Schulkonflikte - demokratisches sachsen
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3. „Flucht nach vorn – Methodenwechsel dringend gesucht!“ 3. „Flucht nach vorn – Methodenwechsel dringend gesucht!“<br />
eine Einbauküche einrichten. Wie einigen sie sich, ohne in Streit zu<br />
geraten? Eine andere Gruppe musste eine Küche für ein altes Ehepaar<br />
aufbauen. Auch hier hatten es die Jugendlichen schwer, sich derartige<br />
Situationen überhaupt vorzustellen. Und wenn es ihnen doch gelang,<br />
dann übernahm einer die Führung und die anderen ließen sich<br />
von ihm leiten. Auffällig ist, dass sie in den Spielszenen viel zu wenig<br />
Verantwortung übernahmen. Deshalb legte ich eine Reihenfolge fest,<br />
in der jeder immer wiederkehrende Ideen bzw. Beiträge ins Spiel einbringen<br />
musste. Das klappte besser.<br />
Spannend wurde es, als P. von seinem Praktikum im Handy-Geschäft<br />
berichtete. Es gab keine Konflikte mit dem Chef und seiner Mitarbeiterin,<br />
sie waren ein sehr gutes Team. Eventuell konnte er hier eine<br />
Lehrstelle bekommen. Das interessierte uns alle. Wir wollten wissen,<br />
wie er mit den unterschiedlichen Kunden umgehen kann. Dies spielten<br />
wir, und dieses Mal waren alle sehr aktiv. Wir stellten unterschiedliche<br />
Figuren dar: ein alter, schwerhöriger Mann, der hereinkommt<br />
und nichts versteht; ein junger Aufschneider-Typ; ein Ausländer, der<br />
kaum deutsch spricht; ein Betrunkener; ein Dieb. In allen Situationen<br />
zeigte sich P. sehr aufgeschlossen. Er war freundlich und ging auf die<br />
unterschiedlichsten Kunden sehr individuell und geduldig ein. Was<br />
besonders auffiel, war, dass er immer für den jeweiligen Kunden eine<br />
Lösung finden wollte und sich als ein wirklich guter Kundenberater<br />
herausstellte. Das bestätigte seine Begabung und machte deutlich,<br />
dass das Handy-Geschäft eine wirklich gute Wahl träfe, wenn es ihm<br />
eine Lehrstelle anböte.<br />
Besonders interessierte die Jugendlichen der Umgang mit älteren Arbeitskollegen.<br />
M. traf beispielsweise im Praktikum auf einen Mann,<br />
der überhaupt nicht mit ihm redete. Stundenlang saßen sie nebeneinander<br />
im Auto, kein Wort fiel. Auch erklärte er M. seine Arbeit nicht.<br />
So probierten wir unterschiedliche Verhaltensweisen für M. aus und<br />
er war froh, unterschiedliche Handlungsweisen an sich selbst erfahren<br />
zu können.<br />
Schluss<br />
In diesem Projekt zeigte sich, dass die Theatermethode Augusto Boals<br />
eine gute Grundlage bietet, um auch mit schwierigen, ich-schwachen<br />
Jugendlichen zusammenzuarbeiten. Voraussetzung ist, dass<br />
Vereinfachungen, wie ich sie oben beschrieben habe, genutzt und<br />
umgesetzt werden. Entscheidend ist dabei, flexibel auf die Jugendlichen<br />
zu reagieren, sie so anzunehmen, wie sie sind und sie auf ihrer<br />
„Albernheits- und Unsinnsebene“ zu akzeptieren. Gleichzeitig ist es<br />
notwendig, klare Grenzen zu setzen, Regeln einzuführen und nachdrücklich<br />
für das Gelingen des Kurses die Verantwortung der Jugendlichen<br />
einzufordern.<br />
Mit dem Theaterspiel erkannten wir, welche Verantwortung jeder<br />
trägt, um zum guten Gelingen beizutragen. Wir überlegten weiter,<br />
wie wir in konfliktreichen Situationen reagieren können und<br />
was das für Auswirkungen auf den Ausgang der Situation haben<br />
kann. Wir konnten erkennen, dass unser eigenes Verhalten einen<br />
großen Einfluss darauf hat, wie eine Situation ausgeht. Dadurch,<br />
dass wir dies darstellten, konnten wir einen neuen Blick auf die<br />
erlebte Situation werfen. Es war interessant zu sehen, wie viele<br />
Möglichkeiten und Situationen unser tägliches Leben uns bietet<br />
und wie wir darauf Einfluss nehmen können.<br />
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