinischatzung gibt die steuerliche Leistungsfähigkeit der Einwohner besser wieder als die<br />

königliche Extrasteuer, die ja eine Kopfsteuer war. Die wirklich armen Leute zahlten natürlich nichts,<br />

das sollte beim Betrachten der obigen Liste mit berücksichtigt werden. Die wirklich Wohlhabenden<br />

finden Sie in der nebenstehenden Liste.<br />

Heft 23, S. 76<br />

Heft 23, S. 77<br />

Die am höchsten besteuerten <strong>Friedrichstädter</strong> Einwohner<br />

bei der Martinischatzung des Jahres 1717<br />

15 [Mark] Nicolaes OVENS M (Mennonit)<br />

Esaias PLOVIER R (Remonstrant)<br />

Jacob von CALIS Wwe R<br />

12 Abraham GOOS M<br />

Johann KOENEN M<br />

Isaac OVENS M<br />

Jacob Claesen van MASEYCK M


Lucas OVENS M<br />

11 Broder BACK L (Lutheraner)<br />

Gerhard von WILDEREN Wwe R<br />

10 Isaac VINKENRAA R<br />

9 Hans SEECK R<br />

Claes DRAAX R<br />

Jacob DAVIDS sen. L<br />

Giesbert TIEMENS M<br />

Giesbert OUTERLOO Qu (Quäker)<br />

Jacob DAVIDS jun. L<br />

Wolter OUTERLOO Qu<br />

Hans BRUHN L<br />

8 Johann OTTO L<br />

Engelbrecht GÜLICHER K (Katholik)<br />

Lorentz GIDON K<br />

Hinrich Adam BONTEKOE Wwe R<br />

7.8 Claes Jacobs TETENS M<br />

Jan Leendert van LOON M<br />

Wessel CARSDORP M<br />

Peter THIESEN Wwe L<br />

7 Anthoni CARSDORP M<br />

Baen PIETERS M<br />

Guilliam SCHAELKENS R<br />

Hinrich JANSEN K<br />

Hinrich van LOTTUM R<br />

Heft 23, S. 77<br />

Heft 23, S. 78<br />

noch Johann HINRICHS L<br />

7 [Mark] Johann REESE L<br />

Johann Jansen OTTO L<br />

Johann HOLST L<br />

Lammert CHRISTOPHER Wwe L<br />

Matthias Jacobs KEMPER K<br />

Paulus Gerrits QUESEN M<br />

Peter WALLIS M<br />

Jürgen MUMM L<br />

Mit einem letzten Beispiel von den Anfängen unserer Materialsammlung soll dieser erste Überblick<br />

abgeschlossen werden. Wir bemühen uns, auch Preise und Löhne zu registrieren. Hierbei helfen uns<br />

die Belege der Stadtrechnung, vor allen Dingen aber die ausführlichen Unterlagen der Mennoniten-


Gemeinderechnung, brauchbares Material zusammenzustellen. Wir sind ganz zuversichtlich, daß es<br />

gelingen wird, auswertbare Unterlagen bereitzuhalten. Das gilt <strong>für</strong> Nahrungsmittel ebenso wie <strong>für</strong><br />

Kleidung, Wohnung, Baumaterialien und Dienstleistungen aller Art vom Lohn <strong>für</strong> Unterricht über das<br />

Arzthonorar bis hin zur Advokatenrechnung.<br />

Ein Tagelöhner z.B. verdiente damals 14 ß. Das ergibt sich klar - wenn auch mit einiger Mühe - aus<br />

der folgenden Abrechnung:<br />

Abb.<br />

Hs.<br />

Inhalt: [gelesen und erläutert durch Karl Michelson]<br />

[Mark]<br />

[Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag<br />

Sonnabend]<br />

Transport – – – – – – # 31. 4<br />

30. 31. 1. 2. 3. 4.<br />

Jürgen Frahm 3/4 1 1 1 – 1 # 4. 4<br />

Marx Sievers 1 3/4 1 1 – 1 # 4. 4<br />

Peter Peters 1 1 1 – – – # 2. 10<br />

Jürgen Hanßen – – 1/2 1 1 1 # 3. 1<br />

Aßmus Janßen ??? 3/4 1 1 1 – 1 # 2. 2<br />

6. 7. 8. 9. 10. 11.<br />

[Erläuterungen:<br />

# = Summe des Verdienstes an den aufgeführten Anwesenheitstagen; 6 Arbeitstage pro Woche;<br />

z. B. Peter Peters:<br />

er arbeitete 3 volle Tage<br />

a 14 ß = 42 ß<br />

42 ß : 16 = 2 Mark 10 ß.]<br />

Heft 23, S. 78<br />

Heft 23, S. 79<br />

ß


Zusammenstellung<br />

der Einwohner von Friedrichstadt im Jahre 1717 nach der durch den<br />

Amtsinspektor Jessen gefertigten Liste des Kopfsteuerregisters<br />

1. Klasse<br />

Charakterisierte, graduierte und dergl. Personen<br />

nebst den Predigern und Schulbedienten<br />

2. Klasse Bürgermeister und Rat nebst dem Stadtsekretario<br />

und den Procureurs<br />

3. Klasse Kauf- und Handelsleute, Apotheker, Wein-, Seiden-,<br />

Laken- und Gewürzhändler, Herbergier, Brauer und<br />

Branntweinbrenner<br />

Männer<br />

13<br />

12<br />

38<br />

Frauen<br />

9<br />

11<br />

43<br />

Kinder<br />

19<br />

22<br />

109<br />

Dienstboten<br />

4 m<br />

14 w<br />

14 m<br />

8 w<br />

52 m<br />

22 w<br />

4. Klasse Handwerker, Bierschenker und andere Bürger, so<br />

eine bürgerliche Nahrung treiben,<br />

a) die voll zur Steuer heranzuziehen sind 102 98 170 84 m<br />

21 w<br />

b) die nicht höher als mit der Hälfte an-<br />

zusetzen sind<br />

79<br />

88<br />

135<br />

39 m<br />

9 w<br />

andere<br />

Personen<br />

5. Klasse Tagelöhner und die ihnen gleichgerechnet werden,<br />

a) die voll zur Steuer heranzuziehen sind 60 55 88 5 m 1 w 209<br />

b) die nicht höher als mit der Hälfte anzusetzen<br />

sind<br />

62 75 113 8 m 1 w 259<br />

- - - Einwohner „in notorischer Armut“<br />

zusammen:<br />

1 w<br />

1 m<br />

2 m<br />

2 w<br />

3 K<br />

1 m<br />

2 w<br />

5 m<br />

8 w<br />

40 113 123 1 m 4 m<br />

2 w<br />

Männer<br />

406<br />

207 13 626<br />

Frauen 492 74 17 583<br />

Kinder 779 3 782<br />

zusammen<br />

Einwohner 1.991<br />

60<br />

68<br />

271<br />

478<br />

363<br />

283


Heft 23, S. 79<br />

Heft 23, S. 80<br />

Hymne an Friedrichstadt<br />

gewidmet von Elfi Sanssouci.<br />

Vor Jahren kam ich einst zu Dir;<br />

am Ufer der Treene hab ich gestanden.<br />

Hier fand ich ein großes Jagdrevier,<br />

um schöne Motive einzufangen.<br />

Wie liegst Du vor mir im Morgenlicht<br />

von Treene und Eider innig umschlungen.<br />

In Dir zu leben - endlich bei Dir zu sein,<br />

ist mir im Alter gelungen.<br />

Blühende Rosenstöcke in ihrer Pracht<br />

noch vor Deinen alten Häusern stehn,<br />

die hölzernen kleinen Brücken<br />

über dunkel verträumte Grachten geh’n.<br />

Lieblich und sehenswert bist Du geblieben.<br />

Dichter haben über Deine Idylle geschrieben.<br />

Du bist begehrt - -<br />

und meine Freunde sagten stets,<br />

Du seiest eine Reise wert!<br />

Du gibst mir Heimat nach jahrelangem Wandern -<br />

meine ruhelose Seele dankt es Dir!<br />

Deine Schönheit mit Pinsel und Palette einzufangen<br />

sei, so lange ich leben darf, in Dir - - -<br />

stets mein Plaisir.<br />

Friedrichstadt<br />

den 6. Juni 1983<br />

Abb.<br />

Hs. [eigenhändiger Namenszug der Autorin und Malerin:] Sanssouci<br />

Kunstmalerin<br />

Heft 23, S. 80<br />

Heft 23, S. 80 a<br />

Abb.<br />

[zeigt ein blaufarb. Aquarell auf Bütten von Elfi Sanssouci; Darstellung der Treene mit Booten]


Heft 23, S. 80 a<br />

Heft 23, S. 81<br />

Quellen zur <strong>Stadtgeschichte</strong><br />

Abb.<br />

Hs.<br />

Das Archiv der Mennonitengemeinde in Friedrichstadt reicht mit den Büchern, Belegen und dem<br />

Schriftwechsel bis zu den Jahren der Stadtgründung zurück. Die Erhaltung der Archivalien ist oft<br />

überraschend gut; die Vollständigkeit ist in den verschiedenen Zeitabschnitten unterschiedlich und<br />

hängt wohl mit der Sorgfalt des jeweiligen Gemeindevorstandes zusammen. Die Kirchensprache war<br />

bis ins 19. Jahrhundert hinein holländisch. Wir zeigen hier eine von Essardus testierte copia translata,<br />

eine Übersetzung vom Deutschen ins Holländische der konfirmierten Privilegien aus dem Jahre 1657.<br />

Inhalt: [gelesen, erläutert und übersetzt durch Karl Michelson]<br />

off anders haar Domicilium |: Huishoudinge :|<br />

van daer in de Frederickstad niet foeghlyck<br />

transfereeren |: voorsetten :| connen, dese gemeende,<br />

overmits daerom by ons gelyckerwyse onder=<br />

danigh versoeck geschied is, vertoont hebben,<br />

dat se tot Eydes Leistinge niet gedwongen,<br />

oock niet met eenigen munere publico offte ge=<br />

meinden ampt beleght, weiniger tot wacht<br />

ende Defension, die met weer ende wapen geschieden,<br />

opgedoden noch genoodight, besonderen als van<br />

anderen, deren religio de Eydschweeringe niet<br />

entegen purgationes judiciales malitiæ, calumniæ,<br />

suiveringe voort gerechte van boosgen offte Appel=<br />

lationis juramenta, Eiden van Apellatio geleistet<br />

worden moeten, Sy lieden met haeren oprechten<br />

Ja ende Neen gehoort ende daerboven niet beswaert<br />

werden sullen, docht dat die gene, die pernamals<br />

bevonden worden, dat haer Ja off Neen onrichtigh,<br />

die straffe die op de Meeneidge gesettet, uyt<br />

staen ende van hun de geene die vermeinen, dat se<br />

met goeden geweten sweeren, in officio publico :| in<br />

[Übersetzung:<br />

und anderswo ihren Wohnsitz [Haushalt]<br />

von dort nach Friedrichstadt füglich nicht<br />

überführen, vorsitzen können, diese Gemeinden<br />

dieweil bei uns gleicherweise untertänig<br />

versucht haben, beantragt haben,<br />

daß sie zur Eidesleistung nicht gezwungen<br />

auch nicht mit einigem öffentlichen Bekräftigungen [wenn es munire statt munere heißt]<br />

oder Gemeindeamt belegt, ebenso wenig zur Wache


oder Verteidigung, die mit Wehr und Waffen geschieht,<br />

aufgeboten noch genötigt werden, besonders von<br />

anderen, deren Religion das Eideschwören nicht<br />

gegen Reinigung rechtlicher Vergehen, Verleumdungen,<br />

Säuberung zum Gerechten vom Bösen und<br />

gerichtliche Berufung, gerichtliche Eide geleistet<br />

werden müssen. Sie sollen mit ihrem aufrechten<br />

Ja und Nein gehört und dadurch nicht benachteiligt<br />

werden sollen, aber daß diejenigen, die schuldig<br />

befunden werden, daß ihr Ja oder Nein unrichtig ist,<br />

die Strafe, die <strong>für</strong> Meineid ausgesetzt ist, erleiden<br />

sollen und von denjenigen unter ihnen, die meinen, daß sie<br />

mit gutem Gewissen schwören, in öffentlichen Ämtern, in<br />

Karl Michelson schreibt dazu: „Vergleiche aber hierzu Stadtrecht in CSS, S. 587 f.<br />

Dort ist der deutsche Text anders. Vielleicht ist es dort richtiger - und die Übersetzung<br />

ins holländische von Essardus und meine Rück-Rück-Übersetzung holperig. Vielleicht genügt es, bei<br />

Ihnen nur auf die Textstelle in CSS hinzuweisen.“ - Ich meine: nein!]<br />

Heft 23, S. 81<br />

Heft 23, S. 82<br />

Abb.<br />

Zeichnung und Hs.<br />

[zeigt die Marktpumpe]<br />

Inschrift:<br />

[Signum:]<br />

Bleistiftzeichnung<br />

Gesa Harder, R 10<br />

Heft 23, S. 82<br />

Heft 23, S. 83<br />

FRIEDRICHSTADT - Bevölkerungsgeographische Entwicklung.<br />

1. Bevölkerungsbestand und -dichte<br />

Am 1.4.1979 zählte die Wohnbevölkerung der Stadt Friedrichstadt 2.694 Einwohner gegenüber der<br />

Volkszählung 1970 mit 3.079. Trotz Eingliederungen von Teilen der Gemeinden Drage, Koldenbüttel<br />

und Seeth ist ein Verlust von 385 Einwohnern oder 11,5 % zu<br />

verzeichnen. 1)


Die Wohnbevölkerung des Amtes Friedrichstadt hat sich im gleichen Zeitraum um 246 Personen<br />

oder 4 % verringert, da alle Gemeinden des Amtes außer Seeth Bevölkerungsverluste hinzunehmen<br />

hatten. 2)<br />

Wie erschreckend die Bevölkerungsverluste im Vergleich zum Wachstum der Umgebung ist, zeigt<br />

folgender Vergleich. Ausgehend vom Bevölkerungsbestand und den Gemeindegrenzen von 1970<br />

müßte Friedrichstadt 1979, bei Zugrundelegung der durchschnittlichen Bevölkerungsentwicklung des<br />

Kreises, 68 Einwohner mehr aufweisen. Entsprechende Zahl <strong>für</strong> das Amt wäre 134 Personen mehr<br />

im Vergleich zum Kreis. 3)<br />

Die Einwohnerdichte der Stadt Friedrichstadt betrug 1979 2.056 Einw./qkm, 1970 noch 2.350<br />

Einw./qkm, bedingt durch die Vergrößerung des Areals durch Landabtretungen der<br />

Nachbargemeinden. 4)<br />

Der Einwohnerdichtewert ist hier von der historisch bedingten Fläche abhängig und deshalb kein<br />

objektiver Maßstab <strong>für</strong> vorhandene städtische Strukturen und unbrauchbar zum Vergleich der<br />

ländlich geprägten Nachbargemeinden.<br />

Die Bevölkerungsdichte läßt ein altes Problem Friedrichstadts erkennen. Die engen Stadtgrenzen<br />

verhindern eine Erhöhung der Wohnbevölkerung innerhalb der Stadt, so daß zuziehende<br />

Bevölkerung, wegen Baulandmangel, in die Nachbargemeinden ausweichen muß.<br />

_________________<br />

1), 2), 3), 4): Nordfriesland Chronik 1980,<br />

Gemeindestatistik Schl.-Holst. 1970 T. 2, Bevölkerung und Erwerbstätigkeit<br />

Heft 23, S. 83<br />

Heft 23, S. 84<br />

2. Bevölkerungsentwicklung<br />

Die Bevölkerungsentwicklung einer Region ist eng mit dem wirtschaftlichen Wachstum verbunden.<br />

So sind die absoluten Einwohnerzahlen <strong>für</strong> diesen Überblick am besten geeignet. Sie sind der<br />

„einfachste und allgemeinste Index <strong>für</strong> die Entwicklung der Stadt.“ 1)<br />

Die Darstellung der Bevölkerungsentwicklung beginnt mit dem Jahr 1840, betrachte dazu Diagramm<br />

1. „Zu jener Zeit waren die meisten Kleinstädte vom allgemeinen Städtewachstum noch nicht oder<br />

nur in geringem Maße erfaßt. 2) Außerdem steht aus früherer Zeit kein Zahlenmaterial zur Verfügung.<br />

Aus Tabelle 2 wird ersichtlich, daß der Zeitraum von 1840 bis 1910 zum einen durch sehr langsamen<br />

Bevölkerungsanstieg gekennzeichnet war, der dazu nur minimal war, nämlich 362 Personen in 70<br />

Jahren oder 16 % betrug. Zum anderen verursachte die Zerstörung der Stadt im schleswigholsteinisch-dänischen<br />

Krieg 1848/50 einen tiefen Einschnitt. Die Abwanderungsbewegung wurde<br />

erst nach 1870 aufgefangen, und die Einwohnerzahl stieg langsam um 448 Personen oder 17 % in 39<br />

Jahren. 3)<br />

Im zweiten Zeitraum 1910 bis 1939, also die Zeit vor dem ersten Weltkrieg bis zum zweiten<br />

Weltkrieg, wurde durch permanenten Bevölkerungsrückgang charakterisiert. Die Einwohnerzahl


sank um 440 Personen oder 17 %. Ursachen waren hier<strong>für</strong> zum einen das Eingehen mehrerer<br />

Industriebetriebe und damit verbunden Arbeitsplätzemangel, zum zweiten die verheerenden<br />

Kriegsfolgen. 4)<br />

________________<br />

1) vergl. E. Grötzbach S. 31, 1963<br />

2) vergl. E. Grötzbach S. 31, 1963<br />

3) unveröffentlichtes Zahlenmaterial des Amtes Friedrichstadt<br />

4) dasselbe<br />

Heft 23, S. 84<br />

Heft 23, S. 85<br />

Tab. 2: Bevölkerungsentwicklung 1840-1939<br />

Jahr<br />

1840<br />

1845<br />

1855<br />

1860<br />

1864<br />

1871<br />

1885<br />

1895<br />

1900<br />

1905<br />

1910<br />

1919<br />

1925<br />

1933<br />

1939<br />

Bevölkerung<br />

2272<br />

2467<br />

2449<br />

2347<br />

2242<br />

2186<br />

2515<br />

2480<br />

2401<br />

2662<br />

2634<br />

2450<br />

2353<br />

2294<br />

2194<br />

Quelle: unveröffentlichtes Zahlenmaterial des Amtes Friedrichstadt<br />

Nach dem zweiten Weltkrieg erfolgte ein rapides Ansteigen der Wohnbevölkerung durch das<br />

Einströmen der Heimatvertriebenen. Von 1939 bis 1946 erhöhte sich die Einwohnerzahl um 1.454<br />

Personen oder 66 % in nur 7 Jahren, siehe auch Tabelle 3. Bei den geringen wirtschaftlichen<br />

Aktivitäten, die die Stadt aufzuweisen hatte, war es unmöglich, alle Flüchtlinge und Vertriebene<br />

einzugliedern. Daneben reichte der Wohnraum nicht aus, so daß seit 1950 eine starke Abwanderung<br />

zu verzeichnen ist, die vor allem erwerbsfähige Bevölkerung betrifft. 1)<br />

Der leichte Bevölkerungsanstieg 1967 ist darauf zurückzuführen, daß Bundeswehrangehörige der<br />

Garnison in Seeth in der Bundeswehrsiedlung im Osten der Stadt angesiedelt wurden.<br />

Die Tendenz der letzten zwei Jahre läßt hoffen, daß die Einwohnerzahlen in den nächsten Jahren<br />

wieder steigen.<br />

_____________


1) unveröffentlichtes Zahlenmaterial der Stadt Friedrichstadt<br />

Heft 23, S. 85<br />

Heft 23, S. 86<br />

Tab. 3: Bevölkerungsentwicklung 1939-1979<br />

Jahr<br />

1939<br />

1946<br />

1950<br />

1955<br />

1956<br />

1957<br />

1960<br />

1961<br />

1962<br />

1963<br />

1964<br />

1965<br />

1966<br />

1967<br />

1968<br />

1969<br />

1970<br />

1971<br />

1972<br />

1973<br />

1974<br />

1975<br />

1976<br />

1977<br />

1978<br />

1979<br />

Bevölkerung<br />

2194<br />

3648<br />

3618<br />

3109<br />

3104<br />

3009<br />

2880<br />

2992<br />

2955<br />

2899<br />

2819<br />

2772<br />

3134<br />

3235<br />

3184<br />

3134<br />

3079<br />

3027<br />

2964<br />

2914<br />

2962<br />

2859<br />

2783<br />

2739<br />

2695<br />

2716<br />

Quelle: unveröffentlichtes Zahlenmaterial des Amtes Friedrichstadt und des Statistischen<br />

Landesamtes Kiel<br />

Die Bevölkerungsentwicklung ist maßgebend durch die natürliche Bevölkerungsbewegung, d.h.<br />

Änderungen durch Geburten und Sterbefälle, und die räumliche Bevölkerungsbewegung, d.h. Ein-<br />

und Auswanderungen, gekennzeichnet. Diese Faktoren bestimmen ein Bevölkerungswachstum oder<br />

eine Bevölkerungsverminderung. Daher werden diese Aspekte im Folgenden genau untersucht.<br />

Heft 23, S. 86<br />

Heft 23, S. 87<br />

Abb.


