arzneimittelrecht - Berliner Heilpraktiker Nachrichten
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ARZNEIMITTELRECHT<br />
von Arne Krüger<br />
In Deutschland übt der <strong>Heilpraktiker</strong> als Nichtarzt einen<br />
therapeutischen Beruf aus, wird aber <strong>arzneimittelrecht</strong>lich als<br />
Laie angesehen, was immer wieder zu Problemen mit dem<br />
Arzneimittelrecht führt. Nachfolgend einige Beispiele für diese<br />
vertrackte Rechtssituation.<br />
VERSCHREIBUNGSPFLICHT FÜR LOKALANÄSTHETIKA<br />
Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht beim<br />
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), der<br />
sich mit der Risikobeurteilung von Arzneimitteln befasst, hat auf<br />
seiner Sitzung vom 25.Januar 2005 aufgrund dokumentierter<br />
Risiken bei der parenteralen Anwendung von Lokalanästhetika<br />
die Empfehlung ausgesprochen, diese grundsätzlich der<br />
ärztlichen Verschreibung zu unterstellen. Ausgenommen davon<br />
sollen Procain und Lidocain in einer bis zu 2%igen Lösung<br />
(ohne Zusatz weiterer arzneilich wirksamer Bestanteile) zur<br />
intracutanen Anwendung an der gesunden Haut werden.<br />
In der 54. Verordnung zur Änderung der Verordnung über sollten<br />
eine Reihe von Arzneistoffen unter die Verschreibungspflicht<br />
fallen, u.a. die Gruppe der Lokalanästhetika zur parenteralen<br />
Anwendung - ausgenommen Lidocain und Procain ohne Zusatz<br />
weiterer arzneilich wirksamer Bestandteile in Konzentrationen bis<br />
zu 2% zur intracutanen Anwendung an der gesunden Haut. Die<br />
Unterstellung unter die Verschreibungspflicht, mit der Ausnahme<br />
der intracutanen Anwendung, hätte für den <strong>Heilpraktiker</strong> eine<br />
erheblich Einschränkung seiner therapeutischen Möglichkeiten<br />
bedeutet.<br />
Nach § 48 AMG können Arzneimittel durch Rechtsverordnung<br />
unter die Verschreibungspflicht genommen werden, wenn<br />
diese Arzneimittel die Gesundheit des Menschen auch bei<br />
bestimmungsgemäßem Gebrauch unmittelbar oder mittelbar<br />
gefährden können, wenn sie ohne ärztliche Überwachung<br />
angewendet werden. Diese Rechtsverordnung wird nach § 48<br />
AMG nach Anhörung von Sachverständigen erlassen. Wenn nun<br />
der Sachverständigenausschuss für die Verschreibungspflicht<br />
zu der entsprechenden Empfehlung gekommen ist, dass<br />
Lokalanästhetika (mit Ausnahme von Procain und Lidocain in der<br />
intracutanen Anwendung) unter die Verschreibungspflicht fallen<br />
sollen, müsste man eigentlich davon ausgehen, dass dies nach<br />
Vorliegen von entsprechenden, eindeutigen Risikobewertungen<br />
erfolgt ist.<br />
Falls keine konkreten Hinweise auf entsprechende Risiken, z.B.<br />
belegte Fälle von Komplikationen vorliegen, in denen es durch<br />
die pharmakologischen oder toxikologischen Eigenschaften der<br />
entsprechenden Lokalanästhetika zu Risiken gekommen ist,<br />
wäre eine Verschreibungspflicht schon vom Grundsatz her nicht<br />
angebracht.<br />
Das Risiko einer anaphylaktischen Reaktion stand bereits 1987<br />
in dem Sachverständigenausschuss zur Diskussion. Es konnte<br />
damals nachgewiesen werden, dass es keine Anaphylaxien auf<br />
Procain (ohne Zusätze und ohne Konservierungsstoffe) gegeben<br />
hat. Das Procain wurde aus diesem Grund damals nicht der<br />
Verschreibungspflicht unterstellt.<br />
Herz- und Kreislaufreaktionen sowie ZNS-toxische Reaktionen<br />
sind bei Konzentrationen von 2% und Mengen unter 5 ml nicht<br />
zu erwarten. Die Toxizität des Procain steigt im Quadrat mit<br />
der Konzentration. Eine Verschreibungsfreiheit für Procain bis<br />
zur Konzentration von 1% für alle Applikationsarten halten<br />
wir für eine angemessene Lösung, falls überhaupt für eine<br />
Verschreibungspflicht genug belegbare Gründe zum Tragen<br />
kommen.<br />
Die der Kommission dargelegten Schadensereignisse sind<br />
ausnahmslos bei ärztlicher Anwendung erfolgt, so dass eine<br />
Verschreibungspflicht das Risiko durch erlaubte Kreise nicht<br />
mindert.<br />
Die Begründung der Verordnung zur Notwendigkeit der<br />
Verschreibungspflicht war für die deutschen <strong>Heilpraktiker</strong> nicht<br />
akzeptabel. In der Begründung hieß es: „Die Notwendigkeit einer<br />
