Andrea Wolfsteiner Die Schwegelpfeife... 4 Der vorliegende Text behandelt also in erster Linie <strong>die</strong> Gesichtspunkte Terminologie, Ergologie, Technologie, Verwendungszweck, Herstellungsarten, Instrumentenbauer, Spieltechniken und musikalische Möglichkeiten, Spielrepertoire, Zusammentreffen, Seminare und Instrumentalunterricht. Als Grundlage dazu <strong>die</strong>nten vor allem gedruckte Quellen in unterschiedlichen Fachzeitschriften und Sammelbänden, sowie erfahrene Gewährspersonen wie verschiedene Schwegel-Hersteller, Professoren oder Lehrer <strong>für</strong> Volksmusik usw., mit denen Interviews durchgeführt wurden. Kirchdorf an der Krems, am 3.Juni 2005 Andrea Wolfsteiner
Andrea Wolfsteiner Terminologie 5 1 Terminologie Die Schwegelpfeife ist nach dem Klassifikationssystem von Hornbostel/Sachs eine ge- dackte Querflöte mit Grifflöchern 421.121.32. 1 Die Bezeichnung „Schwegel“ ist germanischer Herkunft, das gotische Swiglja bedeutet Pfeife. 2 Im Mittelalter gebrauchte man <strong>die</strong> oberdeutsche Bezeichnung „Swegel, Schwegel“ (althochdeutsch „suegala“= Schienbeinknochen). 3 Im „Codex argenteus“, einer Übertragung der Bibel ins Gotische aus dem 4. Jahrhundert n. Chr., findet sich wohl der älteste Beleg <strong>für</strong> das Wort „schwegeln“ (siehe Abb. 1). Ein Missionsbischof der Westgoten, der um 311-383 n. Chr. lebte, schreibt im 11. Kapitel Matthäus, Vers 17: „jah qiþan] dam· swiglodedum [ïzwis jah]ni plinsideduþ· hu[fum jah]ni qainodeduþ:- 4 ( „Wir schwegelten euch, und ihr tanztet nicht“). 1.1 Volkssprachliche Bezeichnungen Die Begriffe „Schwegelpfeife“, „Seitelpfeife“, „Seitlpfeiffn“, „Seitenpfeife“, „Zwerchpfeife“, „Zwergpfeife“, gelten in Österreich <strong>für</strong> Querflöten, <strong>die</strong> mit sechs klappenlosen Grifflöchern und einem Anblas- (Mund-)loch zu den einfachen Holzblasinstrumenten zu zählen sind. 5 Der Begriff „Seite“ deutet <strong>die</strong> Spielhaltung an, „Zwerchpfeife“ oder „Zwergpfeife“ bedeutet das gleiche wie Querpfeife, wobei <strong>die</strong>ser Begriff in Österreich kaum Verwendung findet, sondern eher dem bayrischen Raum zuzuordnen ist. Außerhalb des deutschsprachigen Bereichs ist <strong>die</strong> Schwegelpfeife in Europa auch heute noch als Instrument der Volksmusik weit verbreitet. So ist sie in Slowenien unter dem Namen „Zvegle“, in Rumänien unter „Flaut“ oder „Piculina“, in Ungarn unter „Oldal fùvòs“, „Pikula“ oder „Flòta“ und in der Slowakei unter „Flauta“ bekannt. 6 1 Hornbostel, Erich/Sachs, Curt, Systematik der Musikinstrumente. Ein Versuch, in: Zeitschrift <strong>für</strong> Ethnologie, 46/4,5 (1914), 584-585. 2 Benedikt, Erich, Zur Geschichte der alpenländischen volkstümlichen Querpfeife und anderer Flöten, in: Tibia: 7 (1982), <strong>13</strong>, fortan zitiert als: Benedikt 1982. 3 Kölbel, Herbert, Von der Flöte, Kassel-Basel-London-New York 1987, 31. 4 http://www.ub.uu.se/arv/codex/faksimiledition/texts/1_mat.txt, Stand vom 14.05.2005. 5 Ruttner, Adolf/ Pietsch, Rudolf, Die Seitlpfeife im Salzkammergut, in: Deutsch, Walter (Hg.), Beiträge zur Volksmusik in Oberösterreich, Wien 1982, 195, fortan zitiert als: Ruttner/Pietsch 1982. 6 Busch-Salmen, Gabriel/Krause-Pichler, Adelheid (Hg.), Handbuch Querflöte. Instrument- Lehrwerke- Aufführungspraxis- Musik- Ausbildung- Beruf, Berlin 1999, 46, fortan zitiert als: Busch- Salmen/Krause-Pichler 1999.