Diagramm.<br />

Inhalt:<br />

Diagramm 1<br />

Bevölkerungsentwicklung 1840-1979<br />

Quelle: Amt Friedrichstadt<br />

[zeigt Anzahl der Personen in den Jahren 1840, 1850, 1860, 1870, 1880, 1890, 1900, 1910, 1920,<br />

1930, 1940, 1950, 1960, 1970, 1980]<br />

Heft 23, S. 87<br />

Heft 23, S. 88<br />

2.1. Natürliche Bevölkerungsbewegung<br />

Die natürliche Bevölkerungsbewegung wird einerseits durch die Zahl der Geborenen und<br />

andererseits durch die Zahl der Gestorbenen bestimmt. Neben den absoluten Zahlen der<br />

Lebendgeborenen ist auch die Geburtenziffer von großer Wichtigkeit. „Sie gibt die Zahl der innerhalb<br />

eines bestimmten Zeitraums Geborenen auf 1000 der mittleren Bevölkerung dieses Zeitraums an.“ 1)<br />

Hierbei wird die Größe einer Bevölkerung unbedeutend und ein Vergleich verschiedener Räume<br />

optimal möglich.<br />

Das gleiche gilt <strong>für</strong> die später zu betrachtende Sterbeziffer, „die Zahl der Sterbefälle innerhalb eines<br />

Jahres bezogen auf 1000 der mittleren Bevölkerung.“ 2)<br />

Bei der Geburten- wie bei der Sterbeziffer treten spezifische Merkmale des Altersaufbaus der<br />

Bevölkerung besonders deutlich hervor.<br />

Betrachtet man nun Diagramm 2 und Tabelle 4, so lagen die jährlichen Geburten in den Jahren 1960<br />

bis 1979 zwischen 19 und 78, mit einer Geburtenziffer von 7 ‰ und 24,1 ‰. Seit dem Maximum im<br />

Jahr 1967 erfolgte eine ständige Abnahme, die 1978 den niedrigsten Wert erfuhr. 1979 erfolgte ein<br />

leichter Anstieg auf 25 Geburten mit einer Geburtenziffer von 9 ‰. 3)<br />

Betrachtet man die Geburtenziffern der Tabelle 5, so liegt Friedrichstadt weit über den<br />

Vergleichsgebieten und schneidet mit 19,8 ‰ gut ab.<br />

__________________<br />

1) vergl. P. Pulte S. 49, 1972<br />

2) vergl. P. Pulte S. 51<br />

3) unveröffentlichtes Zahlenmaterial des Statistischen Landesamtes Kiel<br />

Heft 23, S. 88<br />

Heft 23, S. 89<br />

Abb.<br />

Diagramm.


Inhalt:<br />

Diagramm 2<br />

Lebendgeborene je 1000 Einwohner<br />

Gestorbene je 1000 Einw.<br />

Überschuß der Geborenen<br />

Überschuß der Gestorbenen<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Kiel<br />

[zeigt die Entwicklung der Jahre 1960, 1961, 1962, 1963, 1964, 1965, 1966, 1967, 1968, 1969,<br />

1970, 1971, 1972, 1973, 1974, 1975, 1976, 1977, 1978, 1979]<br />

Heft 23, S. 89<br />

Heft 23, S. 90<br />

Tab. 4: Geburten und Sterbefälle 1960-1979 in absoluten Zahlenangaben<br />

Jahr<br />

1960<br />

1961<br />

1962<br />

1963<br />

1964<br />

1965<br />

1966<br />

1967<br />

1968<br />

1969<br />

1970<br />

1971<br />

1972<br />

1973<br />

1974<br />

1975<br />

1976<br />

1977<br />

1978<br />

1979<br />

Geburten<br />

50<br />

51<br />

50<br />

56<br />

57<br />

54<br />

77<br />

78<br />

60<br />

56<br />

61<br />

49<br />

36<br />

32<br />

37<br />

20<br />

30<br />

27<br />

19<br />

25<br />

Sterbefälle<br />

37<br />

39<br />

41<br />

32<br />

38<br />

44<br />

39<br />

43<br />

41<br />

48<br />

49<br />

28<br />

52<br />

38<br />

41<br />

49<br />

32<br />

35<br />

35<br />

41<br />

Quelle: unveröffentlichtes Zahlenmaterial des Statistischen Landesamtes Kiel<br />

Die Zahl der jährlichen Sterbefälle zeigt laut Diagramm 2 und Tabelle 4 starke Schwankungen. In<br />

dem Zeitraum 1960 bis 1979 starben 28 bis maximal 52 Personen jährlich, und die Sterbeziffer lag<br />

dementsprechend zwischen 9 ‰ und 17,5 ‰.


Die Sterbeziffer erreichte 1972 ihr Maximum. Dieser hohe Wert bewirkte, daß 1972 zum ersten Mal<br />

ein Sterbeüberschuß auftrat, der bis heute anhält.<br />

Tabelle 5 zeigt ebenfalls, daß Friedrichstadt neben der höchsten Geburtenziffer auch die höchste<br />

Sterbeziffer aufweist. Diese Tatsache ist zum einen auf Verschiebungen in der Altersstruktur der<br />

Bevölkerung und zum anderen auf Änderungen des generativen Verhaltens zurückzuführen.<br />

Heft 23, S. 90<br />

Heft 23, S. 91<br />

Tab. 5: Geburten- und Sterbeziffern 1970<br />

Gesamtbevölkerung Geburten Geburten- Sterbefälle Sterbe- Geburten- bzw.<br />

ziffer<br />

ziffer Sterbeüberschuß<br />

absolut ‰ absolut ‰ absolut ‰<br />

Friedrichstadt 3.079 61 19,8 49 15,9 + 13 + 3,9<br />

Amt Frie’stadt 6.222 113 18,2 91 14,6 + 32 + 3,6<br />

Kreis NF 156.415 2.410 15,4 1.858 11,9 + 552 + 3,5<br />

Schl.-Holst. 2.494.104 40.381 16,2 32.468 13,0 + 7.913 + 3,2<br />

BRD 60.650.600 810.768 13,4 734.692 12,1 + 76.076 + 1,3<br />

Quelle: Gemeindestatistik Schleswig-Holstein 1970, T. 2,<br />

Statistisches Jahrbuch Schleswig-Holstein 1971<br />

Statistisches Jahrbuch BRD 1971, 1972<br />

Heft 23, S. 91<br />

Heft 23, S. 92<br />

2.2. Räumliche Bevölkerungsentwicklung<br />

Von 1960 bis 1977 hatte Friedrichstadt ein negatives Wanderungssaldo aufzuweisen. Es kann<br />

deshalb eindeutig als Abwanderungsgebiet bezeichnet werden. Die Fortzüge bewegten sich zwischen<br />

182 und 307 Personen. Dem gegenüber standen 122 bis 343 Zuzüge, die das entstandene Defizit<br />

nicht ausgleichen konnten. Vergleiche dazu auch Tabelle 6.<br />

Tab. 6: Zu - und Fortzüge in Friedrichstadt<br />

1960-1979 in absoluten Zahlenangaben<br />

Jahr<br />

1960<br />

1961<br />

1962<br />

1963<br />

1964<br />

1965<br />

1966<br />

Zuzüge<br />

217<br />

145<br />

196<br />

132<br />

136<br />

143<br />

185<br />

Fortzüge<br />

254<br />

200<br />

242<br />

212<br />

235<br />

200<br />

230


1967<br />

1968<br />

1969<br />

1970<br />

1971<br />

1972<br />

1973<br />

1974<br />

1975<br />

1976<br />

1977<br />

1978<br />

1979<br />

343<br />

204<br />

249<br />

249<br />

222<br />

259<br />

222<br />

122<br />

154<br />

184<br />

146<br />

167<br />

203<br />

235<br />

274<br />

307<br />

282<br />

291<br />

306<br />

265<br />

271<br />

228<br />

258<br />

182<br />

145<br />

172<br />

Quelle: unveröffentlichtes Zahlenmaterial des Statistischen Landesamtes Kiel<br />

Heft 23, S. 92<br />

Heft 23, S. 93<br />

Einzige Ausnahme dieses Zeitraumes war das Jahr 1967 mit 343 Zuzügen und 235 Fortzügen,<br />

bedingt durch die Ansiedlung von Bundeswehrangehörigen im Stadtgebiet. Insgesamt hatte die Stadt<br />

von 1960 bis 1979 einen Verlust von 638 Bürgern zu verzeichnen.<br />

Seit 1978 traten jedoch positive Wanderungssalden auf, wenn auch gering, so bewirkten sie einen<br />

Zugewinn von 22 Personen 1978 und 31 Personen 1979.<br />

Echte Zuwanderer, also nicht in Friedrichstadt Geborene, sind ungefähr zwei Drittel der<br />

Wohnbevölkerung. Vor 1965 kamen 20 % der Zuzüge aus der näheren Umgebung Friedrichstadts,<br />

40 % aus dem übrigen Schleswig-Holstein und 25 % aus ehemaligen deutschen Ostgebieten und der<br />

DDR. Da nach 1965 die Zuzüge aus den Ostgebieten bedeutungslos wurden, verschoben sich die<br />

Zuwanderungen folgendermaßen:<br />

und dem Ausland. 1)<br />

30 % kamen aus der näheren Umgebung,<br />

50 % aus dem übrigen Schleswig-Holstein,<br />

20 % aus der sonstigen Bundesrepublik<br />

Tabelle 7 zeigt übersichtlich, daß Friedrichstadt und auch das Amt Friedrichstadt 1970 eindeutige<br />

Abwanderungsgebiete innerhalb des Kreises, des Landes und der Bundesrepublik sind.<br />

Zusammenfassend kann mit Unterstützung des Diagramms 3 gesagt werden, daß Friedrichstadt ein<br />

von Bevölkerungsverlusten geprägtes Gebiet ist. Seit 1960 ist eine ständige Bevölkerungsabnahme<br />

zu verzeichnen. Erwähnte Ausnahme ist das Jahr 1967 mit der Ansiedlung von<br />

Bundeswehrangehörigen. Seit 1975 läßt das Bevölkerungsdefizit leicht nach, was aber nicht auf einen<br />

Geburtenüberschuß sondern auf geringere Verluste innerhalb der Wanderungen zurückzuführen ist.<br />

Besonders erfreulich sind dabei die positiven Wanderungssalden der letzten beiden Jahre. Es bleibt


zu hoffen, daß eine Stagnation der Bevölkerungszahl, bestenfalls ein minimaler Anstieg der<br />

Einwohnerzahl eintreten wird.<br />

________________<br />

1) vergl. BIG, 1973, S. 14<br />

Heft 23, S. 93<br />

Heft 23, S. 94<br />

Tab. 7: Wanderungen 1970<br />

Gesamtbevölkerung Zuzüge Fortzüge Veränderungen<br />

absolut % absolut % absolut %<br />

Friedrichstadt 3.079 249 8,1 282 9,2 - 33 - 1,1<br />

Amt Frie’stadt 6.222 510 8,2 545 8,8 - 35 - 0,6<br />

Kreis NF 156.415 17.404 11,1 15.321 9,9 + 2.085 + 1,2<br />

Schl.-Holst. 2.494.104 20.921 0,8 9.623 0,4 + 11.298 + 0,4<br />

BRD 60.650.600 1.072.442 1,8 498.397 0,8 + 574.045 + 1,0<br />

Quelle: Gemeindestatistik Schleswig-Holstein 197/, T. 2,<br />

Statistisches Jahrbuch Schleswig-Holstein 1971<br />

Statistisches Jahrbuch BRD 1971<br />

Heft 23, S. 94<br />

Heft 23, S. 95<br />

Abb.<br />

Diagramm.<br />

Inhalt:<br />

Diagramm 3<br />

Bevölkerungszunahme (+) bzw. -abnahme (-)<br />

Quelle: unveröffentlichtes Zahlenmaterial des Amtes Friedrichstadt<br />

[zeigt Anzahl der Personen in den Jahren 1960, 1965, 1970, 1975, 1980]<br />

Heft 23, S. 95<br />

Heft 23, S. 96<br />

3. Gliederung der Bevölkerung nach Geschlecht, Familienstand und Alter<br />

Um einen genaueren Überblick von der Zusammensetzung der Bevölkerung in Friedrichstadt zu<br />

erhalten, soll zunächst die Betrachtung der Geschlechterverteilung erfolgen.


1970 waren von den 3.079 Einwohnern der Stadt 1.625 weiblichen Geschlechts. Das bedeutet<br />

einen geringen Frauenüberschuß von 5,6 % im Vergleich zum Anteil der männlichen Bevölkerung<br />

von 1.454. 1) 1979 lagen nur unwesentliche Veränderungen vor. Die Unterschiede zu den<br />

Vergleichsgebieten, dem Amt, dem Kreis und dem Land, sind ebenfalls unbedeutend.<br />

Die Aufgliederung der Bevölkerung nach dem Familienstand zeigt nur geringe Abweichungen zu den<br />

Durchschnittswerten der Vergleichsgebiete, siehe folgende Tabelle.<br />

Tab. 8: Bevölkerung nach dem Familienstand 1970<br />

in %<br />

ledig verhei- verwit- ge<br />

ratet wet schieden<br />

Frie’stadt 39,4 49,0 9,2 2,4<br />

Amt Frie. 42,2 42,2 8,6 0,7<br />

Nordfries. 43,0 46,9 8,4 1,6<br />

Schl.-Hol. 39,0 49,6 9,3 2,1<br />

BRD 39,6 49,9 8,6 1,9<br />

Quelle: Gemeindestatistik Schl.-Holst. 1970, T. 2,<br />

Statistisches Jahrbuch Schl.-Holst. 1971,<br />

Statistisches Jahrbuch der BRD 1972<br />

So ist sowohl durch den Anteil der weiblichen Bevölkerung als auch durch den Familienstand der<br />

Einwohner keine auffälligen Auswirkungen auf das Arbeitskräftepotential zu erwarten.<br />

_______________<br />

1) Gemeindestatistik Schl.-Holst. 1970, T.2<br />

Heft 23, S. 96<br />

Heft 23, S. 97<br />

Die Zusammensetzung der <strong>Friedrichstädter</strong> Bevölkerung nach dem Alter weist in den letzten Jahren<br />

folgende Veränderungen auf, vergleiche dazu Tabelle 9.<br />

Die Gruppe der Kinder bis zu 6 Jahren vergrößerte sich um 2,6 %. Der Anteil der Gruppe, der sich<br />

vorwiegend in der Ausbildung befindlichen Personen von 6 bis unter 21 Jahren verringerte sich<br />

jedoch um 1,8 %. Tabelle 9 zeigt ebenfalls, daß der soziale Tragkörper an der Gesamtbevölkerung<br />

die größten Verluste zu verzeichnen hat. Der Anteil der Erwerbsfähigen, 15 bis unter 65 Jahren, fiel<br />

um 4,9 % von 63 % auf 58,1 %. Der Anstieg der Gruppe über 65jähriger von 0,7 % ist<br />

verschwindend gering. 1)<br />

Daß sich die Zahl der Kinder und Jugendlichen bis 1970 vergrößert hat, verdeutlicht auch die<br />

durchschnittliche Haushaltsgröße. Der Bundesdurchschnitt lag 1970 bei 2,7 Pers./Haush., in<br />

Friedrichstadt jedoch darüber bei 2,9. 2) Dieser Wert lag unwesentlich höher als 1961.<br />

In der Altersstruktur weist Friedrichstadt zu den Vergleichsgebieten wesentliche Unterschiede auf,<br />

wie aus Tabelle 10 ersichtlich wird.


Der Anteil der Kinder bis 15 Jahren betrug 1970 26,7 % in Friedrichstadt und lag damit weit über<br />

den Werten Schleswig-Holsteins, 21 %, und dem der Bundesrepublik, 23,2 %. Zweitens liegt der<br />

Anteil der vollerwerbsfähigen Personen in Friedrichstadt 1970 nur bei 51,4 %, im Land aber bei<br />

56,7 %. 3) Daraus ergibt sich ein rechnerischer Fehlbestand an vollerwerbsfähiger Bevölkerung von<br />

160 Personen in Friedrichstadt.<br />

_______________<br />

1) Gemeindestatistik Schl.-Holst. 1970, T. 2,<br />

Gemeindestatistik Schl.-Holst. 1960/61, T. 1,<br />

2) Gemeindestatistik Schl.-Holst. 1970, T. 2,<br />

Statistisches Jahrbuch der BRD 1972,<br />

3) Gemeindestatistik Schl.-Holst. 1970, T. 2,<br />

Statistisches Jahrbuch Schl.-Holst. 1971,<br />

Statistisches Jahrbuch der BRD 1972<br />

Heft 23, S. 97<br />

Heft 23, S. 98<br />

Tab. 9 Altersstruktur der Wohnbevölkerung Friedrichstadts 1961 und 1970<br />

Alter von .. Bevölkerungsfortschreibung<br />

bis unter .. 16.6.1961 25.5.1970<br />

Veränderung<br />

x Jahre<br />

Einwohner<br />

absolut % absolut % absolut %<br />

unter 6 284 9,4 371 12,0 + 87 + 2,6<br />

6 - 15 393 13,1 453 14,7 + 60 + 1,6<br />

15 - 21 302 10,1 208 6,7 - 94 - 3,4<br />

21 - 45 789 26,2 915 29,8 + 126 + 3,6<br />

45 - 65 804 26,7 664 21,6 - 140 - 5,1<br />

über 65 438 14,5 468 15,2 + 30 + 0,7<br />

zusammen 3.011 100,0 3.079 100,0 + 68 -<br />

Quelle: Gemeindestatistik Schleswig-Holstein 1960/61, T. 1<br />

Gemeindestatistik Schleswig-Holstein 1971, T. 2<br />

Tabelle 10 Altersstruktur der Wohnbevölkerung 1970 in von Hundert<br />

Friedrichstadt<br />

Amt<br />

Friedrichstadt<br />

Kreis<br />

Nordfriesland<br />

bis 6 6 - 15 15 - 21 21 - 45 45 - 65 über 65<br />

12,0 14,7 6,7 29,8 21,6 15,2<br />

11,6<br />

11,5<br />

15,5<br />

15,4<br />

7,4<br />

8,8<br />

19,4<br />

30,5<br />

20,8<br />

20,5<br />

15,3<br />

13,4


Land<br />

Schleswig-Holstein<br />

Bundesrepublik<br />

Deutschland<br />

8,8<br />

9,5<br />

12,2<br />

13,7<br />

9,2<br />

7,9<br />

Quelle: Gemeindestatistik Schleswig-Holstein 1970, T. 2<br />

Statistisches Jahrbuch Schleswig-Holstein 1971<br />

Statistisches Jahrbuch BRD 1972<br />

Heft 23, S. 98<br />

Heft 23, S. 99<br />

4. Sozioökonomische Gliederung der Bevölkerung<br />

4.1. Sozialstruktur<br />

„Läßt die Bevölkerungsentwicklung gewisse Schlüsse auf die soziologische Struktur eines Ortes zu,<br />

so vermittelt die Bevölkerungsstruktur einen ersten Einblick in die Wirtschaftsverfassung, denn das<br />

wirtschaftliche Gefüge eines Ortes ist weitgehend bestimmend <strong>für</strong> die Gliederung und Schichtung<br />

seiner Einwohner in wirtschaftlicher, beruflicher und schließlich auch sozialer und gesellschaftlicher<br />

Hinsicht.“ 1)<br />

Bei der Gliederung der Erwerbspersonen nach ihrer Stellung im Beruf wird die Unterscheidung in<br />

Selbständige, mithelfende Angehörige, Beamte, Angestellte und Arbeiter getroffen.<br />

30,5<br />

33,0<br />

26,2<br />

22,7<br />

Tab. 11: Erwerbspersonen am Wohnort nach ihrer Stellung im Beruf am 27.5.1970<br />