Applikation durch Injektion erfordert anatomische Kenntnisse zur<br />
Minimierung der Verletzungsgefahr für tiefer liegende Strukturen.<br />
Die Erkennung und insbesondere die Behandlung schwerer kardial-<br />
und ZNS-toxischer Reaktionen infolge einer fehlerhaften Anwendung<br />
von Lokalanästhetika erfordert den ärztlichen Sachverstand. Auf<br />
Grund dessen ist die grundsätzliche Unterstellung parenteral<br />
angewendeter Lokalanästhetika unter die Verschreibungspflicht<br />
sachlich geboten.“<br />
Diese Begründung ist nicht nachvollziehbar. Zu keinem Zeitpunkt<br />
wurde im Sachverständigenausschuss die Sorgfaltspflicht und die<br />
Befähigung der <strong>Heilpraktiker</strong> zur Verabreichung von Injektionen<br />
in Frage gestellt. Die Begründung spiegelt in keinem Fall die<br />
Auffassung des Sachverständigen-Ausschusses und die Gründe,<br />
die zu dieser Entscheidung geführt haben, wider.<br />
Die Injektion von Arzneimitteln ist dem <strong>Heilpraktiker</strong> erlaubt. Bei<br />
jeder Art der angewendeten Therapie hat der <strong>Heilpraktiker</strong> die<br />
entsprechende Sorgfaltspflicht walten zu lassen und hat sich dabei<br />
den gleichen Maßstäben zu stellen wie sie auch für den praktischen<br />
Arzt gelten (Urteil des Bundesgerichtshofes VI ZR 206/90 vom<br />
29.1.1991).<br />
Die Unterstellung, <strong>Heilpraktiker</strong> besäßen keine ausreichenden<br />
anatomischen Kenntnisse, ist eine Diskriminierung des<br />
Berufsstandes.<br />
Die Arzneimittelkommission der deutschen <strong>Heilpraktiker</strong> und<br />
die Deutschen <strong>Heilpraktiker</strong>verbände ( DDH ) haben beim<br />
Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherheit ( BMGS )<br />
sowie bei den zuständigen Abgeordneten des Deutschen Bundestages<br />
interveniert und die Verschreibungspflicht für die Lokalanästhetika<br />
wurde vorerst aus der Verordnung herausgenommen. Aus der<br />
Perspektive der Bundestagsabgeordneten, die sich für den<br />
Berufstand eingesetzt haben, durch deren Einsatz, aus der<br />
Perspektive des Gesundheitsministeriums aufgrund von unklaren<br />
Sachfragen, wie z.B. der Beurteilung von Procain als Hilfsstoff, z.B.<br />
in Vitmamin-B-12 Präparaten.<br />
Das Bundesministerium hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und<br />
Medizinprodukte ( BfArM ) um Stellungnahme gebeten und das<br />
BfArM hat sich erneut für die Verschreibungspflicht ausgesprochen<br />
und der Ausschuss für Verschreibungspflicht ist bei seinem Vorschlag<br />
geblieben. Ob das Bundesministerium nun die Verschreibungspflicht<br />
erneut in einer Verordnung festlegen will, oder nicht, wissen<br />
wir alle nicht. Es ist zu hoffen, dass nach der Bundestagswahl<br />
die Bundestagsabgeordneten und das Gesundheitsministerium<br />
weiterhin ein offenes Ohr für unseren Berufstand hat.<br />
Um für eine erneute Debatte gewappnet zu sein, hat die<br />
Arzneimittelkommission der deutschen <strong>Heilpraktiker</strong> mit<br />
Unterstützung der Deutschen <strong>Heilpraktiker</strong>verbände eine große<br />
Umfrage zur Anwendung und zu den Risiken der Neuraltherapeutika<br />
veranstaltet. Der Rücklauf aus der Kollegenschaft war sehr groß<br />
und über 6.000 Fragebögen werden derzeit ausgewertet. Schon<br />
jetzt zeigt sich aber, dass Nebenwirkung in den Naturheilpraxen<br />
sehr selten auftreten und wenn, dann handelt es sich um die in den<br />
Beipackzetteln beschriebenen Nebenwirkungen, was erklärt, warum<br />
es keine Risikomeldungen von <strong>Heilpraktiker</strong>n an das BfArM gibt.<br />
Die Arzneimittelkommission und die Deutschen <strong>Heilpraktiker</strong>verbände<br />
werden die Angelegenheit mit wachsamem Auge beobachten und<br />
gegebenenfalls reagieren.<br />
EVIDENCE-BASED-MEDICINE<br />
In Deutschland und Europa hat die Arzneimittelsicherheit bei den<br />
zuständigen Behörden einen sehr hohen Stellenwert. Besonders<br />
wenn es um evt. Risiken bzw. das Nutzen-Risiko-Verhältnis von<br />
naturheilkundlichen Arzneimitteln geht, spielt die Evidence-Based-<br />
Medicine ( EBM ) eine besondere Rolle.<br />
Die Evidence-Based-Medicine ist eine Medizin, die sich auf Beweise<br />
stützen muss und dabei folgende Kriterien einhält.