<strong>VAF</strong> BUNDESVERBAND TELEKOMMUNIKATION REPORT AUSGABE 03/2008Der Umbau der öffentlichen Netze verändert die ÜbertragungstechnikAuf dem Vormarsch:IP-Übertragung in der SicherheitstechnikEtablierte Wege der Alarmübertragung werden im Netz der Deutschen Telekom AG schrittweise außer Betrieb gesetzt. Nurein erstes Beispiel liefert die für die Brandmeldetechnik wichtige, analoge Standleitung. Ab Herbst 2009 soll es sie im Netzdes rosa Riesen nicht mehr geben. Technische Alternativen existieren, aber es entstehen auch neue Problematiken beispielsweisein der Stromversorgung. Auch einschlägige Normen sind noch nicht durchgängig auf eine „Alles IP“-Netzwelt eingestellt.Seit vielen Jahren ist die Standleitung einefeste Säule der Brandmeldeübertragung unddes Polizeinotrufs. Wesentliche Ursachen fürden Einsatz dieser Technik sind erstens dieständige Verfügbarkeit (keine Besetztzuständeim Notfall) und zweitens die Möglichkeit, di<strong>eV</strong>erfügbarkeit der Übertragungsstrecke unddes Alarmübertragungsgerätes von der Notruf -zentrale aus zu überwachen.Die endgültige Abkündigung dieser etabliertenÜbertragungswege durch die DeutscheTelekom zum Herbst nächsten Jahres erzwingtdie Portierung der Sicherheitsanwendungenauf das in Zukunft ausschließlich verfügbareIP-Netz („NGN“ = Next Generation Network,Internet).Bestandstechnik heute: Als Regelfall werden im FestnetzAlarmierungen über analoge Übertragungswege geleitet.Es gab aber in der jüngeren Vergangenheitauch schon Lösungen, bei denen die rechtkostspielige Standleitung durch Datennetz-Verbindungen ersetzt wurde. Hier wurde,zumindest für die Brandmeldetechnik, aufX.31 ausgewichen, einen Datendienst imISDN-D-Kanal, der den Zugang zu einemX.25-Netz bereitstellt. Dieser Datendienstbeinhaltet eine Verbindungsüberwachung, dieIm NGN wird das IP-Netz als Universalmedium auch primärerÜbertragungsweg für die Alarmierung.zu einer kostenfreien Verfügbarkeitsüber -wachung herangezogen werden kann. Mannennt diese Verbindungsart „stehend<strong>eV</strong>erbindung“. Da es ein Datendienst ist,besteht prinzipiell keine Gefahr des„Besetzt“-Zustandes, der Alarmdatensatz isthöchstens einmal etwas länger unterwegs.Leider ist auch dieser Dienst von derAbkündigungswelle durch die DeutscheTelekom betroffen und muss in überschaubarerZeit auf IP portiert werden.Bedarfsgesteuerte VerbindungenNeben diesen Anwendungen mit Hoch -verfügbarkeitsanspruch gibt es auch vieleEinsatzbereiche, in denen heute das Telefon -wählnetz (Analog/ISDN) zur Übertragung vonAlarmzuständen herangezogen wird. Mannennt diese Verbindungsart „bedarfsgesteuert<strong>eV</strong>erbindung“. Typische Anwendungenhierfür sind Einbruchmelde systeme in Privat -häusern und kleineren Betrieben. Die einfachsteAnwendung ist hierbei eine automatischgenerierte Sprachmit teilung, die prinzipielljeder Telefonteilnehmer empfangen und auswertenkann. Man nennt diese WählgeräteAWAG (automatische Wähl- undAnsagegeräte). Etwas professionellersind die AWUG (automatische WählundÜbertragungsgeräte), die überModem- und Datenprotokolle denAlarmzustand in eine speziell dazuausgerüstete Notruf- und