Selbständige<br />

Mithelfende Familienangehörige<br />

Beamte<br />

Angestellte<br />

Arbeiter<br />

Insgesamt % männlich %<br />

161<br />

63<br />

181<br />

295<br />

375<br />

15<br />

5,9<br />

16,8<br />

27,4<br />

34,9<br />

133<br />

7<br />

164<br />

152<br />

299<br />

Quelle: Gemeindestatistik Schl.-Holst. 1970, T.2, Bevölkerung und Erwerbstätigkeit<br />

82,6<br />

11,1<br />

90,6<br />

51,6<br />

79,7<br />

Anhand der Tabelle 11 ist bereits deutlich zu erkennen, daß Friedrichstadt nur eine geringe<br />

Industrialisierung vorweisen kann, der Anteil der Arbeiter lag 1970 bei nur einem Drittel der<br />

Erwerbspersonen.<br />

______________<br />

1) vergl. Killisch, 1970, S. 19<br />

Heft 23, S. 99<br />

Heft 23, S. 100<br />

13,1<br />

13,2


Tab. 12: Erwerbspersonen nach der Stellung im Beruf 1970<br />

Friedrichstadt<br />

Amt Frie’stadt<br />

Kreis NF<br />

Schl.-Holst.<br />

BRD<br />

Von den Erwerbspersonen sind nach der Stellung im Beruf<br />

Selbständige mithelfende Beamte und Arbeiter<br />

Familienmitglieder<br />

in %<br />

Angestellte<br />

15<br />

5,9<br />

44,2<br />

34,9<br />

18,5<br />

12,4<br />

35,2<br />

33,8<br />

17<br />

11<br />

37,5<br />

34,5<br />

10,7<br />

6,1<br />

42,7<br />

40,5<br />

10,7<br />

6,9<br />

35,1<br />

47,4<br />

Quelle: Gemeindestatistik Schleswig-Holstein 1970, T. 2,<br />

Statistisches Jahrbuch Schleswig-Holstein 1971,<br />

Statistisches Jahrbuch BRD 1971<br />

Heft 23, S. 100<br />

Heft 23, S. 101<br />

Bessere Vergleichsmöglichkeiten bietet Tabelle 12. Es ist zu sehen, daß in Friedrichstadt die<br />

Sektoren der Selbständigen und der Beamten und Angestellten stark überrepräsentiert sind.<br />

Verursacht wird diese Tatsache durch die Arbeitsstätten in der Verwaltung, bei der Bundeswehr und<br />

in öffentlichen und privaten Dienstleistungsbetrieben, bedingt durch die überregionale<br />

Versorgungsfunktion.<br />

Der geringe Anteil der mithelfenden Familienangehörigen läßt erkennen, daß die Landwirtschaft im<br />

Stadtgebiet sehr stark zurückgedrängt worden ist.<br />

Die Verschiebungen der Sozialstruktur zwischen 1961 und 1970 verdeutlicht Diagramm 4.<br />

Abb.<br />

Diagramm.<br />

Inhalt:<br />

Diagramm 4: Sozialstruktur 1961 und 1970 in % der Erwerbspersonen<br />

[zeigt die Jahre 1961, 1970]<br />

1 Selbständige, 2 mithelfende Familienangehörige, 3 Beamte und Angestellte, 4 Arbeiter<br />

Quelle: Gemeindestatistik Schl.-Holst. 1960/61, T. 1,<br />

Gemeindestatistik Schl.-Holst. 1970, T. 2<br />

Das Absinken der Anzahl der Selbständigen ist dadurch zu erklären, daß kleinere Händler- und<br />

Handwerksbetriebe gegenüber größeren Unternehmen nicht konkurrenzfähig waren. Ebenso sank<br />

die Zahl der mithelfenden Familienangehörigen und der Arbeiter, da neue Arbeitsplätze in der


Industrie immer noch nicht geschaffen wurden. Auffallend jedoch ist die große Ausweitung der<br />

dritten Gruppe, der Beamten und Angestellten, aus den oben genannten Gründen.<br />

Heft 23, S. 101<br />

Heft 23, S. 102<br />

Tab. 13: Überwiegender Lebensunterhalt der Wohnbevölkerung 1970<br />

Friedrichstadt<br />

Amt Frie’stadt<br />

Kreis NF<br />

Schl.-Holst.<br />

BRD<br />

Von der Gesamtzahl der Wohnbevölkerung erhielten ihren überwiegenden<br />

Lebensunterhalt durch<br />

Erwerbstätigkeit Renten, Pensionen,<br />

Vermögen u. dergl.<br />

in %<br />

davon Ernährte<br />

25,1<br />

24,6<br />

50,3<br />

37,2<br />

24,3<br />

38,5<br />

36,3<br />

16,8<br />

46,9<br />

37,4<br />

18,2<br />

44,3<br />

39,9<br />

15,8<br />

44,3<br />

Quelle: Gemeindestatistik Schleswig-Holstein 1970, T. 2,<br />

Statistisches Jahrbuch Schleswig-Holstein 1971,<br />

Statistisches Jahrbuch BRD 1971<br />

Heft 23, S. 102<br />

Heft 23, S. 103<br />

4.3. Erwerbsstruktur<br />

Um eine Verbindung zwischen der Bevölkerungsstruktur und der Struktur der Wirtschaft<br />

herzustellen, dient die Untersuchung der Erwerbsmöglichkeiten. Da in diesem Zusammenhang sowohl<br />

wirtschaftliche als auch soziale Aspekte gemeinsam wirken, fällt dieser Abschnitt in das Kapitel der<br />

bevölkerungsgeographischen Entwicklung.<br />

Aus Tabelle 13 auf Seite 46 geht hervor, daß in Friedrichstadt ungefähr jeweils ein Viertel der<br />

Wohnbevölkerung ihren Lebensunterhalt aus Transvereinkommen und durch Erwerbstätigkeit<br />

beziehen. Die andere Hälfte der Einwohner sind ernährte Familienangehörige.<br />

Mit diesen Werten weicht Friedrichstadt in allen drei Gruppen von den Durchschnittswerten der<br />

Vergleichsgebieten ab. Ungewöhnlich hoch ist der Anteil der Ernährten mit 6 % über dem<br />

Landesdurchschnitt. Ebenfalls liegt die Quote der Rentner und Pensionäre 6,4 % über dem<br />

Durchschnitt Schleswig-Holsteins. Darunter liegt die Anzahl der Erwerbstätigen mit 12,3 % im<br />

Vergleich zum Land.<br />

Ursachen liegen zum einen in der überdurchschnittlichen großen Ansiedlung von Rentnern und<br />

Pensionären und der dadurch bedingten Verschiebung in der Altersstruktur. Zum anderen weist<br />

Friedrichstadt, wie schon oft erwähnt, nur eine geringe Zahl an Arbeitsmöglichkeiten auf, da große<br />

Betriebe mit adäquaten Arbeitsplätzen gänzlich fehlen.


Eine genauere Untersuchung der Erwerbspersonen wird durch den Vergleich der Werte in Tabelle<br />

14 von 1961 und 1970 möglich.<br />

Die Zahl der Erwerbstätigen ging in Friedrichstadt um 2,3 % zurück. Damit lag die Stadt wesentlich<br />

unter der Erwerbsquote des Landes und des Bundes.<br />

Den größten Verlust hatte der sekundäre Sektor zu verzeichnen mit 6,4 %, dessen Anteil 1970 zwar<br />

über denen des Amtes und des Kreises lag aber unter denen des Landes mit 1,5 % und des Bundes<br />

mit 13,2 %. Zurückzuführen ist dies auf das Eingehen der Betriebe zur Verarbeitung von<br />

landwirtschaftlichen Produkten und anderen kleinen Firmen.<br />

Heft 23, S. 103<br />

Heft 23, S. 104<br />

Tab. 14: Erwerbstätige am Wohnort nach Wirtschaftsbereichen 1961 und 1970<br />

Erwerbstätige Von den Erwerbstätigen am Wohnort gehören zu den Wirtschaftsbereichen<br />

am Wohnort I II III<br />

1961 1970 1961 1970 1961 1970 1961 1970<br />

absolut<br />

%<br />

absolut<br />

%<br />

absolut<br />

%<br />

absolut<br />

%<br />

1.120 1.075 28 21 469 382 623 672<br />

Friedrichstadt 37,2 34,9 2,5 2,0 41,9 35,5 55,6 62,5<br />

(- 2,3 %)<br />

(- 0,5 %) (- 6,4 %) (+ 6,9 %)<br />

2.569 2.398 870 438 760 748 939 1.212<br />

Amt Frie’stadt 42,5 38,5 33,8 18,3 29,6 31,2 36,5 50,5<br />

(- 4 %)<br />

(- 15,6 %) (+ 1,6 %) (+ 14 %)<br />

Schl.-Holst. 1.003 1.033 170.000 97.210 385.000 381.724 448.000 553.625<br />

in 1000 die 43,3 41,4 16,9 9,4 38,4 37,0 44,7 53,6<br />

1. Spalte<br />

(- 1,9 %) (- 7,5 %) (- 1,4 %) (+ 8,6 %)<br />

BRD<br />

in 1000<br />

25.720 27.204 3.415<br />

2.406 12.560 13.247 9.745<br />

45,8<br />

44,8 13,3<br />

8,8 48,4<br />

48,7 37,9<br />

(+ 1,0 %) (- 4,5 %) (+ 0,3 %) (+ 4,6 %)<br />

Quelle: Gemeindestatistik Schleswig-Holstein 1960/61, T. 1, 1970, T. 2,<br />

Statistisches Jahrbuch Schleswig-Holstein 1962, 1971,<br />

Statistisches Jahrbuch BRD 1962, 1971<br />

Heft 23, S. 104<br />

Heft 23, S. 105<br />

Daneben spielt der primäre Sektor <strong>für</strong> das wirtschaftliche Gefüge der Stadt nur eine geringe Rolle<br />

aufgrund der geringen Gemarkungsfläche. Im gleichen Maße wie sich der primäre und sekundäre<br />

Sektor verkleinert haben, vergrößerte sich der tertiäre Sektor, vor allem im Bereich der<br />

Dienstleistungen.<br />

11.551<br />

42,5


Diagramm 5 verdeutlicht die andersartige Erwerbsstruktur im Vergleich zum Amt, zum Kreis, zum<br />

Land und zum Bund.<br />

In Diagramm 6 ist graphisch die Veränderung der Erwerbsstruktur der <strong>Friedrichstädter</strong> Bevölkerung<br />

dargestellt.<br />

Abb.<br />

Diagramm.<br />

Inhalt:<br />

Diagramm 5: Erwerbstätige am Wohnort nach Wirtschaftsbereichen 1970<br />

Kreis Nordfriesland<br />

Schleswig-Holstein<br />

Amt Frie’stadt<br />

BRD<br />

Friedrichstadt<br />

Landwirtschaft<br />

Prod Gewerbe<br />

Dienstleistungen<br />

Quelle: Gemeindestatistik Schl.-Holst. 1960/61, T. 1,<br />

Gemeindestatistik Schl.-Holst. 1970, T. 2<br />

Statistisches Jahrbuch der BRD 1971<br />

Heft 23, S. 105<br />

Heft 23, S. 106<br />

Abb.<br />

Diagramm.<br />

Inhalt:<br />

Diagramm 6: Erwerbsstruktur der Wohnbevölkerung Friedrichstadts 1961 und 1970<br />

in % 1961<br />

in % 1970<br />

I = primärer Sektor<br />

II = sekundärer Sektor<br />

III = tertiärer Sektor<br />

Quelle: Gemeindestatistik Schl.-Holst. 1960/61, T. 1,<br />

Gemeindestatistik Schl.-Holst. 1970, T. 2


Heft 23, S. 106<br />

Heft 23, S. 107<br />

4.3. Pendlermobilität<br />

Bei Pendlerbewegungen stehen vor allem wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund, so daß dieser<br />

Punkt unter den ökonomischen Gesichtspunkten behandelt wird.<br />

Pendler sind Berufstätige, deren Arbeitsplatz an einem anderen Ort ist als deren Wohnung. „Vom<br />

Standpunkt der Gemeinde, in der die einströmenden Personen ihren Arbeitsplatz besitzen, handelt es<br />

sich um Einpendler, vom Standpunkt der Wohngemeinde aus um Auspendler.“ 1)<br />

1970 standen 1.075 Erwerbstätigen am Wohnort 1.058 Berufstätigen am Arbeitsort gegenüber,<br />

wodurch ein Auspendlerüberschuß zu errechnen ist. Da sich dazu im Zeitraum 1961 bis 1970 die<br />

Zahl der Arbeitsplätze, bei etwa stagnierender Erwerbsquote, um 12 % verringerte, von 1.203 auf<br />

1.058, 2) war die ortsansässige Bevölkerung gezwungen, sich außerhalb des Ortes<br />

Erwerbsmöglichkeiten zu suchen.<br />

Tab. 15: Berufspendler 1961 und 1970<br />

1961<br />

1970<br />

Auspendler<br />

absolut<br />

219<br />

345<br />

in % der<br />

Erw.pers.<br />

20<br />

32,1<br />

Quelle: Gemeindestatistik Schl.-Holst. 1960/61, T. 1<br />

Gemeindestatistik Schl.-Holst. 1970, T. 2<br />

Einpendler<br />

absolut<br />

302<br />

328<br />

in % der<br />

Erw.pers.<br />

25<br />

31<br />

Demzufolge erhöhte sich die Auspendlerzahl um 126 Personen oder 12,1 %. Erstaunlicherweise<br />

steigerte sich die Einpendlerzahl trotzdem um 26 Personen oder 6 %.<br />

___________<br />

1) vergl. P. Pulte, 1972, S. 48,<br />

2) vergl. BIG, 1973 , S. 43<br />

Heft 23, S. 107<br />

Heft 23, S. 108<br />

Tab. 16: Erwerbstätige am Arbeitsort nach Wirtschaftsbereichen 1970<br />

Erwerbstätige am<br />

Arbeitsort<br />

Von den Erwerbstätigen am Arbeitsort gehören zu den<br />

Wirtschaftsbereichen<br />

I II III<br />

insgesamt absolut in % absolut in % absolut in %<br />

Friedrichstadt 1.058 26 2,5 441 41,7 591 55,8


Amt Frie’stadt 2.226 437 19,6 760 34,1 1.029 46,3<br />

Quelle: Gemeindestatistik Schleswig-Holstein 1971, T. 2<br />

Heft 23, S. 108<br />

Heft 23, S. 109<br />

Tabelle 16 verdeutlicht, daß im Vergleich zu den Erwerbstätigen am Wohnort aus Tabelle 14 der<br />

primäre und sekundäre Sektor hier stärker vertreten sind. Friedrichstadt hält also in diesen beiden<br />

Bereichen <strong>für</strong> einpendelnde Berufstätige Arbeitsplätze bereit. Jedoch müssen Erwerbstätige des<br />

tertiären Sektors auspendeln. Die gleiche Erscheinung gilt auch <strong>für</strong> das Amt Friedrichstadt, wie aus<br />

den Tabellen zu entnehmen ist.<br />

CORNELIA CZEROMIN TESKE<br />

Mit der vorstehenden Arbeit legen wir unseren Mitgliedern den III. Teil der im Sommer 1980 von<br />

Frl. Cornelia Czeromin unter dem Titel<br />

Geographische Strukturanalyse<br />

der Stadt Friedrichstadt (Schleswig-Holstein)<br />

gefertigten schriftlichen Hausarbeit im Rahmen der Fachwissenschaftlichen Prüfung <strong>für</strong> das Lehramt<br />

an Gymnasien vor. Sie trägt die Prüfungsnummer HG 3836 der Technischen Universität Hannover,<br />

Geographisches Institut, Dr. phil. Adolf Arnold.<br />

Die Verfasserin will mit ihrer Arbeit das Problem der Kleinstadt verdeutlichen. Sie erläutert, welche<br />

naturräumlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen zur Entwicklung unserer Stadt gegeben waren,<br />

wie diese Chancen genutzt worden sind und welchen Werdegang Friedrichstadt somit genommen<br />

hat. Sie zeigt weiter auf, an welchem Punkt die Stadt sich heute befindet und welche zukünftige<br />

Entwicklung sie nehmen wird, soweit diese voraussehbar ist.<br />

Dabei wird Friedrichstadt nicht isoliert betrachtet; das Umland ist bewußt mit einbezogen worden,<br />

und zwar mit seinem Wirkungsbereich in Bezug auf die Stadt als auch umgekehrt der Einfluß der<br />

Stadt auf den angrenzenden Raum analysiert wird.<br />

Die ganze Arbeit wäre es wert, einem größeren Leserkreis zugänglich gemacht zu werden. Wir<br />

können im Rahmen dieser Mitteilungsblätter nur einen kleinen, eben jenen III. Teil, wiedergeben. Für<br />

interessierte Mitglieder halten wir jedoch ein Exemplar der Gesamtarbeit zur Einsichtnahme bereit.<br />

Heft 23, S. 109<br />

Heft 23, S. 110<br />

Wußten Sie schon ....


.... daß im Jahre 1832 der S r . Dirck Dircksen <strong>für</strong> den auf dem Eiland belegenen alten Graben die<br />

Erbzinsen von 51 Rbthl. 19 Schilling mit 3 Rbthl. zahlte?<br />

.... daß 1832 der Fährpächter Hinrich Burrmann wegen verübter schwerer real-injurien gegen den<br />

Handelsmann Bernhard Springer aus Madfeld eine königliche Brüche von 100 (einhundert!) Talern<br />

zahlen mußte?<br />

.... daß 1834 C. Christiani am 21. Dezember eine Decke zu dem Bett im hiesigen Stadtgefängnis<br />

„mit frischen Haaren zu stopfen und durchzunähen hatte“?<br />

.... daß 1835 nur noch 5 Schiffer in Friedrichstadt Martinischatzung zahlten?<br />

.... daß 1835 auf dem Treenefeld eine hölzerne Wasserleitung installiert wurde?<br />

.... daß 1837 die israelitische Gemeinde in Brüche verurteilt wurde, weil sie § 8 der Verordnung vom<br />

15.3.1742 zuwider eine verspätete Anzeige von dem Tode der Wwe. Gabbe Lazarus gemacht<br />

hatte?<br />

.... daß 1838 Betty Levy von Jacob Joseph pro defloratione 200 [Reichsbanktaler] und an<br />

Wochenbettkosten 50 [Reichsbanktaler] einzuklagen versuchte?<br />

.... daß 1839 Capt. Joh. Moore, Liverpool gegen den Salzraffinadeur Meier Mendel in<br />

Friedrichstadt auf Entschädigung <strong>für</strong> Liegetage mit 4 £ sterl. = 64 [Mark] 10 ß Cour. klagte?<br />

.... daß 1839 der hiesige Bürger und Fuhrmann Hinrich Kahl sich weigerte, den obrigkeitlichen<br />

Befehl, seine Pferde zur Beförderung einer Extrapost herzuleihen, auszuführen?<br />

.... 1840 zwei neue Laternen zum Holmer Tor nebst Lampen mit neusilbernen Reflektoren zu je 56<br />

[Mark] gekauft wurden?<br />

.... daß 1840 der Maurer J. Clasen im Rathause die Treppe im Keller untermauern mußte und dabei<br />

„mehrere Ratzenlöcher auszufüllen hatte“?<br />

.... daß im Dezember 1840 H. H. du Ferrang „die Pfähle nebst Warnungs-Schilder an dem<br />

Fußsteige nach Coldenbüttel von neuem gemalet“ hatte?<br />

.... daß wir gern wüßten, welche Warnung die Schilder enthielten?<br />

Heft 23, S. 110<br />

Heft 23, S. 111<br />

Die Wandervogel - Ortsgruppe in Friedrichstadt<br />

Die nun verstorbene, an der <strong>Stadtgeschichte</strong> sehr interessierte Frau Annemarie Kähler vom<br />

Mittelburgwall in Friedrichstadt lieferte eines Tages zwei Schreibbücher in das Stadtarchiv ein, zwei<br />

interessante Zeitdokumente aus dem ersten Weltkrieg und der bitteren Zeit danach. Sie blieben so<br />

vor der Vernichtung bewahrt.


