Schulkonflikte - demokratisches sachsen
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Vorwort Vorwort<br />
In dieser Broschüre stelle ich einige Berichte über unsere „Konflikt-<br />
Arbeit“ mit der Methode des Forum:Theaters nach Augusto Boal an<br />
sächsischen Schulen vor. Ich glaube, die Texte vermitteln auch einen<br />
Eindruck unserer eigenen Entwicklung. Mögen die frühen noch geprägt<br />
sein von Irritationen über ein aggressives, kindliches und desinteressiertes<br />
Schülerverhalten, so wird dieses Verhalten später zur<br />
Grundlage der Arbeit. Die Souveränität im Umgang mit den Konflikten<br />
an Schulen kann durch die vielen Erfahrungen kontinuierlich wachsen.<br />
Daraus lässt sich sicherlich auch allgemein schlussfolgern, dass<br />
die Methode des immer wiederkehrenden „trial and error“ oder auch<br />
„des Weges, der das Ziel ist“ letztendlich zum Erfolg führt. Notwendig<br />
für diesen Weg ist das boalsche Forum:Theatergerüst, das über eine<br />
große Klarheit verfügt.<br />
Die Texte mögen auch den etwas pointierten Eindruck vermitteln, als<br />
„wimmele“ es an sächsischen Schulen nur so von Opfern und Tätern<br />
von Mobbing, verbaler und körperlicher Gewalt sowie hilfloser und<br />
überforderter Lehrer. Ich bitte hier um Ihr Verständnis, da ich nicht<br />
beurteilen kann, welcher der Normalzustand an sächsischen Schulen<br />
ist. In der Regel werden wir eingeladen, wenn es ein aktuelles<br />
Problem gibt und die Schule glaubt, eine „Problemklasse“ könne<br />
von der Methode des Forum:Theaters profitieren bzw. wenn einzelne<br />
Lehrer das Erlernen von sozialem Verhalten für notwendig erachten.<br />
Wir sind hauptsächlich an Mittelschulen, weniger an Gymnasien und<br />
überhaupt nicht an Grundschulen tätig. Im Verhältnis zur Gesamtzahl<br />
sächsischer Schulen haben wir nur mit einer begrenzten Anzahl an<br />
Schulen zusammengearbeitet.<br />
Ich glaube aber, dass das nicht wirklich relevant ist. Wir können sehr<br />
froh sein, dass wir in Sachsen keine „amerikanischen“ oder „französischen“<br />
Verhältnisse in Bezug auf Gewalt haben. Dass dies so ist,<br />
ist ein Verdienst der Bildungspolitik, der täglichen harten Arbeit der<br />
Lehrer und Eltern, die ihre Kinder auf dem Entwicklungsweg begleiten<br />
und der Schüler, die sich ihrer Verantwortung bereits in jungen Jahren<br />
bewusst sind. Nichtsdestotrotz zeigt unsere Arbeit im Forum:Theater<br />
Symptome auf. Symptome, die häufig ursächlich nichts mit der Schule<br />
zu tun haben, die sich aber im Schulalltag zeigen und ausdrücken.<br />
Das heißt, dass sie da sind und unsere tägliche Arbeit belasten, uns<br />
aber auch erfreuen.<br />
Hier meine ich sehr wohl, dass die Arbeit mit dem Forum:Theater<br />
beispielgebend sein kann, denn sie vermag auf eine ungewöhnliche,<br />
weil spielerische, kreative und bildhafte Weise bestehende Probleme<br />
und Konflikte aufzuzeigen. Diese Konflikte sind damit ans Tageslicht<br />
getreten, und nun können wir mithilfe unserer menschlichen, pädagogischen,<br />
psychologischen und bildungspolitischen Instrumente<br />
entscheiden, ob wir uns ihnen intensiver zuwenden wollen oder ob<br />
wir sie wieder in unser Unbewusstes versinken lassen.<br />
Vor dieser Entscheidung stehen heute meines Erachtens die am „Prozess<br />
Schule“ beteiligten Interessengruppen. Das sind:<br />
Bildungspolitik, Hochschulen und Professoren in der Lehre, Erzieher<br />
im Vorschulalter, Schulleiter und Lehrer, Eltern, externe Anbieter kultureller<br />
Bildung und nicht zuletzt die Schüler<br />
Um die Brisanz zu veranschaulichen, möchte ich das Ergebnis einer<br />
repräsentativen Standbilder-Parade anführen, die während einer<br />
viertägigen Fortbildungswerkstatt zum Forum:Theater von den neun<br />
teilnehmenden Lehrerinnen – es gab keinen männlichen Teilnehmer<br />
– an sächsischen Mittelschulen aus dem Raum Dresden erstellt wurde.<br />
Jede Lehrerin hatte die Aufgabe, ein Standbild aus vier Teilnehmerinnen<br />
zum Thema „Schulalltag“ zu bilden. Aus den entstandenen<br />
neun Standbildern sollte anschließend „Das Bild der Bilder“ erstellt<br />
werden, das heißt es war die Quintessenz der neun Bilder zu fokussieren.<br />
So ergaben sich die vier folgenden Themen/Begriffe, denen<br />
alle Teilnehmerinnen zustimmten:<br />
Desinteresse – Gewalt – Verantwortungsübernahme – Zerrissenheit<br />
Das im Anschluss daran geführte Gespräch zeigte die Betroffenheit<br />
aller Teilnehmerinnen. Verallgemeinert man die Aussagen der neun<br />
Erfahrungsbilder, dann bedeutet dies, dass der tägliche Schulall-<br />
tag – ich empfehle, es nicht nur an den sächsischen Mittelschulen im<br />
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