Die Kommunen und der Gemeinsame Markt - Neues

dingt Erforderliche beschränkt werden. 46 Auch von der Niederlassungsfreiheit sind Tätigkei-
ten ausgenommen, die mit der „Ausübung öffentlicher Gewalt“ verbunden sind (Art. 45 I
EGV). Was genau für die EU öffentliche Verwaltung oder öffentliche Gewalt ist, unterliegt
nach der Rechtsprechung des EuGH nicht der mitgliedstaatlichen Auslegung, sondern stellt
einen europarechtlichen Begriff dar. 47 Eine nähere Einordnung der hoheitlichen Tätigkeit der
Kommunen lässt sich vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Orientierung des EG-
Vertrags am besten in negativer Abgrenzung zur wirtschaftlichen Tätigkeit erreichen.
2.3.2.2 Wirtschaftliche Tätigkeit
Es lässt sich nicht leicht bestimmen, was im Gemeinsamen Markt als wirtschaftliche Tätigkeit
gilt. Die Kommission selbst sagt, dass es darauf – im konkreten Fall für Dienstleistungen –
„keine Pauschalantwort“ 48 gebe und hebt schließlich auf die „Art der eigentlichen Tätigkeit“
ab, was reichlich unbestimmt ist. Das Europäische Parlament spricht davon, dass es „äußerst
schwierig ist, zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Aspekten zu unterscheiden“
49 . Die Kommission und der EuGH ziehen für die Entscheidung über das Vorliegen einer
wirtschaftlichen Tätigkeit folgende Kriterien – teils kumulativ, teils alternativ 50 – heran:
Für eine wirtschaftliche Tätigkeit sprechen:
� Vergleichbarkeit 51 : (Mögliche) Erbringung der Leistung auch von Privaten;
� Marktteilnahme oder -bezogenheit 52 : Anbieten von Gütern oder Dienstleistungen auf
einem bestimmten Markt, wobei ein „vorgelagerter Markt“ 53 (für Verträge über die
Erbringung einer Leistung, also zum Beispiel Konzessionen) reicht;
� Entgelt 54 : unabhängig davon, wer die Leistung vergütet.
Gegen eine wirtschaftliche Tätigkeit sprechen:
� „Ausschließlich sozialer Charakter“ 55 , erkennbar am Grundsatz nationaler Solidarität,
fehlendem Gewinninteresse und gesetzlicher Leistungsfestlegung ohne Beitragsbezug
– zum Beispiel Sozialversicherungssysteme;
46
EuGH Rs. C-149/79 Kommission/Belgien, Urt. v. 17.12.1980; EuGH Rs. C-66/85 Lawrie-Blum, Urt. v.
03.07.1986.
47
Hobe u.a. 2004, S. 32.
48
Kommission 2007, S. 5.
49
Europäisches Parlament 2006a, Nr. 10.
50
Boysen/Neukirchen 2007, S. 110; Kommission 2006, S. 7; 2005, S. 6.
51
EuGH Rs. C-41/90 Höfner und Elser, Urt. v. 23.04.1991, Nr. 22.
52
EuGH Rs. C-35/96 Kommission/Italien, Urt. v. 18.06.1998, Nr. 36; EuGH Rs. C-205/03 Fenin, Urt. v.
11.07.2006.
53
Kommission 2003, S. 17, Nr. 44.
54
Für Dienstleistungen explizit Art. 50 EGV; vgl. auch Kommission 2006, S. 7, mit Bezug auf den EuGH.
55
Verbunde EuGH Rs. C-159/91 und C-160/91 Poucet und Pistre, Urt. v. 17.02.1993, Nr. 20.
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