Service -leitstelle (NSL) übertragen. Di<strong>eV</strong>erfügbarkeitsüber wachung erfolgtdabei über einen regelmäßig ausgesendetenRoutine ruf, also sehr punktuellüber den Tag gesehen und daher vongeringer Aussage kraft.Eine wesentliche Eigenschaft professionellerAlarmübertragungsgeräte (ÜG) ist die priorisierteAnschaltung an das öffentliche Netz,d. h. alle weiteren Kommunikationsendgeräte(z. B. Telefone, TK-Anlagen, Modems etc.) werdenüber das ÜG geschleift und können beiBedarf zwangsgetrennt werden. Damit istsichergestellt, dass der Besetztfall zumindestam eigenen Anschluss nicht eintreten kann!Außerdem ist die Möglichkeit, den Geräte -zugang zum öffentlichen Netz zu sabotieren,durch die abgedeckte, unzugängliche Zulei -tung weitgehend ausgeschlossen. Es soll janiemand im Vorfeld eines Angriffs dieAlarmübertragung unterbinden können.Migration auf IPWie können diese Übertragungswege, die jaalle eine Existenzberechtigung haben, sinnvollauf IP-gestützte Datennetze migriert werden?Immerhin müssen ja alle speziellenInstallationsvorgaben auf der neuen Technikabbildbar sein. Betrachten wir zunächst dieletztgenannten „bedarfsgesteuerten Verbin -dun gen“. Einer der wesentlichen Unter -14
VERBANDSNACHRICHTEN FACHBEITRÄGE AUS DEM MITGLIEDERKREIS PRODUKTE UND LÖSUNGENschiede, der hier gegenüber den bishergenutzten Übertragungswegen „analogeAmtsleitung“ und ISDN beachtet werdenmuss, ist die fehlende Notstromversorgung.Für die geforderte Verfügbarkeit ist neben derBeachtung des jederzeitigen Netzzugangszusätzlich die Bereitstellung einer ausreichendenbatteriegestützten Notlaufzeit allerKomponenten im Netzzugang erforderlich,also z. B. auch für das DSL-Modem. Hier gibtes Vorschriften (siehe z. B. DIN-VDE 0833-1,VdS 2115, VdS 2463), die für bestimmteEinsatz zwecke eine Betriebsbereitschaft über30 bzw. sogar über 60 Stunden fordern!Der aktuelle Stand der VdS-Richtlinien für dieEinbruchmeldetechnik erlaubt jedoch derzeitkein „IP-AWUG“ mit alleinigem Netzzugangins Internet: Es muss generell ein Ersatzweg(analog/ISDN/GSM) vorhanden sein, der nichtauf IP-Netze aufsetzt. Dafür darf das Gerätauch hinter „Customer-Equipment“, d. h. z. B.hinter einer „Fritz-Box“ angeschlossen werden.Dass dies nicht ausschließlich so bleibenkann, steht mit Blick auf unsere IP-Zukunftaußer Frage. Im NGN, dem „Next GenerationNetwork“ der Deutschen Telekom, wird nach2014 als zweiter Übertragungsweg nebendem IP-Netz nur die „Luftschnittstelle“, alsoz. B. GPRS oder UMTS zur Verfügung stehen.So steht es jedenfalls in der Planung zurKostenreduzierung bei der Deutschen Tele -kom. Es werden dann keine alternativenFestnetz-Übertragungswege mehr angeboten.GPRS und UMTS stützen sich aber ebenfallsauf das IP-Übertragungsnetz.Ein Problem besteht bei der IP-Übertragungjedoch nicht: Es kann prinzipiell keinBesetztzustand auftreten, weil alle anfallendenDatenpakete auch übertragen werden,sobald die IP-Verbindung ins Netz steht.