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POLITIK<br />

Rupert Neudeck<br />

Foto: © Bernd Schaller<br />

Rupert Neudeck<br />

seit 1990 immer mehr junge Afrikaner nach<br />

Deutschland kommen. „Junge Afrikaner<br />

sehen in ihren Ländern keine Perspektive“,<br />

berichtet der Cap-Anamur-Gründer. „Sie<br />

können auch nicht einfach zurück, denn ihr<br />

Dorf oder ihre Familie hat ihnen einen<br />

Kredit gegeben. Das Einzige, was hilft, ist, sie<br />

an den Küsten, wo sie auf eine Möglichkeit<br />

warten nach Europa zu kommen, auszubilden.<br />

Denn mit einer Berufsausbildung mit<br />

Zertifikat haben sie eine Chance. Dann müssen<br />

sie auch nicht die mörderische Fahrt<br />

übers Meer antreten. Dabei brauchen wir<br />

die Unterstützung der Wirtschaft und der<br />

Ausbildungsbetriebe.“<br />

Künftig erwartet Rupert Neudeck noch<br />

mehr Flüchtlinge, nämlich die Klimaflüchtlinge,<br />

von denen schon seit einiger Zeit<br />

gesprochen wird. „Diese Menschen sind<br />

noch nicht da, aber das kann sehr schnell<br />

gehen“, mahnt er. Dann räumt er noch mit<br />

einem Vorurteil auf. Oft würden Flüchtlinge<br />

argwöhnisch betrachtet, wenn sie im Besitz<br />

eines Smartphones sind. „Die Vorstellung,<br />

dass ein Flüchtling halb verhungert ist, kann<br />

zutreffen, schließt aber ein Smartphone<br />

nicht aus. Das Telefon und damit der<br />

Zugang zum Internet und um Kontakt zur<br />

Familie zu halten, Wege auszukundschaften<br />

oder Blockaden zu vermeiden, ist für<br />

Flüchtlinge überlebenswichtig“, so<br />

Rupert Neudeck. „Die digitale Revolution<br />

kann man gar nicht hoch<br />

genug einschätzen.“<br />

Ein Lächeln kann helfen<br />

Abschließend hält der Journalist<br />

noch ein überaus sympathisches<br />

Plädoyer für die Menschlichkeit.<br />

„Es geht nicht immer nur um<br />

Geld oder die Qualität der Unterkünfte.<br />

Ein Lächeln, ein Händedruck,<br />

das kann helfen, den<br />

Flüchtlingen ein Stück Vertrauen<br />

in die Menschlichkeit zurückzugeben.<br />

Es geht darum,<br />

Menschen als Menschen aufzunehmen<br />

und das Haus nicht<br />

zu verschließen.“ Dafür gab es<br />

donnernden Applaus.<br />

wurde 1939 in Danzig geboren. Im Sommer<br />

1979 gründete er das deutsche Not-Ärzte-<br />

Komitee Cap Anamur zur Rettung vietnamesischer<br />

Boat People. Von 1979 bis 1986 fischten<br />

die Hilfsschiffe 11.488 Boots-Flüchtlinge aus dem<br />

südchinesischen Meer. Das Komitee, zu dessen ersten<br />

prominenten Befürwortern Heinrich Böll gehörte,<br />

erweiterte rasch seinen Wirkungskreis und engagierte<br />

sich vor allem dort, wo staatliche Entwicklungshilfe aus<br />

politischen Gründen nicht greifen konnte. Krankenhäuser<br />

in Vietnam, Ambulanzen in Kolumbien und<br />

Äthiopien, Hospitäler in Nordirak und Tschetschenien<br />

– heute sind Komitee-Mitarbeiter weltweit im Einsatz.<br />

1998 übergab Rupert Neudeck den Vorsitz des Komitees<br />

und fungierte als Sprecher von Cap Anamur.<br />

2002 gab Rupert Neudeck den Vorsitz und alle Ämter<br />

bei Cap Anamur auf und gründete 2003 mit seiner Frau<br />

Christel als Antwort auf den 11. September 2001 die<br />

„Grünhelme e. V.“, die sich insbesondere im Baubereich<br />

und bei der Zusammenarbeit von Christen und<br />

Muslimen profilierten. Der Verein ist in Afghanistan, in<br />

Aceh (Sumatra), im Irak, unterhält Berufsausbildungszentrum<br />

in Ruanda, Schulen in Mauretanien, Uganda,<br />

Kongo und demnächst auch in Palästina.<br />

Rupert Neudeck ist promovierter Theologe und<br />

Journalist und arbeitete viele Jahre für den<br />

Deutschlandfunk. Er ist Träger des Cavalieri-Ordens<br />

von Somalia, der Theodor-Heuss-Medaille, des<br />

Bruno-Kreisky Menschenrechtspreises und des Erich-<br />

Kästner-Preises. <strong>2015</strong> wird ihm der Preis der „Stiftung<br />

für UNESCO Bildung für Kinder in Not“ verliehen.<br />

www.gruenhelme.de<br />

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