13.07.2015 Aufrufe

Volkacher Bote 98 (2013) - Deutsche Akademie für Kinder

Volkacher Bote 98 (2013) - Deutsche Akademie für Kinder

Volkacher Bote 98 (2013) - Deutsche Akademie für Kinder

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

61BERICHTESTEFAN MAYRKlaus MarschallNun preisgekrönter Chef der Augsburger PuppenkisteEr ist Geschäftsführer einer der bekanntesten Firmen Deutschlands, hat aber wederBWL noch Jura studiert. Klaus Marschall ist gelernter Schaufenstergestalter, und vielleichtist es genau dieses Handwerk das man als Chef der Augsburger Puppenkiste beherrschenmuss; immer wieder muss er auf eine leere Fläche mit minimalen Mittelnetwas hinzaubern, das die Leute fasziniert und zum Verweilen bewegt. Dabei wird der51-jährige Chef beinahe so vielfältig gefordert wie sein berühmtester Held Jim Knopf.Marschall schreibt Texte und spricht sie ein, Marschall führt auch Marionetten. Undzuletzt musste er einen abenteuerlichen Kampf führen; er kämpfte um die Phantasie inden Köpfen der <strong>Kinder</strong>. Seine Gegner waren die Programmmacher in den öffentlichrechtlichenFernsehanstalten. Der Kampf erschien zwischenzeitlich aussichtslos. DochMarschall gab nicht auf – und darf sich jetzt über einen Erfolg auf ganzer Linie freuen.Immer wieder prangerte Marschall an, dass die Helden seines Marionettentheaters stillschweigendaus dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen verbannt wurden – auch und vor allemaus dem <strong>Kinder</strong>kanal. „Unsere <strong>Kinder</strong> verlieren wahnsinnig viel, wenn man ihnen keinFigurentheater zeigt“, warnte Marschall. Zu Recht. Wenn in TV und Kino die Tränen inStrömen fließen, dann sehen die <strong>Kinder</strong> lediglich die Phantasie eines anderen. Die AugsburgerHolzköpfe haben dagegen nur einen Gesichtsausdruck, die <strong>Kinder</strong> müssen (und dürfen!)das Weinen und Lachen selbst dazu denken. „Dieses Kopfkino verlernen unsere <strong>Kinder</strong>leider“, prophezeihte Marschall. Seine Worte wurden erhört: An Pfingsten zeigte derHessische Rundfunk endlich wieder die guten, alten Folgen von Jim Knopf, Urmel unddem Löwen. Der <strong>Kinder</strong>kanal zieht im Sommer an nicht weniger als acht Sonntagen nach.Jetzt erhält die Puppenkiste den Großen Preis der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Akademie</strong> <strong>für</strong> <strong>Kinder</strong>- undJugendliteratur [Volkach e.V.]. Eine Auszeichnung, die als deutliche Botschaft an die Programm-Verunstalterin den TV-Behörden verstanden werden darf. Die <strong>Akademie</strong> würdigtmit dem Preis die „großen Verdienste“ des Marionettentheaters „um die spielerischkünstlerischeVermittlung von Literatur an <strong>Kinder</strong>, Jugendliche und Erwachsene“.Alles begann 1948 im Wohnzimmer von Marschalls Großvater Walter Oehmichen– mit Bierbänken und umgenähten Hakenkreuz-Fahnen. Heute hat das Unternehmen30 Mitarbeiter und zeigt täglich zwei Vorstellungen, die meisten sind ausverkauft. Aufdem Programm stehen neben Märchen und <strong>Kinder</strong>büchern auch klassische Theaterstücke,Opern und Kabarett <strong>für</strong> Erwachsene, mit Witzfiguren wie Darth Vader und MichaelJackson oder Biene Merkel mit ihrem tollpatschigen Koalitionspartner Westerwilli.Demnächst will Klaus Marschall ein Computerspiel herausbringen. Eine Marionetteführen mit dem Joypad? Das klingt nach zwei Welten, die kaum zueinander passen.Aus: Süddeutsche Zeitung 25./26. Mai <strong>2013</strong>. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!