Es handelt sich um zwei leider nur wenig beschriebene „Nest- und Fahrtenbücher“ der<br />

<strong>Friedrichstädter</strong> Ortsgruppe der Wandervögelbewegung. (so!) Von der Existenz dieser Ortsgruppe<br />

und der Tätigkeit der Jugendlichen in diesem Verein wissen wir recht wenig, kaum mehr als ein paar<br />

kurze Zeitungsnotizen und eben diese beiden Bücher uns vermitteln können.<br />

Um es gleich zu sagen:<br />

Wir suchen mehr Material von den <strong>Friedrichstädter</strong> Wandervögeln und bitten alle, die dazu<br />

beitragen können, um Auskünfte.<br />

Vielleicht wissen Sie,<br />

- wie lange die Ortsgruppe bestand,<br />

- wer Mitglied gewesen ist und<br />

wer heute noch von ihnen wo lebt;<br />

vielleicht gibt es in Ihrer Kommode, in der die alten Erinnerungsstücke liebevoll verwahrt<br />

werden, noch ein Bild von einem Ausflug oder einem Abend im Heim ...<br />

Wir wissen nicht einmal genau, ob die beiden Bücher zusammengehören, ob sie von nur einer oder<br />

von zwei Gruppen berichten. Da ist zunächst ein „Fahrtenbuch“, das mit einem Bericht von dem<br />

Gautag in Hamburg vom 10. bis 13. Juni 1916 ausführlich beginnt. Dort hatte sich die<br />

Berichterstatterin Grete Thomsen Kraft <strong>für</strong> ihre Arbeit geholt, wie sie selbst am Schluß berichtet:<br />

„... waren wir dann in Friedrichstadt, müde zwar von all dem Wandern und Schauen, aber<br />

froh von all dem Schönen, was wir gesehen haben und voll von Anregungen und frischem Mut<br />

zum Weiterkämpfen in der guten Sache des Wandervogels. Möge es uns gelingen, daß auch<br />

wir hier eine tapfere kleine Schar mit werden in der großen Bewegung.“<br />

Heft 23, S. 111<br />

Heft 23, S. 112<br />

Schon am 18. Juni veranstaltete „die junge Ortsgruppe“ ihre erste eigene Fahrt. „Fein war sie. - Wir<br />

müssen mit Halbtagsfahrten anfangen, weil sich die neuen Wandervögel erst dran gewöhnen müssen.<br />

-“ Das läßt auf einen schon vorhandenen älteren Stamm mit jüngerem Nachwuchs schließen.<br />

Viele andere Fahrten folgten; sie gingen in die nähere Umgebung unserer Stadt und zuweilen weit,<br />

weit darüber hinaus. Der „Fahrtenspiegel“ berichtet von Krelau, Schwabstedt, den Hüttener Bergen,<br />

Damendorf (wo „Verwandte unserer Führerin“ wohnten), von Alsen („zu Großvater, der<br />

Bürgermeister im Augustenburger Schloß ist“), vom Roten Hauberg und von St. Peter. Mehrere<br />

Mitglieder der Gruppe beteiligten sich als Berichterstatter. Grete Thomsen verdanken wir daneben<br />

noch zwei Illustrationen, die auf der Eiderstedter Fahrt entstanden.<br />

Abb.<br />

Zeichnung.


Inhalt:<br />

DIE FLUT KOMMT.<br />

[Signum:]<br />

G. T. [= Grete Thomsen]<br />

Zeichnen ist mindestens einmal eine Beschäftigung auf einer Fahrt gewesen. Sie ging nach Krelau,<br />

und der Erfolg war wohl nicht überwältigend („Wir hatten alle die Natur noch nicht gezeichnet“). Die<br />

Natur zu beobachten, gehörte aber zu den Fertigkeiten, die allen Wandervögeln anhaftete. Sie waren<br />

berauscht vom Anblick dunkler Tannen auf der Geest, von dem Blick in die weite Marsch, vom<br />

Wasser der Ostsee, das sich ihnen „grün, blau, lila und ganz dunkelbraun“ darbot. Sie erfreuten sich<br />

an den Schwertlilien am Wege nach Schwabstedt und konnten auf dem Geestweg nach Rantrum den<br />

Blick nicht von den vielen bunten Blumen am Wall wenden. Behutsam gingen sie ihres Weges, „im<br />

Gänsemarsch“, damit das Gras nicht zu stark zertreten wurde, und nach einer<br />

Heft 23, S. 112<br />

Heft 23, S. 113<br />

Abb.<br />

Zeichnung.<br />

Inhalt:<br />

St. Peter. den 5. und 6. Ernting<br />

[Signum:]<br />

G. T. [= Grete Thomsen]<br />

Rast vergruben sie säuberlich das Butterbrotpapier. Sie blieben stehen, wenn sich vor ihnen ein<br />

„weites Kornfeld dehnte und über dem allen der wundervoll gefärbte Abendhimmel“. Sie zogen<br />

frisch los am frühen Morgen „der Himmel so hoch, die Sonne lachte und die Vöglein gaben ihr<br />

Frühkonzert“. Und sie scheuten den Regen nicht: „und regnet’s, laß es regnen, was fragen wir<br />

danach“ sangen sie unbekümmert. Ihre Sehnsucht nach der Ferne („ach, wer da mitreisen könnte!“)<br />

ließ sie mit ihrem Rucksack („meiner wog 25 Pfund“) bei jedem Wetter wandern. Zur Mittagszeit<br />

klopften sie beim Bauern an. Sie wurden meist freundlich aufgenommen, erhielten Wasser zum<br />

Trinken und Kochen und Milch. Sie schlugen eine Fahrt auf einem Bauernwagen nicht aus, freuten<br />

sich, wenn von oben „wüllt de Freuleins mitfohrn?“ gefragt wurde. Aus allen Berichten spricht<br />

Lebensfreude, Fröhlichkeit. Ihre Spiele sind heute - wie eine kurze Umfrage ergab - weitgehend<br />

unbekannt. Es wird berichtet von<br />

Ick seh’ di<br />

Rote Rosen<br />

Simon von Zellen


Kieckebusch<br />

Jungfer mit dem roten Rock<br />

Begegnen, bei dem Namen ausgedacht wurden<br />

Bann<br />

Sie sangen „schöne, alte Volkslieder zur Klampfe“ und waren traurig, wenn die Klampfe oder Zupfe<br />

mit den vielen bunten Bändern einmal nicht mit auf Fahrt war.<br />

Heft 23, S. 113<br />

Heft 23, S. 114<br />

Wer waren nun die jungen Wandervögel? Die in den Berichten erwähnten Namen haben wir<br />

festgehalten. In diesem ersten Abschnitt bis zum 10. Herbstmond 1916 werden genannt<br />

Grete Thomsen Fiede Tränckner<br />

Hedwig Pahl Frl. Eickmeier<br />

die kleine Anne-Marie Frieda Busch<br />

Frl. Keller Anny Nickelsen<br />

Dora Engelhardt Lisa<br />

Willi Ernst<br />

Anni Weinold Frl. Albrand<br />

Grete Detlefsen Otto Thomsen<br />

Magda Carstens Hedwig Semmelhaack<br />

Erst viel später, im Maimond 1919, geht es mit den Berichten weiter. Struppi, Hermann<br />

Flickenschild, berichtet<br />

„Nach einer langen Ruhepause haben sich hier wieder einige Leutchen angefunden, um erneut die<br />

Gruppe aufleben zu lassen, die während des Krieges sanft entschlummert war. Gut kommt uns<br />

dabei zustatten, daß wir aus der Stadt noch einige Mädel der alten Gruppe wiederbekommen<br />

haben, so daß es sicher ein gutes Zusammenarbeiten - auch zwischen Mädeln und Jungs, geben<br />

wird.<br />

Durch die neue Volkshochschule sind wir hierhergekommen. Zu der Einweihung waren viele<br />

Wandervögel hier ... Morgens sahen wir uns die Stadt an und nachmittags tanzten und sangen<br />

wir bei herrlichem Sonnenwetter am Eiderdeich. Weil alles so schön verlief, denke ich, daß wir<br />

hier auch selbst werden weiterarbeiten können. Hoffentlich können die nächsten Seiten schon<br />

von eigenen Nest und manch’ schöner Fahrt erzählen. Glück auf und Heil zu gemeinsamer<br />

Arbeit!“<br />

Die nächsten Seiten berichten dann wieder von Fahrten. Es ging nach dem Knivsberg, nach<br />

Schwabstedt, nach Lunden, wo man an einem Gottesdienst teilnahm, nach Johannesberg, und<br />

Emmerleff-Kliff zur Sonnwendfeier. Immer wieder spüren wir, daß das Wandern in der Gruppe viel<br />

Freude bereitet („mir war so frisch und froh zu Mute“), Freude, die über den Tag hinaus anhielt:


„Wir Mädel haben uns noch Kränze ins Haar geflochten. Mit Gesang sind wir durch<br />

Friedrichstadt marschiert.<br />

Heft 23, S. 114<br />

Heft 23, S. 115<br />

Mit einem Heil und Wiedersehen haben wir uns getrennt. Wohl kamen wir müde zu Hause an,<br />

aber darüber waren wir uns wohl alle einig, daß die Fahrt unvergleichlich schön gewesen ist.“<br />

Mit einer Nachmittagsfahrt nach Meldorf enden die Berichte. Eine Seite ist herausgerissen. In diesem<br />

zweiten Abschnitt, der bis Juli 1919 reicht, werden als Mitglieder oder Teilnehmer genannt<br />

Struppi= Flickenschildt Timmermann<br />

Locki = Hertha Karstedt Frl. Brons<br />

Liesbeth Rienau Käthe Belau<br />

Anni Klinger Lisa Jepsen<br />

Erna Friedländer Kurt Schreiner<br />

Anna Storm Else Stäcker<br />

Adele Hogermann = Führerin<br />

Das zweite Buch der Wandervogel-Ortsgruppe, das man vielleicht als Fortsetzung des oben<br />

vorgestellten bezeichnen könnte, beginnt am 20.10.1919 mit einer Einführung, ja, man könnte ruhig<br />

„Gebrauchsanweisung“ sagen. Sie stammt aus der Feder des Hermann Neuton Paulsen,<br />

„Landsmann“ genannt.<br />

„Heil!<br />

Euch gehört dies Buch, Ihr Jungen!<br />

Ihr sollt hineinschreiben, was Ihr auf Fahrten erlebt habt; damit auch andre Wandervögel und<br />

Freunde mal einen Einblick tun können in unsern Betrieb. Faßt Euch bei den Berichten<br />

möglichst kurz, damit unser Buch ... recht lange aushält...<br />

Auch müßt Ihr es stets fein säuberlich halten und keine Tintenflecke machen...<br />

Im übrigen schreibt ganz, wie Ihr denkt.<br />

Ein herzliches Heil Euch allen!<br />

Landsmann<br />

Die Titelseite ist von einem im Zeichnen geübten Wandervogel gestaltet.<br />

Einige Fahrten werden beschrieben. Man wandert nach Bergenhusen, zum Roten Hauberg, eine<br />

Weihnachtsfeier im Krelauer Forst findet statt und wird durch „Landsmann“ selbst beschrieben. Im<br />

nächsten Jahr geht’s nach Schevestedt.<br />

Heft 23, S. 115<br />

Heft 23, S. 116<br />

Abb.<br />

Zeichnung.


Die Titelseite des 2. Buches<br />

Inhalt:<br />

Nest= und Fahrtenbuch<br />

der W·V·Ortsgruppe<br />

Friedrichstadt „ Eider<br />

[enthält: Zeichnungen der Steinbrücke mit evang.-luth. Kirche und ein Stadtwappen]<br />

In diesen Berichten werden als Teilnehmer erwähnt<br />

Heft 23, S. 116<br />

Heft 23, S. 117<br />

Landsmann, unser Führer Heinz Kähler<br />

Bernhard Kähler Kurt Schiefer<br />

Heinz Thomsen Sell, Freund des Führers<br />

Ditel Otto Engelhardt<br />

Erich Karstedt<br />

Dann aber erhält des Buch einen vollständig anderen Charakter: es wandelt sich zu einem Gästebuch<br />

<strong>für</strong> durchziehende Wandervögel, <strong>für</strong> junge Menschen, die dankbar die Gastfreundschaft der<br />

<strong>Friedrichstädter</strong> Ortsgruppe annehmen und die - wie immer wieder festzustellen ist - von unserer<br />

Stadt begeistert waren, sich von dem Kleinstadtmilieu, den Rosen und den freundlichen Bewohnern<br />

angezogen fühlten. Oft blieben die Gäste länger als geplant. Mit wenigen Sätzen oder längeren<br />

Reimereien, ja sogar mit gekonnten Zeichnungen bedankten sie sich. Man hat das Gefühl, daß es alle<br />

ehrlich meinten. Prag, Posen, Hamburg, Bremen, Bamberg, Chemnitz, Hannover, Berlin, Leipa-<br />

Böhmen, Leipzig, Rostock und viele, viele andere Orte mehr waren die Heimatstädte der<br />

durchziehenden Wandervögel.<br />

Hier sind einige Beispiele:<br />

Abb.<br />

Bleistiftzeichnung von Walter Möbius, Stud. der Akademie<br />

<strong>für</strong> graphische Künste in Leipzig.<br />

Heft 23, S. 117<br />

Heft 23, S. 118<br />

Abb.<br />

Kolorierte Zeichnung von Walter Lehner, Berlin<br />

Inhalt:<br />

[Signum:]


1. Vers:<br />

So<br />

Lehner<br />

1920<br />

Kamen wir von Siemonsberg!<br />

Zu Dritt gings bis zur Insel Sylt<br />

(Das sollt noch werd’n ein andres Bild)<br />

Zu Zweit fuhr’n wir von Dort zurück<br />

Der Andre war der Wilhelm Prück<br />

Der ist in Husum noch geblieben.<br />

Und sich aus sechsen .........<br />

Die zur Wahrheit wandern,<br />

wandern allein;<br />

Keiner kann dem andern<br />

Wegbruder sein!<br />

Heil!<br />

6. Sept. 1920 Karl Hintz<br />

Heft 23, S. 118<br />

Heft 23, S. 119<br />

Hedwig Seismann von der Wandervogelgruppe Neumünster schreibt<br />

Sünschien und Klusterwolken,<br />

Öwer ole Giebels de Swolken,<br />

Op een halwen Schosteen gar<br />

son ganz richtigen Adebar!<br />

Hier een Brüch, dor een Brüch<br />

un damank dat Water<br />

dato all de olen Hüs,<br />

in de Sünn een Kater<br />

(söcht he heemlich sick wull Müs?)<br />

feine Türm - all dat süch uns<br />

so heel behaglich an<br />

Friedrichstadt,<br />

wi denkt doran!<br />

Lene Dorfeldt und ihre Weggenossen fanden Freunde in den Mitgliedern der <strong>Friedrichstädter</strong><br />

Gruppe:<br />

26. im Ernting 1920<br />

Auf unserm Streifzug durch Heide, die Insel Sylt und ein Stück des holsteinischen<br />

Marschlandes gingen wir den Menschen aus dem Wege; als Großstadtkinder, die in Hast,<br />

Hetze und Trubel groß werden, sehnten wir uns nach einsamen stillen Stunden. - So gingen


wir auch um Friedrichstadt herum.<br />

Und dann war’s so anders, als wir drei meinten - liebe, ehrliche Hände drückten die unsrigen.<br />

So nehmen wir ein Stück Heimat mit auf die letzten Fahrtentage, - denn Heimat ist da, wo<br />

man wahre, rechte, verwandte Menschen findet.<br />

Dank Euch <strong>Friedrichstädter</strong> Freunden da<strong>für</strong>!<br />

Später dann die Worte eines Spaßvogels<br />

Vox populi zu Friedrichstadt<br />

habet voluntatem, daß die<br />

migrantes nicht sollen baden in<br />

Flüssen und Seen sine hose propter<br />

Ärgernisses, quod dadurch producitur.<br />

Die Gruppa Friedrichstadia setzt aus unam<br />

Preisausschreiben, qua titulam:<br />

„Pastor Katholicus et aves migrantes.<br />

Quod dicet<br />

Der Pachantus?“<br />

Ein kommender „Großdeutscher“ mit seinen Freunden benutzte das Buch <strong>für</strong> seine Parolen:<br />

Deutsch-Böhmen ans Reich!<br />

Ein frohes Wanderheil Euch nordischen Wandergesellen von einem Randdeutschen, der beim<br />

Durchstreifen hier eine liebliche Bleibe fand.<br />

Heft 23, S. 119<br />

Heft 23, S. 120<br />

Etwas überraschend finden wir den geschäftsführenden Vorsitzenden des Jugendbundes der<br />

Deutschen Volkspartei in Hamburg, der sich als „ehemals Feldwandervogel“ bezeichnet in dem<br />

Gästebuch. Er hinterließ ein Gedicht „Die Kaiserlichen“ mit vier Strophen.<br />

Bei der Auswahl der Eintragungen sollten wir das „Zeugnis“ nicht vergessen, daß der Unterkunft am<br />

11.8.1921 ausgestellt wurde:<br />

Zeugnis<br />

Ungeladen erscheint die <strong>Friedrichstädter</strong><br />

Bleibe und erhält folgendes Certificat<br />

Äußeres: im ganzen gut<br />

Innenleben: sehr gut<br />

Ruhe: blendend


Aussicht: verlockend<br />

Besondere Kennzeichen: wie bei Muttern<br />

Max Kuckei<br />

der Schulmeister<br />

Die letzte Eintragung datiert vom 8. November 1921. Dann war die Zeit der <strong>Friedrichstädter</strong><br />

Wandervögel anscheinend vorbei.<br />

Abb.<br />

Foto. Gruppenaufnahme.<br />

[darunter Hs.:] Auf dem Knivsberg<br />

Heft 23, S. 120<br />

Heft 23, S. 121<br />

Abb.<br />

Scherenschnitt, Schattenbild.<br />

Wie weit<br />

ist der Turm der Remonstrantenkirche von dem Turm der ev.-luth. Kirche entfernt?<br />

Nun, das könnte man fast zu Fuß abmessen, meint man. Ein anonymer Leser des Ditmarser und<br />

Eiderstedter Boten, 32. Jahrgang, 38. Reise, Spalte 612 im Jahre 1833 ist da ganz anderer Meinung.<br />

Er ist der Sache gründlich nachgegangen und kommt zu folgendem Ergebnis:<br />

Frage:<br />

Wie groß ist die geographische Entfernung der lutherischen von der remonstrantischen Kirche in<br />

Friedrichstadt?<br />

Antwort:<br />

Das kann man so genau nicht angeben, weil diese Entfernung nicht immer gleich bleibt. Neulich<br />

betrug sie 11 1/4 Längengrade oder 168 3/4 Deutsche Meilen, welches unwiderleglich daraus<br />

hervorgeht, daß es auf dem einen Kirchturm drei Viertelstunden früher Mittag war, als auf dem<br />

anderen. Dieses ist aber eine Sache, die nicht ohne Gefahr ist, denn wenn es so fortgeht, so können<br />

am Ende die beiden Kirchen so weit auseinanderkommen, daß sich die eine bis nach Nord-Amerika<br />

verzöge; es wäre daher sehr zu wünschen, daß von Beikommenden etwas da<strong>für</strong> getan würde, daß<br />

sich diese beiden widerspenstigen Uhren auf dem halben Wege entgegenkommen, und hübsch<br />

verträglich beieinander bleiben, da ihnen ja doch die Gemeinden, denen sie angehören, mit einem so<br />

guten Beispiele der Eintracht vorangehen.<br />

Heft 23, S. 121<br />

Heft 23, S. 122<br />

Wer hat eine HOMMEL?


