22A. Kampuschdiesen Ausdruck als Suchttherapeut hiermitzum Unwort meines noch jungen Jahres<strong>2012</strong>, die „customer loyality“ zu verstärken.Anhand von „performance analysis“ wirddie Beliebtheit diverser Spiele rechnerisch ermitteltund das Potential von Neuerscheinungenauf dem Markt eingeschätzt. Man haterkannt, dass Onlinegaming sich kannibalisierendauf den Offlinemarkt auswirkt (vgl.Kreuzter, Fischer & Partner, 2011, S. 4), es gibtauch Vorträge, „wie beides zusammen funktionierenkann und Synergieeffekte erschafft,anstatt gegeneinander anzutreten“ (slot summit<strong>2012</strong>).Kurzum dreht sich beim „player tracking“ allesum folgende Frage: „Wer spielt was, wielange, in wessen Begleitung, wann, wie oftund innerhalb welches Einsatzspektrums“?Player control – wo kühle Statistikund künstlich erzeugter Stress Handin Hand gehenSind die Betreiber durch Beobachtung nunim Besitz dieser Daten, kann gezielt an eineBeeinflussung des Spielverhaltens gedachtwerden. Nehmen wir nun ein Beispiel ausdem lifegame, das Roulette: Beobachtet mandas Spielgeschehen, so bemerkt man, dassder Croupier das Spiel beschleunigt, wenndas Spiel am Tisch höher wird. Er tut dies auseinem statistischen Grund heraus, je mehrSpiele er abwickelt, desto wahrscheinlicherist es, dass der sogenannte Hausvorteil zuschlägt.Als Hausvorteil bezeichnet man denVorteil des Spielanbieters gegenüber demSpieler, welcher sich von ca. 2,7% beim Roulette,6% beim Black Jack bis hin zu den 30%bei Automaten bewegen kann. Glücksspielist für den Betreiber kaltes Kalkül, was der„hold“ bezeugt. Für jeden Spieltisch gibt eseine Kennzahl, welche „hold“ genannt wirdund die den prognostischen Gewinn über dieOffenhaltezeit des Spieltisches oder Automatenangibt. Tische unterhalb des hold werdenbeschleunigt, ist er erreicht, kann man eineSperre für den Spieltag ins Auge fassen. AmEnde eines Spieltages wird das Spiel nocheinmal künstlich erhitzt, indem man für vieleSpieler nur mehr wenige Tische anbietet. EinMittel zur Einflussnahme auf die Spielhöhebietet sich durch ein sogenanntes Auszahlungsmanagementan. Hierbei werden demSpieler im Gewinnfalle Jetons der nächst höherenGattung ausbezahlt, durch eine Forcierungder Ereignisfrequenz bleibt keine Zeitmehr, diese zu wechseln. Der Spieler stehtnun vor dem Dilemma: „lasse ich in diesemSpiel die bewährten Glückszahlen der „MitziTant´“ aus oder riskiere ich das Doppeltemeines Standardeinsatzes“? Gewinnt derSpieler mit dem erhöhten Einsatz, bleibt erauch dabei, setzt er aus und die Zahlen kommen,fügt er sich (nach einem mehr oder minderintensiven Verlust der verbalen Impulskontrolle)ebenfalls.Beim Automatenspiel kann der Betreiberdurch die Wahl der Stückelung der Geldscheineauch großen Einfluss auf das Spielverhaltennehmen. Nehmen wir an, Sie hätten€ 510,- gewonnen und ließen sich dies ander Kasse auszahlen. Im Sinne eines „playercontrols“ wäre es sinnvoll, Sie mit 3 Hundertern,2 Fünfzigern, 2 Zwanzigern und 7 Zehnernauf den Weg von der Kassa, die üblicherweiseim hinteren Teil des Automatenbereichssteht, quer durch den Automatenspielsaalhin zum Ausgang zu schicken. AlsGlücksspielbetreiber gibt man Ihnen somitdie Möglichkeit, quasi im Vorbeigehen nochein paar Scheine zu setzten um den „hold“ zupolieren.Magisches Denken – wie kognitiveVerzerrungen gezielt genutztwerdenWer wird nicht gerne hofiert? Vor allem,wenn man sich dabei in Gesellschaft befindet,ist es eine immense Befriedigung unserernarzisstischen Anteile, wenn uns die Angestelltennamentlich begrüßen, unsere Namenkennen, unsere bevorzugten