Naschen mit 26 Achsen - Verpackungs-Rundschau
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Foto: Bitburger<br />
TETRA PAK LANDET DEN ERSTEN VOLLTREFFER<br />
Bitte ein PET<br />
Wer sich nicht mehr bremsen konnte,<br />
um die erste PET-Bierflasche von<br />
Tetra Pak zu sehen, der fuhr nach<br />
Schweden. Dort gab es Norrlands<br />
Guld von Spendrups, Stockholm. Wer<br />
Tetra Pak Deutschland kennt, der<br />
wusste seit Dezember 1999, dass<br />
es eine skandinavische Bierlösung<br />
nicht sein kann, wenn man beharrlich<br />
betont, dass man „gute Kontakte zu<br />
Brauereien besitzt“. Bier braucht<br />
gewisse Stabilitätstests, bis sich ein<br />
renommierter Brauer wie Bitburger<br />
auf den Markt wagt. Und diese Tests<br />
waren bereits positiv abgeschlossen,<br />
als Ende letzten Jahres das deutsche<br />
Tetra Pak-Management <strong>mit</strong> Harry<br />
Salonaho an der Spitze das große<br />
Interesse der deutschen Brauindustrie<br />
an seiner Glaskin-Barriere-Flasche<br />
kund tat.<br />
Für Bitburger hieß es jetzt zur<br />
InternorGa in Hamburg: Bitte ein<br />
PET! Und 1500 „Bigneck“-Flaschen,<br />
0,5-Liter-Einweg <strong>mit</strong> einer 38-Millimeter-Mündung,<br />
sind schon am<br />
ersten Tag weggewesen. Gepriesen<br />
wird das neue Trinkerlebnis des<br />
Premium Pilseners aus der großen<br />
Öffnung, auch von Genießern, die<br />
sonst nicht aus der Flasche trinken.<br />
Neu, jung, erlebnisorientiert<br />
Wie uns Matthias Christoffel, Produktmanagement<br />
und Projektleiter<br />
Bigneck bei Bitburger, sagte, folgerte<br />
man die große Trinköffnung aus einer<br />
amerikanischen Studie. Zum Einstieg<br />
in die Kunststoffflasche wollte man<br />
für junge Verbraucher den Focus<br />
von „negativ auf Neugier“ stellen.<br />
„Trinken wie aus Glas plus Erlebnis“,<br />
so Christoffel.<br />
Bitburger beschäftigte sich schon<br />
seit Winter 97/98 <strong>mit</strong> dem Thema<br />
PET für Bier, im Frühsommer ‘98<br />
hatte man dann alle konkurrierenden<br />
Flaschen, alle Technologien schon<br />
einmal begutachtet. Dabei stellte<br />
sich heraus, dass längst nicht alle<br />
Flaschen hielten, was sie versprachen.<br />
Christoffel: „Die Multilayer/<br />
Nylon hat bei uns 3 bis 4 Monate<br />
gehalten.“ Als erstes Ziel sollten<br />
aber 6 Monate Haltbarkeit schon<br />
sein, wenn dann Flaschen in den<br />
Export (momentan 5 Prozent von<br />
4,2 Mio. hl) gehen, will Bit auf 9 bis<br />
12 Monate kommen. Die Entscheidung<br />
für Tetra Pak war eine Entscheidung<br />
für die Flasche und für<br />
den Rang „des Big-Players, <strong>mit</strong> dem<br />
man einen solchen Einstieg wagen<br />
könne“.<br />
90 Prozent des Ausstoßes geht bei<br />
Bitburger in Mehrweg, inklusive Fässer,<br />
davon sei der größte Brocken<br />
die 0,5-Liter-Flasche. PET soll <strong>mit</strong>telfristig<br />
zwischen Einweg-Glas und<br />
der 0,5-Liter-Dose positioniert sein.<br />
Nach sorgfältiger Beobachtung denkt<br />
man später an eigene PET-Linien, die<br />
Bigneck für die Testphase wird jetzt<br />
bei DIS in Holland lohnabgefüllt. Sollte<br />
Bitburger sich endgültig für PET<br />
entscheiden, dann kämen auch eigene<br />
Linien in Frage. Die sollten aber<br />
PET und Dosen füllen können.<br />
40 Gramm Flasche<br />
Nach Auskunft von Espen Mile, verantwortlich<br />
für die Kunststoffdivision<br />
bei Tetra Pak, hat Bitburger eine eigene<br />
Form bekommen, eine Wunschflasche,<br />
die eben wie eine Bierflasche<br />
aussieht. Trotzdem ist die klein wirkende,<br />
stabile Flasche nur 40 Gramm<br />
schwer. Die „Marketing-Mündung“<br />
wird von einem Bericap-Kunststoff-<br />
Schraubverschluss <strong>mit</strong> Scavenger-<br />
Einlage sicher verschlossen, auch<br />
der Sauerstoff im Kopfraum wird<br />
so abgefangen. In Darmstadt könne<br />
man momentan 12000 PET-Flaschen<br />
pro Stunde produzieren. Das Bitburger<br />
Premium Pilsener, da<strong>mit</strong> wurde<br />
etwa neun Monate getestet, sei<br />
völlig normal hergestellt, nicht pasteurisiert,<br />
und würde nach sechs<br />
Monaten keine Beeinträchtigung zeigen,<br />
so Mile.<br />
Die Flaschen seien <strong>mit</strong> Glas in puncto<br />
Preis noch nicht vergleichbar, etwa<br />
1,5-fach teurer als eine Mehrweg-<br />
Editorial<br />
Glasflasche im gleichen Füllvolumen.<br />
Allerdings sei der PET-Preis momentan<br />
<strong>mit</strong> 2,10 bis 2,15 DM pro<br />
Kilogramm sehr teuer. Zu den deutschen<br />
Brauereien, die sich außerdem<br />
noch <strong>mit</strong> PET beschäftigen, wollte<br />
Mile nicht konkret werden. Interesse<br />
gebe es bei viel mehr als fünf Brauern,<br />
die Holsten Brauerei werde es<br />
wohl nicht <strong>mit</strong> einer Glaskin-Lösung<br />
probieren.<br />
Die aufmerksamen Beobachter haben<br />
also Recht gehabt, als sie Tetra<br />
Pak gute Noten bei der ersten PET-<br />
Präsentation in Deutschland gaben.<br />
Die jahrzehntelange Erfahrung <strong>mit</strong><br />
Kartonverbundpackungen im Milchund<br />
Saftbereich, ohne Zutritt zu<br />
CO 2-haltigen Getränken, schon gar<br />
nicht Bier, haben dem Unternehmen<br />
keine Probleme bei der Eroberung<br />
neuer Märkte bereitet. Eher scheint<br />
sich die große Erfahrung eines Big-<br />
Players, siehe Zitat Bitburger, durchzusetzen.<br />
Die zweite Stufe könnte Tetra<br />
Pak zünden, wenn sie komplette<br />
Linien anbietet und wenn sie ihr<br />
gesamtes internationales Aseptik-<br />
Know-how in eine Flasche packt.<br />
Es gibt große weltweit tätige Brauer<br />
in Europa und USA, die nur auf eine<br />
solche Flasche warten.<br />
Norbert Sauermann<br />
<strong>Verpackungs</strong>-<strong>Rundschau</strong> 4/2000 3