In fünf schleswig-holsteinischen Museen werden sieben alte Zithern bewahrt, die man HOMMELN<br />

nennt. Unsere Hommeln stammen zum größten Teil aus Holland. Diese holländische Hommel oder<br />

dort auch norske Back genannt, steht in enger Familie zum dänischen und norwegischen Langeleik,<br />

zur schwedischen Hummel, zum isländischen Langspic und zum belgischen Epinette de voges. Alle<br />

diese Musikinstrumente gehören der Familie der Griffbrettzithern an, welche unter dem Namen<br />

Cordophone (Saitenklinger) versammelt sind.<br />

Mit großer Wahrscheinlichkeit werden Hommeln auch in Friedrichstadt vorhanden gewesen und<br />

benutzt worden sein. Es ist bisher nicht gelungen, da<strong>für</strong> einen Beweis zu erbringen.<br />

Bau und Spielart der Hommel<br />

Die Hommel ist aus einem Stück oder aus vier zusammengefügten Brettern mit einem Wirbel und<br />

Sattelstück gebaut. Auf dem oberen Brett, der Decke, kann ein Griffbrett mit Bünden angebracht<br />

sein. Die Bünde aus Holz oder Metall können sich aber auch direkt auf der Decke befinden. Über<br />

die Bünde können 1 - 4 Melodiesaiten geführt werden, die durch Abdrücken auf den Bunden den<br />

dementsprechenden Ton erzeugen. Die Baß-Saiten können von 2 bis 10 betragen und werden<br />

einzeln oder in Choren zu 3 oder 4 gestimmt. Die Saiten der Hommeln werden mit Wirbeln<br />

(Stimmschrauben) aus Metall oder aus Holz gestimmt. Die Holzwirbel findet man geschnitzt oder<br />

gedrechselt. Die Schallöcher in der Decke können von einfachen Löchern bis zur schönsten<br />

Verzierung aus Holz oder Papier variieren. Die äußere Form der Hommel kann bauchig dick bis<br />

trapez- oder lastenförmig sein. Ihre Länge beträgt zwischen 130 cm und 60 cm.<br />

Die Spielweise<br />

Die Melodiesaiten werden mit den Fingern der linken Hand oder mit einem Stäbchen über den<br />

Bünden abgedrückt.<br />

Der Rhythmus wird durch Hin- und Herbewegungen der rechten Hand mit einem Plektrum über die<br />

Saiten erzeugt, wobei die Baß-<br />

Heft 23, S. 122<br />

Heft 23, S. 123<br />

saiten ganz oder teilweise angerissen werden.<br />

In der Hoffnung, etwas mehr Licht in das Dasein unserer heimischen Hommeln zu bekommen - und<br />

vielleicht sogar eine in Friedrichstadt zu entdecken - wird um Ihre Mithilfe gebeten.<br />

Besitzen Sie eine Hommel?<br />

Oder wissen Sie, wer eine Hommel besitzt?<br />

Oder können Sie etwas über Hommeln erzählen?<br />

Dann sollten Sie dem Vorstand Mitteilung machen oder es den Verfasser direkt wissen lassen.<br />

Siegfried P. Fuhrmann


Abb.<br />

Foto.<br />

Die Hommeln auf dem Foto sind Kopien aus Museen oder Originale<br />

des Verfassers. Es sind abgebildet von links nach rechts:<br />

FLENSBURGER Hommel, SCHLESWIGER Hommel und (Originale) WYK/FÖHR<br />

Hommel und SCHLESWIG Hommel.<br />

Heft 23, S. 123<br />

Heft 23, S. 124<br />

JOHAN VAN WOUWER<br />

Abb.<br />

Druck. Wappen.<br />

van Wouwer<br />

Friedrichstadt hat seit 1982 eine van Wouwer-Straße!<br />

Wer war jener Johan van Wouwer, den unsere weisen Stadtväter <strong>für</strong> würdig befanden, nach Herzog<br />

Friedrich III. - dem Stadtgründer -, neben Senator Stuhr, den beiden Familien Biernatzki und Goos<br />

und neben Pastor Mensinga nun als 6. Persönlichkeit durch eine Straßenbenennung geehrt zu<br />

werden?<br />

Johan van Wouwer, gelegentlich auch Joan à Wouwer oder Wowerus, hat Friedrichstadt nie<br />

gesehen; ja er hat nicht einmal geahnt, daß an dieser ihm durchaus nicht fremden Stelle in der Marsch<br />

einmal eine Stadt entstehen sollte. Er wurde 1574 oder 1575 in Hamburg geboren und starb schon<br />

1612, in Schleswig. Sein Vater, Nicolaus van der Wouwer (gest. vor 1599), stammte aus<br />

Antwerpen, war zum lutherischen Glauben übergetreten und heiratete in Hamburg Sophia von<br />

Winthem († 1615), eine Tochter des dortigen Ratsherren. Nach dem Schulbesuch der Hamburger<br />

Johannes-Schule studierte der junge van Wouwer in Leiden, bereiste u.a. Frankreich und Italien und<br />

kehrte über Prag 1603 nach Hamburg zurück.<br />

Als er 1607 zum Rat des Grafen Enno III. von Ostfriesland berufen wurde, erhielt er Kontakt mit<br />

dem Gottorfer Hof und gewann offenbar schnell das Vertrauen des Herzogs Johann Adolf, der ihn<br />

zum Geheimen Kammerrat machte. In dessen Diensten stieg er in ganz kurzer Zeit zum „allmächtigen<br />

Minister“ auf. Als solcher war er u.a. zuständig <strong>für</strong> das Deichwesen. In seine Amtszeit fällt die<br />

Eindeichung des Sieversflether Kooges, des Augustenkooges - hier nennt der Herzog van Wouwer<br />

ausdrücklich als Initiator dieses „neuen Kooges in Osterhever“ und des Freesenkooges.<br />

Heft 23, S. 124<br />

Heft 23, S. 125<br />

Johann van Wouwer verkörperte nach Lohmeier schon „am Beginn des 17. Jahrhunderts einen<br />

Humanistentyp, der sich in Deutschland allgemein erst in den nächsten Generationen durchsetzte: den<br />

in weltlichen Dingen erfahrenen, religiös indifferenten Gelehrten“.


Seine Persönlichkeit war nach zeitgenössischen Äußerungen sehr umstritten. Einige wenige Beispiele<br />

aus den von Sarau mitgeteilten verschiedenen Beurteilungen seiner Person mögen dies verdeutlichen:<br />

Caspar Danckwerth meinte, er sei<br />

„... ein bey den Gelehrten berühmter und in alten Scribenten durchtriebener Mann“.<br />

Joh. Mollers Urteil in seiner Cimbria Literata lautet so:<br />

„Mir selbst war er zu seiner Zeit sowohl der erste der Männer des Herzogs am Hofe zu<br />

Gottorf, als auch der gelehrteste der gebildeten Männer Cimbriens; widerum aber ein Mann,<br />

der sich durch gute Eigenschaften gleich wie durch schlechte hervortat.“<br />

und Nicolaus Heldvader nannte den Kaufmannssohn von Hamburg einen „gewiß nicht unfeinen<br />

Schmarotzer des römischen Priesters.“<br />

Herzogin Augusta, die ihn ja ganz aus der Nähe kannte, urteilte nach Lohmeier einmal anerkennend<br />

über ihn<br />

„Ick hebbe ehn reden gehöret von 12 bet 5, und düchte mi, dat idt man eine stunde was<br />

gewesen.“<br />

Sie äußerte sich aber noch Jahre nach seinem Tode Jacob Fabricius d. J. gegenüber, van Wouwer<br />

sei<br />

„ein weldwiser Mann, averst ein falsch mann“ gewesen; „he hedde vehl böses angerichtet,<br />

schollde he lenger gelevet hebben“.<br />

Johan van Wouwer blieb unverheiratet. Die wohl auf Pastor Bruhn in seiner Koldenbütteler Chronik<br />

zurückgehende Behauptung, er hätte mit seiner Haushälterin nicht-eheliche Kinder gezeugt, wird von<br />

Sarau überzeugend widerlegt.<br />

Van Wouwer hat ein umfangreiches Testament hinterlassen, aus dem nach der Abwicklung das<br />

VAN WOUWERSCHE VERMÄCHTNIS<br />

entstand. Es besteht bis heute - jetzt in Form einer rechts-<br />

Heft 23, S. 125<br />

Heft 23, S. 126<br />

fähigen Familienstiftung - fort.<br />

Den Zweck der Stiftung gibt die Satzung von 1979 wie folgt an:<br />

1. Unterstützung aller Nachkommen, sofern sie bedürftig sind,


2. jährliche Rente an das Waisenhaus in Hamburg - Jugendbehörde der Stadt Hamburg -,<br />

3.<br />

nicht zu 1. und 2. verbrauchte Erträge sind anderen mildtätigen oder gemeinnützigen<br />

Zwecken zuzuführen.<br />

Diese Reihenfolge ist einzuhalten, wobei anzumerken wäre, daß van Wouwer keine Leibeserben<br />

hatte.<br />

Die Erträge <strong>für</strong> das Vermächtnis fließen aus Wertpapieren und Ländereien, wovon heute noch allein<br />

über 31 ha im Freesenkoog belegen sind; und auf eben diesen Ländereien im Westen unserer Stadt<br />

entsteht gestützt auf komplizierte Erbbaurechte und Unter-Erbbaurechts-Verträge das neue<br />

Industriegebiet, von dem wir uns alle zum Wohle der Stadt Friedrichstadt viel Gutes erhoffen.<br />

Der Freesenkoog wurde im Sommer 1611 eingedeicht. Von den gewonnenen Ländereien erhielt van<br />

Wouwer 18, 40 und 20 Demat. Ein Demat Eiderstedter Land kostete damals etwa 120 Mark<br />

lübsch.<br />

Wer sich näher über diese interessante und nun von der Stadt durch Benennung einer Straße geehrte<br />

Persönlichkeit informieren will, sei auf<br />

Dieter Lohmeier im 4. Band des Schleswig-Holsteinischen Biographischen Lexikon, S. 241 ff.<br />

und auf<br />

Werner Sarau, der in einer im November 1982 in Husum erschienenen Broschüre „JOHAN<br />

VAN WOUWER UND SEIN VERMÄCHTNIS“ umfassend berichtet,<br />

sowie<br />

auf die in diesen beiden Arbeiten aufgeführten ausführlichen Literaturhinweise<br />

verwiesen.<br />

Über den Geheimen Kammerrat und seine Ländereien im Freesenkoog berichtet Werner Sarau <strong>für</strong><br />

uns im folgenden Artikel. Wir weisen darauf hin, daß Werner Sarau auf Grund seiner weitgehenden<br />

Quellenforschung mit Lohmeier nicht immer konform geht.<br />

Heft 23, S. 126<br />

Heft 23, S. 127<br />

Karte des Freesenkooges<br />

mit Angabe der ersten Eigentümer der Flächen. *) Die auf Johan van Wouwer entfallenden drei<br />

Parzellen sind schraffiert.<br />

Die Karte haben wir aus dem Eiderstedter Heimatbuch, I. Teil, Besiedelung und Bedeichung, von<br />

Dr. Rudolph Koop, erschienen 1936 bei Lühr & Dircks in Garding, entnommen.<br />

Abb.<br />

Karte. Skizze. Druck.<br />

Karteninhalt:


DIE EIDER<br />

Hans Ervest [= Arvast]<br />

Die von Seedte<br />

Heinrich von Buchwoldt<br />

Joan Crahmer<br />

Die von Drage<br />

Harmen Hoyer<br />

Asmus Moltnett [= Moldenit] vnd Dallvigh [= Dallwig]<br />

Cornelis von ten Loo [= von der Loo]<br />

Johan Claas Roll: [= Rollwagen] vnd Johan Claas Coot<br />

Abell Svieß [= Spieß]<br />

Syn: F. G n [= Herzog Johann Adolf]<br />

16 [Demat]<br />

20 dembt<br />

J. V. W: [= Johann von Wouwern]<br />

Johann von Wowerenn<br />

40 [Demat] 10.3 S [Saat]<br />

oonimus [= Hieronymus] Multer [= Möller] vnd Wilhelm Schnell<br />

SEEBÜLL<br />

TREENEDEICH<br />

J.V.W. [= Johann von Wouwern<br />

18 [Demat]<br />

Abell Svieß [= Spieß]<br />

10 Demat Joh. ... ??? unleserlich]<br />

Abell Svieß [= Spieß]<br />

*) Es handelt sich um die <strong>für</strong> die Verteilung „vorgesehenen“ Eigentümer.<br />

Heft 23, S. 127<br />

Heft 23, S. 128<br />

Abb.<br />

Karte, Skizze, Bebauungsplan.<br />

Inhalt:<br />

[mit Angabe der Flurstücke, Nutzungsarten, Grundflächenzahlen, Geschoßflächenzahlen]<br />

VAN-WOUWER-STRASSE<br />

nach Husum B5/202,<br />

P & I. CLAUSSEN<br />

WANDMAKER<br />

Heft 23, S. 128<br />

Heft 23, S. 129


Johan van Wouwer und seine Ländereien im Freesenkoog.<br />

Johan van Wouwer lebte von 1574 - 1612. Sein Vater verließ ca. 1560 die Niederlande wegen der<br />

dort betriebenen Religionsverfolgungen durch die Spanier. Zu jener Zeit zogen viele Niederländer<br />

nach Deutschland. Hamburg hat viele niederländische Familien aufgenommen, u.a. auch den Vater<br />

des Johan, Nikolaus van der Wouwer, der einem alten brabantischen Geschlecht entstammte. Er<br />

gelangte in Hamburg zu großem Ansehen und heiratete dort eine Sophie von Winthem, deren Vater<br />

ebenfalls aus den Niederlanden stammte. Im Hamburg ist dann am 10. März 1574 der jüngste Sohn<br />

Johan geboren. Interessant ist zu erwähnen, daß der Pastor und Geschichtsschreiber von<br />

Nordstrand, Anton Heimreich, mit ihm verwandt ist; seine Mutter ist die Tante der Großmutter des<br />

Heimreich.<br />

Nach dem Besuch der Johannesschule in Hamburg, dem späteren Johanneum, ging Johan zwei Jahre<br />

an die Universität in Marburg, um dort hauptsächlich Jura zu studieren. Hier hielt er in lateinischer<br />

Sprache seinen ersten Vortrag. Danach studierte er etwa fünf Jahre in Leiden neben Jura auch<br />

Literaturwissenschaften. In Leiden fing er auch zu schreiben an. Er gehörte zu den Späthumanisten.<br />

Hier in Leiden lernte er viele berühmte Männer des Humanismus kennen. Mit manchem verband ihn<br />

eine Freundschaft bis zu seinem Tode. Von Leiden aus war er auch in England, das er jedoch schnell<br />

wieder verließ, als dort die Pest ausbrach und täglich fast 2000 Menschen hinraffte.<br />

Anschließend an seine Studienzeit in Leiden zog er mit seinem Studienfreund Henrich Lindenbrog<br />

nach Paris, um dort die Bibliotheken nach alten Schriften zu durchsuchen. Während Lindenbrog<br />

wegen eines Zwischenfalls von dort aus nach Hamburg zurückkehrte, zog van Wouwer weiter durch<br />

Frankreich. Auf einer Fahrt entging er bei einem Überfall nur mit knapper Not dem Tode. In den<br />

ersten beiden Jahren des 17. Jahrhunderts war er in Italien. In Florenz bot man ihm hohe Ämter an,<br />

doch kehrte er nach kurzem Zwischenaufenthalt am Kaiserhof in Prag, wo ihm auch eine Ratsstelle<br />

angeboten wurde, nach Hamburg zurück. Hier verfaßte er 1604 ein „Panegyricus“ auf den<br />

Dänenkönig Christian IV.<br />

Heft 23, S. 129<br />

Heft 23, S. 130<br />

Graf Rantzow setzte ihn als Verwalter seines Schlosses „Wandesbeke“ bei Hamburg ein. Hier hat<br />

van Wouwer seine wichtigsten Schriften, alle in lateinischer Sprache, herausgegeben. Sie sind zum<br />

großen Teil noch heute in verschiedenen alten Bibliotheken zu finden. Sein bekanntestes Werk ist die<br />

„Polymathia“. Zwischendurch wurde van Wouwer von den Rantzowern auch <strong>für</strong> diplomatische<br />

Aufträge eingesetzt, so z.B. am Hof des Herzogs von Braunschweig und am belgischen Hof beim<br />

Erzherzog Albert oder Albrecht von Österreich.<br />

1607 erhielt van Wouwer eine Ratsstelle am Hofe des Grafen Enno III. von Ostfriesland. Wegen<br />

drohender kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen dem Grafen und der Stadt Emden sandte<br />

Graf Enno ihn mit seinen drei Söhnen zu seinem Schwager, dem Herzog Johan Adolf von Gottorf,<br />

nach Cimbrien. In Gottorp gefiel van Wouwer dem Herzog gleich so gut, daß er ihm versprechen<br />

mußte, in dessen Dienste einzutreten. Nach einjähriger Tätigkeit <strong>für</strong> den Grafen Enno, während der<br />

er im Mai 1608 in Den Haag an Friedensverhandlungen mit den Spaniern teilnahm, trat er die<br />

Ratsstelle in Gottorp an und wurde Kammerrat des Herzogs. Ihm unterstanden die Finanzsachen und<br />

die geheimen Angelegenheiten. Aus diesem Grunde wurde er auch „Geheimer Kammerrat“ genannt.


Daneben erhielt er den Vorsitz im Kirchenrat, weshalb man ihn auch Kirchenpräsident nannte. Der<br />

Herzog war aufgrund seiner Erziehung am calvinistisch gesinnten hessischen Hof dem Calvinismus<br />

sehr zugetan. Da van Wouwer sein Günstling war, hat man van Wouwer unterstellt, daß er die<br />

calvinistischen Tendenzen am gottorfischen Hofe sehr gefördert habe. Auf jeden Fall hat er in seinem<br />

Testament bestimmt, daß die Grabrede nicht der lutherische Prediger halten solle.<br />

Van Wouwer wurde schon in seinen jungen Jahren krank. Diese Krankheit hat ihm sehr zu schaffen<br />

gemacht, so daß er zuletzt nur der Schatten seiner selbst war. So ist er schon mit 38 Jahren, am 30.<br />

März 1612, in Schleswig verstorben. In einem aufgemauerten Grab im Dom zu Schleswig ist er mit<br />

großem Gepränge beigesetzt worden. Seit 1848 ist das Grab aufgrund von Umbauarbeiten, die<br />

seinerzeit durchgeführt wurden, nicht mehr auffindbar.<br />

Heft 23, S. 130<br />

Heft 23, S. 131<br />

In seinem Testament hat von Wouwer bestimmt, daß ein Vermächtnis mit seinen Ländereien errichtet<br />

werden solle. Dieses Vermächtnis mit Sitz in Husum besteht noch heute. Den Vorstand bildet heute<br />

der jeweilige Landrat des Kreises Nordfriesland allein, früher die Oberstaller und Staller von Husum<br />

und Eiderstedt, danach die Landräte von Husum und Eiderstedt.<br />

Die Ländereien hat van Wouwer bei den Eindeichungen erworben; denn er war in Gottorf auch<br />

zuständig <strong>für</strong> den Deichbau. Schon in Ostfriesland hatte er Verbindung mit Johan Clausen<br />

Rollwaghen, einem Niederländer, der Landmesser war. Herzog Johann Adolf ernannte diesen<br />

Rollwaghen 1608 zu seinem „Generalteichgräfen“. Diese Ernennung wurde am 4.9.1616 von Herzog<br />

Friedrich III. bestätigt. Zur Bedeichung setzte Rollwaghen seit 1610 anstatt der früher benutzten<br />

Störten, die von Ochsen oder Pferden gezogen wurden, die leichten Schubkarren ein. Anstelle der<br />

früher gebrauchten Bohlwerke vor den Deichen legte er das Profil der Deiche auf der Außenseite<br />

flacher an, so daß das Wasser keine große Angriffsfläche mehr fand.<br />

Rollwaghen hat dann u.a. den Sieversfletherkoog, Augustenkoog und den Freesenkoog eingedeicht.<br />

In diesen drei Kögen erhielt van Wouwer einige Demat Land. Seine Parzellen im Augustenkoog<br />

wurden mit Parzellen im Sieversfletherkoog getauscht. Diese gehören in unveränderter Größe noch<br />

heute dem Vermächtnis.<br />

Hier soll jedoch besonders die Entwicklung seiner Parzellen im Freesenkoog herausgestellt werden.<br />

Die Eindeichung gegen die Eider wurde im Jahre 1611 nach Johanni begonnen und Ende September<br />

beendet. Dieser Deich lief aus in den Treenedeich, der schon seit 1570 bestand. Die Treene floß<br />

vorher durch das als Friesenkoch bezeichnete Gebiet in die Eider. Die Ländereien in diesem Gebiet<br />

gehörten vorher den Koldenbüttelern und den Stapelholmern. Friedrichstadt wurde erst 1621<br />

gegründet. Iver Peters schrieb, daß „der Friesenkoog eine hohe Hallige und Ufer gewesen“ sei.<br />

Nach der Bedeichung hatte der Koog eine Größe von 625 Demat und eine Deichlänge von 3,8 km.<br />

Nach einer Rollwaghen-Karte war die umstehende Verteilung vorgesehen. Wie tatsächlich verteilt<br />

wurde, ist nicht ganz klar. Auf der Flurkarte des Peter Sax von 1638 ist ein Teil der <strong>für</strong> Abel Spieß<br />

und Johan van Wouwer vorgesehenen Parzellen mit einer Größe von 38 Demat und 2 Saat im Besitz<br />

Heft 23, S. 131


Heft 23, S. 132<br />

Vorgesehene Verteilung nach Rollwaghen:<br />

Johan van Wouwer<br />

Staller Harmen Hoyer<br />

Fürstliche Landschreiber in Eiderstedt, Asmus<br />

Moldenit und Dalwig<br />

Rat und Amtmann Heinrich Buchwoldt<br />

Kammersekretär Hieronymus Moller und<br />

Landschreiber in Garding Wilhelm Schnell<br />

Kammermeister Abel Spieß<br />

Hans Arvast aus dem Badenkoog<br />

Joan Crahmer<br />

Cornelius von der Loo<br />

Herzog Johann Adolf<br />

Johan Claas Rollwaghen und Joh. Claas Koot<br />

Joh. NN<br />

<strong>für</strong> „die von Drage“<br />

<strong>für</strong> „die von Seehte“<br />

Parzellen von 40, 20 und 18 Demat.<br />

Auf der 40-Demat-Parzelle, die am<br />

Treenedeich lag, ist von Rollwaghen eine<br />

Schleuse eingezeichnet.<br />

auf dem „newen Wergke bey Coldenbüttell“.<br />

Er war „Zolner und Fehrman“ 1616.<br />

des Kaufmannes und Ratsverwandten Peter Petersen (Petreus), der nahe dem Sielzug den<br />

„Mühlenhof“ erbauen ließ. 1616 besaß Hans Arfast 43 Demat. Aufgrund einer Klage der<br />

Koldenbütteler und der Witzworter im Jahre 1614 mußte Johan Cl. Koot etwas abgeben und hatte<br />

1616 nur noch 55 Demat, 8 Saat und 13 Ruten.<br />

Johan van Wouwer besaß 1616 anstatt der 78 Demat nur noch 55 Demat, 4 Scheffel Saat und 10<br />

Ruten. Die Testamentsvollstrecker dürften nach seinem Tode aufgrund von Verpflichtungen aus dem<br />

Testament einige Demat verkauft haben. Adolff Vagett aus Süderstapel schrieb am 21. Juni 1615,<br />

daß auf dem „Hogen Lhande im October Anno 1612 S. Johann von Whouweres Dieke sein<br />

ingebrocken ... so ich, Adolff Vagett, sein E. E. zugefallen, gekofft...“.