Spielautomatenfür uns frei gehalten haben, einen <strong>Dr</strong>ink aufsHaus spendieren und uns hochrechnen, wieviel wir mit unserem präferierten Roulette-System heute schon gewonnen hätten bzw.wie hoch der Jackpot war, den uns jemandanderer vor der Nase weg geschnappt hat,wären wir nur eine Stunde früher gekommen.Ebenso schmerzhaft gestaltet sich dannauch das Erleben des Liebesentzuges, wennsie mit dem Trinkgeld geizen, sich dem„player tracking“ entziehen oder, Gott bewahre,wirklich substanzielle Gewinne mitnach Hause nehmen. Dann ändert sich dasKlima schlagartig und im sozialen UterusSpielhalle bzw. Casino wird es plötzlich einwenig kühler.Hand aufs Herz, sind sie nicht auch ein bisschenabergläubisch? Haben Sie ein Kleeblattvom Silvester in Ihrer Brieftasche, einen Ro-rausch 1-<strong>2012</strong>
„Player tracking“ und „player control“ – wie kognitive Fehlschlüsse von Spielbetreibern gezielt genutzt werden 23senkranz an ihrem Rückspiegel hängen odergar einen Teddybären aus Kindertagen alsheimlichen Beschützer in Ihrem Schlafzimmer?Psychologisch gesehen handelt es sichbei diesem Phänomen um einen Bereich, denman „magisches Denken“ nennt. Diesen Dingenwerden übernatürliche, magische Eigenschaftenzugesprochen. Für Spieler hat dasmagische Denken einen hohen Stellenwert –fällt der nächste Jackpot wieder an einem„book of Ra“-Automaten, welcher Croupiergibt heute zu meiner Glücksstunde an meinemGewinnertisch die Kugel, wird mir dasBubenpaar als Startkarte beim Pokern wiederGlück bringen? Der Spieler tendiert - unterstütztvon der Glücksspielindustrie - dazu,den Ausgang eines Spieles mit Umweltfaktorenin Verbindung zu bringen und damit Zusammenhängezu konstruieren, die objektivnicht existieren. Seit es Casinos und Spielsalonsgibt, arbeiten diese mit den kognitivenVerzerrungen, die das Spiel umgeben. Im Casinojargonist die Bezeichnung dafür zwar eineAndere, der Verständlichkeit halber verwendeich aber folgende Typologie, wie sie indiverser, zugänglicher Literatur auch oftmalsbeschrieben wird. Ein anschauliches Beispieldafür ist beispielsweise die Sirene, welcheausgelöst wird, wenn ein Automat einenJackpot auszahlt. Der Gewinner weiß ja ohnehin,dass er gewonnen hat, vielmehr richtetsich die Sirene an all die anderen Spieler, welchedamit dem sogenannten „Verfügbarkeitsfehler“unterliegen. Man schätzt die eigenenGewinnchancen höher ein, wenn man Anderebeim Gewinnen beobachtet, und verliertdie Übersicht über die eigenen realen bisherigenVerluste. Der „clustering illusion“ verfälltder Spieler, wenn er sich beispielsweisein einem Casino sogenannte „permanencen“kauft. Das sind Aufzeichnungen beim Roulette,die von jedem beliebigen Spieltisch zujeder beliebigen Zeit die gekommenen Zahlendarstellt. In diesem Datensalat sucht mandann nach einem Muster. Interessant ist, dassein Großrechner des Spielbetreibers diesauch tut – würde es ein Muster geben, wäreder Roulettezylinder schon längst ausgetauschtworden. Der Umstand, dass ein Casinoeine Permanenz anbietet, bedeutet also,dass darin kein Muster zu finden ist. Diemenschliche Psyche ist nun aber in einer Artgestrickt, dass sie Muster braucht und solcheauch notfalls selber generiert. Je mehr Einflusswir auf die Höhe des Einsatzes habenoder die Spielautomaten, Zahlen und Chancenbewusst auswählen können, desto eherneigen wir dazu, der „Kontroll-Illusion“ zuverfallen, jener Illusion, dass wir durch Auswahleinen Einfluss auf den Zufall bekommen.Das „Gesetz der großen Zahlen“ kann imSpielbereich wie folgt dargestellt werden: angenommen,auf einem Spieltisch