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RAUSCH Heft 1/2012 - Dr. Oliver Scheibenbogen

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Ein (Glücks)Spiel in 4 Akten – Vom Sinn und Unsinn der Geldverwaltung bei Spielsüchtigen 7einfach nicht widerstehen, dieser beherrschtmittlerweile seinen Tagesablauf.Nun hält er aber den Gerichtsbescheid überdie bevorstehende Delogierung 3 , also dieZwangsräumung in seinen Händen. Paniküberkommt ihn. Er kann nicht mehr klardenken. Doch dann entdeckt er ein paar Zeilenin dem Brief. Er soll sich mit einer speziellenBeratungsstelle für Wohnungssicherungin Verbindung setzen. Er schöpft Hoffnung.Vielleicht kann ihm dort geholfen werden.Zu diesem Zeitpunkt ahnt seine Freundinnoch nichts von seiner Spielsucht. Er hat esbisher geschafft ihr vorzutäuschen, dass er inseinem Beruf als Serviceleiter einfach sehrviele Überstunden machen muss und daheroft nicht pünktlich nach Hause kommt. Auchüber seine Schulden weiß sie nicht Bescheid.Er hat sich nur einmal Geld ausgeliehen beiihr, mit der Ausrede, er brauche es, um seinerMutter bei einem kurzfristigen finanziellenEngpass helfen zu können.Auch unser Fähnrich Manuhke baut gemeinsammit seinen Freunden ein Lügengebäudeauf, um vor seinem Hauptmann zu verbergen,dass der Grund für sein Fehlen bei einerParade das Spielen war.Fähndrich Appelbom (Fähndrich MahnukesFreund): Nu: ich wills über mich nehmen. Es istdas erste Mahl, seitdem du hier bist, wenn ich einNasenbluten vorschütze, so wird mans schonglauben; du hast dich doch seither wie ein Philosophbetragen.Fähndrich Mahnuke später zum Hauptmann: Ichdanke ihnen gehorsamst, Herr Hauptmann. Eswar nichts. Eine Erhitzung: just als ich ausgehenwollte, bekam ich heftiges Nasenbluten.2. AktDer Termin in der Beratungsstelle verläuftsehr positiv. Manuel F. kann seine Situationals einmalige unverschuldete Notsituationglaubhaft darstellen und erhält nach einemweiteren Termin Unterstützung durch eineAushilfe aus der Sozialhilfe. Das Delogierungsverfahrenwird eingestellt. Und nochetwas erleichtert ihn sehr: Seine Freundin hatnichts von seinen Mietrückständen mitbekommen.Nach dieser kritischen Situationnimmt er sich fest vor, nie wieder zu spielen.Aus professioneller Sicht erstaunt es möglicherweise,dass Manuel F. so einfach eine finanzielleHilfestellung seitens des Sozialhilfesystemsbekommt. Allerdings treffen hiermehrere Faktoren zusammen: Einerseitszeigt sich Manuel F. aufgrund seiner Suchterkrankungund den damit verbundenen Dynamikenäußerst geübt die wahren Hintergründeseiner Schulden zu verbergen. Andererseitsfehlt es im Sozialhilfesystem häufigan zeitlichen Ressourcen eine genauere sozialeDiagnose zu stellen. Außerdem hat er zumallerersten Mal um Sozialhilfe angesucht undwie bei unserem Fähnrich Mahnuke, der sichbisher wie ein „Philosoph betragen“ hat,kommt Manuel F. nun zugute, dass er bisherkeine Aushilfen benötigt hat. Die Hilfestellungführt dazu, dass der <strong>Dr</strong>uck wieder geringerwird. Er versucht nun erst recht wiedersein Glück im Spiel, da er sich davon erhofft,nun endgültig seine Schulden los zuwerden. Dann würden seine Freundin undseine Familie nichts davon erfahren und ermüsste nie mehr Ängste vor möglichem Aufgedeckt-Werdenausstehen.Die Geldaushilfe hat somit zwar seine akutenGeldsorgen beseitigt, allerdings hat sie langfristigkeinerlei Änderung in seinem Suchtverhaltenbewirkt. Im Gegenteil: die vermeintlichrasche Entspannung der Situationhat es ihm nicht ermöglicht sein eigenes Handelnzu überdenken und beispielsweise professionelleHilfe anzunehmen, sondern hatdie Illusion verstärkt, dass seine Geldproblemeeinfach zu lösen seien. Man könnte ihm –sie erinnern sich an Fähnrich Mahnuke zuBeginn? – „frisch gewagt ist halb gewonnen“als suchtbedingtes Motto unterstellen. DieSuchtspirale beginnt von vorne.Die kurzfristig erlebte Erleichterung währtnicht lange, denn es gibt auch noch andereGläubiger, die zu ihrem Geld kommen wollen.Und so passiert es, dass Manuel F. mitSchrecken bemerkt, dass sein Gehalt von einigenGläubigern plötzlich gepfändet 4 wird.All das könnte er noch vor seiner Freundinverbergen, aber dass nun auch noch derEnergielieferant den Strom abdreht, damithat er nicht gerechnet. Manuels Freundin beginntnun nachzufragen.Auch bei Fähnrich Mahnuke ist sein Hauptmanndahinter gekommen, was hier „gespielt“wird, und stellt ihn nun gemeinsam3Delogierung, ist die in Österreich übliche Bezeichnung für eine gerichtliche Zwangsräumung einer Wohnung4Gehaltspfändungen sind in Österreich sehr einfach möglich. Die Gläubiger müssen lediglich eine Klage bei Gerichteinbringen und können mit dem rechtskräftigen Titel gegen den Schuldner Gehalts-Exekution beantragen.Der Arbeitgeber ist verpflichtet den Pfändungsbetrag zu errechnen und an den Gläubiger zu überweisen.rausch 1-<strong>2012</strong>

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