G ü n te r R auK ö rp erg räb er m it G lasbeigabengräber auf Seeland steht seit langem im M ittelpunkt derForschung286. Einzelne m ünzdatierte G räber (VarpelevA, N yrup) w urden zur A bgrenzung archäologischerH orizonte'herangezogen287.Die verschiedenen G las-Leitform en treten m it H em -m oorer Eim ern oder H olzeim ern in Skandinavien infolgenden K om binationen auf (Fig. 51):a) D ünnw andige Facettschliffschalen m it H em m oorerEim er (Him lingoje 1/1949) oder H olzeim er (H aagerup);b) Bodenrippenschalen m it H em m oorer Eim er (Alsted)oder H olzeim er (Greve, Västra Alstad, Slädene, SendreK jorstad, Tvei-tane 20), in einem Fall (Lundergaard)Bodenrippenschale, H em m oorer Eim er und H olzeim er;c) Gläser m it Fadenauflage (T rinkhorn und Kelch), dien u r zeitlich dem G läserhorizont um 300 angeschlossenw erden können, m it H em m oorer Eim er (Tuna [Västmanland], Soukainen [Finnland])288;d) Facettschliffbecher Typ Sak<strong>rau</strong> II, G anzkow undKowalk nur in K om bination m it H olzeim ern (Sigersted,Varpelev A, M erlösegaard, Vallstenarum , Tveitane22, H unstad);e) konische starkw andige Facettschliffbecher n u r m itH olzeim ern (N yrup, Foldvik); zeitlich anzuschließen(5. Jahrh.) die spitzkonischen Glasbecher m it R innenfacettenkom biniert m it H olzeim ern (Äros, N o rd g arden)und die Funde reparierter Facettschliffbecher inK om bination m it Vestlandkesseln (Vestly, H ögom )288.Die Facettschliffbecher des 4. Jahrhunderts finden sichzusam m en m it lokalen H ilfsleitform en, für die in diesemR ahm en keine spezielle typologisch-chronologischeU ntersuchung durchgeführt w erden kann.3. Der elbgermanische Formenkreis.Die m itteldeutsche K örpergräbergruppe200 nim m t durchdie reichen G räber des L euna-H aßleben-H orizontes einehervorragende Stellung in allen überregionalen M aterialvergleichenein. Es fällt jedoch auf, daß die Ausstattungm it Gläsern im 4. Ja h rh u n d ert verhältnismäßigspärlich ist. Die F undkarte der H alsringe m itSchlüssellochöse (Fig. 46) zeigt noch eine wesentlichstärkere K onzentration und spiegelt den qualitativenund zeitlichen Schw erpunkt Ende 3. Jahrh u n d ert (um300) wieder281. Diese Beobachtung steht im Gegensatzzu den Verhältnissen in Seeland, wo kein einzigerF undort m it H alsringen nachgewiesen w erden konnte.Eine K om binationsuntersuchung der beiden besten Leitformengruppen Gläser - Halsringe zwischen M itteldeutschlandund Seeland ist deswegen nicht möglich.Für die m itteldeutschen K örpergräber charakteristischsind w eiterhin N ietsporen und silberne oder bronzeneTüllenblatt-Pfeilspitzen.Dem elbgermanischen Form enkreis zuzurechnen sinddie reichen K örpergräber in W est-M ecklenburg, die allewesentlichen M erkm ale der m itteldeutschen K örpergräberbesitzen, m it Ausnahm e der Drehscheibenkeramik292.Für dünnw andige Facettschliffschalen gibt es m ehrereKom binationsfälle m it H em m oorer Eim er (Häven,Grabow) oder H olzeim er (Leuna), einen Fall m ehrererA rten Facettschliffschalen und -becher m it H em m oorerEim er und H olzeim er (Haßleben 8).Glasschalen m it Seitenrippen sind n u r in K om binationm it silbernem Halsring (Freienbessingen) und Silberschalem it F acetten-Im itation (Leuna 2/1917) gefundenworden.Zylindrische Facettschliffbecher Typ Kowalk tretennicht auf. D er konische Facettbecher von Wanslebenist eine Sonderform 293, die den Vergleich m it dem n o rwegischen Fund von Foldvik erlaubt, d o rt in K om bination m it einem H olzeim