Heft 23, S. 132<br />

Heft 23, S. 133<br />

Es könnten auch nach der Bedeichung 1611 schon einige Abrundungen vorgenommen worden sein.<br />

Sein Besitz wurde in späteren Jahrzehnten „Studentenland“ genannt, da im 17. Jahrhundert aus den<br />

Erträgen Studierende des Geschlechtes Zuschüsse erhielten, meistens Theologie-Studenten. Diese<br />

Bezeichnung hat sich bis in die heutige Zeit erhalten.<br />

Das dem Johan van Wouwer im Freesenkoog zur Verfügung gestellte Land dürfte ihm nicht<br />

geschenkt worden sein; denn einige Zahlungen in seiner Abrechnung aus dem Jahre 1611, die noch<br />

im Landesarchiv vorhanden sind, deuten darauf hin, z.B.<br />

an Jan Clawsen Cooth<br />

auf 7 Demat Hochlandt im Freesenkooge 42 Rtl.<br />

<strong>für</strong> 60 Demat Coldenbüttell 100 Rtl.<br />

<strong>für</strong> 60 Demat bei Coldenbüttell 200 Rtl.<br />

<strong>für</strong> 60 Demat bei Coldenbüttell<br />

an Peter Hansen zu Sethe<br />

wegen Beteichung 8 Dematt Hoh-Landes<br />

720 Rtl.<br />

im Coge bei Coldenbüttell<br />

und nach 1612 an Cooth<br />

49 Rtl.<br />

einen Restbetrag von<br />

50 Rtl.<br />

Auch waren diese Ländereien nicht frei von Abgaben. Seine Testamentsvollstrecker haben in den<br />

folgenden Jahren laufend Landgeld, Teichkosten, Siel- und Schleusengelder gezahlt, ebenfalls <strong>für</strong> die<br />

Schatzung.<br />

Der von Rollwaghen errichtete Deich schien nicht ganz in Ordnung zu sein; denn am 9. October<br />

1611 richtete der Herzog Johann Adolf folgenden Brief an den „erbaren Landtmeßer und lieben<br />

Getrewen Claweß Janßen Rollwagen zu Tönningen“:<br />

„Unseren gnedigen Gruß zum erbarlichen Getrewen.<br />

Nachdem uns allerhandt Clagten einkommen, daß der Teich im Newenkoge bey Coldenbüttell<br />

gar untrewlich gemachtt, alß daß demselben Koge leichtlich eine gefahr beykommen kan, so<br />

befehlen wir dir hiermit gnediglich, daß du nebenst Johan Claweßen Koth dich ungeseumbt<br />

gegen Coldenbüttell begebest, und die Ordinanz machen helfest, damitt der Newe Teich zum<br />

bestande gebracht und erhalten werden möge.<br />

Geschichtt ... unßer gnedige meinungh undt wir sindt dir zu gnaden gewogen.“<br />

Heft 23, S. 133<br />

Heft 23, S. 134<br />

Ebenfalls erging am gleichen Tage ein „Befehligh“ an Adolf Vagten, die


„Eigner deß Friesenkoges dahin zu halten, daß sie ihre Teiche gleich den andern verhöhen und<br />

zum bestande bringen“<br />

Daß die Deiche nicht so stark waren, beweist auch ein Schreiben des Pächters Hans Syvertz, das<br />

besagt, daß zwischen dem 11. und 12. October 1634 „Wetter und Wint durch Überstürzung deß<br />

Saltz Waßer Teich und Dahm zehrbrochen“.<br />

Die Pächter hatten auch unter Einquartierung zu leiden. Vom 1. Oktober 1627 bis zum 9. Juni 1629<br />

hat Hans Syvertz „in werender Inquarterung der Keiserlichen Soldatesca verunkostet und<br />

contribuiret 415 1/2 Daler“. Auch um 1659/61 litt der Pächter unter Einquartierung, dieses Mal der<br />

Sohn des Hans Syvertz, nämlich Sievert Hanß. Er und seine Frau sind im gleichen Jahr 1661,<br />

gestorben, es ist anzunehmen, infolge der Einquartierung.<br />

Die Ländereien im Freesenkoog waren eingetragen im „Carspel unnde Koges Bock im Carspell<br />

Coldenbüttell, angefangen im Jahre 1641 nach deß Landtmeters Handt richtig erkennt unnd int dre<br />

underschetliche Astimationen, also int Beste, Middelste und Ringste gesettet“.<br />

Unter dem 29. Januar 1656 steht:<br />

Johan von Wowern In Fresenkoch<br />

int beste<br />

(ut Sivert Hanß nahme)<br />

55.3.-<br />

1724 stand noch die gleiche Eintragung. Im Mai 1814 sind die van Wouwerschen Ländereien vom<br />

beeidigten Landmesser Jacob Harlop, Coldenbüttel, „richtig“ aufgemessen. Die festgestellten 55<br />

Demat, 1 Saat, 8 Ruten und 8 Fuß waren in 11 Werfte unterschiedlicher Größe aufgeteilt. Seinerzeit<br />

waren ca. 11 Demat mit Hackfrucht und 14 mit Winterkorn bebaut, 19 Demat waren Grasland und<br />

11 sogenanntes Neuland.<br />

Am 15. August 1839 wurden diese Ländereien, auf Kurzfassung gebracht, etwa so beschrieben:<br />

im Friesenkoog belegen, geschlossene Lage, gegen Süden und Südosten von den Ländereien<br />

des Hofes des weil. Pastors Johannsen, gegen Osten und Nordosten vom Treenedeich und<br />

gegen Nordosten und Westen von den Ländereien des sogenannten Mühlenhofes begrenzt;<br />

die südlichen Fennen, etwa ein Drittel des Besitzes, sind am höchsten belegen, die übrigen<br />

senken sich zum<br />

Heft 23, S. 134<br />

Heft 23, S. 135<br />

Treenedeich und zu den zum Mühlenhof gehörenden Ländereien. Die höher gelegenen Fennen<br />

enthalten einen sandigen, mit Clei wenig vermischten Boden von sehr mäßiger Beschaffenheit;<br />

die niedriger gelegenen Fennen enthalten dagegen fruchtbaren, mit Sand vermischten Clei und<br />

sind von guter Qualität.<br />

Die Gräben haben allenthalben einen festen Grund. Nach der Lage der Beschaffenheit des<br />

Bodens können sämtliche Ländereien zu keiner Zeit durch Wasser leiden. Die Gräben, Hecken


und Dämme sind mäßig unterhalten, Senf und Kötje (?) ist übrigens nicht bemerkt.<br />

Danach folgt die Beschreibung der elf einzelnen Parzellen. In den Jahren 1842 bis 1845 wurde der<br />

Chausseebau Husum - Friedrichstadt - Tönning durchgeführt. Die Chaussee durchschneidet die van<br />

Wouwerschen Ländereien, so daß die Parzellen teilweise neu geschnitten werden mußten. Durch den<br />

Bau gingen zwei Demat, 2 Saat und 34 Ruten verloren. Aufgrund dieser Straßenziehung mußte 1844<br />

eine Brücke über den Sielzug erstellt werden, die eine Lichtweite von mindestens 16 Fuß haben<br />

mußte. An einem Brückentermin am 23.12.1844 hat auch der Advocat Theodor Storm<br />

teilgenommen.<br />

Weitere 2 Demat, 33 Ruten gingen ab 1862 weg <strong>für</strong> Befestigungsanlagen, veranlaßt durch das<br />

Königliche Kriegsministerium in Kopenhagen. Nach Schleifung der Befestigungsanlagen wurden<br />

diese 2 Demat 1867 dem Hofbesitzer Detlef Peters, Coldenbüttel, zugeschrieben.<br />

1910 und 1914 wurden noch redaktionelle Fehler seitens des Katasteramtes berichtigt, so daß<br />

letztendlich bis 1960 nur 24,89 ha nachblieben.<br />

Durch Tausch, Anlegung eines Radfahrweges und Einrichtung des <strong>Friedrichstädter</strong> Gewerbegebietes<br />

wurden in letzter Zeit Umschichtungen vorgenommen. Auf dem durch Tausch an die Stadt<br />

abgegebenen Gebiet wurden dann Straßen gebaut, von denen die eine den Namen des<br />

JOHAN VAN WOUWER<br />

tragen wird, des Mannes und seines Vermächtnisses, dessen Eigentum das Land schließlich von<br />

1611 bis 1981 gewesen ist.<br />

Werner Sarau<br />

Heft 23, S. 135<br />

Heft 23, S. 136<br />

Pächter<br />

der van Wouwerschen Ländereien im Freesenkoog waren, soweit sie noch festgestellt werden<br />

konnten, folgende:<br />

1618 Caspar Moldenit<br />

vor 1622 Sievert Hansen<br />

1622 Sievert Hanssen Wwe, genannt Moder Sievertsen<br />

1634 Hans Syverts, sowie davor und danach<br />

1647-1663 Sievert Hanss, † 1661, dessen Schwiegervater Daniel Otto in Husum war<br />

1664-1674 Emanuel von der Loo<br />

1675-1694 Jacob von der Loo<br />

1695-1698 Hein von der Loo<br />

1698-1718 Süncke Sibbers<br />

1718-1765 Peter Ovens, Friedrichstadt<br />

1765-1785 Peter und Nicolaes Ovens, Friedrichstadt<br />

1785-1805 Jens Bahnsen (Haus abgebrochen, da baufällig)<br />

1805-1810 Boye Reimers


1810-1820 Hans Ick<br />

1820-1830 Siewert Ick<br />

1830-1839 Lehnsmann Detlef Peters, Koldenbüttel<br />

1840-1851 Senator Schnitger und Joh. Greve, Friedrichstadt<br />

1852-1892 C. F. von der Heyde, Friedrichstadt<br />

1892-1915 Heinrich Mertens, Landmann, Amtsvorsteher und Lehnsmann, Koldenbüttel<br />

1916-1933 Heinrich Sattler, Koldenbüttel<br />

ab 1934 parzellenweise verpachtet<br />

Quellennachweis:<br />

Landesarchiv Schleswig, Abt. 7 Nr. 231, 273 bis 275, 3069, 3197<br />

Kreisarchiv Husum, A 2/138 a und b und Koldenbüttel<br />

Heimreich, Anton: Nordfriesische Chronik<br />

Bruhn, E.: Zur Heimatgeschichte Eiderstedt<br />

Fischer, O.: Fortschritte im Deichwesen bis 1634 in Eiderstedt<br />

Sax, Petrus: Annalis Eyderstedensis<br />

Koop, Dr. Rudolf: Eiderstedter Heimatbuch, I. Teil<br />

Katasteramt Husum, Art. 256<br />

Sarau, Werner: van Wouwer und sein Vermächtnis<br />

Akten des van Wouwerschen Vermächtnisses.<br />

Heft 23, S. 136<br />

Heft 23, S. 137<br />

Leben und Wirken von Dr. Harry Schmidt<br />

aus Anlaß seines 100. Geburtstages<br />

Am 5. März 1983 jährte sich zum 100. Male der Tag, an dem der bekannte schleswig-holsteinische<br />

Kunsthistoriker und Heimatforscher Dr. Harry Schmidt in Port au Prince auf Haiti geboren wurde.<br />

Aus diesem Anlaß mögen seinem Gedenken die nachfolgenden Zeilen gewidmet werden.<br />

Der weit entfernte Geburtsort rührt daher, daß sein Vater dort als Kaufmann tätig war. Die Familie<br />

übersiedelte aber bald wieder nach Deutschland, so daß die eigentliche Heimatstadt Friedrichstadt<br />

an der Eider wurde. Harry Schmidts Mutter entstammte der alten Remonstrantenfamilie Eckhoff. Die<br />

Familie wohnte zunächst im alten Remonstrantenpastorat an der Ecke Prinzeß- und Kirchenstraße,<br />

später in der Osterlilienstraße 4. Nach Besuch des Hermann-Tast-Gymnasiums in Husum bis zum<br />

Abitur folgten Studien der alten Sprachen (Latein und Griechisch), klassische Philologie, Archäologie<br />

und Kunstgeschichte in Heidelberg, Berlin und Kiel. Nach bestandenem Staatsexamen und<br />

abgelegter Promotion wurde er im höheren Schuldienst zunächst in Apenrade, danach in Flensburg<br />

und Kiel eingesetzt.<br />

Schon bald aber wandte sich Harry Schmidt seinem wirklichen Interessengebiet, der<br />

Kunstgeschichte und der Heimatforschung, zu.<br />

Im Jahre 1922 erschien nach umfangreichen, sehr mühseligen Forschungen, die ihn u.a. nach Holland<br />

und Dänemark führten, ein Werk über den Maler Jürgen Ovens, der in unserer Stadt gewirkt und<br />

gelebt hatte. In der schweren Inflationszeit war die Herausgabe des Werkes im Selbstverlag nur<br />

dadurch möglich, daß eine Reihe von ausländischen Freunden die Arbeit in hochherziger Weise


materiell unterstützte. Kurz darauf gründete Schmidt zusammen mit dem Direktor des Flensburger<br />

Museums Walter Dammann die Zeitschrift „Nordelbingen“, in der heimatkundliche, kunsthistorische<br />

und wissenschaftliche Aufsätze erschienen. 1927 bis 1937 war Schmidt als Redakteur <strong>für</strong> Kunst und<br />

Wissenschaft bei den Kieler Neuesten Nachrichten tätig. Im Kriege zog er nach Deutsch Nienhof am<br />

Westensee und ordnete dort die umfangreiche Privatbibliothek. Mit Unterstützung des damaligen<br />

Eigentümers Hartwig von Hedemann-Heespen wurde auf seine Anregung hin im<br />

Heft 23, S. 137<br />

Heft 23, S. 138<br />

Herrenhaus eine große Anzahl von kulturellen Veranstaltungen durchgeführt, die den Ort zu einem<br />

geistigen Mittelpunkt machten. Aus dieser Zeit stammt auch sein Büchlein über „Drei Schlösser am<br />

Westensee“ - Emkendorf, Deutsch Nienhof und Schierensee.<br />

Anläßlich seines 75. Geburtstages widmeten ihm Mitarbeiter und Herausgeber von<br />

NORDELBINGEN den 26. Band, der eine lange Bibliographie seiner wissenschaftlichen<br />

Veröffentlichungen enthielt. Genannt werden von ihm als Verfasser 225 Werke, 9 herausgegebene<br />

Schriften und 113 Besprechungen. Viele Hunderte von Zeitungsaufsätzen blieben unberücksichtigt.<br />

Von seinen Arbeiten über die <strong>Friedrichstädter</strong> <strong>Stadtgeschichte</strong> seien hier nur die bedeutendsten<br />

genannt:<br />

Die <strong>Friedrichstädter</strong> Polizeiprotokolle. Im Auszug herausgegeben, Teil 1 und 2, in Quellen und<br />

Forschungen Bd. 6, 1918, S. 265-407 Bd. 7, 1919, S. 1-146.<br />

Die <strong>Friedrichstädter</strong> Lotterie von 1624/25. In: Quellen und Forschungen, Bd. 7, S. 147-177.<br />

Bilder aus der Geschichte der Stadt Friedrichstadt an der Eider. Zur 300-Jahrfeier der<br />

Gründung. Friedrichstadt a. d. Eider: Pfeiffer 1921, 82 S. 8°. 2. Auflage 1931 und 3. erw.<br />

Auflage 1957.<br />

Beiträge zur Geschichte der Stadt Friedrichstadt an der Eider. In: ZSHG Bd. 72, S. 306-316.<br />

Festungen und Befestigungsanlagen. Friedrichstadt und Tönning. Nach der Handschrift des<br />

Generalmajors Zacharias Wolf. In ZSHG Bd. 80, S. 229-248.<br />

Die sogenannte Alte Münze in Friedrichstadt. - Wie kommt das Haus zu seinem Namen? -<br />

In: Die Heimat. Jg. 63, S. 108-110.<br />

Geschichte (Friedrichstadt). In: Die Kunstdenkmäler des Landkreises Schleswig ohne die Stadt<br />

Schleswig. S. 207-211.<br />

Für diese und viele andere Arbeiten über Friedrichstadt schulden wir Harry Schmidt unseren Dank!<br />

Heft 23, S. 138<br />

Heft 23, S. 139


Abb.<br />

Foto. Doppelporträt.<br />

Dr. Harry Schmidt und Frau Hedwig<br />

Heft 23, S. 139<br />

Heft 23, S. 140<br />

Ein Brief aus Friedrichstadt an Kaiser Menelik von Abessinien und seine Folgen.<br />

Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts, ich meine, es war 1893, brach zwischen Italien und dem<br />

Kaiserreich Abessinien ein Krieg aus, in dessen Verlauf es den Abessiniern gelang, die Eindringlinge<br />

aus dem Lande zu vertreiben. Da ansonsten nicht viel Aufregendes in der Welt geschah, berichteten<br />

alle Gazetten in Deutschland über den Verlauf dieses Krieges und sein <strong>für</strong> die Abessinier glückliches<br />

Ende. Auf diese Weise erhielt auch mein Vater, damals 12 Jahre alt, Quintaner des Hermann-Tast-<br />

Gymnasiums in Husum, von dem fernen Kriege Kenntnis. Mit seinem Bruder und seiner Mutter lebte<br />

er in Friedrichstadt.<br />

Sein väterlicher Freund und Berater war der damalige holländische Domine der remonstrantischreformierten<br />

Gemeinde in Friedrichstadt, Pastor Eldering. In einem Gespräch riet er meinem Vater,<br />

der in der Schule gerade die Anfangsgründe der französischen Sprache erfuhr, doch seine<br />

Sprachkenntnisse nutzbringend anzuwenden und, da er Briefmarkensammler sei, an den Kaiser der<br />

Äthiopier, Menelik II., zu schreiben und um einen Satz neuester abessinischer Briefmarken zu bitten.<br />

Gesagt - getan! Und also geschah es. Im formvollendeten Schreiben wandte sich mein Vater an<br />

Menelik II., Menelik deux, roi des rois, empereur d’Abessinie, und brachte, nachdem er<br />

Glückwünsche zum Erfolg der abessinischen Truppen übermittelt hatte, seine bescheidene Bitte vor.<br />

Nach Absendung des Briefes verging eine lange Zeit, so daß mein Vater die Angelegenheit schon<br />

fast vergessen hatte. Eines Tages aber überbrachte der Postbote einen schon äußerlich erkennbar<br />

bedeutsamen Brief. Aus dessen Inhalt konnte mein Vater entnehmen, daß der persönliche Sekretär<br />

des Kaisers, der Schweizer Staatsbürger Ilk, sich namens seiner Majestät <strong>für</strong> die übermittelten<br />

Glückwünsche bedankte. Dem war - wie gewünscht - ein Satz abessinischer Briefmarken beigefügt.<br />

Mein Vater war über diese unerwartete Antwort mit Stolz erfüllt und verbreitete die Kunde davon im<br />

Kreise seiner <strong>Friedrichstädter</strong> Bekannten. In Friedrichstadt aber befand sich ein Korrespondent des<br />

Hamburger Fremdenblattes. Eines Tages wurde unter der Überschrift „FRIEDRICHSTÄDTER<br />

GYMNASIAST, SCHÜLER DES HERMANN-TAST-<br />

GYMNASIUMS, NIMMT KONTAKT ZU KAISER MENELIK II. AUF“ über das Erlebnis<br />

meines Vaters in eben dieser Zeitung berichtet. Von<br />

Heft 23, S. 140<br />

Heft 23, S. 141<br />

dort übernahmen das Husumer Tageblatt und die <strong>Friedrichstädter</strong> Zeitung die Meldung. Mein Vater<br />

aber stieg im Ansehen der Schülerschaft, und sein Stolz über das Erlebnis war groß. Gemach -<br />

Hochmut kommt vor dem Fall!


