G ünter RauKörpergräber mit Glasbeigabennistisches Typologieschema. Die Facettschliffgläser des4. Jahrhunderts w erden zurückgeführt auf älterkaiserzeitlicheForm en, wie sie sich im H o rizo n t der reichenLübsow -G räber (Juellinge M arwedel - ö rem ö lla -Stenlille) finden130. Als U rsprungsform sehen Ekholmwie auch N orling-C hristensen einen hohen „Facettbecher“aus Pom peji an131. Dieser Fußkelch besitzt inW irklichkeit keine geschliffene Facettierung, sondernist form gestaltet; die Entw icklungsreihe verliert dam itbereits m it dem ersten Glied ihre Ü berzeugungskraft.D azu kom m t, daß die künstlerisch-technische Blüte desGlasschleifens, wie sie sich auf einer ganz anderen Glasform- den dünnw andigen Facettschalen - dokum entiert,unberücksichtigt bleibt. D er Entwicklungsgedankew ird von E kholm neben der F orm der Glasbecher auchFig. 39 F runzovka [64]. — Nach K ravcenko 1967, Fig. 2.für die A rt der Facetten eingeführt. O valfacetten sollensich zu Spitzovalen und schließlich zu gefäßbedeckendenR innenfacetten um gew andelt haben. Für den typologischenE ndpunkt seiner Entwicklungsreihe - den Spitzbecherm it R innenfacetten132 - w ird eine Zeitstellungschon „im fortgeschrittenen Teil des 4. Jahrh u n d erts“genannt133; danach m üßten die konischen Glasbecheralle vor 400 zu datieren sein - eine Zeitstellung, dienicht akzeptiert w erden kann. Die Facettentheorie istals Faustregel b<strong>rau</strong>chbar, in der strengen Auslegungaber bedenklich. Diese M ahnung dokum entiert derFacettschliffbecher von Dybeck aus Schonen (Fig. 40,Farbtafel Pag. 122, Fig. d), der mehrere A rten von Facet-130 Ekholm 1956 - I, Pag. 48 s . ; id. 1956 - III, Pag. 89,Fig. 6.131 Ekholm 1936 - I ; id. 1936 - II, Fig. 7 ; N orling-Christensen 1968, Fig. 1. - Bessere Vergleichsmöglichkeitenbieten sich für m ittelkaiserzeitliche Facettschliffgläser, cf.C lairm ont 1963 (D ura-Europos).132 Dieser G lastyp bekannt von A ltendorf Ldkr. Bamberg[96], Frankfurt-E bel [97], K östitz [95], Äros [147] undN ordgärden [149]. Die Gläser sind 20-24 cm hoch und stellenFig. 40 Dybeck [128].eine Sonderform dar, die zeitlich neben Spitzbechern des5. Jahrhunderts auftritt.133 Frankfurt-E bel könnte um 400 datiert werden, N o rd gärden aber sicher erst 5. Jahrhundert. Dagegen Ekholm 1956- I, Pag. 56 : „Diese G ruppe muß deshalb um 400 n. C hr. einEnde gehabt haben.“
Acta praehistorica et archaeologica 3 (1972)ten trägt, die offensichtlich aus einem technischen V ersehenzusam m en auf einem Glas aufgetragen w urden.Eggers A rbeiten enthalten m it den Jahren ih rer V eröffentlichungwechselnde D atierungen der Facettschliffbecher.F ür den Typ Kowalk w ird als ältester Z eitansatzdie „Stufe C I “ angegeben, und zw ar fü r denGlasbecher von Sem inariet [159] in N orw egen134 aufG rund einer m itgefundenen älterkaiserzeitlichen B ronzefibel.Die N achprüfung des O rginalberichts erweisteine falsche Z uordnung der G rabbeigaben133: der H ügelin Sem inariet enthielt zwei B randgräber; Fibel undGlasbecher (Fig. 41) stam m en aus verschiedenen G räbern.D er ebenfalls für die „Stufe C 1“ genannte F undvon V allstenarum [139] auf G otland ist fehldatiert,ohne daß sich dafür eine E rklärung finden läßt (cf.Fig. 30)136.In der Typentafel der „Stufe C 2“ fü h rt Eggers dieGlasbecher des Typs Sak<strong>rau</strong> II - G anzkow - K ow alkals L eitform en dieser Stufe auf137. A n anderer Stellew urde dagegen das Glas von K ow alk der Stufe D(Völkerw anderungszeit) zugerechnet138. In Eggers letztemBeitrag zu dieser Frage w ird der repräsentative G rabfundKowalk schließlich in das 5. bis 6. Ja h rh u n d e rtgesetzt139. Gegen diese E instufung ist von der russischen,rumänischen, polnischen und skandinavischen