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viertei jahresschrift des instituts für deutsche ostarbeit krakau

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vschwer zu überwachen war, gefährdet worden wäre. W enn auch die Grenzkontrolle zwischenKongreßpolen und Galizien auf österreichischer Seite bis dahin im allgemeinen wenig sorgfältigdurchgeführt worden war, so hielt die Regierung jetzt erhöhte Wachsamkeit <strong>für</strong> dringend geboten.In Warschau, wo die Juden ein Drittel der Bevölkerung ausmachten, wurden die Industriellenund die Geistlichkeit von der russischen Regierung angehalten, die erregten Arbeiter zu beruhigen.Infanterie- und Kavalleriepatrouillen durchzogen die Warschauer Vorstädte. Haussuchungenbei Juden förderten zahlreiche Waffen zutage und bewiesen, daß die Juden sich zur aktivenGegenwehr vorbereitet hatten. Der österreichische Generalkonsul in Warschau vertrat jedochin seinem Bericht vom 17. Mai 1881 die Ansicht, „daß die Judenverfolgungen in Polen, wo sichdurch den jahrhundertelangen Verkehr gewissermaßen ein modus vivendi zwischen der Bevölkerungund den Juden herausgebildet hat, überhaupt nicht Terrain gewinnen und zu solchenSzenen führen würden wie in Rußland, wo die Unruhen auch nicht von der ständigen Bevölkerung,sondern von Zuzüglern aus dem Innern Rußlands ins Werk gesetzt wurden. Man neigt übrigensauch hier der Meinung zu, daß diese Verfolgungen überhaupt von den Nihilisten ausgehen und,indem sie ihren Muth an den allgemein wenig Sympathien genießenden Juden kühlten, damithauptsächlich das Eine beabsichtigen, Unruhen hervorzurufen und das Volk daran zu gewöhnen.“Andere Gerüchte bezeichneten Emissäre der sozialistischen Partei in Deutschland oder Anhängerder Stöckerschen Bewegung in Preußen als die Urheber der antijüdischen Stimmung in Polen.An keiner Stelle <strong>des</strong> Berichtes ist erkennbar, daß man sich in Warschau Gedanken über die tieferenUrsachen der antijüdischen Bewegung machte. Man war bestenfalls geneigt, darin dieVorboten einer allgemeinen bäuerlich-revolutionären Bewegung gegen die besitzenden Klassen<strong>des</strong> Zarenreiches zu vermuten.(Aber trotz der anfänglich beängstigenden Gerüchte blieb die Lage in Kongreßpolen im Sommer1881 ruhig, was nach der Meinung <strong>des</strong> Generalkonsuls auch darin zum Ausdruck kam, daßzahlreiche wohlhabende Juden aus Südrußland sich gerade in Warschau niederließen und polnischeGrundbesitzer, die aus Furcht vor Bauernunruhen Warschau nicht hatten verlassen wollen,sich zur Erntezeit wieder auf ihre Landsitze begaben. Als dann in der Weihnachtszeit <strong>des</strong> Jahres1881 in Warschau wider Erwarten doch ein schwerer Judenpogrom ausbrach, gelangte, wie esin einem Bericht aus Petersburg vom 17. Januar 1882 heißt, in der russischen Presse vor allemeine gewisse Schadenfreude darüber zum Ausdruck, „daß nunmehr auch die Polen, die sich seinerZeit über die russischen Judenkrawalle so entrüstet gezeigt und voll Selbstgefühl auf ihre höhereIntelligenz verwiesen hatten, nunmehr im eigenen Lande dergleiche <strong>für</strong> unmöglich gehalteneAuftritte erlebt hätten“ .Die ruhige Haltung der bäuerlichen Bevölkerung in Kongreßpolen während <strong>des</strong> Sommers 1881gestattete der Statthalterei in Lemberg, ihr Augenmerk hauptsächlich der Entwicklung in Südrußlandund den Problemen an der galizischen Ostgrenze zuzuwenden. Die Nachrichten von denJudenverfolgungen in Südrußland fanden in der galizischen Bevölkerung lebhaften Widerhallund reizten zur Nachahmung. In den Monaten Mai bis August 1881 häuften sich in Galiziendie Nachrichten von antijüdischen Maueranschlägen und Drohbriefen. Trägerdieser Bewegung waren vorwiegend die Bauern, aber auch zahlreiche Industriearbeiter und Handwerksgesellen.„Schlagt die Juden wie in Rußland!“ , hieß die gern gehörte Parole. „Der russischeKaiser hat schon an unsern geschrieben, daß es binnen vierzehn Tagen mit unsern Juden sogemacht würde wie mit denen in Rußland.“ Andere Aufrufe sprachen sogar von einer „Verordnung<strong>des</strong> Kaisers“ zur Vernichtung der Juden. Die Ursachen dieser antijüdischen Bewegung gingenaus den klar formulierten Beschwerden der Bevölkerung hervor. Sie waren sehr mannigfaltig.„Die Juden zahlen keine Steuern; sie entziehen sich dem Militärdienst; sie vernichten uns durchWucher und Betrug jeder A rt.“ „W ir leben in Not, gefesselt durch unsern eigenen Reichtum,der sich in den Händen der Juden befindet. Bedeutet das etwa nichts, daß unsere Brüder an den189

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