er.280 U ndset 1882, Pag. 445 : „Die reichsten und hervorragendstenFunde aus der römischen älteren Eisenzeit in D änemark stammen aus Skelettgräbern in Kiesbänken und anderennatürlichen Bodenerhöhungen, die namentlich im südöstlichenSeeland äußerst zahlreich sind . . . Die Reichen sind involler Kleidung, oftmals m it kostbarem Schmuck b e sta tte t;neben dem Skelett liegen einzelne G eräthe, aber zahlreicheGefässe : römische und barbarisch-römische Bronzegefässe,Glasgefässe, H olzeim er und andere D in g e ; bisweilen auchrömische M ünzen.“ Viel mehr kann dieser anschaulichen Beschreibungnicht hinzugefügt werden.Cf. Reinecke 1906, Pag. 48, N o ta 14 : „N atürlich wären nebenunseren deutschen G erm anengräbern dabei auch unbedingt dieprachtvollen skandinavischen G räberm aterialien der K aiserzeitzu berücksichtigen.“287 N orling-C hristensen 1949 ; Eggers 1955.288 Evison 1955, m it Spezialstudien zu den gläsernen T rinkhörnern; Soukainen ist nachzutragen.289 R eparaturen an Gläsern meist als Zeichen der W ertschätzungg ed eu tet; demgegenüber soll der häufig bei starkw an-digen Gläsern auftretende technische Fehler hoher Spannungsempfindlichkeitnicht außer Acht gelassen werden, da nichtjedes reparierte Glas alt sein muß. Die W ertschätzung istandererseits durch Nachahm ung der Facettschliffmuster aufTongefäßen angezeigt, cf. Nicolaysen 1882, Tab. 1 : 7.290 H e<strong>rau</strong>sgearbeitet von Schulz 1922.291 H alsringe „m it birnenförm iger Öse“ schon von M atthes1931 - I, Pag. 54 zum charakteristischen Form engut des E lbgebieteserklärt.282 Andere M einung v ertritt Schach-Dörges 1970, Pag. 137 :für Zuw anderung der Bevölkerung aus Seeland. N eufunde inH även 1967, 1968 und 1971 lassen diesen G edanken überholterscheinen, cf. Schuldt 1969, id. 1972, H ollnagel 1968 ; dasForm engut zeigt außerdem mitteldeutsche Beziehungen (N ietsporen,bronzene T üllenblatt-Pfeilspitzen) oder südöstliche an(Kolbenenden-Arm ringe).293 Schlüter 1970 erkennt den östlichen E xportstrom an ;nachweisbar im Oder-W eichsel-Raum und in Skandinavien,nicht in M itteldeutschland m it Ausnahme des W ansleben-Fundes.159
A cta p raeh isto rica et archaeologica 3 (1972)X . Z u r C hronologie des 4. Jah rh u n d e rts (ü b erregional)1. Relativ-chronologischer Vergleich.Der Fundhorizont der dünnwandigen Facettschliffschalenund Hem m oorer Eimer.H em m oorer Eim er galten in M itteleuropa als einM usterbeispiel für die G robdatierung „3. Ja h rh u n d e rt“.Auf G rund der A nnahm e, daß sie nach den germ anischenLimesüberfällen 260 n. Chr. nicht mehr hergestelltw urden, konnte die oberste Zeitgrenze an dasEnde des 3. Jahrhunderts gesetzt werden. H iergegenhaben skandinavische Funde erhebliche Einw ände geliefert.Ih r M aterial ist überw iegend um 300 und eherA nfang 4. als Ende 3. Jah rh u n d ert zu datieren. Durchtypologische U ntersuchung w urde versucht, eine oderm ehrere jüngere V arianten des H em m oorer Eim ertypsauszusondern, um die Spätdatierung auch von dieserSeite zu stützen. Die ehemals als hom ogen angeseheneL eitform bekam zeitlich unterschiedlich beurteilteV arianten.Die Frage des zeitlich letzten A uftretens der H em m oorerEim er m acht es notw endig, den G renzhorizont klarhe<strong>rau</strong>szuarbeiten. Z ur A bgrenzung kann die M ethodedes negativen Beweises dienen, wobei festgestellt w erdenm uß, in welcher F undkom bination und wannH em m oorer Eim er nicht m ehr auftreten. W enn imRückblick K om binationen gefunden w