Eines Tages während des Unterrichtes, den der von meinem Vater hochgeschätzte Klassenlehrer<br />

abhielt, klopfte es an die Tür und herein trat der neue Direktor, ein Preuße, der die laschen<br />

Schleswig-Holsteiner Mores lehren sollte. In barschem Ton wandte er sich an die Klasse und fragte:<br />

„Hat ein Schüler die Unverfrorenheit besessen, sich aus der Schulgemeinschaft zu begeben und<br />

briefliche Verbindung mit Kaiser Menelik II. von Abessinien aufzunehmen?“. Mein Vater, dem das<br />

Wort UNVERFRORENHEIT bisher noch nie begegnet war, und der es in seinem kindlichen<br />

Unverstande fälschlich <strong>für</strong> eine große, ihm gebührende Auszeichnung hielt, meldete sich freundlich<br />

lächelnd in der Hoffnung, daß sein Ansehen nunmehr durch anerkennende Worte von höchster Stelle<br />

weiter gefördert wurde. Stattdessen aber ging ein furchtbares Donnerwetter auf sein sündiges Haupt<br />

hernieder. Die Suada endete damit, daß meinem Vater - und damit auch seinem zur Beaufsichtigung<br />

bestellten KLASSENLEHRER - <strong>für</strong> Donnerstag nachmittag von 2 bis 6 Uhr NACHSITZEN<br />

verordnet wurde.<br />

Wiederum ging die unerwartete Wendung der Ereignisse wie ein Lauffeuer von Mund zu Mund<br />

durch Friedrichstadt. Im Hamburger Fremdenblatt wurde das Publikum unter der Überschrift<br />

„PHILOLOGENBLÖDSINN“ über den weiteren Fortgang unterrichtet. Aus dem Hamburger<br />

Fremdenblatt übernahmen das Husumer Tageblatt und die <strong>Friedrichstädter</strong> Zeitung die wichtige<br />

Meldung. Gebrummt aber mußte werden. An einem schönen Sommernachmittag saßen der<br />

Klassenlehrer und mein Vater gemeinsam nach. Mein Vater aber mußte einen Aufsatz über ein<br />

Gedicht schreiben, das ihm vom milde blickenden Klassenlehrer vorgelesen wurde und das „Das<br />

Mädchen in der Fremde“ hieß. In seiner kindlichen Unschuld glaubte mein Vater, daß dieses Gedicht<br />

besonders deshalb ausgewählt worden sei, weil Kaiser Menelik so fern und ihm so fremd sei. Aus<br />

der freundlichen Behandlung, die ihm durch seinen alten Klassenlehrer zuteil wurde, merkte er aber<br />

auch, daß dieser, trotz voller Loyalität gegenüber den Maßnahmen seines Vorgesetzten, die Strafe<br />

innerlich dennoch nicht billigte.<br />

Harry Schmidt<br />

Heft 23, S. 141<br />

Heft 23, S. 142<br />

Abb.<br />

Druck.<br />

Inhalt:<br />

[zeigt Buchtitel von Hermann Hansen]<br />

Das alte<br />

Friedrichstadt<br />

Hermann Hansen: Das alte Friedrichstadt<br />

Eine Betrachtung zur 2. verbesserten Auflage 1983<br />

Es ist schon ein beachtenswertes Unterfangen, wenn ein Tischlermeister im Rentenalter neben seinen<br />

vielen Zeitungsartikeln gleich eine ganze Reihe Bücher und Broschüren mit stadtgeschichtlichem Inhalt


<strong>für</strong> eigene Rechnung im „Selbstverlag“ veröffentlicht. Seine schwere Kriegsverletzung war ihm beim<br />

Schreiben hinderlich ... „- un ick heff nix dorvun; dat is eben Hobby, un Hobbys kosten Geld, männy<br />

mal veel Geld!“, schreibt er 1979. Nach dem Versuch mit einer kleinen Broschüre<br />

„FRIEDRICHSTADT, die interessante Holländersiedlung“ im Jahre 1970 folgte zum Stadtjubiläum<br />

1971 ein 451 Seiten starkes Buch „FRIEDRICHSTADT 1621 - 1971“, das längst vergriffen ist und<br />

heute von Antiquariaten wieder angeboten wird. Danach folgten<br />

1974 Das alte Friedrichstadt 112 Seiten<br />

1976 Unsere <strong>Friedrichstädter</strong> Juden 120 Seiten<br />

1977 <strong>Friedrichstädter</strong> Geschichten 208 Seiten<br />

1979 FRIEDRICHSTADT, die interessante<br />

Holländersiedlung, 2. Auflage<br />

48<br />

Seiten<br />

1980 175 alte Ansichten von Friedrichstadt 144 Seiten<br />

1981 FRIEDRICHSTADT 24 Seiten<br />

Es ist dankenswert, daß Hermann Hansen - er ist der eifrige Selbstverleger - in einer solchen Fülle<br />

seine jahrelang gesammelten Fotos und Postkarten vom „alten“ Friedrichstadt und von „alten“<br />

<strong>Friedrichstädter</strong>n einer breiten, interessierten Käuferschicht zugänglich macht. In der <strong>Stadtgeschichte</strong><br />

fortgeschrittene Leser werden die mehr kurzgefaßten Erläuterungen aus seiner Feder eher dann<br />

begrüßen, wenn sie sich auf ein Minimum beschränken und die zum Teil recht seltenen Bilder allein<br />

wirken lassen.<br />

Seine plattdeutschen „Döntjes“ sind originell; sie werden gern gelesen.<br />

Nun bieten die vielen Broschüren nicht in jeder Folge etwas Neues. Vieles ist aus dem 1971<br />

erschienenen dicken Buch<br />

Heft 23, S. 142<br />

Heft 23, S. 143<br />

übernommen, manches aus den vorhergehenden Ausgaben. Man erwartet indessen nicht unbedingt in<br />

Hermann Hansens Broschüren neue stadtgeschichtliche Erkenntnisse. Das ist auch gar nicht die<br />

Absicht des Herausgebers. Er will vielmehr nur sein Wissen - das, was er selbst erlebt hat und was<br />

alte Leute ihm erzählt haben - freudig weitergeben, ohne eigene Forschungen zu betreiben. Dagegen<br />

ist auch solange nichts einzuwenden, als die objektive Darstellung nicht leidet und bekannte,<br />

gesicherte Erkenntnisse anderer nicht einfach übergangen werden.<br />

1983 nun legt Hermann Hansen die „2., verbesserte Auflage“ seiner 1974 zuerst erschienenen<br />

Broschüre „Das alte Friedrichstadt“ vor.<br />

Wer nun im Vertrauen auf den im Volumen um die Hälfte gestiegenen Band auch auf einen<br />

erweiterten Inhalt gehofft und darin die erste Verbesserung gesehen hatte, wurde enttäuscht. Ein<br />

anderes Druckverfahren, eine andere Papiersorte - worunter die Qualität der Bilder gegenüber der<br />

ersten Ausgabe leider litt - sorgten <strong>für</strong> die Vergrößerung; der Inhalt blieb mit 112 Seiten gleich.<br />

Hansens Bildmaterial ist gut, oft stimmungsvoll ausgesucht. Mancher Buterfriedrichstädter und mehr<br />

und mehr auch manch älterer Mitbürger mag sich nach seinem stillen Friedrichstadt zurücksehnen,<br />

von dem Hermann Hansen mit dem Bild vom sonnigen Mittelburgwall und den Schatten spendenden


Linden auf Seite 27 einen so guten Eindruck vermittelt. Welche Kindheitserinnerungen ruft er mit<br />

dem Peermarktsbild von Seite 51 hervor. Wie lange ist es eigentlich her, daß Robert Eberhardt noch<br />

Störe verkaufte (S. 57) und wer denkt heute noch an die Stöpe vor dem Goldenen Tor, die der<br />

Herausgeber auf Seite 56 zeigt?<br />

Die angekündigten Verbesserungen beschränken sich allerdings nur auf gelegentliche, kurze<br />

Ergänzungen.<br />

Dabei hätte man sich bei der Neuauflage aus der Sicht unserer <strong>Gesellschaft</strong> gern eine Korrektur<br />

einzelner Texte bei dieser von Einheimischen und Touristen gern gekauften Broschüre gewünscht.<br />

Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Hermann Hansen ist Mitglied unserer <strong>Gesellschaft</strong>; er<br />

fördert unsere Bestrebungen in dankenswerter Weise sehr, und es besteht mit ihm kein Streit. Er<br />

arbeitet gern auch an diesen Mitteilungsblättern mit, nur<br />

Heft 23, S. 143<br />

Heft 23, S. 144<br />

...an einer Hilfe bei der Fertigstellung seiner Bücher ist er nicht sonderlich interessiert. „Aus<br />

Archiven habe ich kaum geschöpft, wohl aber aus vielen Heimatbüchern“, bekennt Hermann Hansen<br />

1970, und 10 Jahre später, 1980, klagt er gar „bei allen meinen Forschungen und Arbeiten steh’ ich<br />

ständig allein, ohne jegliche Hilfe, sei diese materiell und finanziell“. Diese Klage kann sich weder<br />

gegen unsere <strong>Gesellschaft</strong>, noch gegen das Stadtarchiv richten. Hier ist ihm Hilfe sicher, und sie sei<br />

ihm ausdrücklich noch einmal angeboten!<br />

Hermann Hansens Unwille richtet sich auch wohl mehr gegen die Obrigkeit der Stadt selbst: „suns is<br />

doch een Stadt stolt dorop, wenn mol ehr Platz beschreben ward; doch noch nie hätt mi dat Rathuus<br />

een Boock afkofft. De Prophet gilt eben nix in sien Heimad!“ grollt er 1979, freut sich aber zu der<br />

ihm inzwischen verliehenen Medaille <strong>für</strong> Verdienste um die Deutsche Bundesrepublik.<br />

Es ist nicht die Absicht, an dieser Stelle die sachliche Nichtübereinstimmung zwischen Hermann<br />

Hansens Darstellung und den stadtgeschichtlichen Forschungen unserer <strong>Gesellschaft</strong> aufzuzeigen.<br />

Davon gibt es einige! Es sei zum Beispiel daran erinnert, daß die Kanonen von Seite 43 nicht von<br />

1848/50 stammen und das Schwarze Roß (S. 25) keineswegs das Versammlungshaus der Quäker<br />

war.<br />

Die Ausführungen auf den Seiten 22 und 23<br />

über die <strong>Friedrichstädter</strong> Juden<br />

bedürfen aber doch einer näheren Betrachtung und - leider auch einer Korrektur. In<br />

wissenschaftlichen Arbeiten und geschichtlichen Veröffentlichungen werden Hermann Hansens<br />

Bücher in zunehmendem Maße zitiert und seine Äußerungen gelegentlich unkritisch - vielleicht schon<br />

wegen fehlender anderweitiger einschlägiger Veröffentlichungen - übernommen. Nicht zuletzt aus<br />

diesem Grunde erscheint eine Klarstellung angebracht.<br />

Da ist vor allen Dingen die <strong>für</strong> 1908 von Hermann Hansen mit 420 <strong>Friedrichstädter</strong> Juden<br />

angegebene Bevölkerungszahl, die dringend einer Berichtigung bedarf. Diese weitaus überhöhte Zahl


führt zu einer völlig unzutreffenden Beurteilung der <strong>Friedrichstädter</strong> israelitischen Gemeinde seit 1850.<br />

Aus kleinsten Anfängen heraus hatte sich die Niederlassung der Juden seit 1675 zwar zu einer<br />

beachtlichen Gemeinde und zur zweitstärksten Religionsgemeinschaft unserer Stadt entwickelt; ihre<br />

zahlenmäßige<br />

Heft 23, S. 144<br />

Heft 23, S. 145<br />

Größe schwand aber ab Oktober 1850 sehr bald dahin.<br />

Hier sollen einige Zahlen das Werden und Vergehen der jüdischen<br />

Gemeinde verdeutlichen.<br />

Jahr Steuerzahler 1) Familien Personen 2)<br />

1687/88 2<br />

1707/08 5<br />

1717 9 3) 42 3)<br />

1731 21 5)<br />

1756 24<br />

1772/73 33<br />

1800 41<br />

1803 187<br />

1823 70<br />

1835 61 393<br />

1840 382<br />

1845 421<br />

1850 um 500<br />

1855 302 4)<br />

1864 236<br />

1867 212<br />

1871 193<br />

1872 44 5) 212 5)<br />

1885 153<br />

1890 129<br />

1895 138<br />

1900 109<br />

1905 117<br />

1925 40<br />

1931 10 6) 31 6)<br />

1933 32<br />

1939 14<br />

1940 1<br />

Anmerkungen:<br />

1) Steuerzahler nach den Martinischatzungen der Stadt<br />

2) Personen nach den Volkszahlregistern und nach den<br />

Volkszählungen<br />

3) Kopfsteuersetzung <strong>für</strong> 1717<br />

4) nach Angaben des Bürgermeisters Schnitger


Heft 23, S. 145<br />

Heft 23, S. 146<br />

5) eigene Angaben der israelitischen Gemeinde<br />

6) Gemeindeblatt der deutsch-israelitischen Gemeinde Nr.<br />

11/1931, S. 8.<br />

Ganz deutlich ist aus der vorstehenden Übersicht der starke Verfall der Gemeinde schon ab 1850,<br />

wo wir die Zahl der jüdischen Einwohner unserer Stadt um die 500 annehmen dürfen, zu erkennen.<br />

Zahlenmäßig stark wurde die Gemeinde erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Sie war also nicht,<br />

wie es bei Hermann Hansen heißt, „stets die zweite Konfession“. 1756 gab es 24 jüdische Familien<br />

in der Stadt. Damals bestand die Mennonitengemeinde noch aus 38 Familien! Aber immerhin darf<br />

man davon ausgehen, daß die israelitische Gemeinde wohl <strong>für</strong> mehr als 100 Jahre in der 360 Jahre<br />

langen Geschichte unserer Stadt die zweitstärkste Bevölkerungsgruppe gewesen ist.<br />

Das Volkszählungsergebnis <strong>für</strong> 1905 kommt zeitlich der auf Seite 22 in Hansens Broschüre<br />

mitgeteilten Aufgliederung (<strong>für</strong> 1908) am nächsten. Die amtlichen Zahlen geben folgendes Bild:<br />

Einwohner männlich weiblich zusammen<br />

ev.-luth. Christen 1180 1236 2416<br />

katholische Christen 56 42 98<br />

andere Christen 15 16 31<br />

Juden 51 66 117<br />

zusammen 1302 1360 2662<br />

Der alte Friedhof der jüdischen Gemeinde geht in seinen Anfängen tatsächlich bis 1676 zurück.<br />

Moses Markus Levy erwarb damals einen kleinen Streifen Land an der Norderecke des<br />

Binnenhafens auf seinen Namen <strong>für</strong> 144 Mark. Er zahlte die Summe nicht in bar, was zwar der Regel<br />

entsprochen hätte, sondern wählte die mögliche und durchaus rechtmäßige Art der Verzinsung des<br />

Kaufpreises mit 9 Mark 3 Schilling jährlich - eine Art Erbpacht. Eine jüdische Gemeinde gab es<br />

offiziell ja nicht, und beim Tode des alten Levy ging der Friedhof auf seinen Sohn David Moses Levy<br />

über, der seinerseits ein weiteres Stück Land von der Stadtbinnengräsung <strong>für</strong> 77 Mark hinzu erwarb:<br />

Das Wachsen der Gemeinde machte diesen Erwerb erforderlich. 1752 kaufte man zur Erweiterung -<br />

wieder gegen Verzinsung - noch ein Stück Land hinzu, eine weitere Parzelle zu Beginn und in der<br />

Mitte des vorigen Jahrhunderts zwei weitere Parzellen, bis der alte Friedhof die heutige Größe<br />

erreichte und eine Neuanlage vor der Stadt 1887 erfolgte.<br />

Heft 23, S. 146<br />

Heft 23, S. 147<br />

Abb.<br />

Foto.<br />

Der alte Friedhof zwischen den Kriegen<br />

Heft 23, S. 147


Heft 23, S. 148<br />

Abb.<br />

Foto.<br />

Der alte Friedhof nach 1939 - als Kleingarten benutzt.<br />

Heft 23, S. 148<br />

Heft 23, S. 149<br />

Die Verbesserung, die Hermann Hansen gegenüber der ersten Auflage von 1974 am Ende des<br />

Textes auf Seite 23 vornimmt<br />

„1936 wurden die Grabsteine des „Guten Garten“ von den Nazis vollständig zerstört, bis<br />

auf diesen kümmerlichen Rest“<br />

ist nicht belegt. Im Gegenteil: die Akten der Gemeinde im Stadtarchiv lassen deutlich darauf<br />

schließen, daß noch 1939 die Grabsteine auf den Gräbern gestanden haben. Bürgermeister Rühling<br />

hat sich einer Zerstörung oder Entfernung der Grabdenkmäler widersetzt und mit dem ihm lange<br />

Jahre bekannten, letzten Vorsteher der Gemeinde, dem alten Israel Behrend vereinbart, daß die<br />

Steine auf den Gräbern flachgelegt werden sollten. Die Verwaltung meldete, daß das geschehen sei.<br />

Ob dies dann in jedem einzelnen Falle damals, 1939, auch geschehen ist, mag zu Recht bezweifelt<br />

werden; und es muß auch klar ausgesprochen werden, daß einzelne Steine während des Dritten<br />

Reiches brutal zerstört worden sind so, wie es auf dem durch die Nationalsozialisten gar nicht<br />

angerührten neuen Friedhof noch vor wenigen Jahren durch angetrunkene junge Leute geschah.<br />

Der Vollständigkeit halber soll hier erwähnt werden, daß schon am Ende des ersten Weltkrieges die<br />

Reihen der Grabsteine nicht mehr geschlossen waren. Es gab große Lücken. 1917 gingen beim<br />

Fällen von Bäumen weitere vier Steine in Stücke, und der in dem anschließenden Streit um eine<br />

begehrte Versicherungsentschädigung erstellte Bericht über den Zustand der Steine bescheinigte, daß<br />

die Witterung und mehr als 200 lange Jahre nicht spurlos an dem altem Friedhof und seinen<br />

Sandsteindenkmälern vorübergegangen waren.<br />

Schließlich müssen zur Synagoge ein paar Bemerkungen folgen.<br />

Ihren ersten Betsaal hatten die <strong>Friedrichstädter</strong> Juden im Hinterhause eines Wohnhauses an der<br />

Ostseite der Prinzenstraße, dem Hause ihres Ältesten. Er hatte das Gebäude von Bastiaen Plovier<br />

erworben. Das war 1676. Dort besuchte 1677 George Fox, der Quäker, den Moses Markus Levy,<br />

diskutierte mit ihm, war von den Büchern der Juden in Friedrichstadt angetan und stellte dann fest:<br />

„but they are very dark, and do not understand their own prophets“.<br />

Danach erst und vor 1734 erwarb die Gemeinde von Arrien von Rhenens Erben das Eckhaus am<br />

