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RAUSCH Heft 1/2012 - Dr. Oliver Scheibenbogen

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Pathologisches Lottospielen – „Ein Traum, der dreimal pro Woche zerplatzte“ 13vierte anschließend die Koch- und Kellnerlehre.Die Eltern des Patienten sind verheiratet, wobeiHerr K. ein eher angespanntes Verhältniszu ihnen beschreibt. Der Vater hatte nach Angabendes Patienten ein Alkoholproblem undwar darüber hinaus ebenfalls spielsüchtig, jedochspielte er ausschließlich an Geldspielautomaten.Suchtanamnese –Abhängigkeitsentwicklung – ersteSpielphaseDas Leben des Herrn K. ist durch zwei exzessiveSpielphasen geprägt.Herr K. war nach Abschluss seiner Koch- undKellnerlehre im Alter von 20 Jahren in einerDiskothek tätig. In dieser Zeit kam es auch zueinem gesteigerten Alkoholkonsum, u.a. umsich zu entspannen beziehungsweise um denStress in der Arbeit zu bewältigen. In diesemZusammenhang berichtet Herr K. von seinerKindheit, welche von einer strengen Erziehungund der Sucht des Vaters geprägt war.Wenn Herrn K. die Probleme zu Hause zusehr belasteten, flüchtete er auf den benachbartenPferdehof und konnte dort für ein paarStunden die häuslichen Schwierigkeiten vergessenund sich entspannen. Der Pferdehofhatte für den Patienten eine Entspannungsfunktionübernommen, in der er sich sicherund geborgen fühlte. Er beobachtete die Pferdeund half selbst auch bei der Arbeit mit. Darausentwickelte sich sein großer Traum eineneigenen Pferdehof zu besitzen, um diesen angenehmenZustand dauerhaft aufrechterhaltenzu können. Während der Zeit als Kellnerlitt Herr K. sehr unter dem Arbeitsstress unddas Bedürfnis nach Entspannung und Ruhetrat verstärkt auf. Herr K. begann sich wiederan seinen Jugendtraum zu erinnern und sichmit einer möglichen Realisierung auseinanderzusetzen.Zur selben Zeit (1986) wurdedas Lottospiel „6 aus 45“ neu eingeführt, welchesdie Vorstellung vermittelte, mit einemrelativ geringen Einsatz die Möglichkeit aufeinen hohen Gewinn zu haben. Dies führtezur Manifestation des Gedankens, seinenWunschtraum zu realisieren, welcher sichnach den Vorstellungen des Patienten durcheinen Lottogewinn am leichtesten verwirklichenließe und wodurch sich alle Belastungenbeseitigen lassen würden.Auch Stöver (2006) und Meyer & Hayer(2005) konnten in ihren Studien verschiedeneEinflussfaktoren, die die Entwicklung einerLottoabhängigkeit fördern, nachweisen.Demnach neigen Personen mit unterdurchschnittlicherBildung bzw. geringerem Einkommeneher dazu überdurchschnittlich intensivLotto zu spielen (Coups, Haddock &Webley 1998). Einen weiteren wesentlichenAnteil trägt die Werbung, mit der Vermittlungdes Mottos „Alles ist Möglich“, zur Förderungdes Lottospielens bei, was zusätzlichdurch die Bekanntgabe eines Jackpots verstärktwird. Auf den ersten Blick scheint derTraum vom großen Gewinn die treibendeKraft für den Beginn des Lottospielens zusein, die dahinter liegenden Gründe für diesesVerhalten sind ein komplex miteinanderverwobenes Bündel unterschiedlicher psychosozialerFaktoren.Herr K. begann mit einzelnen Tipps, mit seinenso genannten „Glückszahlen“, aber baldschon kam es zum Kontrollverlust bezüglichder Häufigkeit und der Einsätze. In diesemZusammenhang zeigte sich auch eine Toleranzentwicklung,d.h. Herr K. erhöhte dieEinsätze, um die gewünschte Wirkung, dieDistanzierung von den aktuellen Problemenund die Möglichkeit seinen Traum zu leben,zu erzielen. Im Laufe der Woche fuhr Herr K.zu verschiedenen Trafiken und gab dort seineLottoscheine auf (zu dieser Zeit waren dieZiehungen ausschließlich sonntags). Somitbot sich für Herrn K. die Möglichkeit vonMontag bis Sonntagmittag seinen Traum zuleben, der jedoch regelmäßig am Sonntagabendzerplatzte. Im Laufe der nächsten Jahreentwickelten sich bei Herrn K. Verhaltensweisen,die auch von Meyer & Hayer (2005)als charakteristisch für den pathologischenLottospieler genannt werden, wie das Abflacheneiner als positiv erlebten Empfindungim Falle eines Gewinns. Geldgewinne lösenfür pathologische Lottospieler keine anhaltendeFreude mehr aus, da sie nichts anderesbedeuten als die Möglichkeit zum sofortigenWeiterspielen mit dem Ziel, entstandene Verlustewieder auszugleichen (Chasing-Verhalten).Herr K. berichtete gelegentlich kleineGewinne erhalten zu haben, die ihn jedochnicht befriedigten. In Verlustsituationen tratennegative Emotionen wie Niedergeschlagenheitoder Verzweiflung in normabweichenderIntensität auf. Herr K. erhöhte seineEinsätze und letztendlich kam es auch zu Deliktenmit strafrechtlicher Relevanz, um mitdiesen illegalen Einnahmen die Teilnahme anLotterien zu ermöglichen. Herr K. zeigte diein den Studien von Meyer & Hayer (2005) beschriebenenLeitsymptome wie auftretenderausch 1-<strong>2012</strong>

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