erden, in denenN euform en des übrigen Fundm aterials vielleicht erstmals,H em m oorer Eim er dagegen letztm als V orkom men, ließen sich in diesen Funden H em m oorer Eim erzu einem Späthorizont zusam m enstellen und könntenzur K ontrolle des Typologieschemas benutzt werden.Für den Versuch, die zeitlich letzten H em m oorerEim er zu erfassen, bieten sich die Glasgefäße an, undzw ar zwei Typen:ein langlebiger Typ = dünnw andige Facettschliffschalen,undein kurzlebiger Typ = Bodenrippenschalen (Fig. 49).M it H ilfe der Facettschliffschalen ließe sich nicht mehrhe<strong>rau</strong>sfinden, als daß sie die H em m oorer Eim er zeitlichim Endabschnitt des 3. Jahrhunderts bis um 300begleiten. F ür die Bodenrippenschalen ist jedoch einZ eitansatz erst um 300 und A nfang 4. Jah rh u n d ertgefunden w orden, was bedeutet, daß sie m it Eim erndes Typs H em m oor eigentlich zusam m en nicht Vorkomm en dürften. Sie kom m en aber in 2 Funden zusammenvor: in L undergaard (N ordjütland) und Alsted(Seeland). Häufiger finden sie sich - im V erbreitungsgebietder H em m oorer Eim er - in K om bination m itH olzeim ern: in Greve (Seeland), V ästra A lstad (Schonen),Slädene (Västergötland), Tveitane (Vestfold) undSondre K jorstad (Opland). Das zahlenm äßige Ü b ergewichtder H olzeim er-K om binationen kann so in te rp retiert werden, daß die B odenrippengläser schonetwas m ehr dem 4. Jah rh u n d ert angehören als dieH em m oorer Eim er. Sie stellen eine K ontroll-L eitformdar, m it deren H ilfe es möglich ist, das Ende einer anderenStufen-Leitform , der H em m oorer Eim er, zu erfassen.Wichtig ist die Fundgemeinschaft von H em m oorerEim er, Bodenrippenglas und H olzeim er in L undergaard.Wo in anderen K om binationsfällen m it B odenrippenschalenH olzeim er auftreten, fehlt der H em m oorerEim er. D er Gedanke, daß der H olzeim er, obw ohl erschon längere Zeit im Geb<strong>rau</strong>ch ist, zum Substitut desH em m oorer Eimers w ird, nämlich dann, w enn es ihnnicht m ehr gibt, h at vieles für sich: er ist um 300 dereinheimische „H em m oorer H olzeim er“, der später, alses keine Blecheimer m ehr gab, zur typischen Beigabein reichen G räbern w ird. Dabei stö rt es nicht, daßH olzeim er schon am Ende des 3. Jahrhunderts in G räbernm it dünnw andigen Facettschliffschalen (H aagerup,Leuna, O strovany) oder anderen zeitgleichen Gläsern(Polchlep, Sak<strong>rau</strong> III) liegen. Sie bedeuten auch dasicher dasselbe: ein fü r irgendetw as benötigtes B ehältnis,das nicht im m er in Form der bis dahin so beliebtenM etalleim er vorhanden war.Fig. 49 Alsted [119].Zu den zwei Funden von Tuna (Västm anland) undSoukainen (Finnland) ist zu sagen, daß die H em m oorerEim er hier m it Gläsern auftreten, deren Zeitstellungnicht sicher ist. Die m it gefärbten Glasfäden v erziertenGläser könnten jedoch höchstens bis zumBeginn des 4. Jahrhunderts geführt w erden und w ü rden som it das Ergebnis über den G renzhorizont derH em m oorer Eim er noch unterstreichen.Der Fundhorizont der niedrigen und hohen Facettschliffbecher(Typ Sak<strong>rau</strong> II —G anzkow —K ow alk).Die K arte der Facettschliffbecher (Fig. 50) zeigt eineganz anders gerichtete V erbreitung als die der H em -• m oorer Eim er (Fig. 42). Die beiden L eitform en schließensich in M itteleuropa im wesentlichen gegenseitig aus,m it einer A usnahm e: D änem ark. Besonders Seelandw irk t wie ein Filter, in dem ein G roßteil des Glasimports aus dem Südosten aufgefangen w urde und von160