Sexualität mit Tieren (Zoophilie) - Stiftung für das Tier im Recht
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Insgesamt muss daher davon ausgegangen werden, <strong>das</strong>s zoophile Kontakte heutzutage nur<br />
selten rechtlich (d.h. wegen <strong>Tier</strong>quälerei) verfolgt werden, obschon bei der Abklärung jeder<br />
<strong>Tier</strong>misshandlung grundsätzlich auch <strong>das</strong> allfällige Vorliegen sexueller Komponenten zu<br />
bedenken ist 244 . Ein Blick in die nationalen Urteilsstatistiken zeigt, <strong>das</strong>s beispielsweise in der<br />
Schweiz <strong>im</strong> Jahresdurchschnitt gerade einmal ein einziger Täter <strong>für</strong> <strong>im</strong> Rahmen sexueller<br />
Handlungen verübte <strong>Tier</strong>quälereien verurteilt wird 245 . Dabei scheint die gesellschaftliche<br />
Tabuisierung des Themas bisweilen selbst Untersuchungsbehörden und Gerichte zu erfassen,<br />
wenn diese es in der Praxis tunlichst vermeiden, die Motive einer offensichtlich zoophilen Tat<br />
genauer zu untersuchen oder zu benennen 246 . Die strafrechtliche Verfolgung von<br />
<strong>Tier</strong>quälereien bereitet in der Praxis aber auch ganz grundsätzliche Schwierigkeiten, da der<br />
Nachweis der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale nicht einfach zu erbringen ist. So<br />
beispielsweise müssen <strong>für</strong> eine Misshandlung <strong>im</strong> Sinne des schweizerischen Art. 27 TSchG<br />
erwiesenermassen starke oder lang andauernde Schmerzen vorliegen. Auch der Nachweis<br />
einer Überanstrengung eines während oder als Folge von sexuellen Handlungen<br />
umgekommenen <strong>Tier</strong>es stellt die zuständigen Strafuntersuchungsbehörden regelmässig vor erhebliche<br />
Probleme, wenn die Todesursache nicht eindeutig best<strong>im</strong>mt und ein Zusammenhang<br />
zwischen dem Tod des <strong>Tier</strong>es und der zoophilen Tat nicht bewiesen werden kann. Fehlen<br />
veterinärmedizinische Befunde <strong>für</strong> Verletzungen <strong>im</strong> Genitalbereich und andere körperliche<br />
Schäden oder steht nicht zweifelsfrei fest, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> <strong>Tier</strong> durch unsanftes Fixieren oder auf<br />
andere Weise überfordert wurde, wird die Strafuntersuchung eingestellt oder die angeklagte<br />
Person freigesprochen, weil <strong>Zoophilie</strong> <strong>für</strong> sich allein eben nicht strafbar ist. Für die<br />
Strafverfolgung erschwerend hinzu kommt, <strong>das</strong>s – <strong>im</strong> Gegensatz zu anderen<br />
Sittlichkeitsdelikten – <strong>das</strong> Opfer zoophiler Handlungen nicht nur st<strong>im</strong>mlos ist, sondern in der<br />
Regel auch straflos getötet und so<strong>mit</strong> ein wichtiges Tatindiz vernichtet werden kann. Handelt<br />
es sich be<strong>im</strong> betreffenden <strong>Tier</strong> um ein <strong>im</strong> Eigentum des Täters stehendes und geschieht die<br />
Tötung angst- und schmerzlos, kann ein Täter hier<strong>für</strong> nicht zur Verantwortung gezogen<br />
werden, da – <strong>mit</strong> Ausnahme des deutschen und neu auch des österreichischen <strong>Recht</strong>s 247 – die<br />
nationalen <strong>Tier</strong>schutzgesetze keinen generellen Lebensschutz <strong>für</strong> <strong>Tier</strong>e vorsehen 248 .<br />
2. Wenngleich die Verurteilung eines Täters wegen Sachbeschädigung (etwa nach Art. 144<br />
StGB/CH oder § 303 StGB/D) <strong>im</strong> Gegensatz zur <strong>Tier</strong>quälerei keine erhebliche, sondern lediglich<br />
eine geringfügige Schädigung voraussetzt 249 , bietet auch dies den betroffenen <strong><strong>Tier</strong>en</strong><br />
keinen ausreichenden <strong>Recht</strong>sschutz. Genau wie <strong>im</strong> Übrigen auch be<strong>im</strong> Hausfriedensbruch<br />
stehen hier nicht <strong>das</strong> Wohlbefinden und die Integrität des <strong>Tier</strong>es <strong>im</strong> Vordergrund, sondern al-<br />
244 Massen 69.<br />
245 Siehe hierzu die Straffall-Datenbank der <strong>Stiftung</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong> <strong>Tier</strong> <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> unter<br />
www.tier<strong>im</strong>recht.org/de/faelle unter der typisierten Fallgruppe "zoophile/sodo<strong>mit</strong>ische Handlungen <strong>mit</strong><br />
<strong><strong>Tier</strong>en</strong>".<br />
246 Exemplarisch verwiesen sei hier<strong>für</strong> auf ein <strong>im</strong> Jahre 2000 <strong>im</strong> Schweizer Kanton Graubünden gefälltes Urteil<br />
gegen einen Täter, der offensichtlich <strong>im</strong> Rahmen zoophiler Handlungen eine Stute schwer verletzt<br />
hatte. Trotz ihrer klaren Ersichtlichkeit nannte <strong>das</strong> urteilende Gericht die Motive <strong>für</strong> <strong>das</strong> Verhalten des Angeschuldigten<br />
"undurchsichtig" (siehe hierzu den entsprechenden Fall des Kreisamts Oberengadin in der<br />
elektronischen Datenbank der <strong>Stiftung</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong> <strong>Tier</strong> <strong>im</strong> <strong>Recht</strong> unter www.tier<strong>im</strong>recht.org/de/faelle/detail.php?id=1867).<br />
247 Das deutsche <strong>Tier</strong>SchG schützt in § 1 <strong>das</strong> Leben von <strong><strong>Tier</strong>en</strong> schlechthin und fordert nach § 17 Abs. 1 <strong>für</strong><br />
jede <strong>Tier</strong>tötung einen vernünftigen Grund (siehe hierzu ausführlich Ort/Reckewell 337ff.). Seit Januar<br />
2005 ist in Österreich <strong>mit</strong> § 6 Abs. 1 des neuen TSchG/Ö eine gleich lautende Best<strong>im</strong>mung in Kraft.<br />
248 Siehe hierzu exemplarisch Goetschel/Bolliger 214ff. zum schweizerischen <strong>Recht</strong>.<br />
249 Vgl. S. 21.<br />
<strong>Sexualität</strong> <strong>mit</strong> <strong><strong>Tier</strong>en</strong> (<strong>Zoophilie</strong>) – ein unerkanntes <strong>Tier</strong>schutzrechtsproblem<br />
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