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Sexualität mit Tieren (Zoophilie) - Stiftung für das Tier im Recht

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) Verletzung der <strong>Tier</strong>würde<br />

Modernen Strafrechtskonzepten liegen die – grundsätzlich richtigen – Überlegungen zu<br />

Grunde, <strong>das</strong>s die öffentliche Sittenmoral in einem aufgeklärten, liberalen und säkularisierten<br />

<strong>Recht</strong>sstaat nicht durch gesetzliche Vorschriften durchgesetzt werden sollten und zudem jede<br />

Strafnorm zwingend ein anerkannt schützenswertes <strong>Recht</strong>sgut benötigt. Bei der Er<strong>mit</strong>tlung<br />

des <strong>Recht</strong>sguts, <strong>das</strong> durch sexuelle Handlungen <strong>mit</strong> <strong><strong>Tier</strong>en</strong> grundsätzlich verletzt wird, sind<br />

historische Argumentationen heute nicht mehr geeignet 252 . So ist eine Strafbarkeit der<br />

Zoophile, weil diese gegen den göttlichen Schöpfungsplan, die christliche Ethik oder die<br />

Volksmoral verstösst bzw. den Täter oder die Gesellschaft als solche schädigt, nach moderner<br />

<strong>Recht</strong>sauffassung tatsächlich nicht mehr zu rechtfertigen. Grundsätzlich anerkannte <strong>Recht</strong>sgüter<br />

wie die Sittlichkeit, Menschenwürde, Normalität und Natürlichkeit der <strong>Sexualität</strong> oder<br />

der Schutz von Jugend, Ehe und Familie vermögen den Schutz von <strong><strong>Tier</strong>en</strong> heutzutage nicht<br />

mehr zu begründen und waren <strong>im</strong> Übrigen auch früher gar nicht hierauf ausgerichtet. Vielmehr<br />

unterlagen all die genannten Argumente stets einer überwiegend anthropozentrischen<br />

Betrachtungsweise, wenngleich sie <strong><strong>Tier</strong>en</strong> zumindest einen <strong>mit</strong>telbaren Schutz verliehen, indem<br />

sie zu generellen <strong>Zoophilie</strong>verboten führten.<br />

<strong>Sexualität</strong> <strong>mit</strong> <strong><strong>Tier</strong>en</strong> muss heute aber noch unter einem weiteren bedeutenden Gesichtspunkt<br />

betrachtet werden, der nicht ausschliesslich den Menschen und seine Interessen in den Mittelpunkt<br />

rückt und von der <strong>Recht</strong>swissenschaft bislang weitgehend unberücksichtigt blieb. Dabei<br />

handelt es sich um die <strong>Tier</strong>würde, wie sie in der Schweiz – als weltweit noch <strong>im</strong>mer einzigem<br />

Land – seit 1992 als Teilaspekt des Oberbegriffs "Würde der Kreatur" auf Verfassungsstufe<br />

geschützt ist 253 . Neben modernen <strong>Tier</strong>schutzgesetzen, die auf dem ethischen Gedankengut<br />

beruhen, <strong>das</strong>s <strong>Tier</strong>e als empfindsame Mitgeschöpfe nicht <strong>im</strong> Interesse des Menschen, sondern<br />

um ihrer selbst willen zu achten und schützen sind, und der allmählichen rechtlichen Lösung<br />

der <strong>Tier</strong>e vom reinen Objektstatus 254 stellt die Anerkennung der tierlichen Würde eine der<br />

Hauptsäulen moderner <strong>Tier</strong>schutzkonzepte dar. Sie geht über die blosse Bewahrung vor<br />

Schmerzen, Leiden, Schäden und Ängsten hinaus und bedeutet eine generelle Respektierung<br />

der physischen und psychischen Integrität des Einzeltieres. Dies beinhaltet beispielsweise seinen<br />

Schutz vor Erniedrigung, übermässiger Instrumentalisierung und Eingriffen in sein<br />

Erscheinungsbild sowie die Beschränkung best<strong>im</strong>mter Arten des Umgangs <strong>mit</strong> <strong><strong>Tier</strong>en</strong>, die<br />

zwar nicht <strong>mit</strong> offenkundigen Schädigungen verbunden sind, jedoch andere vom Menschen<br />

zu respektierende tierliche Interessen betreffen.<br />

Nach der hier vertretenen Ansicht beinhaltet die <strong>Tier</strong>würde als bedeutenden Teilaspekt auch<br />

die sexuelle Integrität. Analog zu jener des Menschen – bei dem sie von modernen Straf-<br />

252 Siehe hierzu ausführlich Muth 59ff.<br />

253 Unter dem Titel "Gentechnologie <strong>im</strong> Ausserhumanbereich" schreibt die schweizerische Bundesverfassung<br />

(SR 101) dem Gesetzgeber in Art. 120 Abs. 2 vor, Best<strong>im</strong>mungen über den Umgang <strong>mit</strong> dem Ke<strong>im</strong>- und<br />

Erbgut von <strong><strong>Tier</strong>en</strong>, Pflanzen und anderen Organismen zu erlassen und dabei auch der Würde der Kreatur<br />

Rechnung zu tragen. Der Grundsatz beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Gentechnik, sondern geht weit<br />

über diesen hinaus, indem er die gesamte rechtliche Erfassung der Mensch-<strong>Tier</strong>-Beziehung umspannt<br />

(siehe dazu übersichtsmässig Goetschel/Bolliger 239ff. oder umfassend Goetschel, Würde 141ff.; Gotthard<br />

M. Teutsch, Die "Würde der Kreatur", Bern/Stuttgart/Wien 1995; Peter Krepper, Zur Würde der Kreatur in<br />

Gentechnik und <strong>Recht</strong>, Diss., Basel/Frankfurt 1998 und Heike Baranzke, Würde der Kreatur? Die Idee der<br />

Würde <strong>im</strong> Horizont der Bioethik, Würzburg 2002).<br />

254 So stellen <strong>Tier</strong>e <strong>mit</strong>tlerweile bereits in Frankreich, Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein<br />

keine Sachen mehr dar.<br />

<strong>Sexualität</strong> <strong>mit</strong> <strong><strong>Tier</strong>en</strong> (<strong>Zoophilie</strong>) – ein unerkanntes <strong>Tier</strong>schutzrechtsproblem<br />

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