13.07.2015 Aufrufe

Volkacher Bote 98 (2013) - Deutsche Akademie für Kinder

Volkacher Bote 98 (2013) - Deutsche Akademie für Kinder

Volkacher Bote 98 (2013) - Deutsche Akademie für Kinder

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

40REZENSIONENDIETRICH GRÜNEWALDTiere sind auch nur Menschen –bitterböse KurzgeschichtenWenn die Bibel davon erzählt, dass Noah aufgetragen wurde, auch die Tiere vor derSintflut zu retten, so zeugt das von der Wertschätzung Gottes <strong>für</strong> sie. Dass wir Menschenzu unseren Rettungsschiffpartnern ein problematisches Verhältnis haben, zeigtsich im Spagat zwischen ihrer Verwertung als Kuscheltier oder Schlachtopfer. Nun,auch manche Tiere sehen Tiere (und aus diesem Blick sind wir Menschen natürlichauch Tiere) als verwertbare Nahrung – doch was hier natürlicher Trieb ist, hat derMensch zum bösartigen Spiel mit allen Varianten von Täuschung, Massenhaltung biszu Quälereien erweitert. Dieses bösartige Spiel stellt uns Oliver Ottitsch ungeschminktvor Augen. Der Grazer Cartoonist macht das nicht als moralische Bußpredigt undschockierend-provozierende Aufklärung – er macht das hinterlistig als ironisch-bissigerSatiriker, der uns zwingt, das ausgekitzelte Lachen gleich wieder einzufrieren, sobaldwir ein wenig darüber nachdenken, was er uns da zumutet. Denn die Bilder zu Menschund Tier oder auch nur aus dem Tierleben spiegeln – ganz in der Fabeltradition –letztlich unser menschliches Treiben und Denken, tierisch verfremdet.Das fängt schon mit dem Titelbild an: Ottitisch dekuvriert die eigentliche MotivationNoahs, denn die Tierpaare, die seine Arche betreten, verlassen sie auf der anderen Seitewohl verpackt als Fleischware. Nur gerecht, wenn die Tiere den Spieß umdrehen: da bringtder Klapperstorch das neugeborene Menschenkind als Nahrung seiner wartenden Brut insNest, entschuldigt sich der Hai bei seinem Menschenopfer, dass er schließlich auch eineFamilie zu ernähren habe, suchen andere Haie angesichts eines abgestürzten Flugzeuges imWasser nach einem Dosenöffner, sind die Schafe drauf und dran den Schäfer zu scheren…Und sie haben ja auch recht: wenn der Masseur seinen Huhnpatienten behandelt, stehenschon ahnungsvoll Schalen mit Ei, Mehl und Brösel bereit. Jede Zeichnung stellt einekleine Geschichte dar – der Betrachter wird animiert, das Davor und Danach des Gezeigtenim Kopf zu ergänzen, die starren Figuren, die durch die Karikatur-Übertreibung äußerstausdrucksstark wirken, zu verlebendigen. Ottitsch setzt dabei auf Vorwissen, das unsererAlltagserfahrung entstammt, aber auch aus Literatur und Film, wie z.B. Moby Dick,Märchen oder Psycho, angeregt ist und assoziativ mit dem Gezeigten verbunden wird. Erspielt mit der Sprache („in der Schlange stehen“ nimmt er <strong>für</strong> die von ihrHeruntergeschlungenen wörtlich) oder visuellen Signets (die Schlange in der Stripbar <strong>für</strong>Apotheker präsentiert sich wie im bekannten A-Signet) oder verlässt sich ganz auf dasGezeigte und die so animierte Kreativität des Betrachters (während ein Herrchen seinenHund an der Leine ausführt, reicht die Leine eines anderen in den Himmel – was er da hält,bleibt unserer Fantasie überlassen).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!