Sexualität mit Tieren (Zoophilie) - Stiftung für das Tier im Recht
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Weitgehend fehlen daher auch verlässliche Untersuchungen oder Statistiken über die Häufigkeit<br />
zoophiler Kontakte in der Gesamtbevölkerung. Obschon <strong>Sexualität</strong> <strong>mit</strong> <strong><strong>Tier</strong>en</strong> in den<br />
meisten Staaten nicht per se verboten ist 45 , bekennt sich kaum einmal ein Betroffener öffentlich<br />
und freiwillig zu entsprechenden Neigungen 46 . Da weder Umfragen noch Strafverfahren<br />
gesicherte Rückschlüsse auf die tatsächliche Verbreitung erlauben, lässt sich über <strong>das</strong> effektive<br />
Ausmass der <strong>Zoophilie</strong> nur spekulieren. Erschwerend hinzu kommt, <strong>das</strong>s viele – um nicht<br />
zu sagen: die meisten – der in der Praxis auftretenden Fälle unentdeckt bleiben. Ebenso unbekannt<br />
wie die Zahl zoophiler Personen ist daher auch jene der <strong>für</strong> entsprechende Handlungen<br />
verwendeten <strong>Tier</strong>e. Werden die Akte nicht zufällig von Dritten beobachtet – was nur selten<br />
vorkommt, da sie sich in der Regel in den abgeschirmten Räumlichkeiten des Täters abspielen<br />
–, erlangt kaum jemand Kenntnis davon. Selbst wenn <strong>Tier</strong>e <strong>im</strong> Rahmen zoophiler Handlungen<br />
gesundheitliche Schädigungen erleiden, wird dies nur selten publik, da die Täter <strong>mit</strong> den Eigentümern<br />
der missbrauchten <strong>Tier</strong>e häufig identisch sind und den Weg zum <strong>Tier</strong>arzt aus<br />
Scham und Furcht vor Entdeckung scheuen. Und sogar bei offenkundigen Verletzungen fällt<br />
es oft schwer, diese zweifelsfrei zoophilen Akten zuzuordnen 47 . Dies betrifft nicht nur durch<br />
fahrlässiges Handeln verursachte, sondern auch zoosadistisch, also absichtlich zugeführte<br />
Schädigungen, d.h. vorsätzliche <strong>Tier</strong>quälereien. Unverkennbar ist der sexuelle Hintergrund<br />
einer Tat aber zumindest dann, wenn sekundäre Geschlechtsmerkmale Gegenstand des Angriffs<br />
sind und der Täter etwa in <strong>das</strong> Euter einer Kuh schneidet 48 . Aufgrund der gesellschaftlichen<br />
Tabuisierung fehlt <strong>das</strong> kritische Bewusstsein <strong>für</strong> <strong>das</strong> Erkennen von durch zoophile<br />
Handlungen verursachte Schädigungen oftmals aber bei vom Missbrauch betroffenen (ahnungslosen)<br />
<strong>Tier</strong>haltern und bisweilen sogar bei den behandelnden <strong>Tier</strong>ärzten 49 .<br />
Mangels aktueller Zahlen wird in der Fachliteratur noch heute meist auf <strong>das</strong> Datenmaterial<br />
des sog. Kinsey-Reports zurückgegriffen, <strong>mit</strong> dem die Annahme, geschlechtliche Handlungen<br />
<strong>mit</strong> <strong><strong>Tier</strong>en</strong> seien in unserer Gesellschaft selten, bereits Mitte des letzten Jahrhunderts eindrücklich<br />
widerlegt wurde. Die von 1938 bis 1947 auf der Grundlage von 20'000 Interviews<br />
über <strong>das</strong> sexuelle Verhalten nordamerikanischer Frauen und Männer durchgeführten Untersuchungen<br />
des Zoologen und Sozialforschers Alfred C. Kinsey und seinen Mitarbeitern brachten<br />
hervor, <strong>das</strong>s acht Prozent der männlichen bzw. dreieinhalb Prozent der weiblichen Gesamtbevölkerung<br />
der USA zumindest einmal in ihrem Leben einen zoophilen Kontakt gehabt<br />
hatten 50 . Unter der Landbevölkerung, die direkten Zugang zu <strong><strong>Tier</strong>en</strong> hatte, berichteten rund 17<br />
Prozent der Männer von zum Orgasmus führenden sowie ein etwa ebenso grosser Anteil von<br />
anderen int<strong>im</strong>en Erlebnissen <strong>mit</strong> <strong><strong>Tier</strong>en</strong> 51 . In einigen Gemeinden wurden sogar Verbreitungszahlen<br />
von bis zu 65 Prozent festgestellt 52 . Bei der Stadtbevölkerung lag der Anteil<br />
45<br />
Siehe dazu ausführlich S. 17ff.<br />
46<br />
Eine seltene Ausnahme stellt die Publikation "Der Pferdemann" des Amerikaners George Willard dar, der<br />
sich – allerdings unter dem Pseudonym Mark Matthews – offen zu seinen zoophilen Neigungen bekannte<br />
(Originaltitel "The Horseman – Obsessions of a Zoophile", Amherst NY 1994).<br />
47<br />
Weidner 13.<br />
48<br />
von Hentig 70.<br />
49<br />
Frey, Sodomie 1 verweist <strong>im</strong>merhin auf eine britische Studie aus dem Jahre 2001, wonach sechs Prozent<br />
der bei <strong>Tier</strong>ärzten gemeldeten Verletzungen von Hunden und Katzen auf zoophile Handlungen zurückzuführen<br />
seien.<br />
50<br />
Kinsey, Mann 620 und ders., Frau 385. Die Häufigkeit der Kontakte erstreckt sich dabei von einmaligen<br />
über regelmässige Berührungen (einige Male in der Woche über eine erhebliche, langjährige Zeitspanne)<br />
bis hin zu lebenslangen Neigungen (Kinsey, Mann 623).<br />
51<br />
Kinsey, Mann 621.<br />
52 Kinsey, Mann 622.<br />
<strong>Sexualität</strong> <strong>mit</strong> <strong><strong>Tier</strong>en</strong> (<strong>Zoophilie</strong>) – ein unerkanntes <strong>Tier</strong>schutzrechtsproblem<br />
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