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RAUSCH Heft 1/2012 - Dr. Oliver Scheibenbogen

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Spielsuchtprävention im Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichen Interessen und aktivem Spielerschutz 37ten. Ebenso wurde eine telefonische Beratungeingerichtet.Erste Erfahrungen sollen im Folgenden anekdotischfestgehalten und zur Diskussion gestelltwerden.Anekdote 1 – Fairplay trotzRestriktionWie eine rückfällige pathologische Spielerinin einer unserer therapeutischen Spielergruppenberichtete, sei sie im Gegensatz zu früher(vor der Schulungsmaßnahme der Mitarbeiter)bei einem neuerlichen Spielversuch in einemWiener Automatencasino gescheitert.Die vereinbarte Sperre wurde trotz massivem<strong>Dr</strong>uck der Patientin von Seiten des Casinosaufrecht erhalten und sie aus dem Casinoverwiesen. Dabei habe sie sich trotz diesesrestriktiven Vorgehens wertschätzend behandeltgefühlt.Diskurs 1 – Mitgestaltung beiBesuchsvereinbarungen undSelbstsperrenAufgrund unserer Erfahrungen in der Behandlungvon pathologischen Spielern konntenwir deutlich darauf hinweisen, dass einefreiwillige Besuchsvereinbarung zur Limitierungder monatlichen Besuchstage bei Gelegenheitsspielernund evtl. noch bei beginnendenproblematischen Spielern sinnvoll ist, beipathologischen Spielern – ein Suchtkriteriumstellt hierbei der Kontrollverlust dar – jedochvöllig zwecklos ist und einem abhängigenSpieler etwas abverlangt, zudem er seit geraumerZeit nicht mehr in der Lage ist.Diskurs 2 – Mitgestaltung beiInformationsfoldernProblematische und Pathologische Spielersind häufig von Schuld- und Schamgefühlenbetroffen. Dies resultiert häufig, wie bei anderenSuchterkrankungen auch, in einer sehrspäten Inanspruchnahme des Hilfesystems.Ein sehr niederschwelliger Zugang ist dabeidie Bereitstellung von spielerschutzrelevantenInformationen z.B. in Form von Foldern.Wir beschäftigten uns aus psychologischerSicht mit der Fragestellung: Wie kann der Zugangzu diesen Informationen auch in denCasinos selbst vereinfacht und die Wahrscheinlichkeitder Entnahme erhöht werden?Aus der Perspektive einer Suchtklinik ist dieMöglichkeit des Einwirkens auch im präventivenBereich, unmittelbar dort wo eine Personmit dem „Suchtmittel“ in Kontaktkommt, nahezu ein Novum und im Alkoholbereichbis dato kaum angewandt.Anekdote 2 – Die Angst auf beidenSeitenWährend der Ausbildungswoche zum Präventionsbeauftragtenbestand für die Teilnehmerdie Möglichkeit erstmals mit Patientenin Kontakt zu treten und längere Gesprächezu führen. Mitarbeiter des Glückspielanbietersbefürchteten mit Aggressionen derSpieler konfrontiert zu werden, Spielern fieles durch den persönlichen Kontakt zunehmendschwieriger die Schuld für ihr Spielverhaltenausschließlich im Glückspielanbieterzu sehen. Als Basis für eine nachhaltige Einstellungsänderungführten die Gespräche zutiefer Betroffenheit, aber auch zu Akzeptanzund Wertschätzung des Anderen und letztlicheinem besseren Verständnis.Diskurs 2 – Die Abhängigkeit von derAbhängigkeitIn den Seminaren wird den Teilnehmern ausder Glückspielbranche auch die Frage danachgestellt, wie hoch ihrer Meinung nachder Prozentsatz an Umsätzen durch abhängigeSpieler sei. Aus Untersuchungen zur Alkoholabhängigkeitweiß man, dass ca. 70 bis 80Prozent der Umsätze der Alkoholindustrievon den 5 Prozent alkoholabhängigen Personenerwirtschaftet werden (große MengenAlkohol werden von einer Minderheit konsumiert).Auch in der Glückspielindustrie dürftendie Zahlen in diesem Bereich liegen. DieseFrage initiiert zumeist einen intensivenDiskussionsprozess unter den Teilnehmern,der das Dilemma zwischen wahrgenommenersubjektiver Verantwortung und Angstvor Umsatzeinbußen und letztlich Jobverlustunmittelbar zum Vorschein bringt.Mit der Gesetzesnovelle 2010 wird den Anbieternvon Glückspielen in Österreich dieImplementierung von Spielerschutzmaßnahmenverpflichtend vorgeschrieben. Jene Institutionen,die direkt mit der Behandlung undBetreuung von problematischen und pathologischenSpielern befasst sind, können ihreExpertise in beratender Tätigkeit einfließenlassen.rausch 1-<strong>2012</strong>

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