G ünter RauKörpergräber mit Glasbeigabenfür die 2. H älfte des 3. Jahrhunderts ergebende Fundhorizontder reichen K örpergräber h at seinen D atierungsschwerpunkt Ende des 3. Jahrhunderts resp. um300. Die Gläser von Balenthin, Pilgram sdorf undStuchow fügen sich gut in diese D atierung ein.Im Oder-W eichsel-Raum können dem F undhorizontder entfärbten Facettschliffschalen weitere Gläser angeschlossenw erden, die eine schalenförmige G rundformhaben:W edderwill [5] - steilwandige Glasschale, entfärbt,transparent, gering gelb-grünlich, unverziert (Fig. 5,Fig.54)62;W illenberg 1180 [6] - unverzierte Glasschale (Fig. 55);Grodzisk-Kal^czyn [7] - entfärbte Glasschale ohne Verzierung(Fig. 6, 56);Polchlep [8] - steilwandige Glasschale, schräg gewellt,klar, blau-grünlich (Fig. 7, Fig. 54)63;Arnswalde [9] - steilwandige Glasschale m it N etzfadenauflage,grünlich (Fig. 57);G rabow [12] - w eitm ündige Schale m it Fußring undfeinen vertikalen Außenrippen, entfärbt (Fig. 8).Die Gefäße von W edderwill, W illenberg 1180 undGrodzisk-Kal^czyn sind entfärbte dünnw andige Glas-schalen m it schwach eingedellter Standfläche. ÄhnlicheForm en, teilweise verziert, finden sich in den K üstenstädtenam Schwarzen M eer bis nach Tana'fs6'1.Fig. 5 W edderwill / Mezne [5].62 Kunkel 1927, Pag. 125 : grünliches Glasschälchen m it oberflächlicheingeschliffenen um laufenden Bändern und m it denüblichen spiraligen Form ungsriefeln. - Eggers 1951, Pag. 180,Beilage 97 : dünnw andige farblose Glasschalen m it Schliffde k o r; Typ 213: m it eingeschliffener R andlinie (= V arianteW edderwill). - Die Autopsie im Museum Stralsund ergab abweichendetechnische Einzelheiten : Die Schale von W edderwillist formgeblasen ; kein A briß auf dem Boden ; schrägumlaufende Form ungsfäden an der Oberfläche, auch am Boden,auf der Schulter h o riz o n ta l; keine Schliff Verzierungen; dasGlas ist entfärbt, transparent, schwach gelbgrünlich. — DieZersplitterung von Form engruppen der Gläser in Typen undV arianten mittels nicht vorhandener oder unwesentlicherM erkmale schränkt die A nw endbarkeit des Eggers-Katalogsvon 1951 weitgehend ein.63 Das Glas von Polchlep konnte ebenfalls im K ulturhistorischenMuseum Stralsund auf seine technischen Eigenheiten hinüberprüfl w erden : durchsichtig klar, kräftig grün m it bläulichemSchimmer ; Boden aufgedellt und mit A briß, geringeA bnutzungsspuren; R and verdickt und rundgeschmolzen ;W andung schräg gewellt, m it spitzoval verzogenen Luftbläschen.-Die Technik der H erstellung geriefelter Gläser, sogenanntesoptisch geblasenes Glas, erfordert eine gerillte H o lz- oder T onform; aus spätrömischer Zeit bekannt von K om arov (Ukraine),cf. Smisko 1964, Tab. 1 : 12, 13 ; B ezborodov - A bdurazkov1964, Pag. 64 : „three clay m oulds w ith relief p a tte rn “ . DieW andung der Gläser kann senkrecht geriefelt sein, cf. Perejaslav-Chmelnickij [52], H aßleben 8 [90], oder durch D rehungschräg gewellt (Polchlep). Eine Gleichsetzung m it N etzglasschalen(Eggers 1951, Beilage 89) ist aus technischen G ründenunzweckmäßig : Fadenauflagen sind ein zusätzlicher A rbeitsvorgangnach der Fertigstellung des Gefäßes, die optischeRiefelung erfolgt bereits im ersten Arbeitsgang an der heißenGlasblase, die dann zu einem beliebigen G efäß ausgeform twird. -84 Sorokina 1962, Fig. 10 : 3, 4 ; Fig. 11 : 4 ; Babencikov1963, Fig. 4 : 1.
