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RAUSCH Heft 1/2012 - Dr. Oliver Scheibenbogen

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Spielsuchtprävention im Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichen Interessen und aktivem Spielerschutz 35dem problematischen Spielen) sind in Österreich13% der Personen über dem 16. Lebensjahrund von Alkoholabhängigkeit (entsprichtdem pathologischem Spielen) 5% derAllgemeinbevölkerung betroffen.Einen Vergleich der Verfügbarkeit von Alkoholund Glückspiel – allen voran des Automatenglückspiels– zur Abschätzung der Effizienzpräventiver Maßnahmen scheintschwierig. Ob der Zugang zu Alkohol oderjener zum Glückspiel um Geld derzeit leichterist, kann nicht adäquat beurteilt werden.Der Markt für Anbieter von Glückspiel wirdvon einigen wenigen Majorplayern, mit teilweiserMonopolstellung über Jahrzehnte, dominiert.Gerät man aus Sicht der öffentlichenMeinung in den „Dunstkreis“ dieser Anbieter,so kommt es innerhalb kürzester Zeit zuUrteilszuschreibungen und Meinungsbildungsprozessen,die an Diskussionen erinnern,wie sie im Alkohol- und <strong>Dr</strong>ogenbereichAnfang/Mitte des vorigen Jahrhunderts geführtworden sind. Gemein ist die rasche Besetzungvon Extrempositionen, die letztlichin der Zuschreibung von „Gut“ und „Böse“gipfeln.Der Spieleanbieter oder Erzeuger vonGlückspielgeräten wird mit dem Attribut„böse“ versehen, und der problematischeoder pathologische Spieler als „Guter“ erachtet,dem Böses widerfahren ist. Aus therapeutischerPerspektive ist diese Zuschreibungbesonders problematisch, da sie initial denFokus auf die Reduktion bzw. Eliminationdes „Bösen“ legt, den Spieler aber als Opferäußerer Umstände erscheinen lässt. Da sichgesellschaftspolitische Meinungen auch aufdas einzelne Individuum übertragen, entstehteine für die Behandlungsmotivation desEinzelnen ungünstige Ausgangslage. Wie wirim Anton Proksch Institut in zahlreichen Gesprächenmit pathologischen Spielern feststellenkonnten, haben diese die Dichotomiegut-böse häufig internalisiert, das Resultat isteine geringe intrinsische Motivationslage zuBeginn der Behandlung.Urteilszuschreibungen, d.h. Urteilsheuristikenwie die Verfügbarkeitsheuristik kommtimmer dann zur Anwendung, wenn dieWichtigkeit oder die Häufigkeit von Ereignissenbeurteilt werden muss, die Zeit oderdie Möglichkeit auf genaues Datenmaterielzurückzugreifen jedoch nicht gegeben ist. Soüberschätzen Glückspieler systematisch ihreWahrscheinlichkeit in Glückspielhallen amAutomaten zu gewinnen, weil die Gewinneanderer leichter in Erinnerung gelangen alsdie wesentlich häufigeren Verluste. Valideund reliable Zahlen zur Glückspielproblematikin Österreich gibt es bis heute nicht, einBlick über die Landesgrenzen nach Deutschlandmusste zur Beurteilung epidemiologischerÜberlegungen genügen.Die Repräsentativitätsheuristik bewertet dieWahrscheinlichkeit danach, wie genau sie bestimmtenPrototypen entspricht. Im Kontextgesellschaftspolitischer Betrachtungen derSpielsucht finden wir hier viele Eigenschaftszuschreibungenin stereotyper Weise. Als oftgenanntes Beispiel, es spiegelt nicht die Meinungdes Autors wider, wird dem HomoÖkonomikus der Glückspielindustrie mit ihrenMaximen der Nutzen- und Gewinnmaximierungder willenlose, dependente Spielergegenübergestellt.Im öffentlichen Diskurs kommt ebenso derAttributionsfehler implizit zur Anwendung.Urteilsheuristiken, wie die SelbstwertdienlicheVerzerrung tritt immer dann auf, wenndas Selbstwertgefühl bedroht wird. Erfolgwird in solchen Situationen verstärkt intern,Misserfolg eher extern attribuiert. Ein Spieler,der einen Geldbetrag soeben verloren hat,sucht häufig die Schuld im manipuliertenAutomaten. Ob, wie in der Gesetzesnovelle2010, die verpflichtende Anzeige der mathematischermittelten Gewinnausschüttungsquotediesen Attributionsfehler tatsächlichreduzieren kann (siehe unten), wird bezweifelt.Die Perzeptuelle Salienz, der Umstand, dassauffällige Objekte einen Einfluss darauf habenwelche Ursachenzuschreibung wir vornehmen,mag beispielsweise auch ein Grunddafür sein mit Jakpot‘s sehr vorsichtig umzugehen.Ragen besondere Ereignisse, wie z.B.hohe Gewinne, aus einer Menge von sonstunspektakulären Spielen heraus, so wird jenemAutomat mit bereits erfolgter hoher Gewinnausschüttungeine besondere Fähigkeitzugeschrieben, magisches Denken setzt ein.Manche pathologischen Spieler nehmenenorme Wegstrecken und Wartezeiten inKauf, um an „ihrem“ Automaten spielen zukönnen.Die obigen Beispiele illustrieren das Vorhandenseintypischer Denkfehler, sowohl aufSeiten der Gesellschaft im Umgang mitGlückspielanbietern, als auch auf Seiten derSpieler selbst.Neben dem durch die Gesetzesnovelle initiiertenEinwirken auf die Verfügbarkeit (Faktor<strong>Dr</strong>oge im multifaktoriellen Bedingungsgefüge)ist aus Sicht einer Behandlungs- undForschungseinrichtung für Suchterkrankungender Faktor Persönlichkeit von zentralerrausch 1-<strong>2012</strong>

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