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turniere - Erste Westernreiter Union Deutschland e.V.

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34pferderechtUnfall auf dem Abreiteplatz: Vorsichtvor Aufreiten und austretenden Pferden!Ein Pferdeunfall auf einem Abreiteplatzfür ein Springturnier hatte ein juristischesNachspiel zur Folge.Die Klägerin wollte eines von drei zur Vorbereitungbereit stehenden Hindernissen anreiten.Auf demselben Gelände ritt die Beklagte mitihrer Stute im Schritt. Während die Klägerinmit ihrem Pferd in Richtung Sprung abbiegenwollte, kam es zu einem Zusammenstoß mitdem von der Beklagten gerittenen Pferd. Infolgedessen erlitt das Pferd der Klägerin eine Verletzungdes Vorderfußwurzelgelenks vorne links.Die Parteien stritten schließlich vor Gericht überden eigentlichen Hergang und damit über dieHaftungsquote.Die Klägerin behauptete, auf der rechten Handgaloppiert zu sein. Von der kurzen Seite aus seisie in Richtung des Sprungs abgewendet. Dabeihabe das vor ihr befindliche, von der Beklagtenim Schritt gerittene Pferd ausgeschlagen und ihrPferd verletzt. Die Stute der Klägerin ging sofortlahm und musste tierärztlich versorgt werden.Die Beklagte hingegen behauptete, dass ihrPferd gar nicht ausgeschlagen habe. Vielmehrsei es der Klägerin misslungen, ihr Pferd rechtzeitighinter dem Pferd der Beklagten in RichtungSprung abzuwenden. Infolgedessen sei dieKlägerin quasi aufgeritten. Dabei sei es zu einemKontakt des Hufbeschlages der Vorderhufedes Pferdes der Klägerin mit dem Hufbeschlagder Hinterhufe des Pferdes der Beklagten gekommen,wodurch ein laut knallendes Geräuschentstanden sei.Das Amtsgericht Wolfenbüttel hat die Klage vollumfänglichabgewiesen. Zur Begründung führtedas Gericht aus, dass es von dem Sachverhaltausginge, den die Beklagte schilderte. Dahermüsste sich die Klägerin eine Mitverursachungdurch ihr Tier gemäß § 254 BGB haftungsminderndanrechnen lassen. Bei der Bestimmungder Quote käme es insbesondere darauf an, inwelchem Umfang sich die Tiergefahr jeweils indem Schadensereignis ausgewirkt habe. UnterUmständen kann der Anteil eines Tieres, daszum Beispiel von einem anderen Tier angegriffenworden ist, völlig zurücktreten. Im vorliegendenFall sei die Klägerin nicht nur mit einemnicht hinreichenden Sicherheitsabstand an derStute der Beklagten vorbeigeritten, sondern siesei so dicht vorbeigeritten, dass es zwangsläufigzur Berührung der Pferde kommen musste.In so einem Fall sei es angemessen, die Tiergefahrder Stute der Beklagten völlig zurücktretenzu lassen.Die Klägerin hat dieses Urteil mit der Berufungangegriffen. Das Landgericht Braunschweighat das Urteil des Amtsgerichts Wolfenbüttelschließlich in wesentlichen Teilen abgeändertund der Klägerin Schadenersatz zugesprochen.Zunächst hatte das Landgericht Braunschweigeinen Pferdesachverständigen beauftragt mitder Beurteilung des Schadenhergangs sowie einerdurch den Tritt verursachten Wertminderungdes klägerischen Pferdes. Nach Vorlage desSachverständigengutachtens kam das LandgerichtBraunschweig zu dem Ergebnis, dassder Klägerin ein Anspruch auf Schadenersatzzustünde. Durch das Unfallereignis hat sich dietypische Tiergefahr des Pferdes der Beklagtenverwirklicht, da dieses Pferd ausgetreten hat.Aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtenssteht hinsichtlich des Unfallhergangsfest, dass die von der Beklagten bekundeteKontaktaufnahme zwischen den Pferdendie bei der Stute eingetretene Verletzung desVorderfußwurzelgelenks nicht plausibel erklärenkonnte - der Sachverständige kam deshalbzu dem Ergebnis, dass das Pferd der Beklagtenausgeschlagen haben muss. Beim Ausschlageneines Pferdes handelt es sich um ein typischesselbstständiges, nicht durch den Menschen unmittelbarveranlasstes Verhalten eines Pferdes.Dem Anspruch der Klägerin steht auch kein Handelnauf eigene Gefahr entgegen. Es entsprichtallgemeiner Ansicht, dass ein Ersatzanspruchdes Geschädigten dann ausscheidet, wennWESTERNREITER – Juni 2013er an einer besonders gefährlichen Handlungteilnimmt und die davon ausgehenden Gefahrenals eigenes Risiko übernehmen wollte. Einesolche Konstellation ist jedoch vorliegend nichtgegeben. Die Klägerin hat nicht an einer besondersgefährlichen Handlung, sondern an einemoffiziellen Turnier teilgenommen und befandsich zum Zeitpunkt des Schadensereignisses aufdem ausgewiesenen Abreiteplatz.Der Klägerin wurde jedoch ein Mitverschuldenangelastet, da sie einen eigenen Reitfehlerbegangen hat, indem sie den erforderlichenSicherheitsabstand zwischen ihrem Pferd unddem Pferd der Beklagten nicht eingehalten hat.Der Hergang des Geschehens indiziert, dass nurein Abstand von einer Pferdelänge eingehaltenwurde. Anderenfalls hätte es nicht zu einer erfolgtenBerührung der Pferdebeine kommenkönnen. Beim Ausritt mit Pferden ist in der Hallemindestens ein Abstand von einer Pferdelängeeinzuhalten, im Gelände ein Mindestabstandvon sogar 10 m. Der Gutachter kam zu demErgebnis, dass unter Berücksichtigung aller Aspekteein Mitverschulden der Klägerin von 1/3anzunehmen sei. Die vom Pferd der Beklagtenausgehende Tiergefahr, welche sich durch dasAustreten realisiert hat, ohne dass das Pferdder Klägerin ein derartiges Verhalten provozierte,überwiegt gegenüber dem Mitverschuldensanteilder Klägerin deutlich, lässt dieses abernicht vollständig zurücktreten. Von einem Pferd,welches auf Reit<strong>turniere</strong>n und von einer geübtenReiterin geritten wird, kann weitergehendals von anderen Pferden erwartet werden, dasses nicht ohne äußeren Anlass grundlos austritt.So besteht ein überwiegendes Verschulden desTierhalters des austretenden Pferdes.Darüber hinaus hat das Landgericht Braunschweigder Klägerin eine Wertminderung inHöhe von 10 % unter Berücksichtigung der Haftungsquotezugesprochen. Lediglich die eingeklagtennutzlosen Nennungsgebühren für zweiTurniere waren nicht erstattungsfähig, da essich um so genannte reine Frustierungsschädenhandele.Fazit:Die Klägerin konnte somit 2/3 ihres gesamtenSchadens geltend machen, auch wenn der äußereAnschein eines vermeintlichen Aufreitenszunächst gegen die Klägerin sprach.Susanne Güldenpfennig-Hinrichs,Rechtsanwältin u. Notarin, Hameln

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