Acta praehistorica et archaeologica 3 (1972)Fig. 8 G ra b o w / G rabow o [12]. — Nach Eggers 1934, Pag. 15.Die schräggewellte Schale von Polchlep (Farbtafel Pag.121, Fig. a) ist ein singuläres Stück; vergleichbar ist nurdie Riefelung auf verschiedenen Gläsern im ganzen röm ischen Im perium , m eist K annen und Kugelbauchflaschen,auch in ukrainischen Funden. Es w ird im m er schwersein, die Anfänge bestim m ter Techniken festzulegen;im 4. und besonders im 5. Ja h rh u n d e rt w erden dieschräggeriefelten konischen Glasbecher modischerH auptartikel, vor allem im fränkischen Bereich85.Parallelen fü r die N etzfadenauflage des Glasbechers vonArnswalde sind von Igolomia [27] bekannt (Fig. 66).Fadenauflagen gleicher Glasfarbe wie das Gefäß sind inder Kaiserzeit selten; im Oder-W eichsel-Bereich kanndie Scherbe eines solchen Glases aus dem K örpergrab 211von P <strong>rau</strong>st [10] hinzugezählt w erden, auch w enn dieD atierung in das 3. Ja h rh u n d ert zu rü ck fü h rt66. M ehrfarbigeFadenauflage ist dagegen häufiger verw endetw orden67; die nach Z eitsteU un^ und H erk u n ft u m strittenen Schlangenfadenkelche m it blau-w eißer Fadenauflagelenken die A ufm erksam keit besonders wiede<strong>rau</strong>f östliche Gebiete68.Die Glasschale von G rabow m it feinen V ertikalrippenist von Eggers 1951 zusam m engefaßt w orden m it R ippengläsernaus m itteldeutschen G rabfunden09. DieseG ruppe kann nach neuem Forschungsstand m odifiziertwerden. Die Glasschale von G rabow gehört nach derForm noch in den H o rizo n t der dünnw andigen Facettschliffschalen,n im m t aber m it der feinen R ippenverzierungein charakteristisches Elem ent vo<strong>rau</strong>s, das sichbei den flachbodigen Glasschalen m it Bodenrippenw eiterverfolgen läßt. Die m itteldeutschen Funde habendabei eine zeitliche Zwischenstellung um 300 und gehörenvielleicht schon in den Beginn des 4. Ja h rh u n derts. G rabow dagegen ist sicher noch 3. Jahrhundert.Die Besprechung ist in diesem R ahm en trotzdem m öglich,weil auch die Ausbildung des Fußringes Bedeutung65 Ausgehend von ostm editerraner Glastechnik, cf. H arden1936, Tab. 7 : 59, Tab. 8 : 612 (Karanis) ; Burger 1966, Tab.125 : 22-23 (Sagvar [Pannonien]) ; K ropotkin 1970, Fig. 72 :15, 75 : 4, 76 : 6 ; auch in K öln zu römischer Zeit und imR heinland Leitform der frühfränkischen Spitzbecher, cf. R ademacher1942, Pag. 296 ss.86 Die Zugehörigkeit zu der Gläsergruppe konischer Fußkelchem it Fadenauflage, wie in dem B randgrab von Linowicepow. Starogard, ist aus chronologischen G ründen kaum möglich; dieser G lastyp datiert in das 2. Jahrh u n d ert n. C hr. -Bessere Vergleichsmöglichkeiten m it donauländischen Fundenvon G undrem m ingen Kr. D illingen (Bersu 1964, Tab. 8 : 6),Salzburg-H ellbrunn und V indobona (Klose 1907, Pag. 117,Fig. 43 : 2), Sebastovce-Barca (Slowakei) (Lamiova-Schmiedlova1969, Fig. 29 : 4) ; außer Köln (Frem ersdorf 1958) auchöstliche Funde (Sorokina 1962, Fig. 7 : 4 ; id. 1971, Fig. 5:1-Flaschen m it Fadenauflage, 4.-5. Jahrh.).67 Frem ersdorf 1959, Tab. 65 - Glasnachbildungen vonH em m oorer Eimern.68 Ekholm 1958, Pag. 23 ss. - Neue V erbreitungskarte derSchlangenfadengläser bei Eggers 1964, Pag. 161, Fig. 1, ohneBerücksichtigung des russischen M aterials, cf. K ropotkin 1970. -Poll w itten/Polo wite Kr. M ohrungen/M or^g hat allein 12Schlangenfadenkelche ; andere Kelche m it blau-w eißer Fadenauflage,cf. R ostoky K r. B ialystok (Jazdzew ski [K.] 1939,Fig. 15), H orodnica R ayon H orodenka (Dnestr) (Äberg 1936,Fig. 2), Tanai's (Sorokina 1965, Tab. 4 : 2) ; Zeitstellung2. H älfte 3. Jahrhundert.Schlangenfadengläser in Skandinavien zeigen unterschiedlicheZeitstellung :N o rd ru p (Seeland) (K örpergrab von 1873) m it gewelltemB ronzeeim er M itte 3. Ja h rh u n d e rt; H im lingoje (Seeland)(K örpergrab von 1873) mit einem P aar vergoldeter Silberpokalewie N o rd ru p ; H im lingoje 2/1949 m it H em m oorerEimer und einer bem alten Glasschale —eine einzigartige F undkombination des 3. Jahrhunderts ; T una (V ästm anland) [169]m it zwei H em m oorer Eim ern und Goldringschmuck nachStenberger 1956 A nfang 4. Ja h rh u n d e rt; Soukainen (Finnland)[168] m it H em m oorer Eimer und G lastrinkhorn, nach K ivikoski1954 M itte 4. Jahrhundert.Es h at den Anschein, daß die Schlangenfadengläser in M itteleuropadem 3. Jahrh u n d ert angehören, in den skandinavischenFunden verspätet bis in das 4. Jahrh u n d ert Vorkommen. Fürdie U ntersuchung der Gläser des 4. Jahrhunderts sind dieSchlangenfadenkelche daher ausgeschieden w orden.69 Eggers 1951, Beilage 91 : Freienbessingen K r. Sondershausen(Grim m 1940, Tab. 62 : 5), Leuna Kr. M erseburg G rab2/1917 (Schulz 1953, Tab. 5 : 2), B urgsdorf K r. Eisleben (Schulz1953, Tab. 36 : 2). Eggers Pag. 61 für westliche Provenienz,Stufe C 2.118