Forschunggenügend M aterial zusam m engetragen w orden, um dienotw endige K o rrek tu r auf das 4. Ja h rh u n d e rt nun auchvon deutscher Seite zu vollziehen.2. M etallgefäße.Eimer vom Hem m oorer Typ.H em m oorer Eim er ist die G ruppenbezeichnung fü r eineder wichtigsten provinzialröm ischen M etallgefäßform en.Die G rundform ist ein im G ußverfahren hergestellteseierbecherförmiges oder halbkugeliges Gefäß m it Standfußringund beweglichem, massivem H enkel, der inmitgegossenen A ttaschen eingesetzt wird. A uf demnam engebenden B randgräberfeld H em m oor Kr. LandH adeln in Niedersachsen w urden 1892-93 allein 20 Ge-Fig. 41 Sem inariet [159]. — Nach Shetelig 1912, Fig. 106.fäße dieser A rt ausgegraben140. Das M aterial ist grundsätzlichMessing, selten Bronze oder sogar Silber.Im Oder-W eichsel-Raum liegen n u r drei F undorte vonH em m oorer Eim ern. Zwei davon, Pawlowo pow.Chojnice und W arszawa-Kaweczyk, sind ältere Einzelfundem it unklaren Fundum ständen141. D er einzigegeschlossene F und ist Sak<strong>rau</strong> I; u n ter den reichenG rabbeigaben findet sich ein Silbereim er des H em m oorer Typs m it tordiertem H enkel142. Silberne H em m oorer Eim er sind äußerst selten. Die wenigen V ergleichsstückestam m en aus römischen Provinzen: vierSilbereimer aus Frankreich143, ein Exem plar ohne F undortangabebefindet sich im K unsthistorischen M useumW ien144. Die halbkugelige G efäßform des Eim ers vonSak<strong>rau</strong> erinnert an ältere donauländische Vergleichsstücke.Von R adnoti ist eine pannonische V ariante derH em m oorer Eim er he<strong>rau</strong>sgearbeitet w orden, die durchhalbkugelige Form , runde H enkelösen, m ehrkantigeH enkel und angelöteten F ußring gekennzeichnet ist145.Im U nterschied zu den M essingeimern im westlichen134 Eggers 1951, Beilage 98, N um . 396.133 Shetelig 1912, Pag. 46, Fig. 105-106 : Flügel m it B randlage<strong>rau</strong>f Steinen, dabei Knochen und B ronzefibel; östlichdavon „en andet brandlag med braendte benstum per, 9 smaablaa glasperler, skaar av to lerkar og ett litt ufuldstaendigglasbaeger.“iss Eggers 1951, Beilage 98, K atalog-N um . 554 ; die Angabender Grabbeigaben stimmen nur teilweise überein m it G ustafson1905. D er D atierungsfehler ist von anderen A utoren übernommenworden, am weitesten bei M eyer 1960, Pag. 236 inA nw endung auf das N yrup-G las.137 Eggers 1955, Pag. 203, Fig. 4.138 Eggers 1951, Beilage 98, Num . 683.139 Eggers 1959, Pag. 21.W illers 1901 ; W aller 1959.141 Eggers 1951, Num . 2069 (Kaw^czyn) und 2133 (Paw lowo); cf. Jankow ska 1962, Tab. 71 : 1, Fragm ente des Eimersvon Kaw^czyn, E inzelfund 1931-32 auf dem B randgräberfeld.142 G rem pler 1887, Tab. 5 : 1 ; M ajewski 1960; der Eim erist im Museum Breslau noch vorhanden.143 W illers 1901, Pag. 178-180, Fig. 66-68 : Vienne (R honetal),M ontcornet Dep. Aisne 2 Eimer, Büdingen bei M axstadt(Lothringen) M iniaturform , cf. W estdeutsche Zeitschr. 16,1897, Pag. 316. - Z ahn 1933, Tab. 32 : 2 (Chaource = M ontcornet),Pag. 66-68 : D er Schatz von C haource ist nach derjüngsten der m itgefundenen B ronzem ünzen (Postumus, 253-268) in der 2. Fiälfte des 3. Jahrhunderts in den Boden gekommen.144 Kubitschek 1911, Fig. 44 ; cf. R adnoti 1966, Pag. 204,N o ta 16.143 R adnoti 1938, Pag. 187 ss. : Typ Val, nicht gegossen,sondern aus zwei Blechplatten gefertigt, m it zwei halbrundausgeschnittenen ösenattaschen und gezackten seitlichen N u p -pen, schwere vier- bis achtkantige Flenkel m it V ogelkopfenden,in Pannonien allein 16 Stück und 3 M iniatureim erchen,cf. 2 Exem plare aus Schw arzm eer-K üstenstädten (Kerc; Odessos,Mus. W arna) ; R adnoti 1957, Tab. 37 : 4, 38 (Intercisa) ;Zeitstellung Ende 2./A nfang 3. Jahrh.140