fallen vielmehr rote als schwarze Zahlen, wird Schwarzim Lauf der Zeit nachziehen? Nein, es kanndurchaus eine Delle in der Verteilung bleiben,Schwarz zu forcieren wäre statistisch gesehengenauso sinnvoll wie auf Rot zu setzen.Zu guter Letzt kommen wir noch zu drei spezifischenDenkfehlern, genannt „Spielerfehlschluss1 bis 3“: Spielerfehlschluss Nummer1 sagt uns, dass ein zufälliges Ereignis nichtwahrscheinlicher wird, nur weil es längereZeit NICHT eingetreten ist, SpielerfehlschlussNummer 2 besagt, dass ein zufälligesEreignis nicht wahrscheinlicher wird, nurWEIL es gerade eingetreten ist. Spielerfehlschluss3 bedeutet, dass ein zufälliges Ereignisnicht unwahrscheinlicher wird, weil eslängere Zeit NICHT eingetreten ist. DennFakt ist: ein Roulettezylinder, Spielkartenoder Würfel haben kein Gehirn und könnensich deshalb nicht an die vorhergegangenen„outcomes“ erinnern.Um Sie vollends zu verwirren, berichte ichIhnen noch vom „umgekehrten Spielerfehlschluss“- da ein unwahrscheinliches Ereignisvorliegt, nimmt man als Spieler an, dass esdazu einer Reihe von vorhergegangenen Ereignissenbedurfte, was ebenso unrichtig ist.Ein guter Spielbetreiber unterstützt seineKunden möglichst hochfrequent in allen Bereichendes magischen Denkens und der kognitivenDenkverzerrungen, erfasst die Bedürfnisseund kleinen menschlichen Schwächenseiner Kunden mittels des „player trackings“und nutzt die Erkenntnisse, um mitHilfe des „player controls“ lenkend in dieSpielprozesse einzugreifen, damit letztendlicheine ausgeprägte „customer loyality“den hold glänzen lassen kann.Für <strong>2012</strong> rechnet das Anton Proksch Institutmit einer 20%igen Steigerung der ambulantenSpielsucht-Patienten.LiteraturEuropean Casino Association – Slot Summit <strong>2012</strong>:Konferenz Programm für den 19. bis 23.03.<strong>2012</strong> in Hannover.Glöckner, A. & Towfigh, E. (2010). GeschicktesGlücksspiel. Die Sportwette als Grenzfall desGlücksspielrechts, JZ 21/2010, S. 1027-1035.rausch 1-<strong>2012</strong>
- Seite 1 und 2: auschHeft 1·2012Wiener Zeitschrift
- Seite 3: Impressumrausch - Wiener Zeitschrif
- Seite 6 und 7: 4M. Poltrumohne jede Mühe wiederum
- Seite 8 und 9: 6Ein (Glücks)Spiel in 4 Akten -Vom
- Seite 10 und 11: 8G. Blemenschitzmit dem General zur
- Seite 12 und 13: 10G. BlemenschitzSo könnte der vie
- Seite 14 und 15: 12Pathologisches Lottospielen -„E
- Seite 16 und 17: 14B. OitzingerEntzugserscheinungen,
- Seite 18 und 19: 16B. Oitzingerwurde mit Herrn K. ei
- Seite 20 und 21: 18B. KellermannAbbildung 1Dostojews
- Seite 22 und 23: 20„Player tracking“ und „play
- Seite 26 und 27: 24A. KampuschKalke, J., Buth, S., R
- Seite 28 und 29: 26I. Schmutterersetz prinzipiell al
- Seite 30 und 31: 28I. Schmutterertrachtet und vergli
- Seite 32 und 33: 30I. Schmuttererwerbung oft stark i
- Seite 34 und 35: 32I. Schmuttererse wieder vermehrt
- Seite 36 und 37: 34Spielsuchtprävention im Spannung
- Seite 38 und 39: 36O. ScheibenbogenBedeutung. Die ge
- Seite 40 und 41: 38O. ScheibenbogenUm als Klinik in
- Seite 42 und 43: 40F. W. Peren, R. Clement, W. Terla
- Seite 44 und 45: 42F. W. Peren, R. Clement, W. Terla
- Seite 46 und 47: 44F. W. Peren, R. Clement, W. Terla
- Seite 48 und 49: 46F. W. Peren, R. Clement, W. Terla
- Seite 50 und 51: 48 NachrichtenHerzinfarkt: Zwei Dri
- Seite 52 und 53: 50 NachrichtenStudie: Twitter & Co
- Seite 54 und 55: 52 Nachrichten„Legal“, kosteng
- Seite 56 und 57: 54 NachrichtenAlkohol- und Tabakkon
- Seite 58 und 59: 56 NachrichtenSchockbilder auf Ziga
- Seite 60: Deutsche Hauptstelle fürSuchtfrage