Fürstenburgwall/Binnenhafen und<br />

Heft 23, S. 149<br />

Heft 23, S. 150


Abb.<br />

maschschr. Drucksache mit Eingangsstempel, Siegel und Hs.<br />

Inhalt:<br />

Jüdische Gemeinde Friedrichstadt a/Eider,<br />

25. Juni 1939<br />

Stadtverwaltung<br />

z. Hd. d. Herrn Bürgermeisters,<br />

Friedrichstadt a/Eider.<br />

[Eingangsstempel]<br />

Stadt<br />

Friedrichstadt (Eider)<br />

26. JUN 1939<br />

Aktz.<br />

Betr: Unterredung des Herrn Israel Behrend, als Vorsitzender<br />

der Jüdischen Gemeinde Friedrichstadt und Herrn Julius<br />

Israel Behrend aus Hamburg<br />

mit dem Herrn Bürgermeister der Stadt Friedrichstadt a/Eider<br />

am 20. Juni 1939 im Büro des Herrn Bürgermeisters<br />

wegen<br />

des am Stadtgraben belegenen alten Jüdischen Friedhofs.<br />

Dem in der obigen Besprechung mit dem Herrn Bürgermeister<br />

geäusserten Wunsch der Stadtverwaltung, den alten Jüdischen Fried-<br />

hof künftig nach aussen hin nicht mehr als solchen in Erscheinung<br />

treten zu lassen, wird die Jüdische Gemeinde Friedrichstadt,<br />

soweit religiöse Vorschriften dem nicht entgegenstehen, weitgehendst<br />

Folge leisten und gestattet sich daher, zur beschleunigten Rege-<br />

lung der Angelegenheit nachstehenden Vorschlag zu unterbreiten:<br />

Die Jüdische Gemeinde Friedrichstadt als Eigentümerin<br />

der dortigen Jüdischen Friedhöfe erklärt hinsichtlich des alten<br />

Friedhofs ihr Einverständnis, dass die noch auf ihm befindlichen<br />

Grabsteine auf den zu ihnen gehörenden<br />

Gräbern seitens der Stadtverwaltung und auf ihre Kosten<br />

flachgelegt und mit einer Erdschicht bedeckt werden. Die Stadtverwaltung<br />

wird da<strong>für</strong> Sorge tragen, dass das Gitter um den Friedhof<br />

bestehen und das Tor verschlossen bleibt. Die nächsten Anlieger<br />

werden seitens der Stadtverwaltung angehalten werden, die<br />

Würde des Platzes zu respektieren.<br />

Jüdische Gemeinde Friedrichstadt a/Eider<br />

[Siegel der Gemeinde]<br />

Umschrift:<br />

Die Vorsteher der Mosai<br />

Gem. z Friedrichstadt •<br />

[Innen eine hebräische<br />

Umschrift und<br />

Stadtwappen.]<br />

I. A. Israel Behrend.


Heft 23, S. 150<br />

Heft 23, S. 151<br />

bauten es zur Synagoge aus.<br />

Diese Synagoge wurde der wachsenden Gemeinde 1845 offensichtlich zu klein. Sie kaufte das<br />

Eckgrundstück Westermarktstraße-Binnenhafen und ließ dort eine neue, die dritte Synagoge in<br />

Friedrichstadt 1845 errichten, welche der Gemeinde bis zum November 1938 diente.<br />

Die Tafel mit der „Gründungsgeschichte“ (S. 22) war eigentlich nur ein Loblied auf den wesentlichen<br />

Geldgeber. Die Inschrift lautete:<br />

GROSS SEI DIESES HAUSES EHRE, DAS ZU DES<br />

WELTENKÖNIGS EHRE VERMÖGE EINER GABE DES<br />

WACKEREN MANNES ISAAK SOHN VON HERTZ ES-<br />

SEN IM JAHRE 5607 ERBAUT UND SEINER BE-<br />

STIMMUNG ÜBERGEBEN WURDE.<br />

Der Bau der Synagoge war längst vor der furchtbaren Beschießung unserer Stadt durch die<br />

Schleswig-Holsteiner in den Oktobertagen 1850, nämlich im Jahre 1844 beschlossen; er wurde<br />

1846 beendet. Während der Kanonade wurde die alte Synagoge, ehemals das Haus des Herrn van<br />

de Wedde, das erste unserer Stadt, vollständig zerstört. Der Schaden betrug 13130 Mark.<br />

Abb.<br />

Foto. [zeigt die Synagoge]<br />

Die Tafel über der Eingangstür.<br />

Heft 23, S. 151<br />

Heft 23, S. 152<br />

Abb.<br />

Druck.<br />

Inhalt:<br />

Da die mosaische Gemeinde in Friedrichstadt den<br />

Neubau einer Synagoge<br />

zu unternehmen beabsichtigt, so werden deßhalb alle<br />

Diejenigen, welche etwa die rohen Materialien zu lie=<br />

fern, einzelne Arbeiten oder den ganzen Bau zu über=<br />

nehmen wünschen, hiemittelst aufgefordert, ihre desfall=<br />

sigen Anerbietungen spätestens bis zum 7. Aug. d. J.<br />

an das unterzeichnete Collegium schriftlich gelangen zu<br />

lassen. Bauriß und Uebersicht der erforderlichen Mate=<br />

rialien sind von heute, den 15. Juli, an im Schulhause<br />

hieselbst täglich, mit Ausnahme des Sonnabends, be=


liebigst einzusehen. Friedrichstadt, den 15. Juli 1844.<br />

Das Vorstehercollegium d. mos. Gem.<br />

Die Anzeige im Ditmarser und Eiderstedter Boten <strong>für</strong> die Ausschreibung des Synagogenneubaues<br />

1844.<br />

Hermann Hansen hat vier weitere Bücher angekündigt, darunter ein wissenschaftliches Buch „32 alte<br />

Holländerhäuser in Friedrichstadt“. Diese Arbeit könnte eine wertvolle Bereicherung der Literatur<br />

über die Bau- und Kulturgeschichte unserer Stadt werden. Auf fachmännische Unterstützung sollte<br />

dabei nicht verzichtet werden. Wir dürfen gespannt auf das Ergebnis warten - aber auch der<br />

Arbeitstitel „Besondere <strong>Friedrichstädter</strong>“ <strong>für</strong> eine Broschüre, mit der Hansen eine Ehrung von<br />

Bürgern vornehmen will, könnte mehr als nur eine Lücke in der stadtgeschichtlichen Literatur füllen.<br />

Er selbst erklärt:<br />

Daß ich Bücher schreibe? Nun ja, das Leben muß doch einen Sinn gehabt haben, und<br />

wegen meines großen Wissens um die Heimat will ich durch die Bücher nicht umsonst gelebt<br />

haben!<br />

und etwas später dann<br />

Solches hat mir keiner vorgemacht und nachmachen wird es mir auch keiner können; an<br />

Zeit, Geld und Wissen!<br />

Nun, das bleibt abzuwarten. Unsere <strong>Gesellschaft</strong> freut sich über jeden stadtgeschichtlichen Beitrag,<br />

über jede objektive Darstellung, die einer kritischen Nachprüfung standhalten kann.<br />

Karl Michelson<br />

Heft 23, S. 152<br />

Heft 23, S. 153<br />

Zwei Briefe um Heinrich Stuhr<br />

Lieber Hermann Hansen!<br />

... Beim Studium der alten zeitgenössischen Seglerliteratur im Kieler Yacht-Club aus dem vorigen<br />

Jahrhundert habe ich auch Einblick in die alten Jahrbücher des Norddeutschen Regattavereins<br />

genommen. Dort tauchte mehrfach der Name H. Stuhr aus Friedrichstadt auf, und zwar als Besitzer<br />

einer Segelyacht mit dem Namen „DÜT“:<br />

1892 „DÜT“ Länge in der Wasserlinie<br />

Raummaß<br />

9,15<br />

26,75<br />

1895 „DÜT“ I Länge in der Wasserlinie 9,23 m<br />

„DÜT“ II Länge in der Wasserlinie 6,40 m<br />

m<br />

m 3


Diese Schiffe müssen reine Segelyachten gewesen sein, hatten also noch keinen Motor. Da derzeitig<br />

in Friedrichstadt anscheinend noch kein eigener Segelverein existierte, gehörte H. Stuhr dem damals<br />

schon renommierten Norddeutschen Regattaverein, NRV, an und bestritt auch die Segelregatten der<br />

Kieler Woche unter dem Clubstander des NRV. Der NRV ist der eigentliche Schöpfer der Kieler-<br />

Woche-Regatten, bei denen H. Stuhr mit seinem Boot „DÜT“ häufig mitgesegelt hat.<br />

So hat er am 29.6.1894 in seiner Größenklasse bei der Segelregatta des Kaiserlichen Yachtclubs<br />

und des NRV von Laboe nach Travemünde den ersten Preis gewonnen.<br />

H. Stuhr muß ein begeisterter Segler gewesen sein; denn damals entstammten die Segler nur den<br />

Küstenstädten oder begüterten Familien, die besondere Verbindungen zur See hatten.<br />

Vor allem aber ist der idealistische Sinn dieses Mannes zu beachten, der sein Boot unter den<br />

damaligen primitiven Verhältnissen von Friedrichstadt an die Ostküste holen mußte!<br />

Abb.<br />

Hs.<br />

eigenh. Namenszug des Verfassers: Ihr Erhard Weiss<br />

Heft 23, S. 153<br />

Heft 23, S. 154<br />

Abb.<br />

Druck.<br />

Inhalt:<br />

See=Regatta,<br />

gemeinsam mit dem<br />

Norddeutschen Regatta=Verein<br />

von Labö nach Travemünde<br />

am<br />

Freitag, den 29. Juni 1894<br />

Morgens 4 Uhr.<br />

Starter: Herr Kapitän=Lieutenant Lilie.<br />

Richter: Herr Dr. A. Strack.<br />

Schiedsrichter: Herr Vice=Admiral z. D. Schering.<br />

Herr Paul von Schiller.<br />

Herr Alfr. O’ Swald.<br />

Die Bahn der ersten, zweiten und dritten Klasse ging von<br />

der Startlinie durch den Fehmarnbelt nach Travemünde.<br />

Bahnlänge 80 Seemeilen.<br />

Die Bahn der vierten und fünften Klasse ging von der<br />

Startlinie durch den Fehmarnsund nach Travemünde.<br />

Bahnlänge 65 Seemeilen.<br />

Die Zeitvergütung erfolgte nach der Tabelle der Küstensegler=<br />

Gruppe.<br />

Windrichtung: N.


Abb.<br />

Druck.<br />

Inhalt:<br />

122<br />

Laufd.<br />

Nr.<br />

Rückr.=<br />

Nr.<br />

Windstärke: 3—4 Meter in der Sekunde.<br />

115<br />

IV a Klasse:<br />

Yachten von 10 bis 7 Segeleinheiten.<br />

I. Preis: Ein silberner Becher. II. Preis: Ein silberner Becher.<br />

Name Nenn=<br />

werth<br />

24 3 Düt 9,0 Herrn H. Stuhr, Fried=<br />

richsstadt (N. N. V.)<br />

25 4 Witta 8,6 Herrn Director Zimmer=<br />

mann, Kiel (K. Y. C.)<br />

26 Lady Nancy 7,1 Herrn F. Marshall,<br />

Kopenhagen (K.D.Y.C.)<br />

27 1 Mellusa 10,1 Herrn Kapitän z. S.<br />

Kirchhoff, Kiel (K. Y. C.)<br />

28 7 Finesse 7,2 Herrn Lieutenant z. S.<br />

Persius, Kiel (K. Y. C.)<br />

Heft 23, S. 154<br />

Heft 23, S. 155<br />

Abb.<br />

Foto. Gruppenaufnahme.<br />

Segelyacht „DÜT“ um 1900<br />

Inschrift:<br />

Erinnerung an Nordseebad Wyk a. Föhr.<br />

Waldemar und Pho ???<br />

Sandwall No 111 vis à vi der Land ???<br />

Abb.<br />

Foto.<br />

„Damper DÜT“<br />

Heft 23, S. 155<br />

Heft 23, S. 156<br />

Abb.<br />

Gemeldet von Flagge Gesegelte Zeit Verbesserte Zeit Preis:<br />

St. Min Sek St. Min. Sek<br />

.<br />

[Abb.] 11 06 24 11 20 13 I<br />

[Abb.] 11 37 55 11 48 58 II<br />

[Abb.] 12 06 03 12 06 03 -<br />

[Abb.] 12 03 31 12 23 0 -<br />

[Abb.] 12 24 58 12 25 45 -


Foto. Gruppenaufnahme.<br />

Familie Stuhr<br />

von links:<br />

1. Telsche Dorothea Stuhr geb. Hansen, Mutter von 5.,<br />

2. Heinrich Stuhr, Bruder von 5.<br />

3. Anna Hansen, Schwester von 1.<br />

4. Dr. med. Otto Hansen, Ehemann von 5.<br />

5. Magdalena Hansen geb. Stuhr<br />

Die Mutter von Heinrich Stuhr war Christine Stuhr geb. Hansen, Schwester von 1 und 3.<br />

Aufgenommen um 1900 in der Veranda des Paludanushauses.<br />

Heinrich Stuhr konnte sagen - und tat es auch gern zur Verblüffung anderer:<br />

„Die Schwester meiner Mutter ist die Mutter meiner Schwester“<br />

Heft 23, S. 156<br />

Heft 23, S. 157<br />

Mien leeve Landsmann Erhard!<br />

Stuhr wär Junggesell, un hee wahnte an de Middelborchwall 18, wo hee in dat grote Huus twee<br />

Deensdeerns harr.<br />

To Wiehnachen 1912 harr hee jede Deern een Poor Handschoh schenkt, woröver de eene Deern so<br />

gifti wär, datt se ehr Handschoh forts in de Heerd verbrennte. Ehn Hölpersche paßte ehr Handschoh<br />

eersmal an, un dor seet dar Papier in. As se sick dat Papier bekeeck, wär dat een blaue Lappen,<br />

also een Hunnert-Markschien! Oh, wat hett Emma Schruve sick freut - un wat hett de anner Deern<br />

sick argert!<br />

Wegen sien Rheuma fohrte Stuhr twee mal int Johr nah Wiesbaden in de Kur. Op sien ole Daag<br />

wurr hee vun sien Kalfakter in een Rullstohl in de Stadt spazeern fohrt. As dat nu op’t Letz gung,<br />

fragte de Chef sien Deener, wat hee sick denn vun em wünschte. „Ja, wenn ick uns Herr sien Klock<br />

kriegen kunn, würr ick mi freun.“ Do mackte Stuhr de Uhrkääd los un geev em sien golden<br />

Sprungdeckel-Uhr. Süh, so kummt man to wat.<br />

Hee harr hier twee Fabriken: de Schwefelsäurefabrik un de Knockenmöhl, de „Stuhr &<br />

Lorenzen’sche Fabriken“. In de erste Fabrik an de Treen kunnen de Scheep direkt an de Kai<br />

löschen oder laden; datsülve kunn an de Knockenmöhl geschehn, denn wie harrn ja noch een<br />

Dreihbrüch. 60 Arbeiter, in de Saison uck 100, harrn hier ehrm Brot.<br />

Hee wurr erste Klass beerdigt, Hein Stuhr. De Peer wurn an de Kopp vun twee Kutschers föhrt, de<br />

Kränze wurrn an veer lange Stangs vun ach Arbeiders dragen, un veer Nachen lang heelen de<br />

Arbeiders naheenanner bi em de Dodenwach.<br />

Hee harr hier in Friestadt uck een Motorboot, dat alle Welt bloß „Damper Düt“ nennt hett.


Dat feine Schipp leeg an de Waterstech in de Ostersieltog bie de Lohgarver Hermann Juhl. Männy<br />

mal is sien Neffe Fritz Hansen in de Middagstünn, wenn Juhl sleep, mit dat Motorboot utneiht, ganz<br />

bet nah Schwabstedt rop, un allemal hätt dat gut gahn.<br />

Abb.<br />

Hs. [eigenhändiger Namenszug des Verfassers:] Hermann Hansen<br />

Heft 23, S. 157<br />

Heft 23, S. 158<br />

Abb.<br />

Foto. Porträt.<br />

Heinrich Stuhr<br />

Abb.<br />

Foto.<br />

Damper „DÜT“<br />

Inschrift:<br />

Friedrichstadt. Ostersielzug.<br />

Heft 23, S. 158<br />

Heft 23, S. 159<br />

Abb.<br />

Scherenschnitt, Schattenbild.<br />

Marcipan Teig ander Arth!<br />

Man nehme so viel frische Mandeln als man<br />

beliebet, solche in rein Brun-Wasser ge-<br />

than, und weichen laßen, so lange bis die<br />

Schale abgehet, dann rein gemacht und doch<br />

gerade wieder in rein Wasser gethan, bis<br />

sie alle rein sind.<br />

Dan ein Paar Mahl in rein Waßer wol gewa-<br />

schen, und auf ein sauber Tuch geleget,<br />

das sie ganz Trocken werden, dan zwischen<br />

zwei reine Tücher wol abgerieben. Die klei-<br />

nen Körnlein, so sich abgerieben laßen,<br />

durch ein Durchschlag abgesiebet und sodann


die Mandeln mit ein wenig Rosen-Waßer ganz<br />

fein gestoßen, und dan halb so viel fein<br />

geriebenen Zucker, als Mandeln genommen, da-<br />

von stößet man das meiste mit den Mandeln<br />

in einen großen Mörser zu einen Teig, und<br />

dan übrigens würcket oder Arbeitet man da-<br />

rein, wen man ihn aus dem Mörsel auf einen<br />

Back-Tisch thut, und so kan der Teig ge-<br />

brauchet werden, wozu man wil.<br />

Oder man kann auch gleich als dan vorher<br />

gehenden, auf gelinden Feuer, ein wenig<br />

abtrocknen und abgestoßen, aber dabey wol<br />

zusehen das er nicht anbrennet, dan ab-<br />

kühlen laßen, wol durchgewärgelt, und dan<br />

die Marcipan davon verfertigen.<br />

Nemlich man rolle den Teig aus als einen<br />

kleinen halben Finger dick und davon machet<br />

man dan allerhand Figuren als kleine<br />

wie als ein jeder beliebet und dan solche<br />

in eine Torten-Pfanne oder auf ein dünnes<br />

Bret, in einem verschlagenen Back-Ofen ganz<br />

ein wenig gebacken!<br />

Aus Bäcker Bake’s Back-Buch von 1787 ff.<br />

Heft 23, S. 159<br />

Heft 23, S. 160<br />

Wußten Sie schon ....<br />

.... daß 1822 an J. J. Schütt in der Alten Münze „verhuurd de bovenste Pakhuisen en de bovenste<br />

Kerk Zolder tezaam vor 50 [Mark] per Jaar“?<br />

.... daß 1817 am 19. Januar „is Samuel Stadlander overleden door dien hy in de Stadts-Burggraben<br />

gevallen en verdronken is, oud 63 Jaar, 8 maand en 9 dagen“ und<br />

.... daß 1784 den 20.11. Catharina Brockdorp „by haer Vader zynde in de gragt gevallen en<br />

verdronken“ und<br />

.... daß 1773 am 17. Oktober Peter Mecklenburg „op de Eider verdronken“ ist?<br />

.... daß Elisabeth Claesen, nachdem sie am 21.3.1816 ihr Glaubensbekenntnis öffentlich in der<br />

Mennonitenkirche abgelegt hatte, am 24.3. den Brüdern vorgestellt wurde und „heeft de vaccinations<br />

attest ingelevert, dat zy in het Jaar 1810 den 30. August met de echte Koepokken, welke voor de


Kinderpokken verhoeden, geimpft, en zulcks overstaen, welckes op Eer en Geweeten betuigt<br />

word“?<br />

.... daß 1814 am 10. April die Mennonitengemeinde „geen Avondmael gehouden, terwyl D e Martens<br />

ziek was“?<br />

.... daß am 5.1.1799 Claes Schumacher „de oude overleden, zynde ongedoopt gebleven“?<br />

.... daß 1786 Willem Volckmann „overleden [is], zynde door en val van een leder te schade<br />

gekomen“?<br />

.... daß am 16.6.1785 an „Hend r Dauw van Bockhout, die na Holland denkt te reysen, een attestatie<br />

van zyn broederschap gegeven“ wurde?<br />

.... daß 1766 van Magistrats wegen „ordre tot een extraordinaire Bededag op den 25. Mai benevens<br />

de Texten geinsinuert“ wurde?<br />

.... daß am 4.5.1765 von „Magistrats wegen eene verordning toegesteld [wordt], om by de<br />

[Mennoniten-] Kerke een Archiv opterigten“,<br />

.... daß Gerrit Goos dieses Archiv einrichtete und wir dieser Verordnung verdanken, daß die Reste<br />

des Archivs heute eine der wichtigsten Quellen <strong>für</strong> unsere <strong>Stadtgeschichte</strong> darstellen?<br />

Heft 23, S. 160<br />

Heft 23 - hinteres Umschlagblatt<br />

[Vorder- und Rückseite leer]<br />

Heft 23, - Schluß -

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