„IP-Migration“ in derNormwelt noch nicht abgeschlossenFür das IP-AWUG der Zukunft ist natürlich derdirekte Zugang vom Übertragungsgerät zumöffentlichen Netz wichtig: Wie schon bei denherkömmlichen AWUG muss die Sabotage -möglichkeit des Netzzu gangs weitgehendausgeschlossen sein. Dasbedeutet, dass das Übertragungsgerätdas DSL-Modem (und ggf. denSplitter) integrieren muss, und alleKommunikationsendgeräte undRouter/Switches, die nicht zurSicherung des Objektes dienen, überdas IP-ÜG mit dem Netzzugang verbundenwerden müssen. Dermechanische Angriff auf die verbleibendeZuleitung kann dannmit klassischen Sicher ungs maß -nahmen (gesichertes Gehäuse/Abdeckung) unterbunden werden.Die Kontrolle über andere, nachgeschalteteDatennetze im Objektkapselt die Alarmübertragung sichervon Fehlern oder einem Sabotage -angriff dort ab. Fremdes Datenvolumen, dasvon anderen Quellen als der Alarmierungs -technik stammt, kann durch Bandbreiten -management im IP-AWUG reguliert werden.Es ist sicherlich nur eine Frage der Zeit, wannderartige Lösungen Eingang in das VdS-Vorschriftenwerk finden werden.Die „stehenden Verbindungen“ für hoheRisiken bei der Sachwertesicherung sind jaheute schon weitgehend auf Datennetzegemäß IP-Standard umgestellt. Hier ist esleicht möglich, die Verfügbarkeit von Übertragungsgerätund Übertragungsweg durch denAustausch von Datenpaketen sicherzustellen,ohne hohe Kosten dafür zu generieren. Dabeiwird allerdings in der Regel die Nutzung eineszweiten Übertragungsweges, also in ZukunftGPRS/UMTS, gefordert. Die VdS-Bestimmun -gen enthalten entsprechende netzspezifisch<strong>eV</strong>orschriften.Bei der Brandmeldetechnik, bei der es inerster Linie ja um den Personenschutz geht, istder Übertragungsweg IP in Deutschland nochin den Anfängen, auch weil es von derNormensituation her Unsicherheiten gibt.Insbesondere die Norm DIN-EN-14675-A1, diehier relevant ist, verweist auf die DIN-EN-50136-1-1. Die kennt den Übertragungsweg„IP-Netz“ noch nicht, er ist jedoch auch nichtBlick ins Innenleben: „TAS-Duo-IP“. IP-Übertragungsgerät mit 8 Melde -linien. Onboard-Schnittstellen für Anbindung unterschiedlicher Gewerke wi<strong>eV</strong>ideo, Gebäude leit technik (interne IP), Alarmzentralen (I 2 C-BUS oder seriell)oder Karten leser (RS 485). Optionales Wegemodul für 2. ÜbertragungswegGSM/GPRS aufsteckbar. Neuvorstellung auf der Messe Security im Herbst2008.explizit ausgeschlossen. Die Erweiterung A2,die das ändert, ist noch in Arbeit. Sie verweistauf die überarbeitete DIN-EN-50136-1-5, diebereits den IP-Übertragungsweg definiert.Dagegen konnte in den Niederlanden dieUmstellung der Brandmeldetechnik auf IP-Netze unter Beachtung der Normentwürfeschon weitgehend realisiert werden.FazitInsgesamt kann man feststellen, dass dieMigration der Alarmübertragungstechnik aufIP-Netzwerke technisch realisierbar ist und dieHindernisse zur Umstellung eher im administrativenund juristischen Bereich zu findensind: So sind z. B. die Normen zur Brandmeldeübertragungstechniknoch in der Überarbeitung.Auch ist es sicherlich vom personellenAusbildungsstand her viel einfacher, ein analogesAWUG in Betrieb zu nehmen als ein IP-ÜG mit Netzwerkrouter und ADSL2+ Interface.Autor: Dieter Fischer, Bereichsleiter EntwicklungTAS Telefonbau A. Schwabe GmbH & Co. KGTel.: 02166 858-173, E-Mail: d.fischer@tas.de15